Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 5

Krankheit - Krieg
Hungersnot
Heft Nr. 5 (Doppelheft)

Teil 8

von Sage 66 bis Sage 74



66

BINDER - FLEISCHER - SCHMIED

    Ein Bildstock, welcher an der Straße von Grafenworth nach Grafenegg steht, will uns künden, das einst, als im weiten Umkreis die schreckliche Seuche der Pest wütete, nur ein Binder, Fleischer und Schmied am Leben geblieben seien. Aus Dankbarkeit ließen diese die Bildsäule errichten, welche ihre Handwerkszeichen, das Bindermesser, die Fleischbarte und die Zange, eingemeißelt erhielt.

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2. Erzählform:

    An der Stelle, wo heute die Bildsäule steht, gerieten einst ein Binder, Fleischer und Schmied in Streit und erschlugen sich gegenseitig. Man fand ihre Leichen an der Stelle der Wegsäule, die man zum steten Gedenken an der Stelle errichtete.


"Frau Saga", 9. Reihe Seite 33, Nr. 49.

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67

WIE DU MIR, SO ICH DIR

    Als vor langer Zeit zu Langenlois und in den Gemeinden des Kremsfeldes die Pest viele Bewohner der Orte dahinraffte, geschah es, daß noch gesunde Dörfler nach Krems kamen, um hier Arzneien und andere Waren zu erstehen. Aus großer Angst traf der Magistrat der Städte Krems und Stein besondere Vorsichtsmaßnahmen, die aber die Dorfbewohner sehr kränkten. So war es Vorschrift, daß die Käufer bei der Pestsäule in Weinzierl und bei der Pestsäule in Höllenstein für die einzukaufenden Waren das bereitgehaltene Geld auf einem Tisch zu hinterlegen hatten, während sie ihre gewünschten Dinge einem Mann in einer verschlossenen Hütte zuzurufen hatten, der für die Bereitlegung derselben Sorge trug. Das Geld als Krankheitsüberträger wurde einer Waschung und Räucherung unterzogen, um so die Keime der Pest zu töten. So ging es Tag für Tag fort, bis die Krankheit in den Dörfern und zu Langenlois erlosch. Da brach zur Schadenfreude dieser Orte in Krems selbst die Pest aus und man ergriff nun zum Leidwesen der Kremser, die ihre Einkäufe in der Umgebung tätigen mußten, die gleichen Maßregeln. Wie seufzten da die armen gequälten Bürger unter der so überaus großen Furcht der Hauer und Bauern, die alles mit barer Münze zurückbezahlten, was sie einst selbst in ihrer Notzeit in Kauf nehmen mußten. So erfüllte sich die Wahrheit des Spruches: "Wie Du mir, so ich Dir."

    Die Dörfler erlegten ihr Geld in Weinzierl und Hohenstein, die Kremser das aus ihrer Hand beim Wienertore zu Krems.


Aus "Frau Saga", 6. Reihe, Seite 110. Nr. 181.

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68

DIE PEST WÜRGT IN THEISS

    Am Wege von Theiß nach Alt-Weidling steht eine alte Steinsäule, die uns an sehr traurige Zeiten erinnert. Sie hält die Erinnerung an die schreckliche Seuche der Pest wach, die in den Jahren 1712/13 in den beiden Ortschaften wütete. Darüber erzählt die Sage.

    Als der Würgengel Pest in Theiß au die sechzehn Menschenleben dahinraffte, bangten die umliegenden Orte vor der Einschleppung der Seuche in ihre Gemarkungen. Sie berieten untereinander, wie sie am sichersten dieser Not vorbeugen könnten. Zu Theiß selbst hielten sich alle Gesunden ängstlich verborgen, um nicht mit der Seuche angesteckt zu werden. Doch nach Aufzehrung aller Vorräte trieb sie die Not aus den Verstecken. Bei Nacht verließen sie ihre Häuser und holten aus den Nachbarorten Lebensmittel und Pimpernelle, um sich vor der Krankheit zu schützen. Anfangs gaben die Rohrendorfer und Grunddorfer gerne den Furchtsamen. Doch als von Tag zu Tag auch von diesen der eine oder der andere ausblieb, da sie von der Seuche selbst befallen wurden, kehrte auch in diesen Orten die Angst ein und man sann darauf, wie man sich selbst schützen und den Theißern helfen könnte. Man beschloß daher, den Bewohnern von Theiß an der Stelle des jetzt bestehenden Winzerkreuzes Nahrung und Heilmittel zu hinterlegen, für das die Theisser das Geld in einem mit Essig gefüllten Gefäß zu hinterlegen hatten. Der Essig sollte die Ansteckung durch Geldstücke verhindern, da er die Krankheitskeime töten sollte. Weiter als bis zu dieser Stelle ließ man die Theisser nicht mehr kommen. Berittene Wächter der umliegenden Orte verhinderten dies bei Tag und Nacht. Des Nachts zündete man selbst Wachtfeuer an, die die ganze Umgebung erhellten und so das Ausbrechen auch bei Nacht unmöglich machten. Auch der Ferge von Hollenburg wachte ängstlich darüber, daß kein Ungebetener über die Donau setzte. Er verhinderte auch das Anlegen anderer Donauschiffe am Theisser Ufer. So abgeschlossen, blieben die Theisser mit dem Würgeengel allein, bis er eines Tages aus dem Dorfe entfloh.


Gew.: Direktor Hans Heppenheimer, Rohrendorf. Aufz.: 1954.

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69

RETTUNG MAUTERNS VOR DER PEST

    Als im Heimatlande die Pest wütete, trug es sich zu, daß der Fährmann vom Förthof einen Mann über die Donau zu rudern hatte. Beim Einsteigen des Fremden fiel dem Fergen nichts Absonderliches auf, doch als er ein Stück in den Strom hinausgerudert hatte, bemerkte der Schiffer, daß die Zille immer schwerer wurde, tiefer ins Wasser tauchte und schwer zu steuern war. Je länger die Fahrt dauerte, um so mehr steigerten sich diese sonderbaren Begleitumstände der Fahrt. Endlich erreichte das Boot das Förthofer Ufer und der Überführer setzte es an Land. Dem Schiffer war der Gast bereits unheimlich geworden und er war froh, als er ihn nun los wurde. Doch als dieser das Schifflein verließ, sagte er zum Fergen: "Wenn jetzt dann eine alte Frau kommt, so führe sie ja nicht nach Mautern hinüber, denn sie ist die Pest". Wirklich erschien bald ein Weiblein und verlangte dringend über die Donau geführt zu werden, was ihr aber der Überführer verweigerte. Der Fährmann hatte seinen Kahn vom Ufer bereits abgestoßen, sodaß das Pestweib ihn nicht mehr erreichen konnte. So rettete der Schiffer Mautern vor der fürchterlichen Pestseuche und das Volk dankte es dem Förthofer Fergen reichlich.


Nach Dr. H. Plöckngers "Wachausagen" Seite 87 Nr.80. Gew.: Fabrikant Franz Pfannl, Krems (1925).

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Von Krankheit, Krieg und Hungersnot          
Verschone uns, o Herr und Gott.

 

(Ein alter Wallfahrerspruch 1670)

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70

STRUDELACKERL UND HABERPOINT

    Nach dem Dreißigjährigen Krieg herrscht auch in der Wachau große Not. Sie stieg damals oft in solchem Maße, daß die Hungernden für ein kleines Stückchen Brot selbst Äcker als Kaufsumme gaben. So erinnern zu Rührsdorf an diese schrecklichen Zeiten noch die Namen zweier Grundstücke, die davon Zeugnis geben, in welche Not die Heimat durch diesen schrecklichen Krieg gesunken war. Es berichtet die Sage vom "Strudl- oder Hungerackerl", daß eine Frau einst für ein Stück Brot dieses Feldstück geben mußte. Damals handelte auch ein Rührsdorf er für sein "Habernackerl" einen Melzen Hafer ein. Darum heißt auch dieses Grundstück noch heute "Haberpoint". In dieser Zeit schätzte man das Brot so recht als Gabe Gottes.


Gew.: Pater Clemens Muck, Pfarrer in Rossatz. Aufz.: Dr. H. Plöckinger 1926.

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71

DER BILLIGE FRAUENGARTEN

    Auch am jenseitigen Ufer der Donau herrschte zu Weißenkirchen eine große Hungersnot. Diese war daselbst so groß geworden, daß Weißenkirchner Weinbauer ihre Obtsgärten in den Frauengärten nächst Dürnstein viel weniger wertvoll hielten als eine Feuerflecke und ein Ei. So ereignete es sich, daß ein Hauer für eine Feuerflecke einen Frauengarten unterhalb des Marktes an den glücklichen Besitzer einer solchen Brotflade gab. Ein anderer Hauer vertauschte seinen Garten gegen ein Hühnerei. Ja, Not lehrt nicht nur beten, sondern auch das tägliche Brot richtig schätzen.


Gew.: Georg Braun. Weißenkirchen. Aufz.: In seinem "Führer durch Wk."

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72

FEUERSNOT IN DROSS

    Am 25. Mai des Jahres 1671 ereignete sich zu Droß eine Feuerslbrunst, die fast das ganze Dorf einäscherte. Um ein Uhr nachmittags brach unweit des Schlosses in einem Hause ein Feuer aus, welches sehr rasch um sich griff, sodaß bald nahezu das ganze Dorf in Flammen stand und auch das Schloß abzubrennen drohte. Menschliche Hilfe versagte und in dieser Not machten die Bewohner ein Gelübde, flehten zur Mutter Gottes um Hilfe. Wie durch ein Wunder wurde dem Feuer Einhalt geboten. In Dankbarkeit ließ der Besitzer des Schlosses Reichsgraf Ernst v. Abensberg-Traun ein Gedächtnisbild malen, das Droß in Flammen zeigt. Aus dem Flammenmeer ragt das unversehrte Schloß. dos Bild wurde noch um das Jahr 1890 im Forsthause zu Droß aufbewahrt.

Das Bild hatte eine Größe von einem Meter im Geviert und wies eine auf den Brand bezügliche Inschrift auf. Es war der Mutter Gottes geweiht.


Aus "Frau Saga" v. F. Kißling (1926).

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73

DIE KERZENFRESSER DER WACHAU

    Als 1805 die mit Österreich verbündeten Russen bei Landersdorf lagerten, fielen sie der Bevölkerung sehr zur Last, denn man hatte nicht erwartet, daß der Krieg so rasch aus Bayern nach Österreich selbst von Napoleon hereingetragen würde. Es waren daher nur wenig Lebensmittel vorhanden, die man den hungerigen Soldaten geben konnte. Sie nahmen darum alles Eßbare an sich und verzehrten dasselbe. Neben Wein und Schnaps tranken sie selbst aus der Donau und aßen Rüben und Wurzeln. Besonders liebten sie als Speise die in den Hauerkellern verwendeten Talgkerzen, welche sie vom Dochte knabberten, denn Hunger tat weh. So wurden sie etwas satt und zogen dann fort in ihr weites Land. Napoleon folgte ihnen und wurde dort mit seinem großen Heer im Jahre 1812 vernichtend geschlagen.


Aus "Frau Saga" von Franz Kißling (1926).

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74

IM BROTLAIB

    Als der große Franzosenkaiser durch Kriege arge Not über unsere Heimat gebracht hatte, stieg der Mangel an Brot auch im Orte Imbach aufs höchste an. Durch hohe Kriegslasten war das Volk des Dorfes verarmt und konnte sich daher das tägliche Brot nicht kaufen. Die Preise stiegen und die Lebensmittel wurden immer weniger. Da war eines Tages zu Imbach die große Hungersnot eingekehrt. Die Menschen hatten ihre letzten Kreuzer verausgabt. Sie litten nunmehr großen Hunger, da ihnen das Geld mangelte. Zu all dem gesellte sich noch eine Mißernte und so geschah es, daß ein Imbacher eines Tages für seine Familie kein Stückchen Brot mehr im Hause hatte. Da bettelte er, vom Hunger getrieben, um Brot bei seinen Mitmenschen, da er den Hunger seiner Kinder nicht mehr ansehen konnte. Da er aber auch keinen Kreuzer mehr im Sacke hatte, um einen Laib Brot zu erstehen, so gab er für diesen unerläßlichen Brotlaib an einen Gutherzigen, der ihm einen solchen überließ, einen seiner Weingärten hin. Seit dieser Zeit nennt das Volk diesen hingegebenen Weingarten "Im Brotlaib".


Aus: "Frau Saga", 6. Reibe, Nr. 88, Seite 63.

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Diese Seite wurde am 15. Februar 2003 erstellt.