A. Gerold

Hund und Jäger


Teil 14
Von Seite 90, „7. Schwimmen und ...”
bis Seite 94



7. Schwimmen und Bringen aus dem Wasser auf Sieht.

    Befehle: Wie auf dem Lande.
 
    Ehe man einem Hunde das Bringen aus tiefem Wasser beibringen kann, muß er mit dem nassen Element vertraut sein. Er muß die Erfahrung gemacht haben, daß ihm das Wasser nicht gefährlich ist, weil er schwimmen kann. Das weiß der junge Hund noch nicht.

    Junghunde mit guten Anlagen, also mit Schärfe und Mut, was im Grunde dasselbe ist, nehmen im allgemeinen das Wasser gern an,

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solang sie Grund unter den Pfoten haben. Darüber hinaus wird ihnen die Sache bedenklich. Hunde, die nach ihrer  A n l a g e  wasserscheu sind, also nicht auf Grund unvernünftiger Behandlung, zeigen immer auch andere Mängel. Sie sind feig, ohne richtige Jagdpassion, an Raubzeug nicht zu gebrauchen und werden niemals sichere Verlorenbringer. Ihre Leistungen in der grünen Praxis kommen selten über das Mittelmaß hinaus. Stammt die Wasserscheu aber daher, daß der junge Hand einmal in tiefes Wasser geworfen worden ist, so sucht er sich schon von seinem Herrn abzustehlen, wenn er nur in die Nähe eines Gewässers kommt. Solche Hunde kann man durch verständige Behandlung korrigieren und durchaus brauchbar machen.

Hund schwimmt
 
Der Hund schwimmt an der endlosen Leine.

    Um Junghunde mit dem Wasser vertraut zu machen, gibt es viele Möglichkeiten. Eine der besten ist, den Hund im Sommer zum Baden mitzunehmen an Stellen mit flachen Ufern. Man watet mit dem Hunde zugleich langsam ins Wasser, möglichst nicht im Dabeisein spritzender und plantschender Kinder. Ein älterer Hund aber, der gern schwimmt und dem Zögling bekannt ist, kann mitunter recht förderlich sein. Man spielt mit dem Hunde und lockt ihn schließlich ins tiefere Wasser. Folgt er nicht gleich das erstemal nach, so hat das nichts zu besagen. Man wiederholt diese Badeszenen an den nächsten Tagen. Mit Gewalt soll man den Hund freilich nicht heranziehen, aber eine gelinde Nachhilfe mit den Armen kann oft förderlich sein. Strebt der Hund nicht eiligst nach dem Ufer, sondern bleibt bei seinem Herrn, so ist der Bann gebrochen. Und schwimmt er ans Ufer, lockt man ihn wieder heran. Dabei ist alles, was den Hund vergrämen könnte, insbesondere ein Untertauchen oder heftiges

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Spritzen, zu vermeiden. Die meisten Hunde, nehmen nach wenigen Badetagen mit Vergnügen von selbst das tiefe Wasser an. In stärker fließendem Gewässer aber, wo der Hund abgetrieben werden könnte, darf man die Schwimmübungen nicht beginnen; desgleichen nicht im dichten Schilf oder zwischen zähen Wasserpflanzen, die sieh um die Läufe schlingen könnten.

    Will man nicht selbst kalt baden, gebe man dem Hunde an warmen Tagen oftmals Gelegenheit, ins seichte Wasser zu gehen. Oftmals genügt dann ein ins tiefere Wasser geworfener Stein, den Hund dorthin zu bringen. Man wirft den Stein mit dem Worte „Such!”, was man auf dem Lande freilich nicht tun wird, denn ein Stein ist der Zähne wegen kein geeigneter Bringgegenstand. Dauert es allzulange, ehe der Hund seine Ängstlichkeit vor dem tiefen Wasser ablegt, dann gibt es ein gutes Mittel, ihm in wenigen Lektionen nicht nur alle Wasserscheu zu nehmen, sondern ihm auch ein zügiges und geräuschloses Schwimmen beizubringen nebst der Überzeugung daß der Wille des Herrn und dessen Befehle auch im Wasser gelten. Erforderlich dazu ist lediglich ein ruhiges Wasser mit wenigstens einer seichten Uferstelle, etwa ein Mühlteich, eine Bucht oder ein nicht zu breites Altwasser. Ferner braucht man eine lange leichte Leine und einen warmen Sommertag. Die Leine muß so lang sein, daß sie doppelt über die Breite des Wassers an der Übungsstelle reicht, An dieser sucht man am tieferen Ufer, möglichst nahe daran, einen glattrindigen Baumstamm, an dessen Borke sich die Leine nicht verklemmen kann, oder man schlägt an der passenden Stelle einen glatten Pflock lotrecht ein. Vorteilhaft ist es, an dem Baum oder Pflock einen Eisenring anzubringen, ungefähr einen halben Meter über dem Erdboden. Nun führt man die Leine gleitend durch den Hing, oder wenn keiner vorhanden ist, um den Stamm oder Pflock herum. Die beiden Enden der Leine knotet man haltbar an einen leichten Zangenkarabiner. Die Leine ist nun in sich geschlossen und läßt sich beliebig um den Pflock oder durch den Ring daran hin und her ziehen.

    Nun praktiziert man auf irgendeine findige Art die beiden zusammengeknoteten Leinenenden mit dein Karabiner über das Wasser an das andere Ufer und pflockt den Karabiner drüben mit einem zugespitzten Hölzchen fest, so daß die Doppelleine über dem Wasser schwebt. Sodann probiert man die Vorrichtung aus, ob der Karabiner wunschgemäß, ohne daß sieh die Leine irgendwo verklemmt, über das Wasser hin und zurück wandert, je nach dem, an welchem Teile der Leine man zieht. Gleitet die Schnur richtig, pflockt man den Karabiner einstweilen wieder fest und die Vorbereitung zum erfolgreichen Schwimmunterricht ist getroffen.

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Dann holt man seinen Schwimmschüler, läßt ihn an der seichten Uferstelle setzen, hängt den  n i c h t   w ü r g e n d e n  Ring des Halsbandes in den Karabiner der „Endlosen Leine”, behält diese in der Hand, schickt den Hand mit dem Befehl „Such!” und einer deutenden Armbewegung in das seichte Wasser, das er wahrscheinlich annehmen wird, wenn er überhaupt schon gern ins seichte Wasser ging. Er wird dann bis zur Brust oder noch etwas weiter hineinwaten. Wie immer er sich verhalten mag: er bekommt neuerlich den Befehl „Such!”. Zugleich zieht man langsam, aber kräftig und unentwegt die Leine durch den Ring am drüberen Ufer. Die Halsung, die am Karabiner der Leine befestigt ist, wird dann langsam aber stetig hinüber gezogen und der Hund, der in der Halsung ist, natürlich mit. Mitunter kann man staunen, wie lang und dünn vorübergehend ein sich sträubender Hundehals werden kann. Diesem Umstande hat man Rechnung züi tragen und das Halsband so einzustellen, daß es den Hund zwar nicht würgt, aber auch nicht über den Kopf gleiten kann.

    Nun ist der Hund im tieferen Wasser und schwimmt, weil er nicht anders kann. Man wiederholt freundlich den Befehl „Such!”, worum sich der Hund den Kuckuck kümmert, weil er beleidigt ist. Aber auskneifen kann er nicht; daran hindert ihn die Leine in der Hand des Führers. Man zieht die Leine langsam, in jenem Tempo, in dem der Hund schwimmt, weiter durch den Ring. Ist der Hund über die Mitte des Gewässers hinübergeschwommen, erhält er den Befehl zum Herankommen „Hier!”. Es fällt ihm nicht ein, den Befehl zu befolgen. Er ist verärgert und außerdem mit diesem neuen, seltsamen Erlebnis innerlich noch nicht fertig geworden. Er strebt schwimmend und eifrig dem anderen Ufer zu, also aus  e i g e n e m   W i l l e n.  Damit gewinnt er die erste Erfahrung, daß er schwimmen kann, wenn er will. Dieses nützliche Vergnügen läßt man ihn noch ein paar Meter weit genießen, läßt ihn aber das jenseitige Ufer  n i c h t   e r- r e i c h e n,  sondern befiehlt neuerlich etwas energischer „Hier!” und zieht ihn gleichzeitig am  a n d e r n  Teil der Leine herum und weiterhin in angemessenem Tempo wieder heran. Dem den Fluten entstiegenen nassen Hund befiehlt man „Sitz!” (von selbst täte er’s diesmal nicht), lobt ihn ausgiebig und belohnt ihn mit einem guten Happen. Dann kann er sich nach Belieben das Wasser aus der Decke schütteln, und man sorgt dafür, daß er sich trockenlaufen kann.

    Einige Lektionen in dieser Art genügen, um dem Hunde nicht nur alle Wasserscheu zu nehmen, sondern ihm auch die Überzeugung zu verschaffen, daß der Wille des Herrn auch dann gilt, wenn der Zögling im Wasser und der Herr auf dem Trockenen ist.

    Nicht empfohlen kann werden, Hunde durch spielendes Werfen von Bringhölzern mit dem Wasser  v e r t r a u t  zu machen. In

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diesem Stadium der Abrichtung würde durch derartige Spielereien im Hunde der Begriff, daß er auf Befehl unbedingt bringen  m u ß,  gelockert werden, was späterhin mit vieler Mühe wieder ausgebessert werden müßte. Es ist immer besser, Fehler von vornherein zu unterlassen, als sie wieder beseitigen zu müssen.

    Ist der Hund mit dem Wasser vertraut, beginnt man das Bringen auf Sicht aus dem Wasser, zuerst aus dem seichten, dann auch aus dem tiefen. Diese Übungen sind genau so durchzuführen wie auf dem Trockenen. Der Hund hat sich mit dem Bringsel — anfangs erwartet man ihn dicht beim Ufer — jedesmal sofort vor den Herrn zu setzen, ohne daß er sich vorher das Wasser aus der Decke schütteln darf, und erst auf Befehl den Gegenstand in die Hände seines Herrn abzugeben. Das hat den Zweck, daß der Hund später in der Praxis beim Bringen von geflügeltein Federwild aus Schilf und Rohr nicht etwa eine Ente oder sonstiges Wassergeflügel auf die Erde lege, aus seiner behaglich geschüttelten Decke einen Sprühregen veranstalte, indessen das geflügelte Stück für lang oder immer im Schilfe verschwindet. Die Wasserübungen soll man nie bis zur Ermüdung des Hundes ausdehnen, insbesondere nicht an kälteren Tagen.


 

Hund


 

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Diese Seite wurde am 26. Januar 2007 erstellt.