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ST. MARTIN

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Die Pfarrchronik von 1953

Teil 14 (Seite 72 bis Seite 76)

 


Das Jahr 1945
 
2. Januar 1945
 
Weitere Beschädigungen der Pfarrkirche. Brand des Notaltars und des Daches über der Vorhalle. Alle Fenster und selbst die starken Eichentüren völlig zerstört. Das Allerheiligste vorher in Sicherheit gebracht. Auch im Pilotyschulhaus Gottesdienst nicht mehr möglich wegen Übernahme des Gebäudes durch die Stadt. 3. und 4. Januar kein Gottesdienst in St. Martin.
 
5. Januar 1945
 
Seit diesem Tag Gottesdienst im Pfarrhaus.
 
21. Februar 1945
 
Brand in 3 Zimmern im 2. Stock des Pfarrhauses, verursacht durch 8 Brandbomben. 11 Trichter von Sprengbomben rings um das, Pfarrhaus, einer unmittelbar an der Kirche (Südseite). Die Nachbargebäude Grolandstraße 75-81 zerstört. 7 Ukrainer im Martinsbau tot.
 
3. April 1945
 
Beginn des Ausbaues der für Rüstungszwecke beschlagnahmten Warmluftheizung der Kirche.
 
5. April 1945
 
Ein 5 Zentner schwerer Zeitzünder in der Kirche zwischen Taufkapelle und Sebaldusaltar. Der Ausbau der Heizung muß deswegen eingestellt werden. Dadurch bleibt uns die Heizung erhalten.
 
18. April 1945
 
Abends wird das Pfarrhaus von ca. 15 Soldaten der kämpfenden amerikanischen Truppen besetzt.
 
13. Mai 1945
 
Die Militärregierung genehmigt die Errichtung eines Kindergartens in der vom Sicherheitsdienst errichteten Baracke im Hof des St. Martinsbaues.
 
20. Mai 1945
 
Pfingsten: Gottesdienst wieder im Notraum der Kirche, sonntags bei schönem Wetter im Freien.
 
Nach Wiederinstandsetzung der elektrischen Leitung läuten die Glocken zum erstenmal wieder. Manche Leute bleiben bei diesem ersten Geläute mit Tränen in den Augen auf der Straße stehen und hören ergriffen zu.
 
30. Mai 1945
 
Weihe des neuen Christusbanners der Mädchen in der letzten Maiandacht am Vorabend von Fronleichnam. Das alte Banner hatte die Geheime Staatspolizei des Dritten Reiches nach einer Prozession beschlagnahmt. Die männliche Jugend hat noch das alte Banner.
 

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Das Jahr 1945
 
31. Mai 1945
 
Die Militärregierung hat den Fronleichnamstag zum Feiertag erklärt.
 
1. Juli 1945
 
Der gottesdienstliche Raum unter dem Turm der Kirche soll wieder hergestellt und vergrößert werden, so daß er auch einen Teil des Kirchenschiffes mitumfaßt. Dafür werden Arbeitskräfte, vor allem Handwerker gesucht.
 
2. Juli 1945
 
Nach Beendigung der notwendigsten Instandsetzungsarbeiten Eröffnung des Kindergartens in der Baracke neben dem St. Martinsbau.
 
15. Juli 1945
 
Auf dem Notraum, der in unserer Kirche entstehen soll, muß das Dach, das vom Kirchturm ins Kirchenschiff hineingeht, gedeckt werden. Weil Dachziegel nicht zu bekommen sind, wird vorgeschlagen, daß jedes Pfarrkind wenigstens einen Ziegel bringt. Wenn alle zusammenhelfen, kann auf diese Weise das Dach gedeckt werden.
 
Wiedereröffnung der Pfarrbücherei im Kellergeschoß des Pfarrhauses. Die Bücher waren im Dritten Reich von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmt worden. Der Bücherschrank in der Pfarrbücherei im Martinsbau war versiegelt worden. Nach der Zerstörung des St. Martinsbaues fragte die Polizei nicht weiter nach den Büchern. Sie wurden im Turm der Kirche unter der Glockenstube aufbewahrt und so gerettet.
 
4. August 1945
 
Feier der Ewigen Anbetung und damit erster Gottesdienst in der neuerstandenen Notkirche, die den Turmraum und den rückwärtigen Teil des Kirchenschiffes umfaßt.
 
5. August 1945
 
Am Jahrestag der Grundsteinlegung der Pfarrkirche, die am 5. August 1934 war, wird der neue Kirchenraum benediziert.
 
Dezember 1945
 
Anschaffung von vier neuen Beichtstühlen, die vom Schreiner Frerichs in Sesslach gefertigt wurden. Aufstellung derselben in der Notkirche und im Vorraum (beim Sebaldusaltar), später sollen diese Beichtstühle in der wiedererstandenen Pfarrkirche verwendet werden.
 

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Das Jahr 1945
 
Advent — Erscheinen des „Pfarrbriefes“ Nr. 1
 
Er beginnt mit diesen Worten:
 

„Friede den Menschen auf Erden!“ „Vor 1945 Jahren war das der Weihnachtsgruß der Engel an die Hirten. ‚Friede den Menschen auf Erden!‘ Heute soll das der Weihnachtsgruß Eures Seelsorgers an seine Pfarrkinder sein.“
 
Und schließt:
 
„Ich füge noch einen kurzen Überblick über die wichtigsten Ereignisse in der Pfarrgeschichte der legten Jahre bei, ebenso die Gottesdienstordnung, lade alle recht herzlich ein zu eifrigem Gottesdienstbesuch und Sakramentsempfang besonders an Weihnachten und bitte alle, ihr Leben wirklich zu einer Nachfolge Christi zu machen, damit das Reich, das jeet ersteht, Reich Gottes werde und damit Reich des Friedens.“
Es grüßt und segnet Dich Dein Seelsorger J. Krauß, Pfarrer

 
Stern
 
Kirchenchor St. Martin
 
Bald nach Beendigung des Krieges begann im Leben des Chors ein neuer Auftrieb. Im Juni kam  K a r l  H a n n s  K i n l e  von der Gefangenschaft zurück und übernahm die Leitung des Chors. Groß angelegte Werbeaktionen ermöglichten es, den Mitgliederstand auf 60 Personen zu heben. Unter dem Namen
 
„Der Katholische Kirchenchor St. Martin Nürnberg“
 
trat der Chor an die Öffentlichkeit.
 
Ein Kreis von Freunden und Gönnern ermöglichte den Aufbau eines eigenen Orchesters. Groß war die Zahl der Konzerte. „Der Katholische Kirchenchor und das Orchester von St. Martin - Nürnberg“ konnten ihrem Pfarrherrn,  S t a d t- p f a r r e r  K r a u ß,  einen Betrag von über 11 000 RM zum Wiederaufbau der Kirche geben. Auch Baumaterial wurde vom Chor erworben. Somit verfolgt der Chor neben dem höchsten Ziel  —  Singen zur Ehre Gottes  —  auch einen irdischen edlen Zweck.
 

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Das Jahr 1945
 
Unvergessen bleiben die Sangesschwestern und Sangesbrüder, die Opfer des Krieges wurden:
 
E d u a r d E c k e l,  der ehemalige Organist und Dirigent von St. Martin, starb am 13. Februar 1942 in einem Feldlazarett an den Folgen einer schweren Verwundung;  R e h e  J o s e f  und  F r a n k  K a r l  fielen weiterhin auf dem Felde der Ehre;  P o p p  K a r l  kam bei einem Fliegerangriff ums Leben; Frau K l ü h s p i e s  R o s a  durch Tieffliegerbeschuß.
 
Seit den ersten Gründungsjahren zählen diese Mitglieder zum Kirchenchor:
 

die Damen  Ü b e l a c k e r  M a r i a,  F e d e r  R o s a,  B r a n d- m ü l l e r  L i e s l;
 
die Herren  F i t z e k  T h e o p h i l,  B i r k m a n n  E r n s t.
 

 
Dank sei ihnen ausgesprochen für die Treue, die sie dem Chor seit fast 3 Jahrzehnten halten.
 
Herr Kinle
mit dem Kirchenchor
      Herr Kinle mit dem Kirchenchor




 

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Das Jahr 1945
 


Karl Jessen
Kaplan vom 1. Februar 1941 bis 30. Juni 1945
      Karl Jessen
 

Grußwort:
  Jede Pfarrei wird wohl irgendwann einmal darangehen, eine Pfarrchronik zu schreiben, damit das Vergangene dem Gegenwärtigen diene und dem Zukünftigen leuchte. Wenn nun auch die ehemaligen Seelsorger darin ein
  Grußwort an die frühere Gemeinde richten sollen, dann wird es wohl ein Wort in der, Erinnerung jener Tage des gemeinsam getragenen Wohl und Weh sein. Ich möchte es tun in der Erinnerung an drei mir unvergeßlich gebliebene Begebenheiten. Die erste war das brennende Gotteshaus in der Nacht vom 10./11. August 1943. Die zweite war am Morgen des 11. August: das weinende Erstkommunionkind, das nicht mehr in sein Gotteshaus zur hl. Messe gehen konnte. Und die dritte war einige Wochen später, als ein Katholik mir vor den Trümmern des Gotteshauses gestand, daß er seine Pfarrkirche noch nie von innen gesehen hatte. Alle drei Begebenheiten sind nun zeitlich voneinander verschieden und doch in sich eins, wenn man so sagen darf: eins in der Fragestellung: Brennendes Gotteshaus? ... oder flammendes Menschenherz? ... oder ausgebrannte Menschenseele? ... Gemeinde des hl. Martin! Ich frage Dich viel, vielleicht auch wenig: „Hast Du Dich entschieden?“ Laß Dein Herz brennen in betender und sühnender Liebe zu Gott in Deinem neuerstandenen Gotteshaus des hl. Martin, damit Gott auch wieder Heimrecht finde in ausgebrannten Menschenseelen! Das Vergangene diene dem Gegenwärtigen und leuchte dem Zukünfligen! Das Kind weinte um das ausgebrannte Gotteshaus! Der Gottessohn weinte um die ausgebrannte Seele des Gottesvolkes! „Möchtest du es doch erkennen an diesem deinem Tage, was dir zum Heile dient“ (Lk. 19, 42).
Karl Jessen
 
Stern
 

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Diese Seite wurde am 25. Juli 2007 erstellt.