Titelseite Riesen und Zwerge

Riesen u. Zwerge
Heft Nr. 11 (Doppelheft)

Teil 3

von Gedicht und
Sage 477 bis Sage 486


GEHEIMNISVOLLE TIERE


Ganz unverhofft an einem Hügel
Sind sich begegnet Fuchs und Igel.
„Halt“ rief der Fuchs, der Bösewicht,
„Kennst du des Königs Order nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
Und meinst du nicht, daß jeder sündigt.
Der immer noch gerüstet geht?
Im Namen seiner Majestät -
Geh her und übergib dein Fell!“
Der Igel sprach: „nur nicht so schnell!
Laß dir erst deine Zähne brechen,
Dann wollen wir uns weiter sprechen.“
Und allsogleich macht er sich rund,
schließt seinen dichten Stachelbund
Und trotzt getrost der ganzen Welt,
Bewaffnet, doch als Friedensheld.

Wilhelm Busch


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477

DAS DRACHENBRÜNDL

    Im Loistal, auf halbem Wege zwischen Langenlois und Kronsegg, tritt aus einer Felsenhöhle nahe dem rechten Loisbachufer eine Quelle hervor. Heute wird sie „Zieglerbründl“ - nach dem Besitzer des Waldhanges - genannt. Vor Zeiten aber mag sie einmal „Drachenbründl“ geheißen haben.

    Die Sage erzählt, daß einst ein fürchterlicher Drache hier in einer Höhle hauste und die ganze Gegend um Langenlois unsicher machte, denn er würgte Mensch und Vieh. Dem Wüten des Untieres konnte aber nur Einhalt getan werden, wenn sich ihm eine edle Jungfrau opferte. Zu dieser Zeit lebte in Schiltern ein Graf. Der hatte eine wunderschöne Tochter, um die sich der junge Ritter aus Schönberg bewarb. Als die Grafentochter von dem Ver-langen des Drachen hörte, erklärte sie, der Bevölkerung des Landes ringsum zuliebe, das Opfer zu bringen und begab sich zu dem Drachen in die Höhle. Der empfing sie mit einem Freudengebrüll und wies ihr einen schönen Teil der Höhle als Wohngemach an. Hier bewachte er sie auf das eifersüchtigste, ließ es aber sonst an nichts zu ihrem Leben fehlen. Als der Schönberger Ritter davon er-fahren hatte, beschloß er, den Drachen zu töten. Er kund-schaftete vorerst aus, wann das Ungeheuer nicht daheim sei, um ihm eine Falle zu stellen. Als er deshalb einmal in die Nähe der Höhle kam, vernahm er die Stimme seiner Braut, die ihm mitteilte, daß der Drache nur durch Wasser getötet werden könnte. Sie sagte ihm auch, daß ihre Be-hausung so hoch im Felsen gelegen sei, daß sie selbst vom Wasser nichts zu fürchten habe. Da ging der Schönberger her und leitete einen Bach von Mittelberg durch Aus-hebung eines neuen Bettes so an die Höhle heran, daß, nach Durchbrechung eines kleinen Dammes, das Wasser des Baches plötzlich in die Höhle dringen konnte. Als nun alles wohlberechnet hergerichtet war, und der Drache einmal vollgefressen in dem vorderen Teil der Höhle schlief, wurde der Staudamm oben am Berge durchistochen und das Wasser ergoß sich mit Übermacht in die Drachenhöhle. Da hörte man ein schreckliches Krachen, denn die Höhle war eingestürzt und begrub den ertränkten Drachen. Gleichzeitig aber öffnete sich oberhalb der Berg und die mutige Jungfrau entstieg ihrem Gefängnisse, um in die Arme ihres kühnen Befreiers zu fallen.

    Der Bach ist dann später versiegt. Die Quelle aber fließt heute noch.

Nach K. Spitzwieser und Ig. Trimbacher, Langenlois. Eingesandt von der Hauptschule Langenlois. 1952. Ferner in Kisslings „Frau Saga“ 9. Reihe, Nr. 114.

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478

DER LINDWURM VOM DUNKEL-
STEINERWALD

    Einst pilgerte ein Bauernweiblein zur Gnadenmutter von Maria Langegg. Als sie von ihrer Wallfahrerschar verlassen, allein durch den Wald ihre Schritte zur Gnadenstätte lenkte, hob sich plötzlich das Haupt eines Lindwumes aus dem Waldesdunkel und der feurige Atem des Ungeheuers drohte ihr Unheil zu bringen. In ihrer Not rief sie die Gottesmutter um Hilfe an und der Lindwurm verschwand wieder, wie er gekommen, im tiefen Walde, ohne ihr ein Leid getan zu haben.

Aus „Kreuz am Wege“.

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479

SANCT MICHAELS HASEN

    Als einst ein strenger Winter in das sonnendurchflutete Wachauerland einzog, schneite es so sehr, daß der Schnee in gewaltigem Ausmaß fiel, sodaß er mit seinem, die Mutter Erde einhüllenden weißen, warmen Mantel sie der-art reichlich bedeckte, daß die uralte Kirche von Sanct Michael bis zum Dachfirst in ihm verschwand. Eine Hasenmutter mit ihrer sechsköpfigen Jungenschar drohte im weißen Teppich zu versinken und dazu litt sie noch mächtig Hunger. Sie rettete sich mit den bedrohten Häslein auf das Kirchendach von St. Michael. Doch über Nacht war plötzlich der Schnee weggeschmolzen und sie saß nun oben und konnte nicht mehr vom Dache herunter. So ist es nun dazu gekommen, daß sie noch heute am Dache der Kirche sitzen.

Weitere Erzählform der Sage von den „Tieren“ auf der Kirche von St. Michael.

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2. Erzählform:

    Einst hielt man zu St. Michael aus abergläubischer Ursache in einem Stalle sieben Hasen. Sieben sollte doch Glück bedeuten. Als dies jedoch der Papst erfuhr, rief er den Pfarrer der Wachau herbei und befahl ihm, die Hasen zu töten. Zur Strafe für den an den Tag gelegten Aberglauben sollten aber die Wachauer an der Stelle des einstigen Hasenstalles eine Kirche errichten und oben auf dem Dache des Chorraumes des neuerbauten Gotteshauses sollten zur steten Sühne die Steinbilder der Hasen ihren Platz finden.

Gew.: Nach Dr. H. Alker: St. Michael i. d. W., Wahrzeichen und Deutung.

Weitere Erzählform der Sage von den „Tieren“ auf der Kirche von St. Michael.

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480

DIE GEBANNTE SCHLANGE

    Zur Zeit der Franzosenkriege zeigte in Gföhl ein leut-seliger französischer Korporal einem Bauern, bei dem er im Quartiere lag, sein Geld, das er sich während des Krie-ges teils vom seinein Solde erspart, teils bei Plünderungen erbeutet hatte, und das er in einem hohlen Gehstocke mit sich führte. Der Bauer, der die Feinde ob ihres übermütigen Benehmens ohnehin von Herzen haßte, wurde vom Teufel der Habgier erfaßt, und als sie beide bei einem Kastanienbaume im Jaidhof vorbeigingen, brach der Bauer einen Ast ab und erschlug damit den Soldaten. Als dieses die Kameraden des Erschlagenen erfuhren, erschlugen sie auch den Täter, der nach seinem Tode, als Strafe für seine Tat, in eine große Schlange gebannt wurde. Man sah diese oft auf den Feldern bei Gföhl liegen, und gar bald wurde sie der Schrecken der Leute. Wenn sie zur Erntezeit ihrer im Kornfeld ansichtig wurden, wagte sich kein Arbeiter mehr ins Freie und man beschloß daher, die Schlange zu bannen. - Aber nur ein unschuldiger, neugeweihter Priester vermochte es, und selbst diesem warf die mit Menschenstimme sprechende Schlange vor, er habe als Knabe seiner Mutter ein Ei entwendet. Der Priester gab dies zu, aber setzte bei, er habe es darum getan, um zur Ehre Gottes am Chore mit hellerer Stimme ein Lied singen zu können. Er habe aber diesen Fehltritt längst bereut. Der Priester konnte zwar die Schlange bannen, daß sie mit großem Geschrei verschwand, aber auch der junge Priester ist bald darauf gestorben.

Gew.: Freiberger. Aus Kisslings „Frau Saga“, 9. Reihe, Seite 54, Nr. 101.

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481

DIE SCHLANGENWAND IN DER
SCHERAU

    In der Scherau, an der Stelle der dritten Straßenserpentine, hauste früher eine Riesenschlange. Sie soll etwa dreißig Meter lang gewesen, sein. Leute, die vorbeigingen, fraß sie auf. Früher waren viele Fuhrleute die Straße hinauf- und hinuntergefahren, aber seitdem die Schlange dort hauste, getrauten sie sich nicht mehr. Eines Tages ver-sammelten sich die Jäger und beschlossen das Ungetüm zu erschießen. Es gelang ihnen jedoch nicht gleich. Da versammelten sie sich ein zweites Mal. Sie stellten sich auf die Wand und warteten, bis die Schlange hervorkroch. Das Untier roch auch schon die Jäger und kam aus seinem Versteck hervor. Die Jäger zielten und erschossen die Schlange diesmal wirklich. - Am andern Tag führten sie die Schlange mit drei Wagen und sechs Pferden von der Stelle fort. Von da an konnten die Fuhrleute wieder unbehelligt über die Serpentinen fahren. - Heute sieht man nur mehr die Felswand, rundherum wachsen Bäume und Sträucher.

Gew.: Johann Cerny, Oetzbach. Aufz.: Schulleitung Niederranna. 1952.

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482

DAS KRÖNLEIN DER NATTERNBRUT

    Im ersten Burghofe zu Krems wußte man auch von einer Natternbrut zu erzählen. Sie lebte im Sudhause der ersten städtischen Brauerei, in der einstigen Burgküche. Die Hausotter hatte eine große Brut von jungen Schlan-gen, deren jede ein Krönlein von purem Golde trug.

Gew.: Karl Heinz, Krems. Entnommen der n.ö. Landzeitung, 1954.

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483

DIE GELBEN HUNDE

    Vor vielen Jahrhunderten waren die Römer auch in unser Heimatland gekommen. Sie machten sich aber nur südlich der Donau ansässig. Von ihren Festungen an der Donau aus wollten sie auch das nördliche Niederösterreidi unterwerfen. Die Germanen ließen sie aber nicht über den Strom. Um diese einzuschüchtern, brachten die Römer aus Afrika in eisernen Käfigen Löwen herbei. Solche kamen auch nach Favianae, welches an der Stelle des heutigen Mautern stand. Die Soldaten jagten nun die Tiere ins Wasser und trieben sie ans andere Ufer hinüber. Die Germanen aber kannten keine Löwen und hielten sie für Hunde. Als diese nun das linke Gestade erreichten, dort mit Wutgeheul auf die Germanen lossprangen, faßten diese ohne Scheu mit ihren derben Händen die Bestien an der Gurgel, würgten dieselben fest und warfen sie wieder in das Wasser. Die Römer sahen dies vom andern Ufer aus und machten enttäuschte Gesichter. Später zogen sich die Römer wieder ganz über das Gebirge nach Italien zurück.

Aus Dr. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 84, Nr. 77.

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484

DER SCHWARZE HUND VON
DÜRNSTEIN

    Außerhalb Dürnstein liegt vor dem Kummerstale das Batzenhäusel, die alte herrschaftliche Mühle. Uralt ist ihr Gebäu. Ihr gegenüber liegt ein älter Torbogen, der einst ein Weingartentor des St. Kunigundweingartens „Gummerstal“. war Hier ging es oft nicht mit rechten Dingen zu und der alte Weixlbaum konnte davon ein recht seltsames Ereignis berichten, das ihm einstmals die "Gäns-haut" über den Rücken laufen ließ.

    Einst ging er verspätet vom Weingarten heimwärts, da er im Mondenschein noch seinen Weingarten fertig haute. Als er nun zum „Batzenhäusel“ kam, lief ihm plötzlich ein kleines Hunderl über den Weg. Dieses sprang vor ihm einher und Weixlbaum gewahrte, wie dieses immer größer und größer wurde. Dem Manne wurde, als er dies sah, immer ungemütlicher. Die Augen des Hundes glühten im Dämmerlicht der Mondnacht unheimlich. Weixlbaum nahm bereits die Haue vom Rücken und wollte nach dem sonderbaren Hunde schlagen. Gerade als er am Kreuze vorbeischritt, wollte er seine Haue auf das Tier niedersausen lassen. Da war es aber spurlos verschwunden. Der Mann eilte, um heimzukommen, denn er glaubte, daß es der Höllenhund sei, der Unheil verkündet.

Gew.: Heinrich Weixlbaum d. Ält., Dürnstein, und Maria Siedler, Ober- Loiben. Aufz.: Riedel Rudolf, 1920.

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485

DIE GOLDKRONE DER SCHLANGE

    Besitzt ein Haus eine Hausotter, dann weiß das Volk von Glück und Segen zu berichten, welche dem Hause stets widerfahren, solange die Hausotter im Gebäu sich aufhält. So besitzt auch die Kremser Burg eine Hausotter, die aber des öfteren in sommerlichen Vollmondnächten aus dem Burggarten in den Hof kommt. Sie ist eine gar sonderbare Otter denn sie trägt ein güldenes Krönlein auf dem Kopfe. Wenn jemand vorher daselbst ein weißes Tuch aufbreitet und eine Schale Milch daraufstellt, so macht er der Schlange eine große Freude. Sie legt dann ihren Schmuck, das goldene Krönlein, ab und labt sich nun am Tränklein. Wird sie dabei durch einen Menschen gestört, so verschwindet sie sogleich wieder mit der Krone; wird aber keine Störung bereitet, so kann es geschehen, daß die Hausotter zum Dank für die Labung das Krönlein zurückläßt.

Gew.: Karl Seif, Krems. Entnommen der nö. Landzeitung. 1954.

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486

DER HUND MIT GLÜHENDEN AUGEN

    Einst hatte sich ein Fuhrmann im Wirtshause ver-spätet, sodaß er bei Nacht durch den Gföhlerwald heim-wärts fahren mußte. Als er nun im stockdunklen Walde fuhr, sah er plötzlich einen Hund an seinen Wagen heranlaufen, der glühende Augen hatte. Der Kutscher war ein unerschrockener Mann, hob die Peitsche und schlug nach dem Hunde. Doch dieser sprang nicht vom Wagen, sondern wich nur den Hieben aus und kroch unter den Wagen. Späterhin lief er immer zwischen den Beinen der Pferde herum, sodaß diese unruhig wurden und fast scheuten. Da wurde ihm nun ganz unheimlich zu Mute. Er betete bereits einige Vaterunser und noch wollte der Spuk nicht ein Ende nehmen. Nun sah er schon das Licht eines Bauernhauses, das vor dem Walde lag, durch die Stämme schimmern. Als er nun am Hoftore dieses Hauses vorbeikam, vernahm er plötzlich eine Stimme, die aus dem Hunde sprach und zu ihm redete: „Hättest du noch ein Vaterunser gebetet, dann wären es hundert Vaterunser gewesen. So aber sind es nicht derer soviele, daß ich erlöst worden wäre. Nun muß ich weiter schmachten, um meine ungesühnte Tat zu büßen.“ Bei den letzten Worten entschwand der Hund den Blicken des Kutschers und wurde von ihm nie mehr gesehen.

Gew.: Aschauer Therese, Eisenbergeramt. Aufz.: August Fritz. 1952.

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Diese Seite wurde am 2. September 2006 erstellt.