Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 5

Krankheit - Krieg
Hungersnot
Heft Nr. 5 (Doppelheft)

Teil 6

von Sage 50 bis Sage 58
und Gedicht



50

DER STEINBRECHER UND DIE
PREUSSEN

    Als die Preußen im Jahre 1866 im besiegten Österreich eindrangen und bis zur Donau vorrückten flohen viele Bewohner mit ihrer geringen Habe vor dem Feinde. So geschah es zu Dürnstein, daß ein armer Steinbrecher mit seinem Weibe, die beide nicht geflohen waren, auf der Straße längs der Pyratalwand in den Steinbruch ging. Da kam in der Morgendämmerung plötzlich ein unförmiges Wurfgeschoß aus dieser schauerlichen Wand herabgesaust. Mit einem Aufschrei sprang das Weib zur Seite, denn sie vermutete einen feindlichen Überfall. Ihr Mann sprang im gleichen Augenblick zur Seite, gewahrte aber zu seiner größten Verwunderung, daß das Geschoß ein pflugradgroßer Brotlaib war, der einem Geflohenen aus der unwegsamen Wand beim Morgenschmaus davongekollert war. Er rief, da er aus dem Lande der Moldau stammte, gar eigenartig aus: "Weia, s'kuman besari Zeit, Brotlabl kummt vom Himml!"


Gew.: Georg Kemstock. Dütnstein, Aufz.: Riedel Rudolf, Dürnstein, 1925.

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51

DIE „TÜRKENLEITEN“ BEI WEITEN

    Als die Kriegerscharen des Soliman vor Wien lagerten, drangen auch Streifscharen bis ins Weitental vor. Hier wollten sie plündern und morden. Doch die Bewohner des Weitentales ließen sich nicht entmutigen und setzten sich zur Wehr. Mit Sensen, Sicheln, Drischein und Mistgabeln, Reithauen und Prügeln rückten sie dem Feinde zu Leibe. Sie umschlossen den feindlichen Haufen und jagten ihn über Berg "und Hang. Der größte Teil der Horde wurde erschlagen, der Rest fiel sich zu Tode, als er. mit seinen Pferden den Steilhang hinabgejagt wurde. Seit dieser Zeit blieb die mutige Tat der Weitener unvergessen und die "Türkenleite" bezeichnet jenen Ort, wo sich das Schicksal der türkischen Krieger erfüllte.


Aus "Frau Saga", 6. Reihe, Nr. 4, Seite 11.

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52

ALS DIE SCHENKENBRUNNER IN DIE
LANGLEITEN ZOGEN

    Als die Preußen im Jahre 1866 siegten und Österreich seine Krieger von den böhmischen Kriegsschauplätzen zurückführte, herrschte überall große Preußenfurcht. Auch in Schenkenbrunn hieß es eines Tages:   " D i e   P r e u ß e n   k o m m e n ! "   Da packten die Schenkenbrunner ihr Hab und Gut und flüchteten mitsamt dem Vieh in die Wälder der   " L a n g l e i t e n ".   Nur den Gemeindestier nahmen sie nicht mit, denn sie fürchteten, er könnte sie durch sein Brüllen verraten. Nach einigen Tagen mußte einmal ein Mann Ausschau halten, was eigentlich los sei. Als er nach Schenkenbrunn kam, war alles leer und still. Kein einziger Preuße war zu sehen. Die Dörfler zogen nun wieder heim und freuten sich des eingekehrten Friedens.


Volksgut des Dorfes Schenkenbrunn, Aufgezeichnet von Direktor Gussl.

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53

DAS GANSBACHER FRANZOSENGRAB

    Außerhalb von Gansbach hört man in stürmischer Nacht bei einem Holzbildstock Kriegslärm und Trommelschlag. Wenn die Mitternachtsstunde wieder vorüber ist, kehrt Ruhe ein, denn die im Franzosengrab ruhenden französischen Krieger haben wieder Ruhe in ihrem ewigen Schlaf.


Gew.: Siegfried Resch, Gansbach. Aufz. Dr. H. Plöckinger, 1925.

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WEILS GUELT, DIE SEEL UND AUCH DAS GUET
SO SOLLS AUCH GELTEN LEIB UND BLUET
O HERR, VERLEIH UNS HELDENMUET
ES MUESS SEYN!          
(Das Lied der Bauern im Bauernkrieg)

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54

DER VERSUNKENE REITERSMANN

    Als die französische Armee von Sankt Polten gegen Krems zog, schwenkten einzelne Streifscharen von der Heerstraße ab, um in den umliegenden Dörfern zu plündern. Ein beutegieriger Haufe kam damals auch nach Unterwölbling, fand dort aber meist verschlossene Haustüren: denn die Bewohner hatten sich mit ihrer Habe in den Wald geflüchtet. Ein roher Soldat war über das ergebnislose Suchen nach Beute derart erzürnt, daß er ein kleines Kind niederstach, welches sich in einem Hause versteckt hatte. Die Strafe für diese ruchlose Tat sollte nicht ausbleiben. Auf seinem Ritte von Wölbung zur Statzendorfer-Straße mußte der Franzose über die sumpfigen Wiesen südlich von der hohen Brücke bei Meidling seinen Weg nehmen. Sein Pferd sank dort in dem weichen Grund ein und erdrückte im Versinken den Reiter im Schlamme. In diesen nassen Wiesen müssen damals auch viele Pferde umgekommen sein, denn bei der Fladnitzregulierung fanden sich unzählige Pferdeschädel und Pferdegerippe im moorigen Grunde vor.


Gew. und Aufz.: Direktor Alois Pruckner in Paudorf. 1925.

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55

NAPOLEON IN MELK

    Beim Vordringen gegen Wien mußte der Franzosenkaiser Napoleon jedesmal durch Melk ziehen. Einmal hat er dabei im Stifte Nachtrast gehalten. Er wohnte in der Prälatur. Während dieses Aufenthaltes empfing er eine Depesche mit recht unangenehmer Botschaft. Man vermutet, es sei ihm die Niederlage seines Generals Mortier bei Loiben gemeldet worden. Voll Zorn soll der Kaiser das Schriftstück an der Kerze angezündet, und auf den Fußboden geworfen haben, wo damit ein Loch ausgebrannt wurde.


Aus Dr. H. Plöckingers "Wachausagen" 1926.

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56

DER WACKERE SOLDAT

    Als der Franzosenkaiser Napoleon im Jahre 1805 Österreich mit Krieg überzog, trug es sich zu, daß ein einfacher Bauernsohn aus Engabrunn in der Schlacht von Wagrain bei Wien sehr tapfer kämpfte. Auch seine Kameraden taten es ihm gleich, doch die Verluste der kaiserlich-österreichischen Regimenter waren außerordentlich schwer. Viele Tote deckten das Schlachtfeld und noch mehr lagen in den Spitälern mit schweren Verwundungen darnieder. Der Krieger aus Engabrunn war zum Glücke weder unter den Toten, noch unter den Verwundeten zu linden. Er war gesund und wohlauf. Als einen der wenigen gelang es ihm, sich zum Sammelplatz durchzuschlagen. Er schleppte aber schwer bepackt sich heran, denn er hatte die Kasse des Regiments gerettet, die er nun zum General brachte. Derselbe war über das tapfere und ehrliche Verhalten des Soldaten hoch erfreut und geizte auch mit seinem Lobe nicht. Er frug den Krieger nach Name und Heimat und meinte dann: "Von nun an solltest du Georg Wacker heißen, denn deine Tat ist wohl eine wackere Tat." Er klopfte dem Soldaten wohlmeinend auf die Schulter und entließ ihn reich belohnt.


Gew.: Dr. H. Plöckinger. Krems. Aufz.: D. H. Plöckinger, 1953. Familientradition.

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57

DIE EROBERUNG DER EISENBURG

    Die Magyaren hatten an der Stelle des heutigen Stiftes Melk auf dem hohen Felsen eine starke Feste erbaut, die Eisenburg hieß. Auf dieser saß einer ihrer Häuptlinge mit Namen Gizzo und hielt scharfe Wache. Besonders nach der Niederlage auf dem Lechfelde im Jahre 955 bewachte er den Eingang in die Wachan sehr gut, denn durch diese Gegend führte der Weg nach Ungarn. So lange diese feindliche Trutzburg bestand, konnte die von Kaiser Otto dem Großen neu errichtete Ostmark nicht als gesichert gelten. Darum zog ein starkes Heer aus Bayern herab, welches die Magyaren zuerst in offener Schlacht oberhalb ihrer Burg besiegte und dann die Belagerung begann. Mit Sturmleitern und allen möglichen Hilfsmitteln mühte man sich lange ab, die Burg zu erstürmen. Alles war bei der geschützten Lage der Festung vergebens. Gizzo und seine Leute höhnten nur über die deutschen Krieger. Schon wollte der Markgraf den Eroberungsversuch aufgeben, da machte sich ein Knappe, der in der Gegend daheim war, erhötig, einen Klettersteig über die Felsen hinauf zu einem geheimen Pfortlein zu zeigen. Ihm war dieser Zugang zur Burg dadurch bekannt geworden, weil er in der Burg ein liebes Mädchen hatte, zu dem er schon öfter emporgestiegen war. Gerne stellte Graf Luitpold mehrere verwegene Leute zur Verfügung und mit ihnen kletterte in stockfinsterer Nacht der Knappe auf den Burgfelsen. Das Mädchen öffnete auf ein geheimes Zeichen das Mauerpförtchen, die kühnen Gesellen schlüpften nach in den Hof der Festung, machten die wenigen Wachen nieder und öffneten das Haupttor. Durch dieses drang der Markgraf mit seiner Streitmacht ein. In heißem Kampfe wurde Fürst Gizzo mit seinen Leuten geschlagen. Dann steckte man die Eisenburg in Brand und zerstörte sie bis auf den Grund.


Aus: Dr. H. Plöckingers "Wachausagen", Seite 11, Nr. 6.

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58

MARKGRAF GEROLD UND
SEINE TÖCHTER

    In einem siegreichen Feldzug drängte Kaiser Karl der Große die Awaren aus unserem Heimatlande. Er errichtete dann die Ostmark. Als Markgrafen setzte er daselbst seinen Schwager Gerold ein. Dieser soll sich, wie das Volk erzählt, auf dem waldreichen Brackersberge bei Melk eia herrliches Schloß erbaut haben, in welchem er mit seinen drei Töchtern, deren eine Salome hieß, ein schönes Leben führte. Da erhoben sich aber die Avaren wiederum und Markgraf Gerold fiel dem Aufstand zum Opfer. Seine Burg wurde entweder zerstört oder sank selbst in Trümmer. Nur mehr die Stelle der Burgzisterne ist durch einen Tümpel auf dem Berge erkenntlich. Man weiß auch nicht, was mit den Töchtern geschah. Sie sollen aber dortselbst heute noch geistern.


Aus Dr. H. Plöckinger "Wachausagen" Seite 21. Nr. 11, und Riceck, Wachausagen Seite 9.

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Was dringt uns weitaus besser
Ins trübe Herz hinein,
Als ihr zerstörten Schlösser,
Ihr Städt', nur Schutt und Stein.
Ihr Gräber voll von Leichen,
Getränkt mit Heldenschweiß;
Und wo ihr einst deutsche Eichen,     
Nur Steppe, dürre Heid.
 

Paul Gerhard

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Diese Seite wurde am 15. Februar 2003 erstellt.