Burgen und Ritter
Heft Nr. 7 (Doppelheft)
Teil 8
von Sage 214 bis Sage 223
214 DER NÄCHTLICHE REITER Auf Burg Krumau lebte einst ein Ritter. Als er starb, wurde er auf dem Friedhofe begraben. Seit dieser Zeit aber hörte man auf dem Roßweg, der zur Burg hinaufführt, um die Mitternachtsstunde den Hufschlag eines Pferdes. In mondhellen Nächten konnte man auch die Gestalt des nächtlichen Reiters im Mondenschein sehen, wie er auf dem schmalen Reitweg dahinjagte. Ein Krumauer Bürger, der einst zu mitternächtlicher Stunde heimwärts wanderte, begegnete dem Geist. Die ruhelose Seele hielt in ihrer nächtlichen Wanderung inne und klagte dem geängstigten Bürger ihr Leid. Der Geist sagte, daß er im Grabe keine Ruhe finden könne und auf Erlösung harre. Es könne ihn aber nur ein Mensch erlösen, der keine schwere Schuld auf sich geladen habe. Dieser müßte seinen Leib außerhalb des Friedhofes in ungeweihter Erde begraben. Der Mann machte dem Pfarrer des Ortes dies kund und dieser begrub den Ruhelosen auf der Hofwiese.
Gew. und Aufzeichner: Schulleitung d. Volksschule Krumau. 1952.
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215 DAS ÖDE SCHLOSS AM KAMP Auf einem steilen Felsen liegt über dem Kamp das „Öde Schloß.“ Am Fuße des Felsens zieht der Kaimpfluß vorbei, in dem sich die Trümmer der alten, verfallenen Ritterburg spiegeln. Oede und verlassen liegt sie am Berge und kein Mensch kennt ihren eigentlichen Namen. Warum er in Vergessenheit geriet, läßt sich nicht sagen, denn seit undenklichen Zeiten beherbergte sie keinen stolzen Burgherrn mehr. Unter der Burg, im Felsen eingemeißelt, aber findet sich ein tiefer Keller, in dem der Wein „in seiner eigenen Haut“ liegt. Gar köstlich soll der Tropfen sein. Keines Menschen Mund hat aber jemals davon gekostet, denn man meidet das öde Schloß, über das in stürmischen Winternächten eine wilde Reiterschar dahinzieht, an deren Spitze ein Ritter einherreitet. Ist es vielleicht der einstige Schloßherr?
Nach Kißlings „Frau Saga“ 2. Reihe, Seite 33 Nr. 33.
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216 DIE TRAUERNDE GRÄFIN
Oberhalb der ehemaligen Patzelmühle am Kampflusse, unweit Altenburg, stehen auf steilem Felsen, dem sogenannten „Lochsteine“, Reste einer verfallenen Ritterburg. Von dieser Burg, die man auch als „Ödes Schloß“ bezeichnet, weiß die Sage zu erzählen:
Aus Kißlings „Frau Saga“ 2. Reihe, Seite 30 Nr. 29.
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217 DER JUNGFERNSPRUNG VOM SCHAUENSTEIN Um die schöne und jagdfrohe Tochter des Wildgrafen von Schauenstein, der ein Riese an Gestalt und ein Bär an Kraft war, bewarben sich der Ritter von Hartenstein, und der von Lichtenfels. Als sich aber die Jungfrau für den Lichtenfels entschieden hate, sann der Hartensteiner auf Rache und zog, in feindseliger Absicht, mit bewaffneten Mannen vor die Burg Schauenstein. Obgleich diese von dreißig Bluthunden und einer Schar verwegener Knechte bewacht und verteidigt wurde, gelang es dennoch dem Hartensteiner, infolge Verrat eines Knechtes, durch eine Pforte in die Burg einzudringen, um das schöne Burgfräulein zu rauben. Dieses aber schwang sich, als es den Hartensteiner erblickte, auf sein flinkes Jagdroß und stürmte, über Mauern und Gräben setzend, aus der Burg hinaus. Der Hartensteiner verfolgte es. Plötzlich kam das Pferd der Jungfrau zu einer felsigen Schlucht am Kamp, setzte aber mit seiner mutigen Reiterin darüber hinweg, während ihr Verfolger in den schauerlichen Abgrund hinabstürzte, wo Roß und Reiter zerschmettert liegen blieben. Als die hartensteinischen Knappen dies sahen, zogen sie vom Schauenstein ab und das schöne Burgfräulein konnte wieder in ihres Vaters Burg einziehen, wo dann ihre Vermählung vollzogen Wurde.
Aus Kißlings „Frau Saga“ 4. Reihe, Seite 26 Nr. 24.
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218 DER RITTER UND DER ADLER Auf Burg Schauenstein lebte einmal ein Ritter, der mit dem Burgherrn von Aggstein verfeindet war. Er verliebte sich aber trotzdem in die liebliche Tochter eines Fischers der in den Diensten des Aggsteiners stand, und ebenso böse im Gemüte war wie sein Herr, der größtenteils vom Raube lebte. Der Aggsteiner war der gefürchtete „Scheck vom Walde.“ Der wüste Raubritter zog eines Tages gegen den Schauensteiner und erstürmte dessen Burg. Er wollte seinen Feind auch gefangennehmen. Der bedrängte Ritter aber hatte rechtzeitig durch einen Fluchtgang die Burg verlassen und sich in Sicherheit gebracht. Doch später gelang es Schreckenwald, unter Mithilfe des Fischers und dessen Tochter dennoch, den Schauenstein in seine Gewalt zu bekommen. Er stieß ihn, wie so manchen anderen Gefangenen, in das Rosengärtlein und überließ ihm die Wahl des Todes. Doch der Ritter war ein mutiger Mensch und erwog seine Flucht aus schwindelnder Höhe. Er hatte beobachtet, daß ein großer Adler, der in der Nähe horstete, zum Rosengärtlein kam und seinen Hunger mit dem Fleische der verhungerten Gefangenen stillte. Im kühnen Entschlüsse faßte der Ritter beim nächsten Anflug des Adlers dessen Hals, preßte sich an des Vogels Brust und ließ sich vom erschrockenen Adler im Gleitflug zu Tale tragen. Der Wagemutige langte ohne Schaden unterhalb des Felsens an, wo die Gebeine der Abgestürzten moderten und bleichten. Er raffte sich ungesäumt auf, eilte nach Wien und meldete der Herzogin die Schandtaten des Scheck vom Walde. Die Landesmutter beauftragte den Ritter, dem sie auch Kriegsknechte und Waffen beistellte, des Räubers Burg zu brechen und dessen ruchlosen Taten ein Ende zu setzen. Der Schauensteiner erstürmte die Feste Aggstein, aber der Räuber war entflohen. Sein Aufenthalt wurde trotzdem ausgeforscht. Jedoch hatten ihn schon zwei Köhler gerichtet, die ihn in ihre glühenden Kohlenmeiler geworfen hatten.
Aus Kißlings „Frau Saga“ 4. Reihe, Seite 86 Nr. 111. |
219 DER BURGHERR VON THURNBERG Ein alter Mann beschloß, seine letzten Lebenstage in Zurückgezogenheit als Einsiedler zu verbringen. Er wählte die stille Waldeinsamkeit der Ruine Thurnberg und nahm dortselbst Aufenthalt. Tief im Walde verborgen, und nur von dem im Tale dahinfließenden Kampflusse erreichbar, lag dieser Ort, der ihm ein stilles Plätzchen bot. Als er schon einige Zeit dortselbst einsam verbracht hatte, hörte er einst um Mitternacht einen fürchterlichen Lärm. Dem Einsiedler wurde es eigen zu Mute, als vor ihm plötzlich ein Ritter inmitten seiner Knappen und Reisigen stand, der zu ihm sprach: „Nur Du allein kannst mich jetzt erlösen. Komm, folge mir!“ Sie gingen in den tiefen Burgkeller hinab und der Burgherr zeigte dem Einsiedler eine Stelle, die er mit geweihter Kreide zu bezeichnen hatte. Der Burgherrngeist wies ihn an, dort zu graben. In den folgenden drei Nächten grub nun der Einsiedler an dieser bezeichneten Stelle und es kamen die sonderbarsten Dinge aus dem Boden hervor. Im trüben Schein seiner Laterne sah der Arbeitende Schlangen, Kröten, merkwürdige Männchen und anderes gruseliges Zeug aus der Grube kriechen und steigen. In der dritten Nacht war es kaum mehr auszuhalten, denn der böse Feind setzte alle Mittel ein, um die Seele des Burgherrn zu behalten. Gräßliches Getier kroch aus der Grube, so daß dem Einsiedler der Schreck in die Knochen fuhr und er in wilder Flucht die Trümmer der Geisterburg verließ. Er floh und noch im Fliehen hörte er die klagende Stimme des einstigen Burgherren, der jammernd rief: „Jetzt hast mich auch du nicht erlöst und hundert weitere Jahre muß ich wieder auf Erlösung warten!“
Aufgezeichnet von den Schülern der Volksschule Idolsberg i. J. 1952.
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220 DIE RAUBERSBURG AM KAMP Die Burg zu Krumau am Kamp hat gute und böse Tage erlebt. Die schlechten Zeiten waren aber reichlich und so erzählen Sagen vor allem von Leid und Not. Man sagt, daß diese Burg einst einer Witwe eigen war, die von einem Raubritter vertrieben wurde, der ihr alles Hab und Gut nahm. Er empörte sich sogar gegen den Kaiser, worauf der Wegelagerer von diesem gefangen genommen und hingerichtet wurde. Seit dieser Zeit erscheint der Geist desselben manchmal im Turme der Burg, wo er sein Unwesen treibt. Solange der Turm besteht, findet die Seele des Räubers keine Ruhe im Grabe.
Aus Kißlings „Frau Saga“ 4. Reihe, Seite 81 Nr. 102.
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221 DER EINGEMAUERTE AUF BURG DOBRA
Die einst hoch über dem Kamptale thronende Ritterburg Dobra, die heute aus dem Stausee der Kampwerke unmittelbar emporsteigt, ist die Stätte, welche manches Geheimnis bewahrt. Eines sei hier aufgezeigt. Die Sage erzählt:
Aus Kißlings „Frau Saga“ 8. Reihe, Seite 89 Nr. 133.
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222 DIE UNGETREUEN BURGFRAUEN Vor Zeiten lebten auf Burg Krumau drei Brüder, welche dem Ritterstande angehörten. Da trug es sich zu, daß der Feind ins Land einbrach und alle drei Ritter in den Kampf ziehen mußten. Auf der Burg blieben nur einige Reisige als Burgwächter zurück, die die Feste zu bewachen und die drei Rittersfrauen zu beschützen hatten. Erst nach Jahren kehrten die Brüder aus dem Kampfe zurück und mußten bei ihrer Rückkehr erfahren, daß ihre Gemahlinnen ihnen die Treue nicht gehalten hatten. Die drei Ritter hielten über ihre ungetreuen Frauen ein schreckliches Gericht und fällten ein fürchterliches Urteil. Sie ließen diese auf dem „Steinermäuerl“, einem Felsenhügel bei Krumau, der heute noch Mauerreste trägt, bei lebendigem Leibe einmauern. Im aufzuführenden Gebäu wurde aber eine Oeffnung freigelassen, um das schreckliche Ende der drei Sünderinnen beobachten zu können. Nach zehn Tagen hatten sich die Frauen ihr eigenes Fleisch von den Armen genagt und nach dreizehn Tagen waren sie gestorben. In stürmischen Nächten kann man heute noch das Klagen der Sterbenden aus den Ruinen auf dem Felsen vernehmen.
Die Aufzeichnung wurde 1952 von der Schulleitung Krumau besorgt.
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223 DER FAHRENDE SÄNGER
Einst kam in später Abendstunde ein Rittersmann auf müdem Rößlein nach Krems geritten. Es mag um das Jahr 1230 gewesen sein. Er lenkte sein Pferdchen zur Herberge hinter der St. Veit-Kirche, wo sich der fahrenden Ritter gar viele ein Stelldichein gaben, denn hier ging es oft hoch her. Prächtige Minneweisen ertönten nicht selten zu Becherklang und man nannte daher diese Herberge den „Sängerhof.“ Schon seit den Kreuzzügen bestand die gastliche Stätte, wo sich der Arme wie auch der Begüterte zu froher Rast einfand. Mildtätige Stifter hatten durch reiche Einkünfte dafür Sorge getragen, daß auch ersterem ein geruhsames Plätzchen geboten werden konnte. Der Spitalmeister, der den Hof verwaltete, konnte manchen lieben Gast bei sich begrüßen. Und so scholl auch unserem müden Rittersmann ein freudiger Gruß entgegen, als er durch die Torhalle in den Sängerhof einritt. Nachdem der Herbergsvater sein Pferd versorgt und eine Schlafkammer angewiesen hatte, lud er den späten Gast in die Schankstube, brachte ihm zu essen und eine Kanne Wein. Der Fremde, alt und müde, nahm dankend das Dargereichte und ließ es sich wohl munden. In altgewohnter Weise musterte der Spitalmeister den Schmausenden und wollte sein Ausfragen beginnen. Doch der Greis sagte: „So sehr ich euch für die gute Aufnahme danke, bitte ich doch, laßt alles Fragen. Ich will euch nur sagen, daß ich das schöne Oesterreich und das liebe Krems sehr wohl seit ferner Jugendzeit kenne, daß ich hier oft schon Einkehr gehalten und mich stets des guten Weines erfreut habe. Der Rest der Sage entstammt dem Sagenheft Nr. 8.
Nun bin ich alt und grau geworden. Noch einmal wollte ich vor meinem Sterben alles sehen, hier den Abschiedstrunk halten.“ Gerührt enteilte der Gastgeber und brachte einen ganz verstaubten, mit Pech verschlosseneu Behälter. Daraus goß er ihm einen Kristallbecher perlenden Weines voll und der Alte hob ihn still empor, trank dann mit Bedacht und schwieg. Still entfernte sich der Spitallmeister wieder, sah bald darauf aus der Küche, wie der Ritter mit seligem Lächeln sich erhob und seine Kammer aufsuchte. Auf dem Tische hatte er einen Beutel mit vielen Silberlingen liegen gelassen, was bisher noch kein Fremder getan hatte.
Nach Dr. Hanns Plöckinger.
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