A. Gerold

Hund und Jäger


Teil 17
Von Seite 108, „5. Bringen auf Wundspur ...”
bis Seite 116, Ende „5. Bringen auf Wundspur ...”



5. Bringen auf Wundspur und Geläufe.

    Das  z u v e r l ä s s i g e   B r i n g e n  von krankgeschossenem Haar- und Federwild ist nicht nur der Prüfstein für das Können des Hundes und noch mehr für die Tüchtigkeit seines Führers, sondern auch die unerläßliche Voraussetzung für die Brauchbarkeit und Verwendbarkeit des Hundes im praktischen Jagdbetrieb. Ohne zuverlässigen Bringer und Verlorenbringer ist eine gerechte und wirtschaftliche Ausübung der Jagd schlechterdings unmöglich. Auf

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der Suche, beim Buschieren und Stöbern, hat der Hund nur die Aufgabe, das Wild zu zeigen oder Treiberdienste zu leisten, kurz, zum Schuß zu verhelfen. Das sind gewiß gewichtige Aufgaben für den Hund. Aber was er  n a c h  dem Schuß zu leisten hat, ist weitaus wichtiger. Krankgeschossenes Wild, manchmal nur von einem einzigen Schrotkorn getroffen und fähig, noch weite Strecken zurückzulegen, muß unbedingt zustande gebracht werden, soll es nicht verludern und seinen „Erleger” in den keineswegs zarten Duft der Aasjägerei bringen.

    Die Mühe, welche die  g e r e c h t e  Abführung eines Hundes zum sicheren Verlorenbringer macht, ist groß; aber sie lohnt sich. Größer noch aber sind die Anforderungen, die der Führer an sich selber zu stellen hat: an seine Ruhe, Selbstbeherrschung, Geduld, Nachsicht und Überlegenheit dem Hunde gegenüber. Denn die innere Verfassung des Führers überträgt sich auf den Hund durch das Verhalten jenes nach dem Schuß, durch die Art seiner Befehlgebung und durch sein ganzes Wesen. Ein durch den Schuß hitzig und unbedacht, gewordener Führer wird nervöse, fahrige und faselnde Hunde heranbilden. Nach dem Schuß muß der Herr sich selbst und den Hund in der Hand haben, soll der Zweck der Arbeit erreicht werden.

    Wie bei jeder ersprießlichen Arbeit, muß man sich auch bei dieser, ehe man sie beginnt, darüber klar sein, was man will, was man vom Hunde fordern kann und wie man auf ihn einwirken muß, damit er diese Leistungen besser und immer besser vollbringe. Auf einmal entsteht ja kein fermer Hund.

    Von einem fertig durchgebildeten Bringer und Verlorenbringer ist zu verlangen, daß er sich auf den Schuß ruhig verhalte, allenfalls in der Platzlage bleibe, wie es ihm gelehrt wurde, und keineswegs auf den Schuß einspringe. Erst auf Befehl hat er Anschluß an die Wundspur oder an das Wundgeläufe zu suchen, was am besten beim Anschuß geschieht, falls ein solcher vorhanden ist. Er hat sodann die Wundspur oder das Wundgeläufe so schnell auszuarbeiten, als es seiner jeweiligen Fähigkeit entspricht, keineswegs aber schneller, als es seine Nase erlaubt. Verendet aufgefundenes Wild hat er ordentlich aufzunehmen und im Galopp zu seinem Herrn zu tragen. Vor diesem hat er sich zu setzen, das Wild noch im Fange, und es erst auf den Befehl „Aus!„ korrekt in die Hände seines Führers abzugeben. Flüchtendes krankes Wild aber hat er mit tiefer Nase auf Spur oder Geläufe zu verfolgen. Federwild hat er aufzunehmen und lebend zu bringen, Haarwild aber zu würgen und zu bringen, wie zuvor gesagt. So  s o l l  der Hund arbeiten. Vorerst aber ist das für den Führer mit seinem vierläufigen Lehrling nur ein Wunsch, obgleich ein mit der Zeit und mit viel Arbeit im Revier erfüllbarer. Die Arbeit, die Führer und Hund zu leisten

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haben werden, ist allerdings leichter zu beschreiben, als gerecht auszuführen. Der junge Hund ist wohl im Bringen auf Sicht, auf der Führerfährte, auf einigen Schleppen und im Schwergewichtbringen bereits ausgebildet; er weiß, was er auf Befehl soll, ja muß. Das Bringen eines im Schuß gebliebenen Hasen wird ihm kaum schwierig werden. Man muß ihm nur zeigen, wo und wie er den Hasen aufzunehmen hat, damit er ihn ordentlich tragen kann. Desgleichen wird ihm das flüchtige Heranbringen eines im Schusse auf Sicht verendet gefallenen Huhnes oder Fasangockels kein unlösbares Rätsel bedeuten. Im Gegenteil: das Wild reizt seine Jagdleidenschaft gewaltig, was man den früheren Bringgegenständen, die zum Lernen und Üben verwendet worden sind, nicht nachrühmen kann. Für den richtigen inneren Antrieb ist also beim einigermaßen passionierten Hunde gesorgt. Er bedarf keines Zwanges zu seinen Leistungen, wie das bei der Abrichtung in den Gehorsamsfächern der Fall gewesen ist, sondern einer kundigen  A n l e i t u n g  und Führung. Der Hund hat nun  e i g e n e  Leistungen zu vollbringen. Das ist zu bedenken. Der Hund wird mancherlei Leistungen durchzuführen haben, zu denen man ihn, in ihrer Mannigfaltigkeit, nicht mehr zwingen kann, weil man z. B. den weiteren Verlauf einer Wundspur oder eines Geläufes nicht mehr kennt, und darum die Arbeit des Hundes nicht mehr überprüfen kann. Je ruhiger, wohlwollender und freundlicher man den Hund behandelt, umso besser wird er arbeiten. Ein Hund, der fortwährend von der Angst geplagt wird, es könnte ein Ungewitter auf seine Hinterhand niederprasseln, wird nicht zur vernünftigen Entfaltung seiner Fähigkeiten kommen.

    Es wäre nun auch beim Bringen auf Wundspuren und -geläufen wünschenswert, könnte man schwierige Aufgaben, wie bisher bei der Abrichtung, in leichtere Teilleistungen zerlegen. Leider läßt sich das bei der Abführung in der Praxis nur selten durchführen. Immerhin kann man dafür sorgen, daß der Hund anfangs vor keine schwierigen Aufgaben gestellt wird. Die ersten Hasen wird man des Hundes wegen schießen müssen, allein und ohne jede Ablenkung. Es ist unbedingt darauf zu achten, daß der Hund seine ersten Hasen tatsächlich finden  k a n n,  daß keine Fehlsuche zustande kommt, die den Hund enttäuschen und nachlässig machen würde. Der Hund muß zur Überzeugung kommen, daß er, nach Erhalt des Befehles seines Herrn, zur Befriedigung seiner Jagd- und Bringleidenschaft gelangt. Er gewinnt dadurch Selbstvertrauen und Vertrauen zu seinem Führer. Aber schon bei den ersten Hasen, die der Hund bringen soll, gibt es bereits zwei Häkchen. Das erste davon ist, daß der Hund seine ersten Hasen  n i c h t  auf  S i c h t  bringen soll, sondern mit Hilfe seiner Spurnase; sonst wird er künftighin das

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Bestreben zeigen, mit den  A u g e n  statt mit der  N a s e  zu suchen, und einige neugierige Luftsprünge machen, statt die Nase tief zu nehmen. Überdies würde er dadurch einen starken Anreiz erhalten, jedesmal gleich in den Schuß zu springen, wenn er Wild fallen sieht. Das zweite Häkchen — aber noch nicht das letzte — ist, daß der junge Hund sich seiner Kraft und Schärfe noch nicht bewußt ist. Findet er am Ende seiner kurzen Nachsuche z. B. einen Löffelmann mit zerschossenen Sprüngen, der aber sonst von mächtiger Abneigung erfüllt ist, sich in den Fang nehmen und tragen zu lassen, so kommt es nicht selten zu einer unerquicklichen Balgerei zwischen den Beiden. Bekommt dabei der Junghund von den strammen Hasenpfoten ein paar ausgiebige Hiebe um die Behänge und auf die Nase, so wird er seinen nächsten Hasen wahrscheinlich mit übersteigerter Vorsicht behandeln, was die Entwicklung seines Mutes und seiner Schärfe für eine Weile verzögern würde. Das aber wäre von Übel, denn Mut und Schärfe, was im Grunde genommen dasselbe ist, sind wesentliche innere Triebkräfte eines zuverlässigen Verlorenbringers. Die beste Lehrmeisterin ist wie immer die Praxis, wenn man den Hund im Revier viel beschäftigen kann. Leider ist das nicht allen Jägern und Hundeführern möglich. Außerdem beträgt die Schußzeit nur wenige Monate des Jahres. Will man während der Schonzeit seinen Hund vorbereitend auf der Wundspur arbeiten, gibt es einen Behelf, der sich gar nicht übel eignet und dem Führer die Möglichkeit bietet, dem Hunde leichtere oder schwierigere Aufgaben zu stellen.

    Hat man Kaninchen im Revier, oder kann man sich lebende Wildkarnikel beschaffen, so läßt sich mit diesen ein halbwegs brauchbarer Ersatz der natürlichen Wundspur herstellen. Von einem Gehilfen — in Abwesenheit des Hundes — wird einem Kaninchen auf einer großen, übersichtlichen Wiese oder einer sonst geeigneten Fläche, eine Schlagader zwischen den Hinterläufen durchgeschärft. Der Gehilfe drückt das Kaninchen einen Augenblick lang auf den Erdboden und läßt es dann frei. Die Stelle, wo er den Flitzer niedergehalten hat, verbricht er auffällig als „Anschuß„, wie dies bei den Schleppen gesagt und durchgeführt wurde. Der Gehilfe entfernt sich, ohne die Spur des Kaninchens zu kreuzen.

    Man führt den Hund am Riemen, gegen den Wind, ruhig in die Nähe des „Anschusses„, und läßt ihn langsam vorsuchen. Er soll den Anschuß selbst suchen und finden. Von der gelegentlichen Schleppenarbeit her wird er diese Arbeit schon kennen; wenn nicht, ist es auch nicht schlimm. Man zeigt mit der Hand auf den Erdboden, ungefähr in die Richtung des Anschusses, und muntert den Hund wiederholt, aber leise durch den Zuspruch "Such!" auf, die Nase tief zu nehmen und zu suchen. Folgt er, („So, brav, mein Hund,

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such”) dirigiert man ihn langsam zum Anschuß hin. Hat er ihn gefunden, wird er interessiert die Nase hineinstecken und dadurch erfahren, worum es sich handelt. Er verweist also den Anschuß. Merkt man, daß der Hund begriffen hat, erteilt man ihm ebenso ruhig wie zuvor den Befehl „Such verloren, bring!”, und zeigt zugleich mit der Hand auf die Wundspur. Man hängt am Riemen nach und regelt das Tempo des Hundes in der üblichen Weise wie bei der Abrichtung. Die Handhabung und Führung des Schweißriemens ist im Abschnitte „Natürliche und künstliche Schweißfährte, Riemenarbeit” angegeben.

    Das Kaninchen wird mit durchtrennter Schlagader nicht weil kommen; selten mehr als sechzig bis hundertzwanzig Schritte. Gewöhnlich wird es sich in einer kleinen Deckung drücken und dort verenden. Erblickt man es verendet, arbeitet man den Hund am Riemen sorgfältig bis zum Kaninchen, befiehlt dort neuerlich „Such verloren, bring!”, und zeigt dem Hunde, wenn es sich als nötig erweisen sollte, wo und wie er das Kaninchen anzufassen und aufzunehmen hat. Hat es der Hund ordentlich in den Fang genommen und nicht nur irgendwo beim Balg angefaßt, was junge Hunde gern tun, läuft man vom Hunde wieder ein Stück weg, wie früher bei ähnlichen Bringübungen, und läßt den Hund flott herantragen. Er hat sich zu setzen, korrekt abzugeben, und wird nachher reichlich gelobt und belohnt. Das Karnikel läßt sich nachher noch gut verwenden zum freien Verlorenbringen. Man wirft es unterwegs, vom Hunde unbemerkt, in eine Dickung oder in ein Gebüsch, aber nur an einer Stelle, wo kein anderes Wild zu erwarten ist. Dann läßt man den Hund, anfangs gegen den Wind, mit dem Zuspruch „Verloren, bring!” das Karnikel frei suchen. Diese Übung kann man sehr gut mehrmals mit dem nämlichen Kaninchen wiederholen.

    Beginnt man, den Hund auf natürlichen Wundspuren zu arbeiten oder einstweilen auf deren Ersatz mit dem Kaninchen, dann soll man trachten, diese Arbeiten an mehreren Tagen hintereinander durchzuführen, damit sie der junge Hund nicht vergesse.

    Hat sich das Kaninchen nur gedrückt und wird beim Herannahen von Hund und Führerwieder flüchtig, befiehlt man neuerlich „Such verloren, bring!”, schnallt gleichzeitig den Hund, und läßt ihn das Kaninchen hetzen und fangen. Macht der Hund seine Leistung gut und gibt er sauber ab, wird er gelobt. Hat er das Kaninchen schlecht im Fang getragen oder sonst Fehler gemacht, führt man mit Hund und Kaninchen einige Bringübungen durch, wie während der Abrichtung im Bringen. Es ist überhaupt eine Grundregel der Hundeabführung, beim Versagen eines Hundes diesen nicht zu prügeln, sondern mit

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ihm sofort mehrmals jenen Abrichtungsgegenstand durchzunehmen, bei dem er versagt hat.

    Die Übungen auf der Wundspur des Kaninchens lassen sich für den Hund erschweren. Hat er begriffen und führt er seine Leistungen gut und schnell aus, so läßt man bei weiteren Arbeiten die Kaninehenspur kalt werden; zuerst ungefähr eine halbe Stunde, später länger, bis zu einigen Stunden.

    Wer keine Wildkaninehen hat, sich auch keine beschaffen kann oder will, dafür aber über ausreichende Arbeitsgelegenheit für den Hund im Revier verfügt, wird seinen Zögling nach gründlicher Vorbereitung in den entsprechenden Abrichtungs- und Abführungsgegenständen unmittelbar an seine ersten "Such- und Bringhasen" hinzuarbeiten. Der Vorgang ist der nämliche wie beim Suchen und Bringen auf der Kaninehenwundspur. Solang der Hund noch im Lernstadium ist, darf man auf keinen Fall in Gesellschaft eines anderen Hundes jagen; die Eifersucht, Jagdpassion und der Nachahmungstrieb würden jede gedeihliche Arbeit vereiteln. Auch soll man möglichst allein jagen, und sich darüber im Klaren sein, daß man derzeit in erster Linie wegen der gerechten Abführung des Hundes jagt, und nicht aus Bedarfsgründen oder zum Vergnügen. Die ordentliche Abführung legt nicht nur dem Hunde Beschränkungen auf, sondern auch seinem Führer.

    Ein guter Schütze, dem die Hasen hinten nicht zu kurz sind, kann dafür sorgen, daß die ersten Löffelmänner nach dem Schuß nicht mehr sehr weit kommen. Das Verhalten von Führer und Hund sei hier nochmals kurz wiederholt. Schuß! Ruhiges Verhalten von Herr und Hund, mindestens so lang als man braucht, um gelassen bis zehn zählen zu können. Steht oder liegt der Hund noch entfernt vom Führer, wird er heranbefohlen, wenn nötig beruhigt, und  a n g e l e i n t.  Mit dem  a n g e l e i n t e n  Hunde geht man langsam zum Anschuß, wenn sich dieser finden läßt, was meistens der Fall sein wird, zeigt mit der Hand auf die Erde, „Such!” und läßt den Anschuß vom Hunde suchen und verweisen. Hat er gefunden und verstanden, befiehlt man ruhig, abermals auf Anschuß und Wundspur weisend, „Such verloren, bring!” und schnallt den Hund. Wer bei diesen ersten Leistungen einen Schweißriemen verwenden kann und will, wird gut daran tun, vorausgesetzt, daß man selbst den Hasen liegen sieht oder wenigstens über den Anfang der Wundspur unterrichtet ist. Man kann dadurch den Hund zu langsamerer, sorgfältiger Nachsuche verhalten, sein Tempo also nach Wunsch regulieren. Man hängt dann dem Hunde so lange am Riemen nach, als man seine Arbeit tatsächlich kontrollieren kann. Ist das Ende dieses bekannten Stückes der Spur erreicht und sucht der Hund ohne Hast

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mit tiefer Nase weiter, so schnallt man ihn mit dem neuerlichen ruhigen Befehl „Such verloren, bring!”. Wird der Hund ungestüm, verliert er die Spur und beginnt er zu faseln, oder will er frei Verlorensuchen, befiehlt man ihn zur Beruhigung in die Platzlage, und läßt ihn, bis er ruhig geworden ist, auf der Spur wieder weitersuchen.

    Hat man den Hund geschnallt und allein weiterarbeiten lassen, und bringt er den Hasen mit schlechtem Griff, so macht man mit dem Hunde nach dem sauberen Abgeben des Löffelmannes, mit diesem einige Bringübungen und zeigt dabei dem Zögling, wo und wie er den Hasen anfassen und tragen muß. Auf dem Heimweg kann man mit dem Hasen, wie zuvor von dem Kaninchen gesagt, noch einige Übungen im freien Verlorensuchen vornehmen.

    Soll der Hund nicht nur rasch begreifen, sondern sich auch das Begriffene merken, ist es höchst förderlich, auch diese Übungen an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen durchzuführen. Mit zunehmender Erfahrung und Übung werden die Leistungen des Hundes, wenn er scharf und passioniert veranlagt ist, sehr rasch immer besser werden und man kann den Hund allmählich vor immer schwieriger werdende Aufgaben stellen. Es ist empfehlenswert, selbst wenn der Hund seine Arbeiten schon ordentlich ausführt, gelegentlich wieder eine Riemenarbeit einzuschalten zur Festigung der Zusammenarbeit von Herr und Hund.

    Ist im Schuß geflügeltes Federwild herabgekommen, trachtet man sich möglichst genau die Stelle zu merken, wo es niederging. Meint man, daß es weiter gelaufen sei, dirigiert man nach kurzer Ruhepause und ohne Sorge, das Wild könnte verloren werden, den beruhigten Hund zu der mutmaßlichen Stelle, tunlichst gegen die Windrichtung. Der Hund soll nun den Anschluß an das Wundgeläufe suchen und finden. Ist das gelungen, erhält der Hund den Befehl „Such verloren, bring!” und wird geschnallt. Zu folgen hat, wie immer, flottes Bringen und sauberes Abgeben. Kam das Wild im Knall anscheinend verendet herunter, und weiß man die Stelle, bringt man den Hund gegen den Wind ungefähr dorthin, schnallt ihn mit dem Befehl „Verloren, bring!”, läßt ihn also frei verlorensuchen. Man lasse aber sich und dem Hunde Zeit, weil es eine Weile währt bis sich die Wittrung des verendeten Stückes der Luft mitteilt. Sonst kann es vorkommen, daß selbst ein feinnasiger Hund über das Stück mit hoher Nase hinwegeilt, ohne es zu finden. Beim freien Verlorensuchen, also beim Suchen nach der Luftwittrung mit  h o- h e r  Nase, erhält der Hund nur den Befehl „Verloren, bring!”, weil er ja angelernt worden ist, auf Befehle, die mit „Such” beginnen, seine Nase tief zu nehmen. Daß man bei der Suche im Felde, also bei der Quersuche, wo er mit hoher Nase arbeiten soll, sowie dann später

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beim Stöbern, „Such  a u s!”, mit Betonung der zweiten Silbe befiehlt, ist zwar ein Widerspruch für den Menschen, nicht aber für das Gehör des Hundes, weil dieser ja nur den Gesamtklang aufnimmt.

    Wer seinen Hund gelassen und ohne Fahrigkeit arbeitet, wird mit ihm prächtige Leistungen erzielen. Man darf sich durch die unerwarteten Zwischenfälle, die in der Praxis immer vorkommen, nicht beirren lassen. Man muß aber auch seinem Hund und dessen Nase vertrauen. Es kommt oft vor, daß man meint, das flüchtige Wild habe eine andere Richtung genommen, als der Hund einschlägt. Merkt man dabei, daß der Hund mit tiefer Nase sorgsam weitersucht, lasse man ihn gewähren und rufe ihn nicht ab. Eine Hundenase weiß just in solchen Fällen mehr als Menschenaugen. Man wird meistens sehen, daß der Hund recht hatte. Nur wenn er zu faseln anfängt oder zur Freisuche übergeht, wo bestimmt eine Wundspur vorhanden sein muß, ruft man ihn ab und legt ihn an einem schon bekannten Teil der Spur wieder an.

    Zeigt der Hund die Neigung, auf den Schuß einzuspringen, befiehlt man ihn in die Platzlage, und holt sich gelegentlich das erlegte Wild selbst, wenn man es liegen sieht. Der Hund ärgert sich zwar darüber, aber dieser Ärger ist ihm heilsam. Es wird in ihm dadurch der Begriff neuerlich gefestigt, daß er nur auf Befehl bringen darf.

    Manche Hunde fassen Federwild so kräftig an, daß das Gescheide austritt; sie „knautschen”. Das Wildbret wird dadurch unbrauchbar. Gegen dieses Knautschen gibt es einige Mittel, z. B. eine in Fachgeschäften erhältliche Stachelschutzdecke, die man um das erlegte Wild legt, bevor man es vom Hunde bringen läßt. Auch kann man diese Schutzdecke, deren nach außen gekehrte Stacheln den Hund am kräftigen Anfassen hindern, um eine lebende Haustaube legen und den Hund so daran gewöhnen, Federwild lebend zu bringen. Es genügt aber vollständig, wenn man ein Stück nicht allzu gehässigen Stacheldrahtes für den Knautscher mitnimmt, mit nicht zu spitzen Stacheln. Nach dem Schuß legt man den Hund ab, geht allein zum verendeten Huhn oder Fasangockel, windet den Stacheldraht einige Male so um das Federwild, daß die Stacheln größtenteils nach außen stehen, biegt die Enden fest, und begibt sich wieder zum mißmutig gewordenen Hund. Dann gibt man ihm den Befehl zum Bringen. Alles folgende hat sich abzuspielen wie immer. Nach drei bis fünf solchen Lektionen hat sich der Hund das Zerquetschen des Federwildes abgewöhnt.

    Man soll niemals einen jungen, noch nicht fermen Hund zu Treibjagden mitbringen, um mit ihm Übungen im Bringen auf Wundspuren zu machen. Man wird nicht nur unbeliebt und gefährdet den Hund, sondern man kann seinen Zögling auch gründlich verderben.

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Die für den Hund mit Gesellschaftsjagden verbundenen Aufregungen, die Schüsse, die anderen Hunde, alles das wirkt zusammen, den Hund um den Rest seiner Vernunft zu bringen. Lernen wird ein junger Hund dabei bestimmt nichts.

    Selbst ferme Hunde sende man zum Bringen niemals  i n   d e n   T r i e b,  bevor dieser beendet ist, und bei Kreisjagden schon gar nicht. Insbesondere bei Kreisjagden darf ein Hund  n u r   a u ß e r h a l b  des Kreises verwendet werden; innerhalb würde er den Jagdbetrieb stören und durch die Schüsse gefährdet sein.

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Diese Seite wurde am 26. Januar 2007 erstellt.