Burgen und Ritter
Heft Nr. 7 (Doppelheft)
Teil 7
von Sage 208 bis Sage 213
208 DER BÖSE KNECHT UND DER BURGGEIST Ein lasterhafter Knecht aus Straß, der im Wirtshause dem Spiel und Trunk huldigte, trieb einmal eines Bauern Vieh auf den Falkenberg, um es dortselbst weiden zu lassen. Da fand er ober der verfallenen Ringmauer ein Geldstück. Gleichzeitig vernahm er auch eine Stimme, die den Finder bat um das Geld eine heilige Messe zur Erlösung einer armen Seele lesen zu lassen. Aber statt der Bitte nachzukommen, ging er des Abends in das Gasthaus und vertrank das Geld. Als das Gefundene bereits vertrunken war, zechte er noch weiter und machte Zechschulden, denn er hoffte, bei seinem nächsten Viehaustrieb wieder Geld auf der Burg Falkenberg zu finden. Als er des anderen Tages seine anvertrauten Tiere auf den Burgberg trieb, gewahrte er am Boden abermals Geld. Es waren diesmal aber sogar deren drei Stücke. Schon griff er darnach, da rief ihn die Stimme an, was er denn mit dem Geldstück vom Vortage gemacht habe. Er schwieg. Und als die Stimme fragte, was er mit den drei Geldstücken nun tun werde, gab er eine freche Antwort. Kaum waren die Worte über seine Lippen gelangt, als sich ein fürchterlicher Lärm erhob. Von allen Seiten sausten heftige Hiebe auf den Knecht nieder, der zusammenbrach. Er schleppte sich mit Mühe heim und war eines Tages verschwunden.
Aus Kißlings „Frau Saga“ 5. Reihe, Seit 102 Nr. 150.
|
209 DIE FEINDLICHEN BRÜDER ZU LANGENLOIS
In der Burg zu Langenlois lebte einst ein Ritter. Als er fühlte, daß er dem Tode nahe sei, ließ er seine beiden Söhne zu sich kommen und übergab ihnen sein Hab und Gut unter der Bedingung, daß sie stets einig bleiben und ihre alte Mutter gemeinsam erhalten sollen. Darauf segnete der Vater die Söhne und verschied. Als es später zur Verwaltung des Erbes kommen sollte, gerieten die Brüder in Streit und der ältere verletzte den jüngeren derart, daß dieser blutend wie tot zu Boden sank. Der Mörder aber entfloh und man hatte seit der Tat nichts mehr von ihm vernommen. Aber der zu Boden gesunkene Bruder war nicht tot, sondern erholte sich nach und nach unter der sorgsamen Pflege seiner Mutter und ward wieder gesund. So vergingen Jahre.
Aus Kißlings „Frau Saga“
|
210 DER TAUBENFANG ZU LANGENLOIS
Am Westende der Stadt Langenlois erhebt sich auf einer Anhöhe eine Ruine, die der Taubenfang heißt.
Gew.: Albert Hamböck, Langenlois. Aufgezeichnet 1923. Ferner enthalten in Kißlings „Frau Saga.“
|
211 GEISTERSPUK AUF DER SCHONENBURG
In der Christnacht soll voreinst aus den Trümmern der alten Schonenburg eine mächtige Burg für einige Stunden neu erstanden sein. Freilich ist sie nicht die einst aus strahlenden Lichterquadern erbaute, gespensterhafte Burg. Diese geheimnisvolle Lichterburg soll aber auch nur für Sonntagskinder zu sehen gewesen sein. Großer Reichtum harrte dieser Glückskinder, wenn sie schwiegen – früher Tod, wenn sie ausplauderten, was sie gesehen hatten.
Aufgezeichnet von den Schülern der Volksschule Schönberg am Kamp. 1952.
|
212 DIE GOLDENEN KEGEL VON SCHÖNBERG In der alten Burg zu Schönberg am Kamp lebte vor Zeiten ein Ritter, der nur am Kegelspiele, dem Kartenspiele und an Trinkgelagen seine Freude hatte. Kein Waffenspiel konnte ihn ergötzen, kein Minnedienst begeistern. Durchzechte und durch Spiel verkürzte Nächte wechselten in bunter Reihe ab. Da erschien unerwartet, als er mit seinen Freunden zechte, vor seiner Burg der Feind, der sich anschickte, sie zu erobern. Der Ritter fand gerade noch Zeit, das wertvollste Gut, das er hatte, und das waren neun Kegel und drei Kugeln aus purem Golde, in Sicherheit zu bringen. Er versenkte sie in den tiefen Schloßbrunnen. Dann brach über die Burg das Unheil herein. Der Feind erstürmte sie, steckte sie in Brand und die Mauern stürzten in sich zusammen, auch den Schloßbrunnen verschüttend. Seither liegen die kostbaren Kegel und Kugeln darin begraben und wenn sie noch niemand geholt hat, liegen sie heute noch darin.
Nach Kißlings „Frau Saga“ 1. Reihe, Seite 21 Nr. 11.
|
213 DAS GOLDENE KEGELSPIEL VON KRONSEGG Zu Kronsegg hauste vor Zeiten ein Ritter, der seinen Untertanen ein sehr schlechtes Beispiel gab. Er durchzechte mit seinen Kumpanen ganze Nächte und verpraßte mit seinen Spießgesellen Hab und Gut. Er war auch nicht imstande, seine Burg bei Feindesnot zu verteidigen. Das erfuhren auch die Schweden und rückten deshalb eines Nachts, als in Kronsegg wieder gezecht wurde, gegen die Burg vor. Vom Burgstallberge aus schossen sie die Feste in Trümmer. Mit Not konnte der Ritter durch einen unterirdischen Gang aus der Burg entfliehen, nachdem er seinen kostbarsten Schatz, neun goldene Kegel samt den Kugeln, in den Schlofibrunnen versenkt hatte, wo sie heute noch verschüttet liegen sollen, denn der Entflohene kehrte nie mehr zurück.
Aus „Frau Saga“ 4. Reihe, Nr. 24 Seite 30.
|
2. Erzählform: Einst pflügte ein Bauer auf seinem Felde. Da stand plötzlich ein seltsames Männlein vor ihm und sprach: „Komm heute Nacht um die zwölfte Stunde zur Ruine Kronsegg. Dort wirst du einen Schlüssel erhalten, mit dem du zu dem in der verfallenen Burg verborgenen goldenen Kegelspiel gelangen kannst.“ Der Mann ging um die Mitternachtsstunde dahin. Als er die Trümmerstätte betrat, hörte er ein Sausen und Brausen in der Luft. Den Berg herab sprengte ein feuriges Roß, das einen goldenen Schlüssel im Maule hatte. Der Mann erschrak so sehr, daß er es nicht wagte, den Schlüssel aus dem Pferdemaul zu nehmen. Das feurige Pferd verschwand daher wieder mit demselben, aber an seiner Steife stand das Männlein, das den Bauern in die Burg gerufen hatte. Dieses sprach nun zum geängstigten Mann: „Weil du mich nicht erlöst hast, ist dein Leben verwirkt.“ Dabei versetzte es dem Geängstigten einen wuchtigen Schlag ins Gesicht und verschwand. Der Furchtsame starb acht Tage nachher eines geheimnisvollen Todes. Das goldene Kegelspiel, das dem Bauer für die Erlösung der Seele des Ritters zum Lohne gewesen wäre, liegt noch heute im verschütteten Burgbrunnen und harrt der Hebung.
Eingesendet von der Schulleitung der Volksschule Schiltern durch den Aufzeichner und Gewährsmann Dir. Jos. Flehner. 1952.
|
zum Teil 6 |