Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 6

Geister Feen Nixen
Heft Nr. 6 (Doppelheft)

Teil 4

von Sage 96 bis Sage 101



96

DIE EISENARBElTER VON EISENBERG

    Wenn das Jahr sich seinem Ende zuneigt, so werden auch im alten Bergwerke zu Eisenberg die Geister der einstigen Arbeiter wach und es beginnt ein geheimnisvolles Pochen in einem alten Stollen, der sich bis heute erhalten hat. Sie beginnen alljährlich, nach altem Brauch, das Erz zu brechen und aus dem Gange schallt um Mitternacht ein emsiges Treiben an das Ohr des Lauschers. Einst hatten die Eisenarbeiter im heutigen Eisenberg des Gföhlerwaldes ihre Hütten, und auch befestigte Maierhöfe befanden sich hier. Die Häuser waren durch unterirdische Gänge miteinander verbunden, die noch weit in den „Großen Wald“ hineinführten. Diese Hütten scharten sich um das heutige Haus Nr. 6, das einst ein Rittergut war und dem Herrn von Asanperch gehörte. Das Haus trägt noch heute die Jahreszahl 1562. Vom Eisenschatz im Schoße der Erde hatte das Dorf seinen Namen „E i s e n h ü t t e n b e r g“. Als das Erz immer weniger wurde, verfielen die Stollen und nur ein Stückchen blieb als „unterirdischer Gang“ erhalten, in dem es nunmehr geistert und rumort.


Aufgezeichnet von den Schultern der Volksschule Idolsberg i. J. 1952

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97

DIE SAGE VOM „HAROLD“

    Einstmals hatte die Herrschaft Rastenberg einen gar zu strengen Gutsverwalter, der Anton Harold hieß und 1779 geboren ward. Er diente seiner Herrschaft durch 41 Jahre und hielt die Untertanen kurz und bestrafte viele mit körperlichen Züchtigungen, wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkamen oder über Zehent und Robot murrten.

    Häufigen Streit hatte Harold wegen des Weiderechtes der Schafe mit den Untertanen von Marbach und Sperkental, wobei er die Schuldigen zu Prügelstrafen verurteilte.

    Es wird erzählt, daß ein Mann wegen seines körperlichen Gebrechens nicht gezüchtigt werden konnte und dafür eine Arreststrafe bekam und diese auch nicht unterbrechen durfte, als sein Weib starb. Der Verwalter Harold war so gefürchtet, daß nach seinem Tode am 23. 1. 1849 das Volk sagenhafte Geschichten erzählte. Und da, wie die Leute meinten, sein Geist wegen der vielen Untaten keine Ruhe fand, so glaubten sie, ihn in vielen Gestalten zu sehen.

    Sein Söhnchen, das sich gerne in der Kammer aufhielt, wo die Prügelbank stand, kam einmal schreiend zur Mutter. Angstvoll rief es: „Muatale! Votale sitzt auf der Prügelbank, hot Hörnderle auf und a zodeliges Gwand!“

    In dieser Gestalt soll er den Leuten öfters erschienen sein. Aber auch andern Kindern soll er sich meistens am Schulwege gezeigt haben. Fünfzig Schritte vom roten Kreuz am Wege von Nieder-Waldenreith nach Nieder-Nonndorf ist eine Brücke. Bis zu dieser lief er vom roten Kreuz bis hierher den Kindern in Gestalt einer Schlange nach, wo er dann wieder verschwand.

    Ein andermal ging ein Musikant von einer Tanzunterhaltung heim. Da hörte er hinter sich immer abwechselnd ein leises Knistern und dann ein Schreien. Zuerst meinte er, es necke ihn jemand. Doch dann kam es näher an ihn heran. Es war das Gespenst Harold mit einer grünen Wintermütze am Kopfe, setzte sich auf des Musikanten Schultern und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Bald darauf starb der Musikant.

    Wieder später trieb sich Harold als Hirsch am Loschberge herum. Viele Jäger stellten dem seltsamen Hirsch nach, der zwischen den Stangen wundersame Perlen trug. Doch keiner konnte ihn erlegen.

    Eines Tages fing ihn aber doch ein alter Mann mit einem Stück Brot ein, worauf dann der Hirsch bekannte, „Harold“ zu sein.

    Da soll er von einem neugeweihten Priester auf 50 oder 100 Jahre in den Ötscher verbannt worden sein.

    Die ersten 50 Jahre sind bereits um und Harold hat sich immer noch nicht gezeigt. Trotzdem behaupten noch manche, die diese Geschichten für wahr halten, in 100 Jahren komme er jedoch ganz bestimmt.

    Eines zeugt jedoch noch in Wirklichkeit von diesem Manne: Im Friedhofe zu Nieder-Nonndorf lesen wir auf seinem Grabsteine die bedeutungsvolle Inschrift:

    „Sein Leben war ein Kampf, der Kampf eines Gerechten mit der Gesinnungslosigkeit, dem Undank und dem Schlechten. Von Freunden hochgeliebt, von Feinden selbst geachtet!“


Aufgezeichnet von Dir. H. Elhnerich. 1952.

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2. Fassung der Haroldsage (aus Rastbach)

HAROLD, DER GEISTERHUND IM
SCHLOSSE ZU RASTBACH

    In jener Zeit, da der Freiherr Michael von Ehrenfels neben dem Gut und Schloß zu Brunn auch das Schloß Rastbach käuflich erworben hatte, war es üblich, daß ein mit großen Machtbefugnissen ausgestatteter „Pfleger“ die Verwaltung des Gutes besorgte. Der gestrenge Herr, von dem hier die Rede ist, stammte vom Loschberg, der sich südlich von Rastenfeld erhebt. Er war ein grausamer und hartherziger Mensch und ließ allen Untertanen in roher Art seine Macht fühlen. Besonders beim Aufbau des Schlosses, sowie beim Graben unterirdischer Gänge trieb er die Arbeiter in brutaler Weise an. Viele der Knechte erschlug er mit eigener Hand. Als man vor zwei Jahren eine aus dem Hof in den ehemaligen Speicher führende Stiege umbaute, stieß man auf mehrere menschliche Skelette. Diese Stiege hieß merkwürdigerweise schon vorher im Volksmunde „Knochenstiege“. Aber auch Harold mußte sterben. Doch seine Seele konnte nach dem Volksglauben keine Ruhe finden. Unstet trieb sein Geist in finsteren Nächten durch die Räume des Schlosses und spukte in den Tiefen der unterirdischen Gänge und auf dem Dachboden umher. Dabei nahm er meistens die Gestalt eines Hundes an, aber auch als Schlange und sogar als Ziegenbock trieb er sein Unwesen. Auf den Feldern stieß er die Kornmandl um und schnitt die Garbenbänder auf.

    So verbreitete der verhaßte Harold noch lange nach seinem Tode Furcht und Schrecken, ließ die geplagten Einwohner von Rastbach nicht zur Ruhe kommen und richtete allenthalben großen Schaden an. Durchziehende Zigeuner, die von diesen Vorgängen gehört hatten, rieten den Rastbachern, einen neugeweihten Priester anzufordern, der den Schloßgeist auf den Ötscher verbannen möge; allerdings dürfe er noch keine schwere Sünde begangen haben. Die Bauern befolgten den Rat der Zigeuner und ließen sich vom Bischof einen neugeweihten Priester zuweisen. Lange Zeit versuchte dieser den Geisterhund zu fangen. Schon schien sein redliches Bemühen ohne Erfolg zu bleiben. Und als zur Schnittzeit in schwüler Sommernacht Harold sein nächtliches Unwesen auf den Feldern trieb, da weckte den Priester fernes Wetterleuchten. Rasch schlüpfte er in seinen Talar, ergriff einen Sack und schlich zum Schloß, um dort im Schatten des Torbogens dem Hund aufzulauern. Harold dürfte das drohende Gewitter nicht bemerkt haben, denn als es plötzlich losbrach, da überraschte es ihn auf freiem Felde. Gerne hätte er in einem der Kornmandel Unterschlupf gefunden, doch diese lagen zerstreut umher. Nun reute ihn seine Boshaftigkeit. Wie toll biß er sich in den eigenen Schweif und mit zornfunkelnden Augen keuchte er durch den Schloßwald zurück zum Schloß. Der Schaum troff ihm vom Maule. Und als er mit lefzender Zunge durch das Tor sprang, zerschlug mit ungeheurem Krach ein Feuerstrahl die Dunkelheit der Nacht. Geblendet verharrte der Geist. In diesem Augenblick stürzte sich der Priester auf ihn, und es begann ein heißes Ringen. Harold brüllte vor Zorn und Schmerz. Doch als er im Schein seinen Widersacher erkannte, nahm er die menschliche Stimme an und warf dem Priester vor: „Auch du bist nicht ohne Sünde. Du hast einmal einem Bauern ein Ei gestohlen.“ Aber der Priester konnte sich rechtfertigen: „Um dieses Ei habe ich Tinte gekauft, damit ich das Wort „Süßes Herz Jesu“ schreiben konnte.“ Da verlor der Geisterhund seine Kraft. Der Priester zog ihm den Sack über den Schädel und noch zur selben Stunde ließ er anspannen und führte den Gebändigten auf den Ötscher. Seither ist der Spuk beseitigt.


Gew.: Schitzenhofer Henmine und Wimmer Paula. Aufz.: Landertshammer W. 1952.

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3. Fassung der Haroldsage (aus Rastenfeld)

    Anton Harod war 25 Jahre lang Oberbeamter im Schlosse Rastenberg. Das Volk sagt, daß er ein strenger, grausamer, geldgierger Gutsverwalter war. Er soll sogar Bauern auf die „Prügelbank“ schnallen haben lassen. Arbeiter, die seinen harten Anforderungen nicht entsprechen konnten, ließ er foltern und sogar hängen. 1848 starb er in Nieder-Nonndorf, wo der Sitz des Gutsverwalters war. Er konnte aber nach seinem Tode nirgends Ruhe finden. Die Bauern der Umgebung begegneten des Nachts oft seiner umherirrenden Seele, und gruselnd versuchte man, ihr zu entkommen. Auch seinem eigenen Sohne erschien er, sodaß das Kind zu seiner Mutter stürmte und rief: „Mutterle, das Vaterle sitzt auf der Prügelbank und hat Herndele auf.“ - Alle Geistlichen der Umgebung versuchten ihn zu bannen, doch besaßen sie - da keiner von ihnen fehlerlos war - nicht die Macht dazu. In dieser Zeit wurde im Stifte Zwettl ein junger Priester geweiht, der den Gefürchteten in Bann setzen wollte. Als er dem Geiste begegnete, rief ihm Harold zu: „Auch du bist nicht sündenfrei, denn du hast als Kind deiner Mutter ein Ei gestohlen.“ - Doch der junge Priester konnte ihm ruhig antworten, daß er ihr das aber gesagt habe. - So wich der Geist Harolds vor dem Priester und in diesem Augenblick rief dieser ihm seine Verbannung zu und seit dieser Zeit schwimmt er als weißer Fisch im Loschberger Teich. Oft schon wollte man den weißen Fisch fangen, man ließ sogar das Wasser ab, doch nie war er dann zu sehen.

    Nach 100 Jahren soll er wieder aus der Verbannung kommen und neuerdings sein Unwesen beginnen.


Gew.: Anna Rohrhofer, Rastenfeld. Aufz.: Direktor H. Faulland. 1952.

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98

SPUK IN DER MÜHLE

    In der Mühle von Nieder-Grünbach hatte sich eines Nachts der Müller vor der Verrichtung seiner Arbeit etwas aufs Ohr gelegt. Da erwachte er plötzlich durch lautes Läuten, das aus der Mühle vernehmbar war, aus seinen Träumen. Er wollte Nachschau halten. Eben im Begriffe, sich zu erheben, tat sich die Tür zu seiner Stube auf und eine Frau trat über die Schwelle, die ihm sofort den Polster unter seinem Kopfe wegriß. Vor Verwunderung blieb der Müller auf der Bank liegen und sah dem Treiben der fremden Frau zu. Sie schüttelte den Polster des Müllers, bürstete ihn ab, fegte und wischte alles in der Stube blitzsauber und verschwand nach getaner Arbeit wieder aus derselben. Das ganze Geschehen hatte eine Stunde, und zwar die Mitternachtsstunde über gewährt. Der Müller behielt lange das sonderbare Erlebnis für sich. Als er aber eines Tages dieses alten Leuten erzählte, meinten diese, daß es gewiß die ruhelose Seele der längst verstorbenen Müllerin gewesen sei, die bei Lebzeiten nie rechtzeitig mit ihrer Arbeit fertig geworden war und dessenthalben anscheinend keine Ruhe im Grabe finden könne. Zur Strafe müsse sie eben jetzt den Staub wegfegen. So erscheine sie nunmehr alle Nächte mit Kübel und Putzlumpen, um die Mühle zu säubern.

    Der Müller setzte von nun an seinen Ehrgeiz darein, stets rechtzeitig mit seinen Arbeiten in der Mühle fertig zu werden, damit der Geist der einstigen Müllerin im Grabe die Ruhe fände. Diese Pflichterfüllung führt dazu, daß der Geist nie mehr in der Mühle erscheinen mußte, um den Unrat zu entfernen, sondern im Grabe die ewige Ruhe fand.


Gew.: Volksgut der Ortschaft Nieder-Grünbach. Aufgez.: Denk Katharina. 1952.

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99

DIE GEISTER VOM SCHANZRIED

    Hoch über dem Kremstale, bei Senftenberg, liegt der „Schanzriedl“. Seit uralten Zeiten war dieser entlegene Ort die Zufluchtstätte in Kriegszeiten. Schon sein Name verrät uns diesen Umstand und besonders in der Zeit der Schwedenkriege haben viele Menschen hier Schutz vor dem Feinde gesucht. Zu dieser Zeit kam er auch zu seinem heutigen Namen, denn hier verschanzten sich damals eine große Zahl junger Menschen, Kadetten und Studenten sollen es der Sage nach gewesen sein. Als die Schweden heranrückten, verbargen sich die Jungen im Berge, der von vielen Hohlräumen durchsetzt war. Doch da geschah ein gewaltiges Unglück. Die Zufluchtshöhlen stürzten ein und begruben die Menschen unter ihren Trümmern. Der Berg wurde zu ihrem Grabe. Aber aus den Tiefen desselben hört man noch oft in stürmischen Nächten um die Mitternachtsstunde das Singen und lustige Treiben der Verschütteten. Aber auch das Fluchen und Holzspalten dringt an das Ohr des nächtlichen Waldgehers, wenn sie im Berge einheizen.


Aus „Frau Saga“, 4. Reihe, Nr. 28, Seite 29.

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100

DER KLOPFERTBERG BEI STIEFERN

    Am rechten Ufer des Kamp, nächst Stiefern, erhebt sich ein Berg, aus dem man zu gewissen Zeiten ein heftiges Pochen zu hören bekommt. Im Berge sollen Geister hausen, die einst als Waldfrevler und Wilderer die Gegend unsicher machten und seit ihrem Tode im Berge als Erdgeister ihr Unwesen treiben.


Aus „Frau Saga“, 1. Reihe, Nr. 3, Seite 15.

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101

DER GEHEIMNISVOLLE WAGEN VOM
NEUDEGG

    Wo das Weingebirg des Loibner-Berges endet, hebt das Waldgebirg des Harland an, das einst dem Dürnsteiner Herrenstift zu eigen war, und durch Probst Urban im Jahre 1530 der Gemeinde von Unterloiben verkauft wurde. In diesem Walde bestand einst ein großer Wirtschaftshof, der dem Frauenkloster der Klarissen zu Dürnstein gehörte. Verödet liegt nun derselbe. Nur mehr wenige Mauertrümmer zeigen seinen einstigen Bestand an. Da es vor Zeiten an dieser Stelle immer um die Geisterstunde recht ungemütlich war, mied man diesen Ort. Man setzte auch ein Kreuz, um die Geister zu bannen. Da geschah es, daß eines Nachts eine Frau in der Nähe des öden Hofes um Mitternacht vorbeigehen mußte. Plötzlich hörte sie Wagengerassel. Ein großer Wagen, beladen mit Weinfässern, rollte über Stock und Stein polternd heran. Der Fuhrmann trieb die Pferde fluchend an, und als er zur Stelle kam, wo das Kreuz am Wege stand, riß er diese am Zügel zur Seite und verschwand in dem „öden Gemäuer“ mit Pferd und Wagen. Heute ist auch das Kreuz verschwunden.


Gew.: Eder aus Unterloiben Nr. 13. Aufz.: Rudolf Riedel, Dürmstein.

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2. Erzählform:

    Unweit des Förthofgrabens stand einst eine Burg, nach der noch heule eine Waldstelle „Neudegg“ und ein Gemäuer als „die öd Mauer“ benannt ist. Hier soll es zu Zeiten umgegangen sein. Eine Bäuerin, die einmal in der Nähe der Mauer, wo ein Kreuz stand, Gras mähte, sah abends einen Wagen mit Weinfässern daherkommen. Er war von Pferden gezogen und der Kutscher schritt, die Pferde fortgesetzt laut aneifernd, daneben. Als der Wagen zum Kreuz kam, riß er die Pferde nach der anderen Seite gegen die öde Mauer, in der dann Wagen, Rösser und Fuhrmann verschwanden.


Aus Kisslings „Frau Saga“, 8. Reihe, Seite 20, Nr. 12.

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Diese Seite wurde am 12. April 2003 erstellt.