A. Gerold

Hund und Jäger


Teil 4
Von Seite 19, letzter Absatz
bis Seite 27, Ende „8. Die Nase”




    Eingeweidewürmer hat  j e d e r  Welpe und junge Hund, selbst wenn man in der täglich beschauten Losung keine Wurmabgänge bemerken kann. Stärkeren Befall erkennt man am aufgetriebenen Bauch und an eingefallenen Flanken. Man muß darum jeden Hund bis zum vollendeten ersten Lebensjahre alle drei Monate einer Wurmkur unterziehen, später nur mehr nach Bedarf, d. h., wenn man die genannten Merkmale wahrnimmt oder in der Losung Abgänge von

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    Würmern findet. Flöhe und Haarlinge sind Zwischenwirte in der Entwicklung verschiedener Eingeweidewürmer. Wer noch nicht ausreichende Erfahrungen gemacht hat mit der Wurmabtreibung bei Hunden, sowohl mit der Art des Wurmmittels und der erforderlichen Menge, wie auch bezüglich den Lebensaltern, der Größe und Rasse der Hunde, muß vom Tierarzt Mittel und Menge verordnen lassen und ihm dabei auch den Hund vorführen. Desgleichen tut man wohl daran, die Behandlung bei Milbenbefall (Räude, Haarausfall, Krätze usw.) dem Tierarzt zu überlassen.

    Leichter, bald vorübergehender Durchfall kommt bei Welpen und jungen Hunden oft vor. Das kann nicht wundern in Anbetracht der unwahrscheinlichsten Substanzen, die-sie gelegentlich verschlingen. Solchen Durchfall bekämpft man durch eine kleine Hungerkur von 24 Stunden. Nachher füttert man dicken Bruchreis oder Grieß, mit etwas Milch gemengt. Zu trinken kann man dem Welpen während seiner Fastenzeit etwas schwach gesüßten, leichten Tee geben.

    Bei länger währendem Durchfall oder ernstlicheren Erkrankungen wende man sich unbedingt an den Tierarzt und badere nicht selbst an seinem Pflegling herum. Er könnte sich sonst vorzeitig in die ewigen Jagdgründe begeben. Krankheitserscheinungen sind: Fieber, Aufhören der Freßlust, übler Geruch, Husten, mehrmaliges Erbrechen, andauernder Durchfall, Verstopfung, Krämpfe oder Zuckungen, Lahmen, seelische Störungen (verändertes Benehmen, Teilnahmslosigkeit).

    Kleine Wunden, die der Hund belecken kann, soll man nicht waschen, schwache Blutungen nicht stillen.  S p r i t z e n d e  Gefäße bindet man, als erste Hilfe, o b e r h a l b  der Wunde ab. Dann sorgt man so rasch wie möglich für tierärztliche Behandlung; dasselbe gilt auch für größere Verletzungen.

    Bei Verdacht auf Vergiftung gibt man dem Hund einen oder mehrere Eßlöffel gesättigter Kochsalzlösung in Wasser ein, um ihn zum Erbrechen zu reizen; wenn möglich auch ein Klistier.

    Zur täglichen Pflege der Decke und Haare genügen Kamm und Bürste. Besonders Hündinnen sind davon begeistert, wenn man diese Toilettesachen nicht allzu rauh anwendet. Nach Bedarf wäscht man seinen Hund mit warmem Wasser und Kernseife, wobei man auch etwas Kreolin zugeben kann. Mit viel kaltem Wasser schwemmt man ihn nachher gründlich ab, läßt ihn sich schütteln und reibt ihn mit reinen Tüchern trocken. Weil sich nach solch unhundlicher Behandlung jeder selbstbewußte Hund so rasch wie möglich nach einem Düngerhauf en oder noch Schlimmerem begibt, um sich gründlich darinnen zu wälzen und wieder anständig zu parfümieren, verhindert man das von vornherein. Im Sommer kann er sich auf einem ver-

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suchungslosen Rasenfleck oder auf wildleeren Wiesen im Revier seine Decke fertig trocknen lassen, im Winter mag er das im Zimmer beim warmen Ofen abwarten. Ist er einmal völlig trocken und nachher gekämmt, so ist sein Verlangen, sich auf Anbrüchigem zu wälzen, wieder auf das normale Maß eingeschränkt.

    Bei langhaarigen Hunden wachsen die Schutzhaare zwischen den Zehen oftmals in Büscheln unten heraus, wenn sie nicht genügend abgenutzt werden durch viel Bewegung. Man schneidet diese Haare mit einer Scheere auf ihre normale Länge zurück, um zu verhindern, daß sich daran Lehmballen oder im Winter Eisklümpchen festsetzen und den Hund behindern.

    Wäscht man einen Hund allzu oft und reichlich mit Seife, so wird dadurch sein Haar eritfettet, und er so eines natürlichen Schutzes gegen Nässe beraubt. Maß halten ist also auch in dieser Hinsicht weise.

    Daß man den Hund nicht während seiner Jugend - und auch später nicht - im Zwinger stumpfsinnig verdösen und Fett ansetzen läßt, ist selbstverständlich. Bewegung im Freien, soviel er ohne Übermüdung verträgt, braucht er zur Entwicklung und zur Gesundheit.


5. Erziehung der Welpen und Junghunde; Stubenreinheit, Gehen an
der Leine.

    Soll sich zwischen Herr und Hund, einschließlich der menschlichen Wohnungsgenossen des Herrn, ein gedeihliches Verhältnis entwickeln, so muß sich der Hund so frühzeitig wie möglich viele Beschränkungen seiner Freiheit und seiner Absichten gefallen lassen. Das freut ihn nicht, aber er gewöhnt sich bald daran. Vor allem wünscht, man nicht, daß er in den Zimmern Zeichen seines Daseins hinterlegt. Man muß ihm darum unbedingt Gelegenheit geben, sich mindestens fünfmal am Tage im Freien zu lösen. Natürlich wird er dort lieber spielen, falls er nicht dringend „muß”. Wer über einen Hof oder Garten verfügt, hat es leichter. Städter ohne diese Annehmlichkeit, die den Hund auf die Gasse führen lassen oder selbst führen müssen, sind geplagter. Aber es  m u ß  sein, man kann es nicht ändern und gewöhnt sich schließlich auch daran, so gut wie der Hund. Um den Hund stubenrein zu machen, gibt es kein anderes Mittel, als den Welpen, sobald er halbwegs vernünftig ist, im Zimmer nicht aus den Augen zu lassen. Schickt er sich an zu nässen oder sich zu lösen, sagt man „pfui!”, und trägt ihn sofort ins Freie, ohne aber auf den Kleinen eine Schreckwirkung auszuüben; sonst erreicht man das Gegenteil, er wird schon beim Anfassen vor Aufregung nässen. Ist das kleine Unheil bereits geschehen, zeigt man dem Hunde seine Übeltat - ohne aber seine Nase hineinzutauchen, was eine ebenso

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    zwecklose wie rohe Schweinerei wäre - sagt dabei wieder „pfui!” und bringt den Hund an die Luft. Ist der Welpe alt genug, diesen Zusammenhang zu begreifen, dann wird er, ebenso wie der Junghund, nach wenigen Tagen stubenrein geworden sein. Er wird an der Türe kratzen, wenn er hinaus muß, oder das sonstwie zu erkennen geben. Natürlich wird es dann immer noch etliche Rückfälle geben, besonders am Morgen wird man solche finden. Das ist vorerst nicht zu ändern, besonders dann nicht, wenn der Hund abends zu viel Flüssigkeit aufnehmen konnte. Trotzdem muß man ihm selbstverständlich, obschon vielleicht mit innerlichem Schmunzeln, mit ernster Miene und „pfui!” seine Untat vorwerfen. Gut ist es, jene Stellen in einem Wohnzimmer, auf denen der Hund sich gelöst hat, nach der Reinigung mit einigen Tropfen Lysol oder Ähnlichem zu verwittern. Sonst fühlt sich der Hund durch den verführerischen Duft immer wieder an derselben Stelle zu neuerlichen Untaten verlockt.

    Im Wohnzimmer gewöhnt man den Hund an einen bestimmten ruhigen Platz mit weicher Unterlage. Ein Welpe wird natürlich nicht lange dort bleiben, sondern, wenn er von einem zeitweiligen Schläfchen erwacht, spielen wollen. Nach und nach gewöhnt sich der heranwachsende Hund immer mehr an seinen Platz im Zimmer. Wenn man ihn auf diesen verweist oder hinbringt, gebraucht man gleichzeitig immer ein beliebiges bestimmtes Wort, das den künftigen Befehlswörtern ganz  u n ä h n l i c h  sein soll.

    Übernommene Junghunde oder erwachsene, die man im Zimmer hält, legt man anfangs an ihrem angewiesenen Platze fest, mit einem leichten Kettchen. Man gewöhnt sie ebenfalls an ein beliebig gewähltes, immer gleichbleibendes Wort als Befehl zum Aufsuchen ihres Platzes. Wenn man konsequent ist, lernen sie bald sich auf ihrem Platze aufzuhalten.

    Speisekammer und Küche soll ein Hund nie betreten dürfen. Es bleibt ihm dadurch manche Versuchung erspart und seinem Herrn mancher Verdruß. Ein jedmaliges „Pfui!”, wenn er die Küche betreten will, und später, bis er verständig genug ist, ein „Pfui!” mit einem Gertenschwung auf die Hinterhand, wird ihm beibringen, daß eine Küche nicht betreten werden darf.

    Bei Tisch hat ein Hund nichts zu suchen. Er darf weder betteln, noch mit sehnsüchtigen Blicken seinen Herrn um jeden Bissen beneiden, den dieser verzehrt. Er hat auf seinem Platz zu bleiben, wenn dieser sich im selben Zimmer befindet, wo gegessen wird. Wünscht man dem jungen Hunde einen Happen zu reichen, ruft man ihn heran, worauf er sieh  s o f o r t  wieder auf seinen bestimmten Platz zu begeben hat. Am besten vermeidet man jedoch bei jungen Hunden

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solche „Tischgeschenke” überhaupt. Man füttert aber seinen Hund,   b e v o r  man sich selbst zu Tisch setzt.

    Kinder, besonders fremde, sind keine gute Gesellschaft für Hunde. Kinder neigen in ihrem Unverstande nicht selten zu Tierquälereien. Frauen aber verzärteln die Hunde sehr oft und richten damit mehr Schaden an, als man später gutmachen kann. Fremde Personen sind dem Hund überhaupt fernzuhalten. Das Hinlaufen zu Fremden, das Anbetteln, freudigst begrüßen, oder gar das Annehmen von Brocken ist dem Hunde so frühzeitig wie möglich abzugewöhnen; anfangs durch „pfui”, später durch „pfui” mit Gertenbegleitung. Kluge Hunde aber kommen bald darauf, daß es ein „Pfui” und eine Gerte nur in Gegenwart ihres Herrn gibt. Merkt man das, verschafft man sich einige Helfer beiderlei Geschlechts, die dem Hunde unbekannt sein sollen. Sie nähern sich dem freundlichen Hunde - jeden Tag ein anderer - halten ihm mit der einen Hand einen Lockbissen vor, in der anderen aber tragen sie verborgen eine Gerte. Will der Hund den Bissen annehmen, ziehen sie diesen schnell zurück, dafür aber dem Hunde mit der Gerte eines über die Hinterhand. Die Vertrauensseligkeit des Hundes erlischt dann binnen weniger Tage. In diesem Falle führt Falschheit zum Ziel.

    Um mit dem Welpen oder Junghund das Haus verlassen zu können, muß man ihn an die Leine gewöhnen. Auf dem Lande wird man ihn zwar zumeist frei laufen lassen können, aber auch dort gibt es Anlässe, bei denen man ihn anleinen muß; z. B. wo er gefährdet wäre oder Unfug treiben könnte, oder auch um ihn von unerwünschten Hundebekanntschaften abzuhalten. Vorerst wird der Hand nicht entzückt sein von der Leine. Er wird alle möglichen und auch unmöglichen Stellungen und Lagen einem Gang an der Leine vorziehen, was man ihm nicht verdenken kann. Aber mit Geduld und Freundlichkeit, unterstützt von etlichen Leckerbissen, wird man ihn bald so weit bringen, daß er von selber mitgeht und sich nicht wie ein auf einem Brett mit Rädchen montiertes Kinderspielzeug nachziehen läßt. Das genügt fürs erste. Mit zunehmender Weisheit des Welpen trachtet man zu erreichen, daß er die Leine nicht bei jeder unpassenden Gelegenheit um die Füße seines Herrn schlingt. Nach und nach wird es möglich sein, den Gang des Hundes zu verbessern. Dressurversuche unterlasse man. Sie führen nur zu zwecklosem Ärger von Herr und Hund. Man reiße nie an der Leine, ein ruhiger Zug wirkt besser. Will man den Hund näher bei sich haben, verkürzt man die Leine. Ist der Hund vier Monate alt, kann man schon versuchen, während er so ungefähr an der linken Seite mitgeht, mit der linken Schulter dicht an einem Baumstamm oder einer Telegraphenstange vorüberzugehen. Beliebt es dem Hund auf der anderen Seite des Stammes

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passieren zu wollen und spaziert sein Herr zwar langsam aber unentwegt weiter ohne die Leine loszulassen, so wird der Hund dorthin gezogen, wo er sein soll: nämlich zu seinem Herrn. Dabei kommt er in unliebsame Berührung mit dem Stamm oder der Stange, wobei er nicht einmal bedauert wird. Geschieht ihm das zwei- oder dreimal nacheinander, geht ihm der Knopf auf und er wird jedem Hindernis dicht hinter seinem Herrn ausweichen. Einmal soweit, kann man nächstens eine Promenade - mit dem Hunde links - durch Stangenholz unternehmen. Kommt man auf der anderen Seite des Holzes wieder heraus, hat man einen halbwegs leinenführigen Hund.


6. Hund und Sprache.

    Mitunter kann man, gut gemeint, hören:  D e r  Hund ist so gescheit, dem fehlt nur noch die Sprache. Natürlich meint man damit eine Menschensprache; dann wäre auch er eine „Krone der Schöpfung”. Das Vergnügen, einen Schwätzer an der Seite zu haben, wäre fragwürdig.

    Wäre es möglich, daß ein Hund durch ein Schöpfungswunder eine Menschensprache bekäme, so wüßte er damit nichts anzufangen; sonst hätte er sie, weil jede Art hat, was sie braucht. Das Hundegehirn ist nicht so aufgebaut, daß es  G e d a n k e n  zu Worten formen könnte. Übrigens  h a t  der Hund eine Sprache und sie genügt. Die Zahl seiner Laute ist groß; ein französischer Forscher zählte deren zweiundsiebzig, vom Knurren, Brummen, vielen Abstufungen des Winselns und Klagens bis zum hetzenden, rufenden und wütenden Halsgeben. Jeder Hundeführer kennt und versteht sie.

    Hundelaute sind ausnahmslos  G e f ü h l s ä u ß e r u n g e n.  So werden sie von anderen Hunden verstanden. Und genau  s o   und nicht anders versteht der Hund eine Menschensprache. Er vernimmt nur Laute, den Klang. Seine feinfühlige Auffassungsgabe und seine Erfahrungen sagen ihm, ob diese Laute freundlich oder böse, eilig oder ruhig, klar oder nervös, behaglich plaudernd (was Hunde lieben) oder befehlend sind. Daraus ergibt sich, wie richtige Befehle beschaff en sein und klingen müssen, damit sie im Hunde bestimmte, seine Handlungen erzwingende Gefühle hervorrufen. Beim fertig abgeführten Hunde liegt im richtig gegebenen Befehl nicht die halbe, sondern die ganze Ausführung. Die etwa anderthalb Dutzend erforderlichen Wortbefehle sollen darum k u r z,  v e r s c h i e d e n  k l i n g e n d   und  e i n p r ä g s a m   sein. Befehle, die ruckartig ausgeführt werden müssen, sollen einsilbig sein und markig gegeben werden; immer aber so leise, wie es der Abstand zwischen Herr und Hund eben noch erlaubt. Befehle, deren Ausführung mehr Zeit erfordert oder

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die beruhigend wirken sollen (z. B. bei der Schweißarbeit), können mehrsilbig sein und entsprechend langsam gegeben werden; niemals aber hastig.

    Wer daran zweifelt, daß selbst der erfahrene Hund nicht den Sinn der Worte, sondern nur deren Klang samt den Begleitumständen versteht, der mache Proben. Sagt man seinem Hunde mit freundlicher Miene und liebevollem Klang die gröbsten Schimpfwörter, so wird er darüber begeistert sein. Sagt man ihm aber bei angebrachter Gelegenheit in strengem Tone Zärtlichkeiten, so wird er die Rute einklemmen.

Man könnte also als Befehle völlig sinnlose Wörter wählen, wenn sie nur sonst den obigen Forderungen entsprächen. Sie würden aber den Hundeführern mehr Schwierigkeiten machen als den Hunden. Ebensowenig bringt es Vorteile, die Befehlsworte aus verschiedenen Sprachen zusammenzukleistern; denn der Hund versteht weder ausländische noch inländische Sprachen. Immer aber müssen die B e f e h l s w o r t e  die  n ä m l i c h e n  bleiben und  o h n e   r e d n e r i s c h e A u f m u n t e r u n g e n  gegeben werden.

    In der Jägerschaft haben sich allmählich praktische Befehlsworte eingelebt. Sind auch nicht alle die bestmöglichen, ist es doch gut, sie beizubehalten, damit bei einem Besitzerwechsel die Hunde ohne Verwirrungen weitergeführt werden können. Wer andere passende Befehlsformen vorzieht, dem sei dies unbenommen.

    In diesem Buche sind der Einheitlichkeit halber die gebräuchlichen Befehlswörter auf jene beschränkt, die notwendig aber auch ausreichend sind. Wem z. B. statt des einprägsamen Befehlswortes „Platz” die Wörter „daun”, „hüt” oder „kusch” besser gefallen, oder wer statt „langsam mein Hund” lieber sagt „wahr dich, mein Hund” oder sonst etwas Gedehntes und beruhigend Wirkendes, macht seine Sache nicht falsch, vorausgesetzt, daß er zu gleichem Zweck immer die gleichen Ausdrücke gebraucht.


7. Das Gehör.

    Der Hund vernimmt weitaus schärfer als der Mensch, sein Gehör ist viel empfindlicher und feiner unterscheidend. Es ist bekannt, daß sogar in einem Zimmer eingeschlossene Hunde die Schritte aller Hausbewohner unterscheiden können, fremde Schritte erkennen und daß sie die Heimkehr ihres Herrn schon auf Entfernungen vernehmen, über die wir staunen. Daß ein so feines Sinnesorgan gegen Schalleindrücke überempfindlich ist, darf nicht wundern. Die Scheu, die Welpen und auch Junghunde gelegentlich scheinbar unbegründet ihrem Herrn gegenüber zeigen und die man als eine Art von „Jugend-

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irrsinn” zu bezeichnen pflegt, der sich später verliert, ist nicht selten auf die rauhe und laute Stimme ihres Herrn zurückzuführen.

    Jedes Sinnesorgan läßt sich in seiner Schärfe durch stete Übung sowohl schulen und entwickeln, wie durch andauernde Überreizung abstumpfen. Wort- und Pfiffbefehle sollen darum in unmittelbarer Nähe des Hundes  l e i s e  gegeben werden. Erst bei zunehmender Entfernung vom Hund sollen sie etwas lauter werden, niemals aber lauter als nötig ist, um sie dem Hunde deutlich vernehmbar zu machen. Wird einem Hunde diese Art der Befehle angewöhnt, so wird der Gehorsam sehr gefestigt und die lautliche Reichweite der Stimme und der Pfeife des Führers bedeutend verlängert, was für die Führung im Revier wichtig ist.


8. Die Nase.

    Der Jäger braucht den Hund zu Handlungen, die mit menschlichen Sinnesorganen nicht ausführbar sind. Der Jagdgebrauchshund ist im wesentlichen eine notwendige Ergänzung einiger unzulänglicher Sinne des Menschen, auf die man bei zweckmäßiger Jagdausübung nicht verzichten kann.

    Das Sehvermögen des gesunden Hundes ist keinesfalls schlechter als das des normalen Menschen. Aber der Mensch kann wegen seiner Größe mehr überblicken und hat außerdem Ferngläser zur Verfügung. Des Auges wegen bedarf man also keines Hundes. Wesentlich für den Jagdbetrieb ist der Geruchsinn des Hundes, kurz die "Nase" genannt. Während sich das Weltbild des sehenden Menschen hauptsächlich durch die Augen aufbaut, geschieht das beim Hunde vorwiegend durch die Nase. Das ist ein grundlegender Unterschied im Vergleich zum Menschen. Der Hund lebt in einer Welt des Geruches und bezieht alles auf diesen. Auf den Geruch verläßt er sich vor allen anderen Sinnen. So wie alle Organe, läßt sich auch die Nase durch fleißige und zweckmäßige Übungen anregen, entwickeln und verfeinern, wobei der Hund überdies lernt, seine Nase so zu gebrauchen, wie es die Jagdpraxis verlangt. Natürlich ist die Güte der Nase schon in der Anlage gegeben. Hunde mit schlechter Nase, ein Fehler, den man schon im Welpenalter feststellen kann, eignen sich weder für die Jagd noch für die Zucht und sind zu beseitigen.

    Die Hundenase ist für den Menschen unvorstellbar fein; sie gibt dem Hunde Nachrichten, über die wir nur staunen können. Bewindet z. B. ein Hund eine bei Hunden beliebte Nässestelle, so erfährt er Tatsachen, um deren Wissen ihn manche Klatschbase beneiden könnte.

    Auf diese Nase wirken zweierlei Wittrungsarten ein: Die   B o d e n w i t t r u n g   und die   L u f t w i t t r u n g.

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    Die  B o d e n w i t t r u n g  steht in Fährten, Spuren und Geläufen. Sie steht aber auch daneben an Gräsern und niederen Sträuchern, die das Wild oder ein Mensch (Führer, Schleppenzieher) streifte. Sie teilt sich auch der darüberstehenden Luftschicht mit und hält besonders gut an feuchten, windstillen Tagen. Tiefnehmen der Nase ist beim Suchen der Bodenwittrung notwendig. Nieder gestellte Hunderassen haben es darum leichter, bei Fährten- und Spurenarbeit Spezialisten zu werden als hochgestellte, womit nicht gesagt sein soll, daß bei guter Nase und Führung nicht auch große Gebrauchshunde wahre Glanzleistungen vollführen. Die Boden wittrung setzt sich zusammen aus der Duftänderung, die durch die Verletzung des Grundes und der Gewächse entsteht, aus der Artwittrung, aus der Individualwittrung des Wildes, das die Spur und Fährte zog, und bei Rotfährten und Wundspuren aus der Krankheitswittrung des krankgeschossenen Stückes und aus dem ausgetretenen Schweiß. Alle diese Einzelheiten versteht ein gut abgeführter Gebrauchshund mit guter Nase und ausreichender Jagderfahrung sehr genau zu unterscheiden.

    Die  L u f t w i t t r u n g  besteht in der vom Wilde, vom Menschen und schließlich auch von der Bodenwittrung ausgestrahlten Duftwolke. Der Hund sucht sie mit hoher Nase. Sie kann nur bei gutem Winde wahrgenommen werden. Die Luftwittrung ist wichtig für jede Vorsteharbeit und für das freie Verlorensuchen. Die Luftwittrung bedarf einiger Zeit zu ihrer Ausstrahlung, was besonders bei abgeschossenem Flugwilde zu beachten ist. Die Luftwittrung von Hühnern, Fasanen und leider auch von Lerchen übt auf die Nase der Vorstehhunde einen besonders kräftigen Reiz aus. Am stärksten steht sie ebenfalls an feuchten, stillen Tagen.

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Diese Seite wurde am 26. April 2006 erstellt.