A. Gerold
Hund und Jäger
Schußruhe: Wer seinen Hund schon als Welpen oder wenig älter erworben hat, wird den
Hund gewöhnlich schon mit dem Schießen vertraut gemacht haben. Schüsse auf Raubzeug
werden sich nicht vermeiden haben lassen; und das wäre auch gar nicht nötig gewesen.
Sehr zu empfehlen aber ist, die ersten Schüsse im Beisein des Hundes mit Kleinkaliber zu
machen oder mit geringerer Ladung. Denn man kann selbst bei temperamentvollen Hunden
nie wissen, ob sie nicht der erste Schuß, dessen Knall für das Hundegehör immerhin eine
starke Zumutung ist, vergrämt. Gewöhnlich ist das bei lebhaften Hunden nicht der Fall,
besonders dann nicht, wenn man vor dem ersten Schuß etwas umständliche
Vorbereitungen machen kann, denen der Hund interessiert zusieht. Schießt man in
Gegenwart des Hundes einigemal Eichkater oder Krähen ab, dämmert dem Zögling rasch
ein Zusammenhang zwischen Schuß und Beute auf und das Interesse am Schuß steigert
sich beträchtlich. Damit aber ist auch jede Schußscheu überwunden. Hunde, die sich beim Schießen ängstlich zeigen, sind unrichtig behandelt worden. Gewarnt sei davor, solche Hunde mit Gewalt voll ihrer Schußscheu heilen zu wollen und sie etwa auf eine Schießstätte mitzunehmen. Man erreicht oft das Gegenteil damit, sie können für lange Zeit gänzlich verdorben werden. Das starke Knallen, dessen Sinn der Hund vorerst keineswegs verstehen kann, ist seinem Gehör so unangenehm, ja geradezu schmerzlich, daß er sich schon bei jedem Anschlag des Gewehres ängstigt. Solche Hunde muß man allmählich an immer stärker werdende Knalle gewöhnen. Man schießt ebenfalls zuerst am besten mit Kleinkaliber oder man opfert einige Schrotpatronen mehr und beginnt mit ganz schwachen Ladungen, die man allmählich bis zur normalen Ladung verstärkt. Gut ist es da ebenfalls dem Hunde möglichst bald den Zusammenhang zwischen Schüssen |
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und seiner Jagdpassion begreiflich zu machen. Hat er d a s einmal erfaßt, so wird er beim
Schießen so aufmerksam und erregt, daß er auf die Stärke des Knalles gar nicht mehr
achtet; wie ja auch der Jäger seinen eigenen, schnell hingeworfenen Schuß kaum vernimmt,
so wenig wie er dann den Rückstoß verspürt. Ähnliches geht auch im Hunde vor. Ist nun der Hund an das Schießen gewöhnt, das heißt, ist er nicht schußscheu, und ist er im Ablegen so durchgearbeitet, daß er auch bei den üblichen Ablenkungsversuchen ruhig liegen bleibt, so schaltet man auch das Schießen in die Versuchungen ein. Das kostet freilich ein Dutzend Schrotpatronen oder mehr, ist aber der guten Abrichtung sehr förderlich. Man läuft vom abgelegten Hunde, das Gewehr in der Hand tragend, in der Sehrichtung des Hundes zwanzig bis dreißig Schritte weg, bleibt stehen und gibt einen Schuß in die Luft ab. Hat sieh der Hund erhoben, wird er unter einem „Pfui, was ist das?” in seine frühere Lage gebracht, was man mit einem Gertenhieb auf die Hinterhand bekräftigen kann. Und man wiederholt diese Übung sogleich; wenn nötig noch ein drittes Mal. Bleibt der Hund ruhig liegen, wird er durch Seitwärtsheben der Arme heranbefohlen wie üblich, und dann sehr gelobt und belohnt. Man steigert diese Übungen, indem man am Hunde vorüber ein Stück hinter ihn läuft und dort schießt. Hat sich der Hund erhoben oder auch nur umgedreht, wird er zurechtgewiesen, an seine frühere Stelle gebracht und die Übung wiederholt. Eine weitere Steigerung bestellt darin, daß man vom Hunde, das Gewehr in der Hand, wegschleicht, was ihn sehr beunruhigt, und dann vom Hunde ungesehen, in einer Deckung schießt. Bleibt der Hund nicht liegen, wiederholt man den Vorgang. In diesem Unterrichtsstadium ist es nicht mehr notwendig, den ordentlich liegengebliebenen Hund aus seiner Platzlage abzuholen. Man kann ihn, wenn man für den Hund sichtbar ist, durch das Befehlszeichen des Armhebens, sonst durch den Doppelpfiff unbedenklich heranbefehlen. Das flüchtige Herankommen kann man gelegentlich, d. h. nicht immer, durch einen neuerlichen Platzbefehl unterbrechen, der natürlich blitzartig ausgeführt werden muß. Das festigt den Gehorsam des Hundes. Nicht anzuraten aber ist, dem Hunde überflüssigerweise einen Platzbefehl zu geben, oder gar mehrere hintereinander, wenn er einen Befehl zum B r i n g e n bekommen hat. Das Bringen hat immer so schnell wie möglich zu geschehen. Unterbricht man häufig die flotte Ausführung des Bringens, bricht man damit auch die Arbeitsfreude. Der Hund wird zaghaft und langsamer werden, stets eines Platzbefehls gewärtig; und das ist gewiß nicht der Zweck des Bringbefehls. Auch würde man den Hund zu sehr von |
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Metern. Man dulde nie, daß der Hund unter der Wand, falls dort Bretter fehlen,
durchkrieche oder, statt zurückzuspringen, um die Wand herumlaufe. Hat der Hund jene Entwicklung im Springen erreicht, die man vernünftigerweise verlangen konnte, so beginnt man die Übungen im B r i n g e n über das Hindernis. Dazu erniedrigt man die Wand wieder, je nach der Höhe des Hundes, auf dreißig bis fünfzig Zentimeter. Die Leine wird man schon vorher haben entbehren können, wenn der Hund im Gehorsam genügend durchgebildet ist. Man tritt nun mit dem Hund einige Meter vor die Sprungwand, läßt ihn setzen und wirft ein sehr leichtes Bringholz einige Meter weit über das Hindernis. Der Hund hat dabei sitzen zu bleiben, weil er ja erst auf Befehl bringen darf. Springt er v o r erhaltenem Befehl nach dem Bringsel, kommt er wieder an die Leine und hat zu sitzen. Ist das Bringholz über die Sprungwand geworfen, zeigt man mit der Hand danach und befiehlt „Bring, Hopp!„. Hat der Hund den Bringgegenstand vom Boden aufgenommen, erhält er den neuerlichen Befehl „Bring, Hopp!„, hat zurückzuspringen, sich vor den Herrn zu setzen und auf „Aus!„ ordnungsmäßig abzugegeben. Belohnung und Lob. Allmählich werden sowohl das Gewicht des Bringsels wie die Sprunghöhe vergrößert. Je schwerer das Gewicht des Bringbockes oder des ausgefüllten Balges wird, und je mehr man die Sprungwand erhöht, um so kürzer muß man die Übungen gestalten, daß der Hund nicht übermüde und geschädigt werde. Einige Sprünge im Tage genügen. So förderlich diese Übungen im Springen und Bringen über Hindernisse der Entwicklung des Hundes sind, gibt es doch viele Jäger, denen nur ein Feldrevier ohne Zäune, Mauern und sonstige Hindernisse zu Gebote steht, und auch solche, die keinen geeigneten Platz für diese Übungen zu Verfügung haben. Sie werden statt dieser Übungen ihr Hauptaugenmerk auf das flotte Schwergewichtbringen richten. |
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