A. Gerold
Hund und Jäger
Allgemeines über den Hund. |
1. Gebäude und Benennungen. |
Größe, Behaarung und Farbe der Hunderassen sind auf den Seiten 9 bis 11 angegeben. Aussehen und Gestalt im Gesamteindruck vermitteln die Bilder, die vor dem gestrengen Richter- und Züchterauge keineswegs als Idealtyp gelten wollen. Hier werden im folgenden die Benennungen der wichtigsten Körperteile des Hundes angeführt, samt jenen Fehlern, die das Gebäude eines Gebrauchshundes keinesfalls haben soll, weil sie seine Brauchbarkeit schmälern. K o p f: Der Fang mit dem Gebiß hat Schneide-, Fang- und Reißzähne, Ober- und Unterlippen (Lefzen). Fehlerhaft sind Überheißer, bei denen die Zähne des Oberkiefers H a l s: Der Hals mit Kehle und Kehlgang soll trocken, das heißt nicht faltig sein, keine Wamme haben. B r u s t k o r b: Der Brustkorb soll entsprechend breit und tief sein, ungefähr bis zum Ellbogen hinabreichen, um für die Arbeit von Lunge und Herz genügenden Baum zu bieten. Unterhalb des Brustknorpels beginnt die Vorderbrust, an diese schließt sich die Unterbrust mit den Brustrippen. R ü c k e n: Die Rückenlinie soll nicht zu stark gekrümmt sein, weder nach unten, noch nach oben (Katzenbuckel). Zwischen Nacken und Rückenbeginn ist der Widerrist. An dieser Stelle mißt man die |
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eigenschaften Hunde im allgemeinen haben und welche der abzuführende Hund
im besondern hat. Ein Hund ist weder eine Maschine noch ein Automat, der auf einen bestimmten Hebeldruck bestimmte Handlungen ausführt. Der Umstand, daß ein gut abgerichteter Hund gewisse Befehle scheinbar automatisch ausführt, steht damit nicht im Widerspruch; doch darüber später. Um über das, was in einem Hunde vorgeht, ein klares Bild zu bekommen, und um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, sind keine spitzfindigen Grübeleien oder besonderen wissenschaftlichen Kenntnisse notwendig. Daß ein Hund Lust- und Unlustgefühle (Schmerz) hat, wird niemand bezweifeln. Einzig und allein aus diesen Gefühlen entspringt der Wille, entsprechende Handlungen auszuführen. Unlustgefühle wird der Hund beseitigen oder vermeiden wollen, Lustgefühle wird er beibehalten oder auch sich verschaffen wollen. Ob und wie ein Hund dann diese entsprechenden Handlungen ausführt, hängt von seinen Erlebnissen ab, also von seinen Erfahrungen. Diese Erfahrungen merkt er sich staunenswert genau. Und nicht nur das: er weiß die in seinem Gedächtnis aufgespeicherten Erfahrungen für seine Art sehr folgerichtig zu verwerten; oft genug zum Verdruß seines ahnungslosen Führers. Diese Fähigkeit mag man benennen wie man will, sie scheint dem Verstande gleich zu sein. Hunde haben auch die Fähigkeit, einfachere zielstrebige Handlungen zu verrichten. Der Hund hat also Absichten, Ziele, und kennt sie. Diese Ziele liegen oft genug außerhalb der Reichweite seiner Augen und Nase. Das kann jedermann leicht beobachten. Der Hund hat also die Fähigkeit, sich etwas vorzustellen, das er irgendwie ähnlich wenigstens einmal schon erlebt hat, wovon er also eine Erfahrung besitzt, sei es eine gute oder schlechte. Solche Vorstellungen nun erwecken im Hund neuerlich jene Gefühle, angenehme oder schmerzliche, die er bei früheren gleichen oder ähnlichen Anlässen gehabt hat. Er erinnert sich, und zwar sehr genau. Solche Empfindungen, die im Hund durch seine Vorstellungen wieder auftauchen, seien hier der Kürze halber vorgestellte Gefühle genannt, im Gegensatz zu den im Hunde jeweils Daß der Hund vorhandene Unlust- und Schmerzgefühle beheben will, ist ebenso selbstverständlich, wie er vorhandene Lustgefühle |
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beibehalten will bis sie erlöschen. Ehe der Wille zu einer Handlung entsteht, werden im Hundegehirn die Gefühle gegeneinander abgewogen. Die stärkeren bestimmen den Willen. Wie sich dieser geheimnisvolle Vorgang abspielt, ist noch unbekannt. Erfahrungen, Gedächtnis und Verstand können die vom Hunde gewollten Handlungen fördern, abwandeln oder auch verhindern; niemals aber hervorrufen. Sonst wäre der Klügste stets auch der Tatkräftigste, was aber nicht der Fall ist. Der Wille des Hundes wird demnach durch die überwiegenden tatsächlichen und bloß vorgestellten Gefühle entschieden. Daß bloß vorgestellte Gefühle stärker sein können als vorhandene, kann man leicht bei vorgehaltenen Leckerbissen merken; die Vorfreude macht dem Hund sichtlich mehr Vergnügen als der kurze Augenblick des Verschlingens. Ebenso ist leicht zu beobachten, daß die Furcht vor Zwang oder Strafe den Hund mehr bedrückt, als ihn ein Schlag schmerzt. Dem Hundeführer ist es also in die Hand gegeben, erwünschte Lustgefühle und |
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Anlagen (Bringfreude, Jagdpassion, Stöbern, Raubzeugwürgen, Buschieren,
Wasserarbeit usw.) in erwünschte Bahnen zu lenken, sie zu fördern und durch
damit verbundene, hinzukommende vorgestellte Lustgefühle (Lob, Belohnung)
zu verstärken, unerwünschte aber zu unterdrücken und zu verhindern durch
vorgestellte Unlust- oder Schmerzgefühle (Zwang, Strafe). Dieses Beibringen
von vorgestellten Gefühlen ist ohne Übermüdung des Hundes so oft und immer
wieder zu wiederholen, bis dem Hunde das Nützen dieser Erfahrungen zur
Gewohnheit geworden ist. Dann wird im Hundegehirn kein spezielles Abwägen
von „für und wider” mehr stattfinden müssen, sein Wille zur Ausführung der
Befehle wird gewohnheitsmäßig vereinfacht und erleichtert, wie sich ja auch der
Mensch, ohne speziell nachzudenken, meist darein fügt, Brauch und Sitte zu
befolgen. Natürlich kann man nur solche Anlagen entwickeln und fördern, die
der Hund Für philosophische Betrachtungen über das Kausalitätsgesetz haben Hunde keine Anlage. Ursache und Wirkung verbinden sie unmittelbar, ohne darüber hinauszudenken. Sie beziehen jedes Ereignis (z. B. Schläge) auf ihre allerletzte Handlung (z. B. „Herankommen auf Befehl”) und ziehen daraus die Folgerungen. Das erklärt die Handscheu unrichtig behandelter Hunde. Ein solcher Fehler ist, wenn er begangen wurde, schwer zu verbessern. Am besten |
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