Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 8

Versunkene Schätze
Heft Nr. 8 (Doppelheft)

Teil 1

von Sage 224 bis Sage 230



Im original Sagenheft Nr. 8 ist an dieser Stelle noch der Rest der Sage „Nr. 223, DER FAHRENDE SÄNGER“.
In der Internetausgabe ist diese Sage vollständig im Sagenheft Nr. 7.


224

DER STREITBARE MÖNCH

    Der Waffenmeister König Dietrichs von Bern, der alte Hildebrand, hatte einen Bruder, namens Ilsan. Auch er war ein sehr wackerer Recke und führte ein reich bewegtes Abenteurerleben. Als der Held alt geworden, entschloß er sich, zur Buße für seine Sünden ins Kloster Melk oder Eisenburg, wie es damals hieß, einzutreten. Dem neuen Bruder war erlaubt worden, Rüstung und Waffen in die Zelle mitzunehmen, da er so sehr daran hing. Oft noch trug er unter der Mönchskutte das eiserne Streitgewand, sodaß es bei seinen wuchtigen Schritten in den Klostergängen unheimlich klirrte. Auch seinen Jähzorn konnte der einst sehr ungestüme Krieger nicht ganz bezähmen, und seine Mitbrüder mußten viele arge Scheltworte, ja manchmal gar Schläge hinnehmen, sodaß sie ihm übel gesinnt waren.

    Während Ilsan sich vergeblich mühte, ein braver Mönch zu werden, unternahm König Dietrich mit seinen Recken viele Heerfahrten. Einmal wurde er auch von König Gibich zu Kampfspielen nach Worms geladen. Dessen Tochter, die schöne Kriemhild, um welche sich eben der Held Siegfried bewarb, sollte jedem Sieger durch einen Kuß und einen Kranz aus ihrem Rosengarten die höchste Ritterehre erweisen. Solch lockender Aufforderung konnte der edle Berner nicht widerstehen. Es war verlangt worden, zwölf Recken mitzubringen. Da Dietrich damals gerade bloß elf aufbieten konnte, so erinnerte sich der Waffenmeister Hildebrand an seinen Bruder, den Mönch Ilsan. Man nahm den Weg an Melk vorbei und erbat sich eine Zwiesprache mit diesem an der Pforte des Klosters. Leicht konnte er zur Beteiligung an dem Abenteuer gewonnen werden. Der Abt wollte allerdings nicht die Erlaubnis hiezu geben. Diese erzwang sich Ilsan aber und zog in Dietrichs Gefolge gegen Worms.

    In den Kämpfen, die ausgefochten wurden, blieben Dietrichs Mannen stets Sieger, ja er selbst überwand sogar den unverwundbaren Siegfried, nachdem er dessen Hornhaut durch die aus seinem Munde sprühenden Feuerflammen erweicht hatte. Ilsan streckte nicht bloß den Meister des Gesanges, den Helden Volker von Alzey, in den Sand, sondern siegte noch über einundfünfzig andere Streiter und bekam darum zweiundfünfzig Siegerkränze, gerade so viel, als er daheim Mitbrüder im Kloster hatte. Auch Kriemhilde bot ihm ihren Rosenmund. Doch Küsse lockten den streitbaren Mönch durchaus nicht, darum rieb er der Holden mit seinem borstigen Kinn die zarten Wangen so heftig, daß ihr rosenfarbenes Blut in die Blumen floß. Dann packte er alle seine Kränze und zog wieder heim in sein Kloster.

    Dort hatte man gehofft, ihn für immer zu verlieren. Nun war alles über seine Rückkehr entsetzt. Bruder Ilsan drückte jedem Mönch zum Willkomm einen indes dürr gewordenen Rosenkranz mit den Dornen auf das geschorene Haupt und forderte alle auf, mit ihm für seine neuen Sünden Bußübungen zu verrichten. Das wurde natürlich verweigert. Daraufhin band er je zwei der Mitbrüder an ihren langen Barten zusammen und hängte sie über eine Stange.


Aus Dr. H. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 12, Nr. 7. 1926.

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225

DIE NIBELUNGEN IN DER WACHAU

    Als die Burgunden ihrer Königstochter auf der Fahrt ins Heunenland zu König Etzel das Geleite gaben, kamen sie auch nach Melk. Hier hielt man kurze Rast. Der Burgherr von Melk, ein Lehensmann des Heunenkönigs, Astold geheißen, ließ den Gästen einen Willkommen- und Labetrunk in goldenen Gefäßen reichen, den man ihnen an die Straße brachte, die gegen Mautern führte. Da einst der des Weges Unkundige nur beschwerlich reisen konnte, geleitete man die Burgunden bis nach Mautern, wo den Gästen keine Gefahr mehr drohte. Durch die Wachau ritt vorne Astold mit fünfhundert Mannen Rüdigers von Bechelaren, denen die künftige Königin auf einem weißen Zelter mit „güldener Schabracke“ folgte. Ihr zur Seite ritt deren Oheim Bischof Pilgrim von Passau zur Rechten und Rudiger von Bechelaren zur Linken. Dahinter folgten hundert schöne Maiden, der Königin Hofstaat, nach Jugendart in munterem Geplauder Pläne schmiedend, sodaß sich manche bereits als glückliche Braut oder gar Frau eines hunnischen Fürsten oder Königs sah. Den Zug beschloß als Nachhut Markgraf Eckewart mit fünfhundert gewappneten Reisigen.

    Plauderten die jungen Mägdelein, so ritt dagegen Kriemhilde still und verschlossen ihres Weges. Dem begleitenden Oheim fiel dies auf und er fragte seine Nichte darum, was ihr Herz so bedrücke. Er meinte, er hätte sich eine glückliche Braut wohl anders vorgestellt. Doch Kriemhilde offenbarte ihre geheimsten Gedanken dem Oheime nicht, denn dieser hätte als Priester die Rachegedanken nicht gutgeheißen. Darum sprach sie: „Zürnet mir nicht ob meiner Schweigsamkeit, denn ich bin in Sorge, ob ich recht tue, einen Heiden zu ehelichen. Wohl hat König Etzcl vor langen Jahren die Taufe empfangen, ist aber seiner Völker wegen, deren nur wenige an das Christentum glauben, wieder Heide geworden.“ Da lobte der Bischof seine Nichte ob ihrer frommen Gesinnung und meinte, ein gutes Weib vermöge gar viel über den Mann, und es könnte mit Gottes gnädiger Beihilfe leicht sein, daß sie den König samt seinen Völkern dem wahren Glauben gewänne.

    Dem stimmte auch Rüdiger zu, äußerte sich aber dahin, es gäbe auch in der Wachau für den Heidenbekehrer der Arbeit in Hülle und Fülle, denn „Wisset, viel edle Königin, in diesem Tale herrschen noch mächtig die alten Götter. Agez, der fürchterliche Stromgott schlägt zur Winterszeit die holde Isa, das Donauweibchen, in Fesseln; auf jenem hochragenden Felsen, der Aggstein geheißen, sitzt die Nixe Raan und lockt durch ihren Gesang die Schiffer ins Verderben; auf den Wogen tanzen ihre neun Töchter verführerischen Reigen; einst trug hier der Riese Wate, dem der Watstein heilig ist, seinen und Wachhildens Sohn Wieland über den Strom, auf daß er bei den Zwergen des Schwerterschmiedens kundig werde; Frau Holle späht in den Gehöften nach den Spinnerinnen; im Gewittersturme braust Wodans wilde Jagd durch ragende Schluchten, im Aggswald stehen Opfersteine, nicht nur von Tierblut gerötet.“

    Entsetzt über soviel Heidentum in der Stromenge, bekreuzigte sich der Bischof und murmelte ein absagendes Gebet.

    Unter solchen und ähnlichen Gesprächen gelangten die Reisenden ins lichte Mautern und nach etlichen Stunden in die Burg Traismauer, wo sich der Bischof von seiner Nichte trennte, um nach Passau zurückzukehren, nachdem er ihr noch väterliche Mahnungen gegeben hatte. Segenswünsche begleiteten Kriemhilde auf ihrem weiteren Weg ins Land der Heunen.


Nach Josef Wichners „Wachausagen“, Seite 7.

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V E R S U N K E N E   S C H Ä T Z E


Seit uralten Zeiten ein geheimnisvoll Raunen,
In Sagen und Mären an schaurigem Platz.
Wo in Ruinen und Wäldern, in nächtlichen Launen,
Bewacht viel Geister manch wertvollen Schatz.

Ein Königsschloß, so soll ses sein,
Versunken in tiefes Felsgestein,
Versunken schon viel hundert Jahr,
Doch keinem noch wurde der Ort gewahr.

Irrlichter huschen leicht über den Sumpf,
Von unten herauf ein Brodeln dumpf.
Hier lebet die Welt, tief unten zur Nacht
Und packet den Menschen mit zaubrischer Macht.

Goldene Kronen und gleissende Gaben
Locken den Sucher zu mühvollem Graben.
Doch steht er nicht mit den Mächten im Bund,
Niemals werden die Schätze ihm kund.

Ein Vogel singt im grünen Gezweig,
Zu erwarten den glücklichen Finder bereit.
Und singet, und singet jahraus, jahrein,
Doch niemals stellt sich ein Glücklicher ein.

L. Sturm a

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226

DER SCHATZ BEIM WEISSEN KREUZ

    Im Gemeindebereiche von Ober-Meisling lebte einmal eine sehr arme Frau. Ihr Name ist nicht mehr bekannt, man wußte aber, daß sie sehr der Not ausgesetzt war. Als sie Hunger und Durst wieder einmal sehr quälten, nahm sie ihren Rosenkranz zur Hand und ging auf einen nahe gelegenen Hügel, um zu beten. Der Ort, auf dem sie kniete war mit Steinen übervoll. Während sie andächtig betete, fiel ihr der Rosenkranz aus der Hand. Sofort begann sie in den Steinen zu suchen und hob Stein um Stein auf. Statt des Rosenkranzes stieß sie aber auf einen unscheinbaren, verrosteten Topf, den sie ebenfalls emporhob und schließlich öffnete. Sie traute ihren Augen nicht - der Topf war mit purstem Gold gefüllt.

    Die Frau jubelte und frohlockte und war von dieser Stunde an von ihrer Not erlöst. Sie ließ an dieser Stelle zum Dank für den Reichtum, den sie fand, das sogenannte „Weiße Kreuz“ errichten.


Aufz.: Hermine Nimmer, 1952. Gew.: Florian Kröbmannsberger.

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227

PUMPERER-STEINWAND

   Zwischen Rastenfeld und Ottenstein hängt an der Bezirksstraße, bei der Biegung zum Kamp, ein großer Felsen über einen Teil der Straße. - Dort soll um die Mitte der Heiligen Nacht ein deutliches Pumpern hörbar sein. - Die Sage erzählt weiter, daß in einer Höhle innerhalb des Felsens ein Schatz verborgen liege, der in dieser Nacht gehoben werden könne, da sich nach Ertönen des pumpernden Geräusches die Wand für fünf Minuten öffne. - Wer sich nach dieser Frist noch im Innern der Höhle befinde, kehre nicht mehr ins Freie zurück. Auch erzählt man, daß einstens tatsächlich ein kleines Mädchen zu dem obgenannten Zeitpunkt in die Höhle hineingegangen und nicht mehr wiedergekommen wäre. Nach einem Jahre soll es zur gleichen Zeit mit einem goldenen Apfel in der Hand vor der „Pumpererwand“ gestanden sein, doch wußte es weder, wie es dort hingekommen sei, noch von wem es den Apfel erhalten hatte. Das vergangene Jahr war seinem Gedächtnis gänzlich entschwunden.


Gew. und Aufz.: Dir. Hans Fauland, Rastenfeld. 1952.

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228

DIE SCHATZWAND

    Auf dem Scheibelberg, hoch über dem Kremsfluß, bei Senftenberg, liegt ein riesiger Felsblock, die Schatzwand. Diese soll der Deckel zu einer Schatzkammer sein. Einmal machten sich zwei Holzhauer auf, um den Schatz zu heben. Sie rückten mit großer Mühe den Steindeckel weg und einer ließ sich an einem Seil hinunter. In einer Ecke der Höhle stand eine große Truhe. Er hob den Deckel auf. Da war die Truhe mit lauter Goldtalern angefüllt. Er rief seinem Gefährten zu, noch ein Seil herunterzulassen. Daran befestigte er die Truhe und kletterte wieder hinauf. Nun zogen sie mit vereinten Kräften diese hinauf. Als sie den Schatz zur Hälfte hatten, sah einer von ihnen einen Hasen laufen. Sie ließen die Truhe wieder hinab und liefen dem Hasen nach, aber sie erreichten ihn nicht. Als sie wieder zurückkehrten, sahen sie mit Entsetzen, daß der Deckel zu war. Sie versuchten ihn wieder zur Seite zu wälzen, aber es gelang ihnen nicht mehr. So mußten sie ohne Schatz und Hasen heimgehen.

    Da in diesem Fels noch heute der ungehobene Schatz ruht, nennt man ihn die Schatzwand.


Gew.: Ludwig Pangerl, Senftenberg. Aufz.: Leonhard Pangerl. 1952.
Eingesendet von der Schule Nöhagen

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229

DER GOLDENE WAGEN

    Vor Zeiten, als die Burg zu Thurnberg noch nicht in Trümmer gesunken war und von einem adeligen Herrn bewohnt wurde, befand sich dortselbst auch ein Burgverlies, das vielen Bauern und wanderndem Volke zu einer Stätte großen Leides wurde. Der Ritter warf seine Untertanen bei kleinen Vergehen schon ins Verlies und ließ sie bei Wasser und Brot hungern und die Freiheit ersehnen. Diese Missetaten trieb er manches Jahr. Derweilen die Bauern im Kerker lagen, jagte er auf den von ihnen bestellten Feldern und vernichtete so die Feldfruchte. Doch eines Tages erfuhr er seine verdiente Strafe. Er verlor Leben und Burg. Noch heute soll in einem tiefen Schacht, der sich an der Stelle des einstigen Verlieses befindet und der heute mit Wasser gefüllt ist, jener goldene Wagen liegen, mit dem der Burgherr und seine Gäste auf die Jagd fuhren.


Aufz.: Schüler der Volkschule Idolsberg. 1952.

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230

DER SCHATZ VON LICHTENFELS

    Die alte Burg der Herren von Lichtenfels liegt malerisch auf einem hohen, nach Osten zum Tal des Großen, nach Süden zum Tal des Kleien Kamps steil abfallenden Felsen.

    1619 wurden nächst dem Schlosse Lichtenfels eine goldene Kette und einige andere Schmuckstücke vergraben, um sie vor dem Feinde zu schützen. - 1696 fand diesen Schatz ein Halter (Viehhüter), der aber nur einige Stücke davon nahm, die er dem Grafen Leopold von Luxemburg übergab. Den Fundort selbst verschwieg er. Der Graf ordnete an, daß an jedem Jahrestag der Auffindung des Schatzes in der Schloßkapelle für jene eine Messe gelesen werden sollte, die den Schatz vergruben, und dem Finder 24 Gulden gezahlt werden müßten. Diese Jahresmesse kam außer Brauch. Aber die Sage berichtet noch heute von einer prächtigen Schatzkammer in der Ruine Lichtenfels, jener, die der Viehhüter damals offen fand und die sich hinter ihm wieder schloß. - Aber noch jetzt hätte man bei Vollmond um 12 Uhr Mitternacht Gelegenheit, den Schatz zu holen. Denn um diese Zeit soll sich beim Altar der Schloßkapelle eine Tür auftun, hinter der einige Bottiche Gold und Silber zum Vorschein kämen. - Aber niemand getraute sich bisher, davon zu nehmen.


Gew.: Anna Rohrhofer, Rastenfeld. Aufz.: Dir. Hans Fauland. 1952.

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Diese Seite wurde am 3. Januar 2005 erstellt.