Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 6

Geister Feen Nixen
Heft Nr. 6 (Doppelheft)

Teil 3

von Sage 90 bis Sage 95



90

DER STRAUSSENWIRT - GEIST

    Wo heute die alte Tabakfabrik in Stein sich befindet, stand vor einem Jahrhundert das große Einkehrwirtshaus „Zum Straußen“. Dieses Gasthaus wurde im Jahre 1888 niedergerissen und an seine Stelle der westliche Teil der einstigen Tabakfabrik gebaut. Von der alten Betriebsstätte der Tabakarbeiter zu Stein erzählt folgende Sage.

    Der Lampenmeister Johann Kainz mußte alltäglich schon um die Mitternachtsstunde in das Fabriksgebäude gehen, um die vielen Rüböllampen, mit denen die Säle der Fabrik beleuchtet wurden, bis zum Beginne der Arbeit gebrauchsfertig zu machen und auch anzuzünden. Wenn er nun um die Mitternachtsstunde über die Stiege emporschritt und durch die Gänge wandelte, war es ihm, als würde ihn jemand unter dem Arm fassen und über die dunklen Stiegenhäuser und Gänge führen. Als er eines Tages wieder das Gefühl hätte, daß jemand an seiner Seite wandle, faßte er Mut und sagte: „Alle guten Geister loben Gott den Herren, was ist dein Begehr?“ Da antwortete ihm eine unbekannte Summe aus der Dunkelheit des Korridors. Der Geist sagte dem Manne, daß er ihn erlösen könne, wenn er viele heilige Messen für seine arme Seele lesen lasse und dreimal hintereinander nach Maria Zell wallfahre, um für ihn dortselbst zu beten. Nach diesen Worten war der Geist von seiner Seite verschwunden und zeigte sich eine Zeit lang nicht mehr. Da aber der Lampenmeister ein armer, kranker Mann war und auch seine Einkünfte nur sehr bescheiden waren, konnte er der Aufforderung der unerlösten Seele nicht entsprechen. Seine Begegnung wurde aber im Städtchen Stein überall bekannt und es flossen ihm die nötigen Mittel zu. Doch währte es immerhin längere Zeit, bis er der Seele Wunsch erfüllen konnte. Als er nun nach drei Jahren sein Versprechen erfüllt hatte, erschien ihm der Geist abermals und sagte ihm Dank. Das Volk wußte zu erzählen, daß einst im Straußenwirtshaus ein Mord geschehen war und die ruhelose Seele des Mörders in der Fabrik geisterte.


Gew.: Franz Wallechner. Stein, Aufgezeichnet 1954

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91

DER PFARRHOFGEIST VON SPITZ

    Im Pfarrhofe zu Spitz, ging es einst nicht mit rechten Dingen zu. Besonders am Abend wurden die Bewohner des Hauses von einem Geist beunruhigt. So geschah es einmal im 18. Jahrhundert, daß der Vikar der Pfarre namens Pater Benno Brandt, der in den Jahren 1714 bis 1718 in Spitz wirkte, von einem Geist vor dem Schlafengehen etliche Male um den Tisch geführt wurde. Auch dem Nachfolger des Vorgenannten, namens Pater Altmann, der in den Jahren 1718 bis 1722 daselbst bedienstet war, widerfuhr etwas Unliebsames. Der Geist,der hier sein Unwesen trieb, schlug ihm im Saale den Kerzenleuchter aus der Hand. Pater Benno war damals so erschrocken, daß er in tiefe Ohnmacht fiel und nur schwer zu sich zu bringen war. Der Geistliche soll aber den Geist erkannt haben, es wurde ihm aber von Seite des Niederalteicher Prälaten verboten, den Namen desselben zu nennen. Pater Benno wurde nach dem Überfall durch den Geist vom herbeigeeilten Mesner Paul Schilcher, der durch die Glocke des Paters gerufen wurde, gelabt und betreut, sodaß er wieder zu sich kam.


    Entnommen der Pfarrchronik Spitz durch Erich Schöner. Die Eintragung in das Gedenkbuch besorgte 1734 Probst Augustin Fischer.

    Der Tatsachenvermerk lautet: „Von einem Geist etlich mahl in seinem Zimmer, ehe er noch schlaffen ginge, etlichmahl umb den Tisch herumbgeführt also zwar, daß P. Benno kaum noch seine Zimmer Glockhen ertappend, geläuttet, in Ohnmacht zue Boden gefahlen, daß er von dem darzue kommenden Mösner Paul Schilcher Seel und anderen Leuthen mit wohl riechtendten Wassern kaum hat erlabt werden können.“     Nach Fischers Bericht geisterte es damals auch im „Judentempel“.

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92

DAS HAGELWEIB VON SPITZ

    In Spitz lebte einst eine böse Frau, die nur zankte und immer wieder mit anderen Menschen Streit suchte. Von allen gehaßt und gemieden, ging es ihr Zeit des Lebens sehr schlecht, sodaß sie sich eines Tages selbst den Tod gab, indem sie sich an einem Baume erhängte. Der Pfarrer gestattete daher auch nicht die Beerdigung in geweihter Erde, sondern sie mußte außierhalb des Friedhofes ihre letzte Ruhestätte finden. Darum grub der Totengräber in einem Garten eine Grube und man verscharrte dortselbst das Weib. Ab dieser Zeit verheerten aber Unwetter das Land durch Hagelschlag, sodaß die Meinung unter dem Volke sich verbreitete, die böse Frau sei die Ursache der argen Heimsuchung durch Unwetter, da sie, in ungeweihter Erde bestattet, keine Ruhe finden könnte. Das Volk erschien darum beim Pfarrer mit der Bitte, er möge gestatten, daß das Hagelweib nunmehr im Gottesacker beerdigt werden dürfe. Er willigte, durch die Bitte des Volkes dazu veranlaßt, ein und man begrub nun die Knochen der Toten im Friedhofe. Von nun ab blieben die Unwetter aus.


Gew.: Maria Langmayer in Wösendorf. Aufz.: Erich Schoner, Spitz 1938.

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93

DER GEIST DER BÖSEN KAUFMÄNNIN

    In Gut am Steg verstarb einst eine Frau. Sie wurde begraben, aber als die Trauergäste in ihr Heim zurückkehrten, saß der Geist der Verstorbenen auf dem Herde und strickte. Sobald dieser die Leute wahrgenommen hatte, rollte er sich zu einer Kugel zusammen und rührte sich nicht. Die Lebenden überkam eine große Furcht und sie liefen zum Pfarrer. Dieser kam in das Haus, bespritzte den Geist mit Weihwasser, schlug das Kreuzzeichen und betete. Doch der Geist rührte sich nicht vom Platze. Da ließ ihn der Pfarrer fesseln und führte ihn mit sich fort. Er nahm seinen Weg zur Donau und fuhr nach Arnsdorf über, um dort den Geist in einen Fels auf dem Berge zu bannen. Beim Verlassen der Fähre befahl der Geistliche dem Fährmann bis zu seiner Rückkunft niemanden von Arnsdorf nach Spitz überzusetzen. Sodann ging er mit dem Gefesselten auf einen Felsen. Als er dort ankam, war aber der Geist verschwunden. Dieser hatte nämlich die Gestalt eines Mädchens angenommen,war zum Überführer zurückgeeilt, und wollte diesen bewegen, ihn wieder an das Spitzer Ufer zurückzubringen. Der Schiffer weigerte sich aber dies zu tun. Auch als der Geist ein zweites Mal, diesmal in Gestalt einer Krämerin wiedererschien, und um die Übersetzung an das Spitzer Ufer bat, lehnte es der Ferge ab. Da blieb nun dem Geist keine andere Wahl, als zum Felsen zurückzukehren. Als ihn aber hier der Pfarrer festhalten wollte, zerkratzte er ihm mit eisernen Krallen das Gesicht. Der Priester nahm aber den Geist wieder mit sich und bannte ihn endlich in ein Marterl am Wege. Hernach fuhr er nach dem Spitzer Ufer zurück. Die Beharrlichkeit des Geistlichen und die Standkaftigkeit des Überführers bewahrten das Haus vor einer Rückkehr des Geistes. Seit dieser Zeit geistert es aber am Felsen zu Arnsdorf.


Gew.: Therese Fertl in Laaben. Aufz.: Erich Schöner, Spitz.

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2. Erzählform

DER GEIST DER BÖSEN KAUFMÄNNIN

    Nach dieser kam der Pfarrer ins Haus, um den Geist fortzubringen. Doch der zu bannende Geist weigerte sich mitzugehen. Er wollte nur einem Sündenreinen folgen. Da schickte der Pfarrer den Vikar. Zu diesm sagte aber der Geist: „Auch du hast schon gesündigt, denn du hast einmal deiner Mutter ein Ei gestohlen.“ Da antwortete der Vikar: „Das habe ich nur getan, damit ich eine feine Stimme bekomme und die Messe schön singen kann.“ Daraufhin folgte ihm der Geist und kehrte nie wieder.

Keine Quellenangabe im Sagenheft.

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3. Erzählform

DER GEIST DER BÖSEN KAUFMÄNNIN

    In Gut am Steg lebte einst eine böse Frau. Als sie starb, blieb ihr Gesit im Hause zurück und verfolgte die Bewohner, besonders ihren Sohn, immerwährend. Nie durften die Leute das Licht auslöschen, denn wenn sie es taten, kam der Geist zu den Betten und beunruhigte die Liegenden. Der Sohn der bösen Frau ging zum Pfarrer von Spitz und klagte ihm sein Leid und seinen Kummer. Der junge Vikar Anderle (Pfarrer Innozenz Andre um 1772 in Spitz tätig) verbannte den Geist des bösen Weibes daraufhin in die Arnsdorfer Berge.


Gew. Johann Scharnagel in Laaben, Aufz.: Erich Schöner, Spitz.

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4. Erzählform

DER GEIST DER BÖSEN KAUFMÄNNIN

    Vor mehr denn fünfzig Jahren lebte zu Gut am Steg im Spitzer Graben eine sehr böse, streitsüchtige Ausgedingerin, namens Kaufmann, mit der sich niemand vertrug. Sie drohte ihren Besitznachfolgern immer, nach dem Tode umzugehen, wenn sie ihr Ausgedinge nicht recht gut genießen könne. Eines Tages stritt sie wieder mit Nachbarn auf dem Felde, stürzte dabei zusammen und war tot. Sie wurde sofort ganz schwarz weil der Teufel ihre Seele holte. In ihrem Wolmhause geisterte es nachher sehr arg. Ein schwarzer Hund erschien jede Nacht und jagte Mensen und Vieh Schrecken ein. Allerhand Bosheiten geschahen. Die Rinder wurden durcheinander gejagt und brüllten laut auf. Besonders arg ging es beim Schweinestall zu. Niemand wollte mehr in dem unheimlichen Hause bleiben. Vergebens versuchten die Ortsleute, die geisternde Kaufmannin zu beschwören und zu bannen. Man bat den Pfarrer um Rat und Hilfe. Dieser kam und begann in der Nacht feierliche Beschwörungen. Rasch huschte aber der Geist zur Türe herein und schlug das Kreuz sowie die Kerzen vom Tische weg, sodaß nichts ausgerichtet werden konnte. Nun holte man den neugeweihten Kooperator Anderl von Spitz herbei, welcher abermals das Beschwören wagte. Auch ihm leistete das hartnäckige Wesen argen Widerstand und warf demselben vor, daß er selbst etwas auf dem Gewissen habe, da er seiner Mutter Eier gestohlen habe. Anderl erwiderte: „Das ist doch keine Sünde, was man der Mutter als Kind nimmt. Zudem habe ich es nur getan, weil ich in der Kirche Gloria singen mußte.“ Nachdem alle Beschwörungen vergebens waren, entschloß sich der Kooperator, den Geist nach Arnsdorf zu verbannen, und zwar, wie die einen sagen, in die Felsen der „R o t e n   W a n d“ oder nach der Meinung anderer in den Bildstock im Buchentale.

    Noch in derselben Nacht ging Anderl nach Spitz zur Überfuhr. Er hat entweder einen schwarzen Hund oder eine Frau mit zerzausten Haaren bei sich gehabt. Man stieg in die Zille, welche wie von einer sehr schweren Last gedrückt, sogleich tief einsank, daß der Überfuhrknecht Peter Neuwirth das Untergehen befürchtete. Seine Angst wurde noch größer, als mitten auf der Donau ein heftiger Sturm begann. Mühsam wurde das andere Ufer erreicht. Mit den Worten: „Gott sei Dank, daß wir herüben sind“, sprang der junge Geistliche ans Ufer und sagte zu Neuwirth, er solle ja niemand nach Spitz überführen, bis er selbst zurückkomme, und sei es wer immer. Darauf entfernte er sich gegen das Buchental.

    Kaum war er fort, so kam zum wartenden Schiffmanne ein altes Weiblein und bat, es nach Spitz überzuführen, da man wegen eines Kranken den Pfarrer brauche. Sie bettelte und jammerte, aber Neuwirth ließ sich nicht erweichen. Da wurde die Alte sogar grob, worauf er ihr mit dem Erschlagen drohte. Nun verschwand sie endlich. Statt des Weibleins, heißt es auch, seien mehrere schwarz angezogene Frauen gekommen, welche vergebens um das Überfahren gebeten haben.

    Nach etwa einer Stunde kam Kooperator Anderl ganz erhitzt zurück, sprang ins Schifflein und ließ rasch abstoßen. Da sahen sie, daß das Weib schon wieder herankomme und der Priester meinte: „Gott sei Dank, daß wir vom Ufer weg sind, jetzt muß sie schon drüben bleiben.“ Nach anderem Berichte soll gleich nach dem Abstoßen ein Hund nachgelaufen gekommen sein, der in den Kahn springen wollte. Dieser war aber schon zu weit vom Ufer weg. Nachdem nun die böse Kaufmannin in den Bildstock gebannt war, sah man bei Nacht oft ein Licht durch das Buchental den Berg auf und ab wandeln. Gut am Steg war aber durch den mutigen Kooperator Anderl von seinem Schrecken befreit, was nur deshalb gelungen ist, weil der Geist dem braven Priester keinerlei Sünde nachweisen konnte. Der Schiffmann Peter Neuwirth wagte es sogar später, trotz jener schauerlichen Überfahrt, das Haus zu kaufen, in dem die böse Kaufmannin gegeistert hatte.


Aus Dr. Plöckingers „Wachausagen“ Nr. 45, Seite 55.

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94

DIE WEISSE FRAU VOM LEDERTALE

    Beim Bildstöckel, dem Kreuzstöckel an den „Breitenäckern“ beim Ledertal, ging es nicht mit rechten Dingen zu. So geschah es auch einmal, daß ein zwölfjähriges Mädchen bei diesem Wegkreuz vorbeigehen wollte, um zur Schule zu gelangen. Doch da zeigte sich, beim Kreuzstöckl sitzend, eine weiße Frau, die das Kind nicht vorübergehen ließ. Das Mädchen lief deshalb wieder nach Hause. Am nächsten und am übernächsten Tage saß die weiße Frau ebenfalls dort und hinderte die Schülerin den Schulgang zu machen. Weinend kam das Kind jedesmal heimgelaufen und klagte der Mutter das Leid. Da riet ihm eines Tages die Mutter, es solle doch die weiße Frau fragen, was sie wolle. Das Mädchen tat dies am nächsten Tage, indem es auf die weiße Gestalt zutrat und selbe nach ihrem Begehren fragte. Da erhob sich die weiße Gestalt und schwebte um das Kreuzstöckl. Und eine Stimme ließ sich vernehmen, die im flehentlichen Ton das Mädchen bat, gemeinsam mit der Firmpatin nach Maria-Zell zu wallfahren, denn dann würde ihr Erlösung von aller Pein werden.

    Nach diesen Worten war die weiße Frau verschwunden und das Kind konnte seinen Schulweg fortsetzen. Als es aus der Schule heimkam, erzählte es nun der Mutter, was sich zugetragen hatte. Um dem ruhelosen Geist Erlösung zu verschaffen, wurde bereits am folgenden Tage die Wallfahrt unternommen. Patin und Patenkind pilgerten zur Gnadenkirche Maria-Zell. Doch als sie die Schwelle der Kirche überschreiten wollten, konnten sie diese nicht betreten, denn eine Schlange lag davor. Da war nun guter Rat teuer. Das Mädchen faßte aber einen kühnen Entschluß. Es sprang über die Schwelle. Und als es nach der Schlange zurückblickte, lag an Stelle der Schlange ein weißes Tuch auf der Kirchenschwelle. Heimgekehrt, konnte das Mädchen ohne Behinderung durch die weiße Frau seinen Schulweg machen, denn seit dieser Zeit zeigte sich das Gespenst nie mehr wieder.


Gew. und Aufzeichnet: Hildegard Göls, Elsarn am Jauerling.

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95

DER GEIST AM GEISTERKREUZ

    Einst wurde aus dem Friedhofe zu Sankt Michael in der Wachau ein Kreuz vom Grabe einer alten Frau an die Landstraße versetzt, die von Sankt Michael nach Wösendorf führt. Nach der Übertragung des Kreuzes erschien eines Tages der Geist der in ihrer Ruhe Gestörten bei dem Kreuze einer des Weges kommenden alten Frau, wobei er sagte: „Hättet ihr mich in Ruhe gelassen! Mir ist es schon besser gegangen.“ Auch andere Wanderer bemerkten bei diesem Straßenkreuz eine wimmernde und schluchzende Gestalt herumschweben. Alljährlich am Todestage der Alten erschien seit dieser Zeit ihr Geist beim Wegkreuze zur Mitternachtsstunde und schwebte dort herum, ohne die gestörte Ruhe wieder zu finden.


Gew.: Franz Brunner, St. Michael. Aufzeichnung derselbe. 1925

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Diese Seite wurde am 29. März 2003 erstellt.