A. Gerold

Hund und Jäger


Teil 5
Von Seite 27, „9. Entwicklung
der Anlagen” bis Seite 36



9. Entwieklung der Anlagen im noch nicht dressurfähigen Alter.

    Anlagen sind ererbte Fähigkeiten. Nicht vorhandene Anlagen können durch  n i c h t s   hervorgerufen werden; vorhandene lassen sich, sofern sie unerwünscht sind, zum Teil unterdrücken. Erwünschte Anlagen (Nase, Bringfreude, Schärfe, Feinhörigkeit, lockerer Hals, Intelligenz usw.) kann man entweder dem Welpen und Junghund selbst zur Entwicklung überlassen oder ihre Ausbildung verständig fördern, mit dem steten Ziele der späteren Abführung und praktischen Verwendung zur Jagd. Übung macht den Meister, auch beim Hunde. Das ist so selbstverständlich und durch die Praxis erwiesen, daß weitere Worte darüber überflüssig wären.

    Wer also einen Welpen oder Junghund angeschafft hat und einigermaßen Zeit, Verständnis und Platz hat, dem sei dringend

27


angeraten, die vorhandenen Anlagen seines Zöglings anzuregen und ihre Entwicklung zu fördern. Das läßt sich mit wenig Mühe durchführen und erleichtert sehr die spätere Abführung. Und nicht nur das: die frühzeitige Entwicklung der Anlagen ermöglicht auch eine spätere Vollkommenheit der Leistungen, die nur durch die naturgegebene Ausbildungsmöglichkeit der Anlagen selbst begrenzt ist. Die Förderung der angewölften Anlagen beim heranwachsenden Junghunde geschieht ganz anders als bei der späteren Abrichtung. Sie läßt dem Welpen seine kindliche Freiheit und sein Vergnügen, ja sie vergrößert dieses sogar, wenn sie richtig durchgeführt wird. Sie darf vom Hunde nicht als lästig empfunden werden; denn sonst macht er eben nicht mit. Und für irgendwelchen Zwang wäre er noch zu unentwickelt.

    Mit der Pflege der Anlagen kann und soll man darum nicht früher beginnen, als sich diese Anlagen nach außen hin zu zeigen beginnen. Zuerst pflegen sich schon beim Welpen Nase und Bringfreude bemerkbar zu machen. Wenn der kleine Kerl im Hof oder im Garten eifrig herumzuschnüffeln beginnt, also bereits „Nase” zeigt, kann man ihm im freien, aber eingefriedeten Raume schon gelegentlich eine ganz kurze Futterschleppe machen. Sie besteht darin, daß man in Abwesenheit des Hundes zur gewohnten Zeit und an den gewohnten Platz statt der vollen eine leere Futterschüssel stellt. Dicht daneben sprengt man vom Inhalt der vollen ein wenig auf den Boden, handbreit davon entfernt wieder ein wenig und so fort bis etwa drei Schritte. Dann ruft man den Welpen. Freßlustig stürmt er heran und findet auf gewohntem Platze seine Schüssel leer. Er wird Enttäuschung zeigen. Nun sagt man ruhig "such, such", was der Hund natürlich nicht versteht. Aber man weist gleichzeitig mit der Hand oder dem Finger auf die neben der leeren Futterschüssel versprengten Futtertröpfchen. Der Hund wird seine Nase tiefnehmen und an den Tröpfchen lecken. Kommt er dann nicht von selber darauf, daß handbreit daneben wieder solche Tropfen sind, so zeigt man ihm auch diese wieder mit dem Finger, und so weiter, bis er an die volle Schüssel herangekommen ist und sich mit Vergnügen über deren Inhalt hermacht. Diesen nützlichen Scherz kann man täglich einmal oder doch mehrmals wöchentlich wiederholen, wobei man stets den gewohnten Ausgangspunkt, immer aber eine andere Richtung der Schleppe mit der vollen Schüssel am Ende wählt, weil sich der Hund sonst gar nicht mehr um die Schleppe bemühen würde, sondern gleich auf die  v o l l e  Futterschüssel losstürmte. Es ist erfreuend, zu sehen, wie rasch ein Welpe daraufkommt, daß er mit Hilfe seiner Nase an die volle Schüssel gelangt; meistens genügen schon drei oder vier Wiederholungen. Hat der

28


Welpe das begriffen, dann verlängert man die Schleppe, wenn der Platz das zuläßt, allmählich zuerst um einen Schritt, dann immer um einige Schritte bis zu fünfzig oder hundert Gängen, immer in anderer Richtung. Später erschwert man die Aufgabe allmählich durch Krümmungen, Bogen und schließlich Haken. Auch ist zu empfehlen, bis der Junghund den Gebrauch seiner Nase begriffen hat, die Schleppe uni Gebüsche, Hausecken, Kisten oder Fässer u. dgl. herumzuführen. Der Hund sucht und findet sehr bald die Schleppe und Ftitterschüssel allein. Hat er Schwierigkeiten, so hilft man ihm durch Zeigen mit dem Finger auf die Futtertropfen. Das Aufstellen der leeren Schüssel kann man unterlassen, sobald der Hund begriffen hat. Wurde ihm eine solche Schleppe einmal zu schwer, so macht das nichts aus; man erleichtert sie eben an den folgenden Tagen. Nebstbei bekommt der Welpe durch diese kleinen Spielereien schon eine Vorstellung von dem Begriffe „such”, den er vorerst freilich nur auf seine Futterschüssel beziehen wird. Dieser Begriff „such” läßt sich ein wenig später bei der Anregung der Bringfreude, schon leicht und bequem erweitern. Die Bringfreude äußert sich beim Welpen als Spieltrieb. Der Hund ist seiner Herkunft nach ein Hordentier. Er hat von Natur aus die Anlage, in Gesellschaft aufzuwachsen und sich in ihr durchs Leben zu schlagen. Was er nicht gleich verschlingen kann, schleppt er seiner Meute zu. Und wenn er seine Beute nicht tragen kann, weil sie zu schwer ist, ruft er die Seinen durch Lautgeben herbei. Das sind die entwicklungsgeschichtlichen Wurzeln der Bringfreude und des Totverbellens. Totengräber, also Hunde, die erlegtes Wild, statt es zu bringen, zu verscharren trachten, sind aus der Art geschlagen. Sie haben jene normale Anlage nicht, sie kann ihnen auch nicht beigebracht werden. Man kann sie wohl dressieren, niemals aber zu zuverlässigen Verlorenbringern außerhalb der Sicht ihres Herrn abführen.

    Beim an den Menschen gebundenen Hunde werden die Meutekameraden durch den Herrn ersetzt. Fast alle Triebe werden auf das Verhältnis zum Herrn übertragen. Von diesem erwartet sich schon der Welpe, sobald er von der Mutter entwöhnt ist,  a l l e s. Der Herr ist  s e i n  Besitz,  s e i n   Eigentum, sein höheres Wesen und auch sein Schicksal. Spieltrieb, Bringfreude, Treue, Schutz des „gemeinsamen” Eigentums und noch vieles andere gelten beim domestizierten Hunde dem Herrn. Der Herr ist sein Meutekamerad geworden. Wenngleich Hunde nicht kritisieren, so gewinnen dennoch reife Hunde in der Jagdpraxis die Erfahrung, ob sie ihren Herrn als „Meutekameraden” brauchen können oder nicht; das heißt, ob ihre Jagdleidenschaft und Bringfreude gestillt wird, wenn sie die Befehle und Weisungen ihres Herrn befolgen oder ob sie sich lieber

29


selbständig machen sollen, sobald sie außer Sicht gekommen sind. Daraus ergibt sich die ernste Tatsache, daß nur ein guter Jäger, was nicht „guter Schütze” heißen muß, einen Hund gut führen kann.

    Beginnt ein Welpe das Erwachen seines Raubtierinstinktes zu zeigen, tollpatschig Käfern, Faltern, Fliegen, Sperlingen und dergleichen, auch kleinen rollenden Bällen aufzulauern und nachzustürmen, dann pflegt er auch schon alle möglichen erreichbaren Gegenstände im Fang herumzuschleppen, oft zum rechten Verdruß seines Abrichters, was man mit einem leise gezischten „Pfui!” und allenfalls einem kleinen Klaps auf die Hinterhand einschränken kann. Er trägt einen Gegenstand in die Nähe des Herrn, legt ihn vorsichtig hin und nimmt eine Stellung ein, die deutlich eine Aufforderung ist, mit ihm zu spielen. Geht man darauf ein, verschwindet er mit dem Gegenstande so schnell wie möglich, um ihn entweder wiederzubringen oder sich damit zu verkriechen und daran die Zähne zu prüfen. Ein „Pfui” wird das oft verhindern müssen.

    Schwingt man vor dem Junghunde, wenn er auf seine Art zum Spielen auffordert, ein Stück Holz einigemal hin und her und wirft es im Bogen fort, so wird er hineilen, es aufnehmen und damit herumstolzieren. Bringen wird er es wahrscheinlich nicht. Das ist auch gar nicht nötig. Man lockt den Hund heran, mit einem Stückchen Zucker oder einem andern Leckerbissen, woran er gewöhnt wurde, und es wird nicht lange währen, wird er die Entdeckung machen, daß er bei dem Wörtchen „bring”, das immer gleichzeitig mit dem Fortwerfen des Holzes zu sprechen ist, sich nicht nur das Vergnügen verschaffen kann, dem Holze nachzueilen, sondern daß er überdies noch einen Leckerbissen erhält, wenn er es zu neuem Spiele heranbringt. Dieses Spiel macht dem Hunde soviel Freude, daß man es oft wiederholen kann, ohne den Kleinen zu ermüden. Nur vergesse man bei dieser Unterhaltung niemals, daß diese  k e i n e  Dressur ist, sondern daß sie dem Hunde nur Bewegung verschaffen und in ihm die Lust am Bringen erwecken und fördern soll. Beim jedmaligen Fortwerfen des Bringholzes sage man „bring”, und wenn man dem berangelockten Hunde das Holz abnimmt, um ihm einen Leckerbissen zu geben und dann das Spiel zu erneuern, gewöhne man ihn allmählich an das Wort „aus”, das immer  g l e i c h z e i t i g  mit dem Abnehmen des Holzes oder sonstigen Bringsels zu sprechen ist.

    Im vierten und fünften Monate schon ist es gut, den Junghund daran zu gewöhnen, alles in den Fang zu nehmen, was das Revier an kleinem Zeug liefert. Nußhäher, Krähen, Wiesel, Eichhörnchen, Iltis und so weiter, schließlich auch Fuchs und Katze soll der Junghund kennen lernen, und aufnehmen. Das kleine Zeug wirft man ihm genau so wie sonst das Bringholz mit dem Worte „bring”. Dabei

30


ist streng darauf zu achten, daß sich der Hund mit seiner „Beute” nicht verkriechen kann, um sie zu zerrupfen. Man macht das alles immer nur im eingefriedeten Raume. Bringt der Hund das Kleinzeug, dann lobt man ihn sehr, belohnt ihn und das Spiel ist zu Ende. Man überlasse dem Hunde niemals das Gebrachte zu weiterem Spiel. Er würde sonst zum Anschneiden verleitet werden.

    Ist die Örtlichkeit so, daß es schwer ist den Welpen daran zu hindern, sich mit dem Bringsel zu verkriechen und damit Unfug zu treiben, so empfiehlt es sich, den Bringgegenstand fest an eine genügend lange dünne Leine zu binden, das eine Ende in der Hand zu behalten und den Gegenstand wie sonst zu werfen. Wir bewahren so den Einfluß auf Hund und Gegenstand. Man zerre aber den Hund nicht mit dieser Leine und dem Gegenstande heran, sondern locke ihn wie sonst.

    Nicht selten wird ein Junghund davor zurückscheuen, manches Feder- oder Haarwild in den Fang zu nehmen. Krähen, Iltis, Wiesel, kurzum alle Stänker, besonders aber auch der erste Fuchs und die erste Katze werden auf den Hand Eindruck machen. Selbst Junghunde mit angewölfter Schärfe werden selten sogleich den Fuchs oder die Katze anfassen. Sie werden die Haare sträuben, winden, knurren und nicht leicht heranzubringen sein. Da wäre es zwecklos, ihn heranzulocken oder gar heranzuzerren. Nimmt man aber Fuchs und Katze bei der Lunte oder das gemiedene Kleinzeug an kurzer Leine und läuft damit vom Hunde weg, den Gegenstand auf der Erde nachschleppend, so wächst damit dem verdutzten Zögling der Mut. Er eilt nach und es wird nicht lang dauern, wird er im Spieltrieb den Gegenstand fassen und an sich zu bringen trachten. Bei dem nun folgenden „Tauziehen” zwischen Herr und Hund läßt man natürlich den Hund gewinnen. Das steigert sein Vergnügen beträchtlich. Fuchs oder Katze überläßt man ihm für eine Weile und kann dabei recht gut beobachten, wie es mit seiner erwachenden Schärfe aussieht.

    Ein gutes Spiel, um die Schärfe und das Selbstvertrauen des jungen Hundes anzuregen, bietet ein armlanger, haltbarer Fetzen. Schwingt man ihn niedrig vor dem Hunde, so wird dieser natürlich danach schnappen und sich daran verbeißen. Nun beginnt eine vergnügliche Balgerei um den Fetzen, bei der man schließlich den Hund als Sieger hervorgehen läßt. Damit sich der Hund mit dem Fetzen nicht verkriecht und ihn zerfasert, nimmt man ihm diesen nach beendetem Spiele sogleich wieder ab. Statt des Fetzens kannman späterhin auch haltbare Bälge benutzen oder das zusammengedrehte Tuch mit solchen umwickeln.

31


    Stöberhunde und auch Vorstehhunde, die später als Totverbeller gearbeitet werden sollen, soll man möglichst frühzeitig zu ausdauerndem Lautgeben anhalten. Dazu gibt es vielerlei taugliche Mittel. Bei jungen Vorstehhunden aber ist zu bedenken, daß solche Hunde, die keinen lockeren Hals haben, zwar mit allerlei Kniffen wohl zum Lautgeben auf Befehl gebracht werden können, daß sich auch die

Rauhhaar
 
Die rauhe Jacke macht ihn hart gegen Wald, Wetter und Wasser.

meisten von ihnen mit sehr viel Geduld und Mühe schließlich zu Totverbellern abführen lassen, daß sie aber selten so ausdauernd verbellen, wie dies in der Praxis in schwierigem Gelände erforderlich sein kann. Hunde, die nur schwer Hals geben, bewähren sich als Totverbeller selten. Man spart sich mit ihnen am besten diese Mühe und arbeitet sie als Totverweiser.

    Ob ein Junghund einen lockeren Hals hat, zeigt sich bald. Ist der Hund wachsam, wird er anschlagen, wenn ein Fremder an die Haustüre klopft. Das kann man nach Belieben veranlassen. Gleichzeitig mit dem Lautgeben muntert man den Hund dazu auf, mit dem Zuspruch „gib Laut”, worauf der Hund gelobt wird und einen Leckerbissen erhält. Der Hund merkt bald den Zusammenhang dieses Zuspruchs zwischen seinem Halsgeben und dem Leckerbissen, und

32


wird baldauf denBefehl allein seine Stimmbänder betätigen, auch wenn er dann nur mehr gelobt wird und keine sonstige Belohnung erhält.

    Um Junghunde zum Lautgeben zu reizen, gibt es allerlei Möglichkeiten. Sie auf eine Weise zu ärgern, daß sie ihren Herrn als unmittelbaren Anlaß des Ärgers erkennen, ist nicht zu empfehlen. Man kann ihnen recht gut anders beikommen. Man erregt entweder ihr Verlangen

Kurzhaar
 
Der vielseitige „Kurzhaar”.

nach einem Gegenstande, den sie nicht erreichen können (verdeckte und beschwerte Futterschüssel zur Fütterungszeit; nicht erreichbarer vorgehaltener Leckerbissen bei angeleintem Hunde usw.) oder man versetzt sie in eine ihnen unangenehme Lage, aus der sie sich nicht selbst befreien können, so daß sie schließlich, Hals gebend, ihren Herrn rufen, der ihnen das eingebrockt hat: z. B. man leint den Junghund mit einer leichten Lederkette, die er nicht abschneiden kann, in der Abenddämmerung auf dem Heimweg aus dem Revier an einer geeigneten Waldstelle mit Unterwuchs an einen Baum, entfernt sich gegen den Wind vor den Augen des Hundes so weit, bis einen der Hund nicht mehr eräugen kann, umschlägt dann die Stelle in einem größeren Bogen und birscht lautlos g e g e n d e n   W i n d  wieder an seinen Zögling heran, so nahe als es möglich ist

33


ohne wahrgenommen zu werden, und wartet. Das Gefühl der Verlassenheit wächst mit zunehmender Dämmerung. Zuerst wird der Junghund versuchen sich zu befreien. Das wird ihm nicht gelingen, weil er am Würgering (nicht Koralle!) angeleint worden ist. Harthalsige Hunde geben selten gleich beim ersten Versuch richtig Laut. Meistens wird es nur ein Winseln oder Jaulen sein, was man vernimmt. Das mag fürs erstemal genügen. Man lobt den Hund und geht mit ihm weg. Die nächsten Versuche an den folgenden Tagen kann man schon verlängern. Vernimmt man Ansätze zum Halsgeben, nähert man sich dem Hunde langsam mit dem wiederholten Zuspruche „gib Laut”, den der Hund ja noch nicht versteht und darum nicht befolgen kann. Verschweigt der Hund, entfernt man sich eben wieder wie zuvor und läßt den Hund an seinem Orte, bis man seinen Hals vernimmt. Gibt er in seiner Sorge endlich halbswegs Laut, belobt, belohnt und befreit man ihn aus seiner Lage. Diese Übungen setzt man täglich fort. Je nach seiner Intelligenz und verhältnismäßigen Reite wird der Hund bald begreifen, was man mit „gib Laut” von ihm will, und welche Vorteile für ihn damit verbunden sind, wenn er Laut gibt. - Hat man den Hund auf diese oder auf eine beliebige andere Art dazu gebracht, auf den Zuspruch Laut zu geben, ist die Dauer des Lautgebens allmählich zu verlängern. Man erreicht das meistens und am bequemsten durch einen vorgehaltenen Leckerbissen, dessen Aufnahme man ihm vorläufig verweigert unter jedmaligem Zuspruche „gib Laut”, so oft er verschweigt. Diese Übungen kann man zu jeder Tageszeit und an jedem Orte durchführen. Man darf die Dauer des Halsgebens aber nur langsam steigern, um den Hund nicht verdrossen zu machen. Im Verlaufe von zwei bis drei Wochen läßt sich die Dauer des Geläutes sehr oft schon auf zehn Minuten und darüber ausdehnen.

    Bei heranreifenden Stöberhunden, die sehr oft ohnehin einen lockeren Hals haben, ist es empfehlenswert, die Übungen im andauernden Lautgeben nicht zu übertreiben, es sei denn, man will sie zu sicheren Totverbellern erziehen. Neigen Stöberhunde, was mitunter vorkommt, zu sinnloser Kläfferei, so werden sie später oftmals weidlaut stöbern, d. h., sie werden beim Stöbern läuten, ohne auf einer Spur oder Fährte zu sein. Das aber sollen sie nicht. Sie sollen spur- und sichtlaut hetzen.

    Die Intelligenz der Hunde entwickelt sich am besten, wenn man sich viel mit ihnen beschäftigt und sie nach und nach mit allen Umständen und Örtlichkeiten vertraut macht, die für ihre spätere Abführung und Verwendung in Betracht kommen. Es ist selbstverständlich, daß sich Hunde im steten und richtigen Verkehr mit ihrem Herrn geistig rascher und besser entwickeln als solche, die ihre Tage allein in ihrem Zwinger verschlafen. Im Alter von etwa vier Monaten

34


kann man seinen Schützling auf nicht zu weite Reviergänge mitnehmen, um ihn mit den verschiedenen Erscheinungen der Umwelt bekannt zu machen. Wo er Unfug treiben könnte, führt man ihn an der Leine, linksseitig, so gut sich das eben machen läßt. Wo es angeht, läßt man ihn frei laufen und auf seine Weise vergnügen. Dabei kann man schon wahrnehmen, was ihn besonders interessiert und was

langhaariger Vorstehhund
 
Der langhaarige Vorstehhund des Waldjägers.

nicht. Rutscht irgendwo ein Hase aus der Sasse, und der junge Hund fährt ihm ein Stück nach, so schadet das nichts. Er weiß damit ja noch nichts anzufangen, wird ihn bald aus den Augen verlieren und zurückkommen. Daraufhin liebelt man den Hund ein wenig ab und leint ihn an. Wiederholt sich das einigemal im Verlaufe der nächsten Wochen und merkt man, daß der Hund auf solche Hetzen sehr erpicht wird und daß er sie immer länger ausdehnt, dann ist es gut, dafür zu sorgen, daß ihm keine Gelegenheit mehr dazu geboten werde. Einen wüsten Sichthetzer will man ja nicht heranziehen. Es ist besser, rechtzeitig zu bremsen, als später, beim sogenannten Hasenreinmachen, mitunter vor unl ösbar scheinenden Problemen zu stehen.

    Tritt man aber einen Löffelmann auf, hält man den angeleinten Hund fest, bis der Hase den Blicken entschwunden ist. Dann kann man den Hund an die Sasse führen, zeigt mit der Hand darauf und sucht ihn für diese Wittrung zu interessieren. Nimmt er seine Nase tief und windet die Sasse lebhaft aus, kann man ihn mit „Such, such” auf den Beginn der Hasenspur aufmerksam machen. Nun ist es

35


freilich wahrscheinlich, daß er den Zusammenhang zwischen dieser Wittrung und dem Hasen noch gar nicht begreift, trotz einiger kleinen Hetzen, die er schon hinter sich hat. Es kann aber auch sein, daß ihm diese Sinnesverbindung schon aufdämmert. Schickt er sich an, der Spur zu folgen, gibt man ihn frei und muntert ihn mit „such, such” weiter auf. Weit wird er damit kaum kommen, er wird die Spur bald verlieren, worauf man ihn wieder heranlockt und lobt. So kann man den Junghund mit allerlei Wittrungen auf Spuren und Geläufen bekannt machen.

    Schießt man auf so einem Gange kleines Raubzeug, tue man das noch nicht in unmittelbarer Nähe des Hundes, damit er nicht schußscheu werde. Zeigt er sich aber durch den Schuß lebhaft interessiert, was bei passionierten Junghunden recht häufig vorkommt, so braucht man künftig damit nicht mehr zimperlich zu sein. Bietet sich Gelegenheit, dem Hunde den Zusammenhang zwischen Schuß und z. B. herabfallenden Krähen und dergleichen zu zeigen, weckt das seine Freude am Schießen sehr. Erlegtes Kleinzeug kann man ihn ohne weiteres suchen lassen, wenn er es fallen sah. Bringt er es, ist es gut. Bringt er es nicht, nimmt es aber auf, so nimmt man es ihm wieder unter Lob ab. Hat man eine streunende Katze krank geschossen, hüte man sich, den Kleinen suchen zu lassen. Er könnte schwer geschlagen werden, eine noch so gute Anlage zur Raubwildschärfe würde auf lange Zeit zurückgedämmt werden. Das gleiche gilt für krank geschossene Raubvögel. In der Nähe von Erdwespennestern, die dem Führer bekannt sind, wird man den Kleinen an der Leine führen. Bis er erwachsen sein wird, mag er schon daraufkommen, welche Bewandtnis es mit diesen summenden Löchern hat. Erspart wird ihm das kaum bleiben. Vor allem aber soll man keine Gelegenheit versäumen, den Schützling für den Gebrauch seiner eigenen Nase zu interessieren.

Dackel

36



zum Teil 4

zum Inhaltsverezichnis

zum Teil 6


zur Home Page       zu Allgemeine Projekte       zu Hund und Jäger


Cat Logo

Copyright © Familie Wimmer. All rights reserved.
Diese Seite wurde am 26. April 2006 erstellt.