A. Gerold

Hund und Jäger


Teil 13
Von Seite 84, „Schußruhe”
bis Seite 90, Ende „Springen und Bringen ...”



    Schußruhe: Wer seinen Hund schon als Welpen oder wenig älter erworben hat, wird den Hund gewöhnlich schon mit dem Schießen vertraut gemacht haben. Schüsse auf Raubzeug werden sich nicht vermeiden haben lassen; und das wäre auch gar nicht nötig gewesen. Sehr zu empfehlen aber ist, die ersten Schüsse im Beisein des Hundes mit Kleinkaliber zu machen oder mit geringerer Ladung. Denn man kann selbst bei temperamentvollen Hunden nie wissen, ob sie nicht der erste Schuß, dessen Knall für das Hundegehör immerhin eine starke Zumutung ist, vergrämt. Gewöhnlich ist das bei lebhaften Hunden nicht der Fall, besonders dann nicht, wenn man vor dem ersten Schuß etwas umständliche Vorbereitungen machen kann, denen der Hund interessiert zusieht. Schießt man in Gegenwart des Hundes einigemal Eichkater oder Krähen ab, dämmert dem Zögling rasch ein Zusammenhang zwischen Schuß und Beute auf und das Interesse am Schuß steigert sich beträchtlich. Damit aber ist auch jede Schußscheu überwunden.

    Hunde, die sich beim Schießen ängstlich zeigen, sind unrichtig behandelt worden. Gewarnt sei davor, solche Hunde mit Gewalt voll ihrer Schußscheu heilen zu wollen und sie etwa auf eine Schießstätte mitzunehmen. Man erreicht oft das Gegenteil damit, sie können für lange Zeit gänzlich verdorben werden. Das starke Knallen, dessen Sinn der Hund vorerst keineswegs verstehen kann, ist seinem Gehör so unangenehm, ja geradezu schmerzlich, daß er sich schon bei jedem Anschlag des Gewehres ängstigt. Solche Hunde muß man allmählich an immer stärker werdende Knalle gewöhnen. Man schießt ebenfalls zuerst am besten mit Kleinkaliber oder man opfert einige Schrotpatronen mehr und beginnt mit ganz schwachen Ladungen, die man allmählich bis zur normalen Ladung verstärkt. Gut ist es da ebenfalls dem Hunde möglichst bald den Zusammenhang zwischen Schüssen

84


und seiner Jagdpassion begreiflich zu machen. Hat er  d a s  einmal erfaßt, so wird er beim Schießen so aufmerksam und erregt, daß er auf die Stärke des Knalles gar nicht mehr achtet; wie ja auch der Jäger seinen eigenen, schnell hingeworfenen Schuß kaum vernimmt, so wenig wie er dann den Rückstoß verspürt. Ähnliches geht auch im Hunde vor.

    Ist nun der Hund an das Schießen gewöhnt, das heißt, ist er nicht schußscheu, und ist er im Ablegen so durchgearbeitet, daß er auch bei den üblichen Ablenkungsversuchen ruhig liegen bleibt, so schaltet man auch das Schießen in die Versuchungen ein. Das kostet freilich ein Dutzend Schrotpatronen oder mehr, ist aber der guten Abrichtung sehr förderlich. Man läuft vom abgelegten Hunde, das Gewehr in der Hand tragend, in der Sehrichtung des Hundes zwanzig bis dreißig Schritte weg, bleibt stehen und gibt einen Schuß in die Luft ab. Hat sieh der Hund erhoben, wird er unter einem „Pfui, was ist das?” in seine frühere Lage gebracht, was man mit einem Gertenhieb auf die Hinterhand bekräftigen kann. Und man wiederholt diese Übung sogleich; wenn nötig noch ein drittes Mal. Bleibt der Hund ruhig liegen, wird er durch Seitwärtsheben der Arme heranbefohlen wie üblich, und dann sehr gelobt und belohnt.

    Man steigert diese Übungen, indem man am Hunde vorüber ein Stück hinter ihn läuft und dort schießt. Hat sich der Hund erhoben oder auch nur umgedreht, wird er zurechtgewiesen, an seine frühere Stelle gebracht und die Übung wiederholt. Eine weitere Steigerung bestellt darin, daß man vom Hunde, das Gewehr in der Hand, wegschleicht, was ihn sehr beunruhigt, und dann vom Hunde ungesehen, in einer Deckung schießt. Bleibt der Hund nicht liegen, wiederholt man den Vorgang.

    In diesem Unterrichtsstadium ist es nicht mehr notwendig, den ordentlich liegengebliebenen Hund aus seiner Platzlage abzuholen. Man kann ihn, wenn man für den Hund sichtbar ist, durch das Befehlszeichen des Armhebens, sonst durch den Doppelpfiff unbedenklich heranbefehlen. Das flüchtige Herankommen kann man gelegentlich, d. h. nicht immer, durch einen neuerlichen Platzbefehl unterbrechen, der natürlich blitzartig ausgeführt werden muß. Das festigt den Gehorsam des Hundes. Nicht anzuraten aber ist, dem Hunde überflüssigerweise einen Platzbefehl zu geben, oder gar mehrere hintereinander, wenn er einen Befehl zum  B r i n g e n  bekommen hat. Das Bringen hat immer so schnell wie möglich zu geschehen. Unterbricht man häufig die flotte Ausführung des Bringens, bricht man damit auch die Arbeitsfreude. Der Hund wird zaghaft und langsamer werden, stets eines Platzbefehls gewärtig; und das ist gewiß nicht der Zweck des Bringbefehls. Auch würde man den Hund zu sehr von

85


seiner Bringfreude ablenken durch die wiederholten Unterbrechungen. Anders verhält es sieh beim Herankommen. Dieses kann man nach Gefallen durch zeitweilige Platzübungen unterbrechen. Man hat es ja in der Hand, den Befehl durch Armschwenken neu zu erteilen, und das flotte Herankommen durch Weglaufen zu beschleunigen, wenn der Schüler zu langsam werden sollte.

    Das Niederlegen auf den Schuß, das bei der Feldsuche und auch beim Suchen unter der Flinte viele Vorteile bietet, lehrt man dem Hunde am besten erst bei der Abführung im Felde, und zwar bei der Quersuche. Der Vorgang ist einfach. Man befiehlt sofort n a c h  jedem Schuß, nicht vorher, dem Hunde Platz durch den Pfiff. Er wird sich bald daran gewöhnen, wenn der Schuß nicht eben einem herausrutschenden und abgehenden Löffelmann gegolten hat, was ein heiklerer Fall ist. Die entsprechenden Maßnahmen sind im Abschnitt „Die Abführung im Felde” erörtert.

6. Springen und Bringen über Hindernisse.

    Befehl: „Hopp!”
 
    Springübungen darf man erst beginnen, bis der junge Hund starke Knochen hat und überhaupt im Gebäude so ziemlich vollendet ist. Beginnt man früher, besteht die Gefahr einer Überdehnung der Sehnen, einer Verbildung der Vorderläufe und insbesondere die Gefahr, daß der Hund lose Blätter bekommt. Auch darf man die Übungen, besonders anfangs, nicht bis zur Ermüdung des Hundes ausdehnen. Das Springen lehrt man vorerst ohne Bringgegenstände. Später mit ganz leichten und nachher erst mit allmählich bis zum Gewicht des Hasen und Fuchses schwerer werdenden.

    Das Springen stärkt die Muskulatur, festigt den Gehorsam und stärkt beim passionierten Hunde das Selbstvertrauen. Es setzt den Hund in eine körperliche und innere Verfassung, die es ihm wesentlich erleichtert, später bei der Arbeit im Revier auch Schwereres flott über Hindernisse heranzubringen. So geschulte Vorstehhunde überspringen mit dem Hasen im Fange leicht Hecken, Zäune, Mauern u. dgl. in der Höhe von einem Meter und darüber, sowie Gräben von anderthalb Meter Breite und mehr. Freilich wird man in der Praxis wahrnehmen können, daß Hunde die Hindernisse umgehen, wenn das leicht sein kann; wenn der Hund mit dem Hasen im Fange unter einer Hecke oder einem Zaun durchschlüpfen kann, wird und mag er es tun. Desgleichen wird er eine ihm unbekannte Matter, über die er nicht sehen kann, nicht überspringen ohne sie zu berühren. Das ist sehr verständig. Erstens erleichtert das Aufstützen der Pfoten den Sprung und zweitens ist es immer gut, wenn man sieht, wohin man springt.

86


Hinter der Mauer können nämlich nicht nur Pflöcke stehen oder sonstige Unannehmlichkeiten warten, es könnte dort unter Umständen auch jemand mit einem Prügel herbeieilen. Also ist so ein vorlieriger „Blick ins Jenseits” nicht zu verachten, was Hunde bald

Spaniel
 
Der Spaniel, ein passionierter Stöberer.

herausbekommen. Es ist darum gut, dem Hunde nach der Abrichtung mitunter seinen Willen zu lassen. Die Springübungen sollen im Freien durchgeführt werden. Räume mit glatten Fußböden, auf denen der Hund sowohl beim Absprung wie auch beim Niedersprung ausgleiten kann, müssen vermieden werden. Beachtet man das nicht, sind Sehnenzerrungen die üble Folge.

87


Was die Höhe und Weite der Sprünge anbelangt und späterhin das über die Hindernisse zu bringende Gewicht, steigere man seine Ansprüche nur sehr langsam und übersteigere sie nie. Man hat ja nicht die Absieht, aus einem Jagdgebrauchshund einen Zirkus- oder Varietéhund zu machen. Doch kann man immerhin im Verlauf der Abrichtung über die Ansprüche, die später die Praxis stellen wird, ein wenig hinausgehen.  D e r   H u n d w i r d   s i c h   s p ä t e r   u m   s o   l e i c h t e r   t u n.

    L e h r v o r g a n g:  Man benötigt zwei in die Erde eingegrabene Pfosten von mindestens fünfviertel Meter Höhe, in entsprechendem

Deutscher Wachtelhund
 
Der Deutsche Wachtelhund. Wald und Wasser sind seine Domäne.

Abstande. Ein Turnreck, ein Gerüst zum Teppiche klopfen, eine Garten-, Zaun- oder Mauertüre können ebenso gut geeignet sein, wenn der Raum davor und dahinter entspricht. Ferner braucht man soviele etwa eine Hand breite Bretter, daß sie, nebeneinander gelegt, ungefähr die zu erstrebende Sprunghöhe ergeben. An den aufrechten Pfosten bringt man je zwei Latten an, die es möglich machen, die Bretter einzeln übereinander einzuschieben.

    Zuerst stellt man nur eines oder zwei der schmalen Bretter auf, je nach der Höhe des Zöglings, und übersteigt mit dem angeleinten Hunde das „Hindernis”, wobei man gleichzeitig „Hopp!” sagt. Dann macht man dieselbe Promenade zurück, wieder mit gleichzeitigem Hoppbefehl. Das wiederholt man ein dutzendmal, immer hin und wieder zurück mit „Hopp!”. Der Hund wird dabei, wenn er nicht ganz niedrig gestellt ist, das Hindernis ebensowenig überspringen wie sein Herr, sondern so wie dieser darübersteigen. Das bereite dem Führer keinen Kummer. Nun wird ein weiteres Brett dazugegeben, und ein weiteres Dutzend Übungen in der nämlichen

88


Weise gemacht. Dazwischen kann man, um weder sich noch seinen Hund ungebührlich zu langweilen, wie üblich einige kurze Gänge einschalten. Nach und nach legt man wieder ein schmales Brett auf die bisherigen, bis das Hindernis die Höhe erreicht, die zu überspringgen dem Hunde bequemer sein wird, als zu übersteigen. Der Hund wird nun, wenn sein Herr zugleich mit ihm und dein Befehle „Hopp!” die Bretter übersteigt, die Sprungwand überspringen. Diese Übung setzt man nach einigen Stunden oder am nächsten Tage fort, jedesmal ungefähr eine Viertelstunde lang. Nach jedesmaligem Zurückspringen ist der Hund natürlich zu loben, mitunter auch zu belohnen.

Springer-Spaniel
 
Der Springer-Spaniel, des Cockers robusterer Vetter.

    Wie bereits erwähnt, erhöht man die Sprungwand nur sehr langsam, den Fortschritten des Hundes entsprechend und immer nur dann, wenn er die bisherige Höhe leicht bewältigt. Schließlich wird eine Höhe erreicht werden, die immer wieder zu übersteigen dem Abrichter lästig fallen wird. Das ist nun auch gar nicht mehr nötig. Die Führerleine wird durch eine vier Meter lange Schnur ersetzt. Man geht mit dem angeleinten Hunde wie gewöhnlich zur Sprungwand, befiehlt "Hopp!" und beugt sich gleichzeitig hinüber, als wollte man sie wie sonst übersteigen. Der Hund wird die Wand Überspringen. Tut er das nicht, so bequemt man sich neuerlich, hinüber zu steigen mit dem Befehle „Hopp!” und wieder mit „Hopp!” zurück. Fast immer aber wird der Hund, der ja nun die Bedeutung des „Hopp!” schon kennt, die Wand überspringen. Wie immer muß er dann wieder zurückspringen, worauf Lob und Belohnung folgen.

    So wird allmählich die Sprungwand bis zu einem Meter erhöht, schließlich bei großen und kräftigen Hunden bis zu fünfviertel Metern, und, falls diese auch das spielend bewältigen sollten, bis zu anderthalb

89


Metern. Man dulde nie, daß der Hund unter der Wand, falls dort Bretter fehlen, durchkrieche oder, statt zurückzuspringen, um die Wand herumlaufe.

    Hat der Hund jene Entwicklung im Springen erreicht, die man vernünftigerweise verlangen konnte, so beginnt man die Übungen im  B r i n g e n  über das Hindernis. Dazu erniedrigt man die Wand wieder, je nach der Höhe des Hundes, auf dreißig bis fünfzig Zentimeter. Die Leine wird man schon vorher haben entbehren können, wenn der Hund im Gehorsam genügend durchgebildet ist. Man tritt nun mit dem Hund einige Meter vor die Sprungwand, läßt ihn setzen und wirft ein sehr leichtes Bringholz einige Meter weit über das Hindernis. Der Hund hat dabei sitzen zu bleiben, weil er ja erst auf Befehl bringen darf. Springt er  v o r  erhaltenem Befehl nach dem Bringsel, kommt er wieder an die Leine und hat zu sitzen. Ist das Bringholz über die Sprungwand geworfen, zeigt man mit der Hand danach und befiehlt „Bring, Hopp!„. Hat der Hund den Bringgegenstand vom Boden aufgenommen, erhält er den neuerlichen Befehl „Bring, Hopp!„, hat zurückzuspringen, sich vor den Herrn zu setzen und auf „Aus!„ ordnungsmäßig abzugegeben. Belohnung und Lob.

    Allmählich werden sowohl das Gewicht des Bringsels wie die Sprunghöhe vergrößert. Je schwerer das Gewicht des Bringbockes oder des ausgefüllten Balges wird, und je mehr man die Sprungwand erhöht, um so kürzer muß man die Übungen gestalten, daß der Hund nicht übermüde und geschädigt werde. Einige Sprünge im Tage genügen.

    So förderlich diese Übungen im Springen und Bringen über Hindernisse der Entwicklung des Hundes sind, gibt es doch viele Jäger, denen nur ein Feldrevier ohne Zäune, Mauern und sonstige Hindernisse zu Gebote steht, und auch solche, die keinen geeigneten Platz für diese Übungen zu Verfügung haben. Sie werden statt dieser Übungen ihr Hauptaugenmerk auf das flotte Schwergewichtbringen richten.

90



zum Teil 12

zum Inhaltsverezichnis

zum Teil 14


zur Home Page       zu Allgemeine Projekte       zu Hund und Jäger


Cat Logo

Copyright © Familie Wimmer. All rights reserved.
Diese Seite wurde am 26. Januar 2007 erstellt.