Krankheit - Krieg
Hungersnot
Heft Nr. 5 (Doppelheft)
Teil 1
von Gedicht und
Sage 1 bis Sage 7
K A M P F U N D T O D
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1 DER BAUERNHAUPTMANN ZU KREMS
Als einst die arg bedrückten Bauern ihr Joch abschütteln und ein besseres Leben erringen wollten, war einer ihrer Führer der Schneider Georg Prunner von Emmersdorf. Ihm standen manche Helfer zur Seite, wie der Michl Maurer, welcher aus gleichem Orte stammte. Über beide erzählt man:
Aus einem titellosen Buchfragment entnommen (1946). |
2 SCHLAGST DU MI - HAU I DI In alten Zeiten waren wieder einmal die Steiner und die Kremser in Streit geraten, und ihre bewaffneten Bürger standen auf dem weiten, damals noch ganz freien Felde zwischen den beiden Städten kampfbereit. Der Kampf begann. Da es lange zu keiner Entscheidung kam, wählte jede Stadt einen ihrer Krieger zum Kämpfer für ihre Sache, die beide nun durch den Zweikampf feststellen sollten, welche Partei als Sieger zu erachten sei. Die beiden, nach damaliger Sitte mit Helm, Brustharnisch, Arm- und Beinschienen geschützten Kämpfer traten nun auf einem abseits- liegenden Platze zum Kampfe an, während das übrige Kriegsvolk von weitem zusah. Da die zwei Helden wahrscheinlich befreundet waren, so kamen sie in aller Stille überein, daß sie sich nichts zuleide tun wollten. Denn, sagte der eine: "Haust du mi, so schlag i di" Und der andere entgegnete: "Schlagst du mi, so hau i di". In dieser Kampfesstimmung blickten sie sich nun wohl so wild an, als ob sie sich lebendigen Leibes aufzehren wollten, sprangen auch im Kreise recht ungestüm umeinander, schlugen auf die Schilde los, daß es unheimlich hallte, aber es kam zu keiner Entscheidung. Das Fechten wurde den Zusehern zu langweilig - und die Kremser begannen ihren Kirchtag zu feiern, der eben jetzt in die Zeit fiel. Sie ließen ihre Frauen und Töchter herauskommen, fuhren mit Bier, Wein und Speisen an, die Musik spielte lustig auf, und alles zechte froh in den Tag und die Nacht hinein. Die Steiner taten ein gleiches und der Streit, aber auch die Kämpfer waren vergessen. Als man Nachschau hielt, waren sie zu Stein geworden. Dies gewahrte man aber erst, als man nach frohem Treiben in die beiden Städte heimzog.
Aus "Frau Saga", 6. Reihe; S. 24, Nr. 23: |
3 DIE WEHRHAFTE BÜRGERMEISTERIN
Als der Ungarnkönig Mathias Corvinus im Jahre 1477 Stein belagerte, traten auch die Frauen der Stadt auf die Stadtmauer und verteidigten gemeinsam mit den Männern die Heimat. Vor allem die Gemahlin des Bürgermeisters Wemhard Karlinger, Frau Maria Magdalena Karlinger, eine geborene Frau von Pilgram, tat sich rühmlich hervor. In Helm und Harnisch gekleidet, sah man sie Tag für Tag auf der Stadtmauer an der Seite der Männer kämpfen. Dem einträchtigen Zusammenwirken war ein schöner Erfolg beschieden. Die Stadt Stein konnte nicht eingenommen werden und die Ungarn mußten unverrichteter Dinge abziehen.
Aus Dr. Plöckngers "Sagen der Wachau", S. 91, Nr. 86i ferner enthalten in Kisslings "Frau Saga". 6. Reihe, S. 73, Nr. 112. Beide nach Schmidls, Wiens Umgebung auf 20 Stunden im Umkreis S. 480. |
4 DER FEIGE HAUPTMANN UND DER MUTIGE ABT Als vor vierhundert Jahren, anläßlich der Belagerung Wiens durch die Türken, eine große türkische Streifschar - angeblich dreißigtausend Mann - auch in die Wachau vordrang und das Kloster Göttweig bedrohte, floh der damalige Hauptmann, dem die militärische Verteidigung des befestigten Klosters anvertraut war, mit einer Anzahl seiner Soldaten aus Furcht vor dem übermächtigen Feinde. Da ließ der damalige Abt die Geschütze auffahren, und damit um den Berg herumziehend, jagte er die Türken in die Flucht. Dabei soll der Feind die Schreckensrufe, die wie "Wra! Wra!" klangen, ausgestoßen haben.
Anmerkung: Im Sagenheft ist keine Quellenangabe |
5 DIE GÖTTWEIGER FREUDENFLÖTEN
Als im siebenjährigen Krieg zwischen Preußen und Usterreich die Torgauer Schlacht geschlagen war, die lange unentschieden hin- und hergewogt hatte, da schien es, als würde, der österreichische Feldherr Daun Sieger bleiben. Ein Meldereiter hatte auch vorschnell den Befehl erhalten, nach Wien diese gewiß freudige Nachricht zu überbringen. Auf diese Weise gelangte auch die Siegesnachricht nach Krems und weiter nach Göttweig. Die Schlacht nahm aber in ihrem weiteren Verlaufe eine ungünstige Wendung und Daun wurde der Sieg entrissen. Letzteres hatte man aber in Göttweig noch nicht erfahren und daher ließ der Abt die klostereigenen Kanonen laden. Die Feuerwerker lösten die Schüsse, welche weithin hörbar die freudige Stimmung aus dem Bergkloster im Lande verkündeten. Diese Freudenschüsse vernahmen auch jene preußischen Offiziere, die in
Krems als Gefangene weilten. Da diesen jedoch schon die richtige Kunde zu Ohren gekommen war, lösten die Schüsse Heiterkeit aus. Die Preußen freuten sich ob der ungewollten Ehrung ihres Königs und seines Sieges durch den Feind. Sie dichteten daher nachstehendes Spottgedicht:
Doch der gefoppte Abt blieb des großen Königs Offizieren die Antwort nicht schuldig, denn er antwortete ihnen auch in einem Gedicht, wie folgt:
Fürwahr eine stolze Antwort auf allzugroße Überheblichkeit.
Entnommen dem "AUSTRlA-Katender 1843" von P. J. Kaltenböck |
6 KARL DER GROSSE IN DER WACHAU
Neben der Kirche von Sankt Michael in der Wachau steht eine uralte, kleine Kapelle, der Karner, deren Kellerraum das Beinhaus des Friedhofes ist. Dieses kleine Gotteshaus gilt als die älteste Kirche der Wachau und soll schon von Karl dem Großen erbaut worden sein.
Nach Dr. Plöckingers "Wachausagen" Nr. 73. Seite 82, und "Frau Saga", 6. Reihe, Nr. 108, Seite 71. Schmidl "Wiens Umgebung auf zwanzig Gehstunden", Seite 417. |
7 DER NEUDEGGER HANNS Als vor vielen Jahren der Feind plündernd und mordend durch die Wachau zog, die Städte Krems und Stein belagerte und auch Loiben in schwere Kriegsnot brachte, flüchteten viele Bewohner der Wachau in die Wälder. Auch die Loibner verließen ihre Häuser im Tale und verbargen sich im Neudeggerholz und am Waxnriedl. Besonders die hohen Felswände im Mentalgraben, die Henglwänd, genossen den Ruf einer guten Zufluchtstätte. Und so kam es, daß selbst die im Neudeggerhofe auf dem Loibnerberg lebenden Geschwister, es waren derer ein Bruder und zwei Schwestern, von anderen Flüchtlingen zur Flucht gemahnt wurden. Die zwei Mädeln folgten sofort dem Rat ihrer besorgten Freunde und flohen in die Felshöhlen der Henglwände. Ihr Bruder, der Neudeggerhanns, wollte aber die wenigen Habseligkeiten noch in Sicherheit bringen und blieb daher zurück. Schon hatte er den Großteil derselben in den tiefen ausgetrockneten Brunnschächten des Neudeg-gerhofes am Loibnerberge geborgen, da überraschten ihn die Soldaten einer Streifschar bei seiner Tätigkeit. Als er aus dem Brunnenschachte kroch, sah er sich dem Feinde gegenüber. Die Krieger erschlugen ihn und warfen ihn wieder in den Brunnen hinab. Als die um den Bruder besorgten Schwestern mit anderen Loibner Burschen in den Neudeggerhof kamen und Nachschau hielten, fanden sie den Hofhund winselnd am Brunnenrand liegen. Blutspuren und zersplitterte Bretter ließen sie Böses ahnen. Und als sie in den Brunnen hinabblickten, gewahrten sie die Leiche ihres Bruders am Grunde liegen. Aus Gram über den Tod desselben starben die beiden Schwestern bald hernach und vermählten ihren Hof samt den Feldern ihren Rettern in Feindesnot. Die Seele ihres toten Bruders findet aber keine Ruhe, da sie nicht in geweihter Erde bestattet liegt. Sie erscheint in nächtlicher Stunde verspäteten Wanderern im Neudeggerwalde.
Gew.: Florian Rosenberger, Förthof; Aufz.: F. Wallechner (1953). |