Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 6

Geister Feen Nixen
Heft Nr. 6 (Doppelheft)

Teil 5

von Sage 102 bis Sage 110



102

DER HOLZGEIST VON UNTERBERGERN

    Auf dem Hause Nummer 41 lebte zu Unterbergern einst ein Mann, der bei seinem Tode noch große Holzschulden in Schenkenbrunn besaß. Nachdem er gestorben war, erschien den andern Tag seiner Frau eine Maus und sie glaubte ihren Mann in der Gestalt der Maus zu erkennen. Des andern Tages erschien der Verstorbene selber und bat seine Frau flehentlich, daß sie die von ihm hinterlassenen Holzschulden begleiche und für sein Seelenheil eine heilige Messe lesen lasse. Doch die Frau, welche zeitlebens von ihrem Manne durch lasterhaften Suff nur arge Not zu leiden gehabt hatte, schlug ihm seine Bitte mit den Worten ab: „Lump, hättest du bei Lebzeiten nicht alles versoffen, damit du die Schulden bezahlen hättest können.“ Da verschwand der Geist des Verstorbenen in den Hauskeller und kam nur alljährlich zur Adventzeit wieder. Bald schloß auch die Frau für immer die Augen und der Besitz ging in fremde Hände über.

    Der neue Eigentümer wurde durch argen Spuk immer beunruhigt. Eines Nachts erschien der Geist und schlüpfte durch das Ofenloch in die Stube. Mit lautem Gepolter schlug er alles in Scherben und entschlüpfte wieder, wie er gekommen, durch das Ofenloch in den Rauchfang und weiter in den Keller. Das ging so ein Jahr lang fort und der neue Besitzer war nahe daran, das Haus zu verkaufen. Aber niemand wollte der Käufer sein. Das andere Jahr kam der Geist wieder und trieb abermals sein verderbliches Werk. Zwei Wochen war der Mann machtlos. Da kam ihm der Einfall, durch Kreuz und geweihte Kerzen sich und sein Haus zu schützen. Als er um die Mitternachtsstunde den Geist nahen hörte, zündete der Bauer die Kerzen an und bannte so den Geist aus einem Zimmer. Doch dieser schlug siebenmal gewaltig an die Tür, daß das ganze Haus erzitterte. Dies geschah durch eine ganze Woche. Doch, als am siebenten Tage der Bauer den Geist, durch Kreuz und Kerze geschützt, fragte, was sein Begehr sei und er ihm versprach, ihn durch eine Messe zu erlösen, schlug dieser mit solcher Wucht an die Türe, daß das Gebäu bis in seine Grundfeste erzitterte. Der Geist verschwand aber für immer aus dem Hause.


Gew.: Ederndorfer Franz und Ederndorffer Maria, Bergen. Aufz.: Ederndorfer Franz. 1952

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103

GEISTERTANZ UM MITTERNACHT

    In Gut am Steg wohnte um das Jahr 1860 ein Mann, namens Franz Kausel. Er besaß das Haus „Gut am Steg 4“. In diesem ging es nicht mit rechten Dingen zu, denn alltäglich, wenn die Hausbewohner zu Bette gegangen waren, begann es im Hause ungemütlich zu werden. Man hörte im Wohnzimmer beständig bis gegen Mitternacht ein ununterbrochenes Tanzen, das die Hausbewohner nicht zur Huhe kommen ließ. Da sprach eines Tages im Hause ein Zigeuner um eine milde Gabe vor. Diesem klagte der Hausvater sein Leid, da er wußte, daß Zigeuner oft mit geheimnisvollen Mitteln Geister zu bannen imstande wären. Der Bittende versprach Kausei Abhilfe und erbat sich zu seiner Geisterbeschwörung ein Ei, das eine schwarze Henne erst frisch gelegt hätte. Der Besitzer willfahrte seiner Bitte und übergab dem Zigeuner das Erbetene. Als er dieses in Empfang genommen hatte, murmelte er eine Zauberformel darüber und brach das Ei auf. Kausel erschrak gewaltig, denn im Eiinnern fand sich ein Totenkopf, der nun herausfiel. Der bannende Zigeuner forderte nun den Erschrockenen auf, den Totenschädel zu begraben. Kausei begrub ihn und fortab hatte das Haus mit seinen Bewohnern Ruhe vor dem Spuk um Mitternacht.

    Tags darauf gewahrte Kausel, als er die Tenne des Hauses betrat, den Zigeuner, der dortselbst ein Feuer entfacht hatte. Entsetzt rief er dem Überraschten zu: „Jesus-Maria! Du zündest mir ja das Haus an!“ Der Zigeuner lachte, ergriff einen brennenden Span und brannte an einer Stelle, wo Heu und Stroh angehäuft war, die Spinnweben herunter. Doch nicht ein einziger Halm fing Feuer, sodaß kein verderbenbringender Brand entstand. Der Zigeuner kochte drei Tage auf diesem geheimnisvollen Feuer.


Gew.: Karl Donabaum, Aufz.: Erich Schöner (1952):

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104

DAS VERFLUCHTE HAUS ZU
RÜHRSDORF

    Zu Rührsdorf lebte vor ungefähr 100 Jahren im Hause „Nummer 4“ eine Familie. Dieser wurde durch unheimliche Vorkommnisse das Wohnen im Hause zur Qual. Wie das Volk immer erzählte, sei das Haus einmal verflucht worden. Seit dieser Zeit, erfüllte nächtlicher Spuk das ganze Gebäude. Besonders zur Adventzeit war es fast unmöglich, während der Nacht ein Auge zu schließen, denn im Keller des Hauses wurden wuchtige Hiebe vernommen, die so stark waren, daß selbst die Fenster des Nachbarhauses erzitterten. Die Bewohner des Gebäudes waren verängstigt und die Anwohner liefen, sobald sie die Erschütterungen verspürten, ängstlich zusammen. Dies dauerte ohne Unterlaß durch drei Geschlechter hindurch, bis eines Tages im Jahre 1850 das unheimliche Pochen für immer verstummte. Einmal wollte der furchtlose Besitzer des Hauses in den Keller eindringen, um die Ursache des argen Gepolters festzustellen, doch die unheilahnende Ehefrau hielt ihn von seinem Vorhaben zurück.


Gew.: Franz Pernauer, Weißenkirchen. Aufz.: derselbe; 1925:

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105

DER UNHEIMLICHE GEISTLICHE

    Am „Rührsdorfer See“, oberhalb Rührsdorf und unterhalb der Spitze des Seekopfes, geistert es. So weiß mancher zu berichten. Zu nächtlicher Stunde erscheint verspäteten Waldgehern ein Geistlicher mit einem großen Meßbuche. Ebenso zeigt sich der unheimliche, gespenstige Priester auch am Feldwege von Rossatz nach Rührsdorf beim „Großen Nußbaume“ um Mitternacht dem Wanderer. Er zieht mit seinem Ministranten, zu einem Versehgang angetan, des Weges. Furchtsame entfliehen dem nächtlichen Spuk, denn es läuft ihnen eiskalt über den Rücken.


Gew.: Dechant Pater Clemaens Mück, Rossatz. Aufz.: derselbe; 1923.

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106

GEISTERSPUK IM SCHACHAT

    Einem Spitzer erzählte einmal ein Mann, daß man zur Zeit der „Passion“ am Karfreitag im „Schachat𔄬 des Jauerling gar sonderbare Dinge erleben könne. So stünden in diesem Walde zur angegebenen Zeit viele Menschen im Kreise beisammen, die weder Köpfe, noch Hände und Füße hätten. In der Kreismitte stehe ein Bottich, in dem der Teufel sitze. Als der Mann aus Spitz, dem dies mitgeteilt wurde, zur angegebenen Zeit aus Neugierde im Schachatwalde Nachschau hielt, gewahrte er zu seinem Schreck tatsächlich die gespensterhaften Wesen. Aus großer Angst suchte er schleunigst das Weite. Er rannte vor Entsetzen derart schnell zu Tale, daß er schweißgebadet sein Heim erreichte. Er mied fortab den Schachat.


Gew.: Gottfried Stierschneider, Gut am Steg. Aufz: Erich Schöner, Spitz. 1938.

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107

DIE GEISTERMESSE

    Vor langer Zeit hörte der Mesner von Spitz, als er am Abend, um Gebet zu läuten, die Kirche aufsperrte, vom Altare her das Glöcklein klingen. Er vernahm auch deutlich das Murmeln der Gebete durch den Geistlichen, wie wenn dieser eine Messe lesen würde. Vor Entsetzen lief der Kirchendiener zum Pfarrer. Derselbe hielt Nachschau und sah tatsächlich einen Priester am Altare die Messe lesen. Mutig fragte er ihn nach seinem Tun. Der geisterhafte Mönch sagte, er sei einst Pfarrer zu Spitz gewesen. Da er des öfteren sein Brevier vernachlässigt habe, finde er jetzt im Grabe keine Ruhe und müsse in der Nacht immer Messe lesen. Um diesen armen Geist zu erlösen, ordnete der Pfarrer an, daß vor jeder Messe in der Spitzer Pfarrkirche drei Vater-unser gebetet werden, damit die Seele des Geistlichen seine Ruhe finden könne.


Keine Quellenangabe im Sagenheft

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108

WAS GOTT TUT IST WOHLGETAN

    Zur Zeit des Schwedenkrieges lebte im Schiltingeramte eine alte Bäurin, der in kurzer Zeit zuerst ihr Bruder, dann zwei Schwestern, dann ihr Mann und zuletzt ihre zwei unmündigen Knaben an der Pest gestorben waren. Ganz besonders schmerzte sie der Tod ihrer beiden geliebten Knaben, die sie so früh durch die schreckliche Krankheit verloren hatte. Doch die Zeit ging dahin. Und als sie nach vielen Jahren noch immer ungetröstet eines Abends nach dem Gebetläuten, es war in der Weihnachtszeit, in ihrer Stube saß und über ihr Schicksal nachdachte, stiegen ganz sonderbare Bilder vor ihrem Geiste auf. Sie war mit Gott zerfallen, da er ihr das Liebste auf Erden, ihre beiden Kinder, so früh genommen hatte, die sie doch jetzt in ihrem Alter hätten ernähren können. Unterdessen schlug es vom Kirchturme die siebente Stunde. Die Bäuerin wunderte sich, daß sie eine ganze Nacht, so am Stuhle sitzend, von der vergangenen Zeit geträumt hätte und ging wie gewöhnlich zur Frühmesse, denn sie glaubte, es sei bereits sieben Uhr morgens. Als sie in das Gotteshaus kam, war dieses voll Menschen, aber in der Dämmerung konnte sie nicht gleich sehen, wer schon vor ihr zur Kirche gekommen war. Als sich ihre Augen an die Beleuchtung gewöhnt hatten, sah sie bereits verstorbene Freunde und Verwandte in den Kirchenbänken sitzen. Voll Entsetzen wollte sie umkehren, doch es stand plötzlich ihre verstorbene Mutter vor ihr und deutete zur Kirchentüre hinaus. Da gewahrte sie einen Galgen, auf dem ihr Sohn im Winde baumelte. Daneben sah sie ein Rad, auf das ihr zweiter Bub geflochten war. Voll Schaudern wandte sie ihr Antlitz ab. Der Geist ihrer Mutter aber sprach: „Siehst, das wäre aus deinen Söhnen geworden, wenn sie unser Herrgott am Leben erhalten hätte!“ Tränen rannen über das Angesicht der Alten und als sie aufblickte, war der ganze Kirchenraum leer. Vom Turme aber schlug es die Mitternachtsstunde. Voll Grauen eilte sie heim und nach drei Tagen trug man sie tot auf den Gottesacker.


Aus „Frau Saga“, 2. Reihe, Nr. 1; Seite 7.

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109

DIE GEISTERKIRCHE VON ZINTRING

    Ein Halterbub aus Zintring am Jauerling stocherte einmal mit seinem Stocke auf einer Wiese, unweit vom Dorfe, wo er seine Kühe weiden ließ, herum und kam dabei immer tiefer ins Erdreich. Er sah sich dann nach dem Vieh um und als er wieder zurückkam, war aus dem Loch ein abwärtsführender Gang geworden, durch den der Bub auf den Dachboden einer unterirdischen Kirche gelangte. Voll Neugierde blickte er durch ein Loch in die hell erleuchtete Kirche hinab, wo er zu seinem Entsetzen einen Geistlichen mit einem Hundekopf beim Altare stehen sah, als ob er gerade die Messe lesen würde. In den Bänken saßen auch Menschen mit Hundeköpfen. Der Anblick war so unheimlich, daß der Bub aus dem Dachboden hinausgekrochen und davongelaufen ist, und zwar nach Zintring, wo er seinen Leuten das Geschehene erzählte. Man ging mit ihm gleich auf die Wiese zurück, aber von einem Loch war nirgends mehr etwas zu sehen. Manche sahen auch zu Zeiten ein Kirchturmkreuz aus der Erde ragen, das, wenn maan auf dasselbe zuging, spurlos verschwand. Kirche und Turmkreuz stammten von einem Kloster, dessen Insassen durch ihr lasterhaftes Leben den Untergang verschuldeten.


Aus „Frau Saga“, 6. Reihe, Nr. 111, Seite 73.

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110

DAS GEISTERBRÜNDEL BEI
ALBRECHTSBERG

    Am Abhang zum Kremsfluß sprudelt nächst Albrechtsberg ein Brünnlein aus der Erde, das eine Zeit lang als Heilquelle gegen Augenleiden Ruf besaß. Über diese Quelle berichtet die Sage:

    In alten Zeiten brannten einmal drei Bauern in der Nähe des Bründels Kalk, wobei sie auch bei Nacht den Brand des Kalkes überwachten. Die Hitze des Feuers, das sie unterhielten, ließ sie großen Durst bekommen. Einer der Bauern machte sich darum auf den Weg, um vom benachbarten Brünnlein einen frischen Trunk zu holen. Es dauerte nicht lange und er kam mit dem leeren Kruge zurück. Angst und Schreck spiegelten sich aber in seinen Augen. Lange brachte er kein Wort aus seinem Munde. Endlich, als die ändern immer mehr in ihn drangen, erzählte er, daß er beim Bründel Leute sich herumtreiben sah, die statt Menschenköpfe abscheuliche Tierschädel besessen hätten. Das sei so entsetzlich anzusehen gewesen, daß er eilends das Weite gesucht habe und sich auch nicht umzudrehen getraute.


Aus „Frau Saga“, 6. Reihe, Nr. 9, Seite 15.

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Diese Seite wurde am 12. April 2003 erstellt.