Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 6

Geister Feen Nixen
Heft Nr. 5 (Doppelheft)

Teil 6

von Sage 111 bis Sage 122



111

DIE RAST DES EWIGEN JUDEN

    Einst kam auf seiner immenwährenden Wanderung der zu ruhelosem Wandern verdammte „Ewige Jude“ auch nach Weißenkirchen. Da ihm niemand Unterkunft gewährte, mußte er sich auf offener Straße einen Rastplatz suchen. Endlich fand er am Marktplatz vor dem Schützenhofe eine steinerne Bank, auf der er sich ermüdet niederließ. Bald sammelte sieh eine Menge Buben und eine große Schar Neugieriger um den sonderbaren Alten und erstere verspotteten ihn. Bei Eintritt der Dunkelheit verließ der Jude den Ort. Am nächsten Tage zeigte sich, daß die Bank gebrochen war. Nun suchte man den Greis, den einige zunächst für den Propheten Elias gehalten hatten, aber er war verschwunden, weshalb dann allgemein angenommen wurde, es sei der ewige Jude gewesen.


Aus Dr.Plöckingers „Wachausagen“, Seite 67, Nr. 58. Gew.: Franz Pernauer in Weißenkirchen. Auf.: 1925

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112

DER TRUNK DES EWIGEN JUDEN

    Eines Abends kam ein Mann in das Gasthaus „Z u m   D o n a u w i r t“ in Weißenkirchen in der Wachau. Er begehrte ein Viertel Wein und bemerkte ausdrücklich: „..aber von einem vollen Fasse!“ Der Wirt dachte sich dazu seinen Teil und gab dem Fremden den Wein nicht aus einem vollen Fasse, sondern aus dem Kruge, weshalb ihn der andere zur Rede stellte. Der Fremde verlangte nun den Wein wieder nur aus einem vollen Fasse. Der Wirt beachtete wieder die Weisung nicht und war verwundert, daß der Fremde ihn abermals zur Rede stellte. Da es dem Wirte nun sehr unheimlich zu Mute wurde, erfüllte er das dritte Mal den Wunsch des Fremden und brachte ihm den Wein aus einem vollen Fasse. „Es geht also doch!“ sagte dazu der Mann, trank stehend den Wein aus, verließ die Wirtsstube und fuhr eilends über die Donau. Als die seltsame Begebenheit im Markte bekannt wurde, sagte man, dies könne nur der „E w i g e   J u d e“ gewesen sein.


Aus Maillys nö. Sagen, Nr. 150.

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113

DAS GESPENST OHNE KOPF

    Ein Mann wanderte rüstigen Schrittes auf der Straße von Weißenkirchen nach Dürnstein. Wo der Auweg von der Straße nächst der „Klaus“ in die Gärten führt, schritt er diesen entlang neben der Donau weiter. Da tauchte in den Frauengärten ein kopfloses Gespenst vor ihm am Wege auf. Es hatte eine Haue auf der Schulter und ging immer vor dem Manne einher bis zu jener Stelle, wo nächst dem „Wenaheida“ der Auweg wieder die Straße erreicht. Dort verschwand der Geist spurlos, so wie er gekommen war. Er wurde nie mehr gesehen.


VGew.: Koppensteiner, Weißenkirchen. Aufz.: derselbe 1925.

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114

DER GEIST MIT DEM WEISSEN BINKERL

    Vor mehr als 100 Jahren waren im Hause Pauser zu Unterloiben Vater und Mutter aus dem Hause abwesend. Frau Pauser befand sich bei einem Nachbarn beim Kälbern. Die Kinder, ein Bub und ein Mädel, schliefen im Wohnzimmer und erwachten. Da bemerkten sie, daß ihre Mutter noch nicht heimgekehrt war. Die beiden Kinder vernahmen plötzlich ein leises Schlürfen und Wimmern. Sie verließen das Zimmer und wollten außer Haus eilen. Da gewahrten sie im Hofe des Elternhauses bei der Bodenstiege eine dunkle Gestalt, die ein kleines, weißes Fetzenbinkerl unter der „Irxen“ hatte. Der Geist schwebte langsam zum Boden empor. Aus Furcht verließen die Pauserkinder das Haus und eilten zur Mutter.


Gew.: Brigitte Pauser, Unterloiben. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems. 1925.

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115

DER UNHEIMLICHE MANN

    Vor langer Zeit ging eine alte Frau von Willendorf entlang des Baches heimwärts. Da sah sie am Bächlein einen großen, schwarzen Mann, der sich im Bache die Füße wusch. Die Frau entbot ihm den „Gute Nacht“-Gruß. Doch der Mann wandte sich weder um, noch erwiderte er den Gruß der Frau. Ein nochmaliger Gruß ließ aber den Mann vor den Augen des Weibes spurlos verschwinden.


Aus Dr. Plöckingers unveröffentlichten Sagenstoffen. Aufz, 1925.

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116

DER UNBEKANNTE MANN

    Als einst der alte Schöffmann Bayer aus Förthof vom „Süßenberg-Weingarten“, der hinter Mautern liegt, spät abends heimging, kam ihm ein großer, unbekannter Mann in der Dunkelheit in die Quere. Er holte ihn, als sich Bayer der Stadt Mautern näherte, ein. Er forderte ihn auf, mit ihm zu gehen. Der Unbekannte führte ihn ganz andere Wege, sodaß sie, kein Wort miteinander sprechend, zu einem Tor kamen, das sich hinter dem Nikolaihof befand. Der große Mann trat wortlos durch das Tor und verschwand spurlos. Bayer stand ratlos vor der verschlossenen Pforte. Nach langem Suchen fand er den Weg zur Brücke, die er eiligen Schrittes überquerte, um aus der unheimlich gewordenen Gegend zu kommen.


Gew.: Florian Bayer, Förthof. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems; 1949.

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117

DER ROTE MANN VOM KREMSER
BURGKELLER

    Beim Holzzerkleinern erscheint im Keller der Kremser Burg immer ein roter Mann (Hauskeller: Margaretenstraße 12.)


Gew.: Wetty Fürst, Krems. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems. 1925.

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118

DAS AUMÄNNLEIN

    Bis vor wenigen Jahrzehnten konnte man in der Donauau bei Mautern die Reste eines Hauses finden, dem die Bewohner der umliegenden Orte im weiten Bogen aus dem Wege gingen. Über diesen gemiedenen Ort erzählten sie sich folgende Sage:

    Vor langer Zeit stand an der Stelle der Hausruine eine armselige Fischerhütte, in der ein ebenso armer Mann mit seiner Frau und zwölf Kindern wohnte. Eines Tages, als er wieder zur Donau fischen ging, sah er von weitem ein prächtiges Schloß, das er jedoch nie zuvor noch gesehen hatte, obwohl er diese Stelle jedesmal bei seinem Fischgang durchwanderte. Voll Erstaunen kam er zögernd näher. Da sah er ein kleines, graues Männlein, das ihm mit dem Finger zuwinkte und ihm sagte: „Ich will dir helfen und dich reich machen.“ Es sagte weiters, es wäre ganz einfach, er müsse nur einen seiner Söhne zu ihm bringen und dieser würde Besitzer des Schlosses werden. Er würde auch das Land herum in Besitz nehmen können. Der Fischer willigte ein und brachte seinen Lieblingssohn zum Männlein. Dieses nahm ihn mit ins Schloß. Des Fischers Frau aber hätte gerne ihren Lieblingssohn als Schloßherrn gesehen und machte ihrem Manne so lange Vorwürfe, bis sich dieser entschloß, das Männlein zu bitten, diesem Sohn einen Teil des Besitzes abzutreten. Das Männlein willigte ein und der zweite Sohn hielt Einzug ins Schloß. Das verdroß den ersten Sohn und er ließ seinen Übermut an seinem Volke ans. Durch den ewigen Streit wurde auch der zweite Sohn herrschsüchtig und zänkisch wie sein Bruder. Das ging nun so weit, daß sie ihren eigenen Vater, als er einmal kein Geld zum Zehentzahlen hatte, gar nichts gaben, sodaß er eingekerkert wurde. Als Mutter und Geschwister um die Freigabe des Vaters baten, ließen sie diese ebenfalls einsperren. In ihrer Not riefen sie das Aumännlein. Da wurde die Kerkerzelle mit einem Male licht und das Männlein stand vor den Eingekerkerten. Es sprach: „Fürchtet Euch nicht, ich werde Euch helfen und die beiden herrschsüchtigen Brüder bestrafen!“ Da wich eine Kerkermauer zurück, ein gewaltiges Brausen und Rauschen hob an und sie sahen, wie der sonst so sanfte Strom aus seinen Ufern trat, ja sogar schon bis zu den Mauern des Schlosses emporstieg. Vor der Kerkermauer stand ein großes Boot, in das die Kerkerinsassen auf Befehl des Männleins einsteigen mußten. Die Fluten stiegen immer höher und die Geretteten sahen, wie das Schloß von den Wellen überflutet und verschlungen wurde. Die Zille war wie von Geisterhand gezogen an einen anderen Ort der Donau gefahren, der sich bald als ein sehr gutes Fischereigebiet zeigte. Das Männlein erschien aber nie wieder den Menschen an der Donau bei Mautern.


Gew.: Rudolf Donaubaum, Mautern,. Aufz.: Kepler Ute, Mautern. 1952.

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119

DER WASSERMANN IN DER DONAU

    Bei Mautern konnte man einen Wagen nicht von der Stelle bringen. Da bemerkte der Knecht endlich hinten am Gefährt ein buckliges Männlein, welches einen Frauenrock an hatte und sich ganz ruhig die Haare auskämmte. Der Knecht sagte zu dem Bauern: „Siehst du, da rückwärts sitzt eine kleine Kreatur, die uns so lange aufhält.“ Kaum hatte er dies gesagt, als das Männlein in das Wasser sprang und dem Knecht mit dem Finger drohte. Der Bursche war darüber voll Zorn und eilte ans Wasser. Er wollte einen Stein aufheben, als ihn das Männlein an den Haaren erfaßte und ins Wasser zog. Des anderen Tages wurde die Leiche des Knechtes ganz zerkratzt am Ufer gefunden.


Aus Vernalecken Mythen und Bräuche. Seite 174, Nr. 8.

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120

DIE GLÜHENDEN FURCHEN

    Ein geiziger Bauer hatte bei Lebzeiten in habsüchtiger Weise von den Feldern seiner Nachbarn die anstoßenden Furchen zu seinem Äcker angeackert. Als er nun unverhofft starb, hatte er den Schaden nicht gut gemacht. Er verschied mit der schweren Sünde auf seiner Seele und konnte daher im Grabe keine Ruhe finden. Nacht für Nacht geisterte sein Geist ruhelos über die Felder und kam stets an die Stelle seiner Missetat zurück. Da ging eines Tages ein junger, unerschrockener Bursche bei Nacht über Feld und kam an jener Stelle vorbei, an der des Bauern Seele herumzuirren verdammt war. Auch er hörte das Wehklagen des Geistes und bemerkte, wie die ruhelose Gestalt feurige Furchen auf dem Rücken herumschleppte. Der Bursche vernahm die bange Frage: „Wo soll ich sie denn hinlegen?“ Unbekümmert und keck rief er dem Geist zu: „Wo du sie hergenommen hast!“ Da warf die Gestalt die feurigen Furchen weg, verstummte und verschwand für immer aus der Gegend von Marbach an der kleinen Krems. Der geizige Bauer und Rainschinder hatte seine Ruhe gefunden.


Gew.: Schachermayer Martha, Nieder-Grünbach, 1952 aufgezeichnet.

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121

DER ERLÖSTE GEIST VOM HAUSBERG

    Ein Hauerknecht aus Gut am Steg, namens Leopold Schweigerl, wanderte eines Tages knapp vor Mitternacht heimwärts. Er nahm seinen Weg über Radlbach. Als er am Hange jenseits des Hausberges dahinging, hörte er von diesem herüber ein klägliches Rufen. Er horchte genauer hin und vernahm die Stimme eines Mannes, der da rief: „Wo soll ich ihn denn hintun?“ Scherzhaft rief der Hauerbursche zum Hausberg hinüber: „Gib ihn nur hin, wo du ihn hergenommen hast!“ Dann horchte er in die Nacht hinaus. Da vernahm er von drüben die Antwort, frei jeder Klage: „Dank dir Gott, daß du mich erlöst hast!“ Dann wurde es ruhig und kein Laut störte mehr die Stille der Nacht. Der Hauerknecht hatte den ruhelos irrenden Geist des Grenzfrevlers erlöst.


Gew.: Karl Donabaum, Spitz. Aufz.: Erich Schöner, Spitz. 1950.

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122

DER RAINSCHINDER UND DER FUHRMANN

    Als einst ein Fuhrmann von Wegscheid nach St. Leonhard wanderte, hörte er in tiefdunkler Nacht ein Stöhnen und Jammern. Er blieb stehen und horchte in die Nacht hinaus. Da vernahm er nicht weitab von ihm die Stimme eines Menschen, der immer und immer wieder in die jammervollen Worte ausbrach: „Wo soll ich sie denn hinlegen? Wo soll ich sie denn hinlegen?“ Der Fuhrmann ließ seine Blicke in jene Richtung wandern, woher er die Stimme vermutete. Da gewahrte er eine Gestalt, die eine Ackerfurche auf dem Rücken herumschleppte. Er wurde von dieser bald links, bald rechts herumgerissen, sank in die Knie und richtete sich wieder auf. Und dazwischen rief er immer und immer wieder seinen verzweifelten Ruf in die Nacht hinaus. Da erkannte der Fuhrmann, daß ein Rainschinder, der ob seiner verwerflichen Taten, die er bei Lebzeiten an den Grundstücken seiner Nachbarn begangen hatte, keine Ruhe finden konnte. Eine geraume Weile sah der Kutscher dem nächtlichen Treiben des Grenzfrevlers zu und setzte dann eine gute Tat, indem er die erlösenden Worte dem herumwandelnden Geist zurief: „Leg's nur hin, wo du sie hergenommen hast!“ Eine Weile ward es ruhig und der Mann sah, wie von, den Schultern des Geistes die schweren Ackerfurchen herab auf die Erde fielen. Da war auch schoa die Gestalt verschwunden und in die Stille der Nacht klangen die leisen, sich immer weiter entfernenden Worte: „Hab Dank, jetzt bin ich erlöst! Hab Dank, jetzt bin ich erlöst! Endlich kann ich meine Ruhe finden.“ Dann wurde es still im weiten Feld.


Gew.: Maria Fuchs, Wilhalms, Aufz.: Johann Fuchs. (1952). Ort der Sage: Gemauertes Marterl bei Wilhalms.

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Diese Seite wurde am 12. April 2003 erstellt.