Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 4

MUTTER DES HERRN
Heft Nr. 4 (Doppelheft)

Teil 7

von Sage 197 bis Sage 205


197

NÄCHTLICHER FISCHZUG

    Flocken fielen vom bleigrauen Himmel und vermehrten die dichte Schneedecke, die das winterlich stille Land am Donaustrom bei Arnsdorf einhüllte. Weihnacht 1757 war ins Land gezogen und alles war eifrig am Werke, um das Christfest zu verschönern. Doch einer aus der Bewohnerschaft von Arnsdorf konnte des Festes nicht recht froh werden. Es war dies der Hauerknecht Michl Centner. Aus der trauten, warmen Stube trat er ins Freie, wo der rauhe Wind mit seinem wirren Haarschopf sein Spiel trieb. Er schritt müden Schrittes zur Donau, obwohl es bereits zum ersten Male vom Kirchturme in Hof-Arnsdorf zur Christmette geläutet hatte. Am Ufer bestieg er eine Waidzille und setzte sich auf die Ruderbank. Da, schoß es ihm durch den Kopf: "Könntest dir auch für den Christtag ein Bratl herausfischen aus der Donau!" Und schon setzte er seinen Gedanken in die Tat um, schob die leicht ans Ufer gefrorene Zille in die dunklen Fluten der vorübereilenden Donau. Mit wenigen Ruderschlägen war er im Strome und strebte einer tieferen Bucht zu, deren Fischreichtum er kannte. Doch als er mit seinen Ruderschlägen innehielt, hörte er ein verdächtiges Rauschen und sein Fuß verspürte durch den Stiefel Nässe dringen. Doch die Dunkelheit war zu groß, um recht zu sehen. Seine Zille wurde immer schwerer, sodaß er sie mit dem Ruder nicht mehr lenken konnte. Er wollte nach dem Schiffshaken greifen. Da gewahrte er erst, daß die Zille leck geworden und schon gewaltig vollgelaufen war. Auch hatte ihn die Strömung erfaßt und trieb ihn immer schneller stromabwärts. Vergeblich war sein Bemühen, ans Land zu kommen. Zwei Meilen trieb er so hilflos dahin, und mit Entsetzen gewahrte er, daß er bereits der Steiner Brücke, dem hölzernen Gattern zurann. Da prallte auch schon das Boot gegen ein Joch der Brücke und stieß das Gransel von der Zille. Da ersah er die Lebensgefahr und rief nun ohne Unterlaß Maria Bründl um Hilfe an. Die Gottesmutter erbarmte sich seiner und ein anderes Schifflein rettete ihn um drei Uhr morgens vom sicheren Tod durch Ertrinken. Vergessen war der Festtagsbraten, doch sein Dank galt Maria, der Retterin aus aller Not.


Nach "Mirakelbuch 1775" von Maria Bründl, Seite 94, Nr. 9.

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198

DER MÖNCH UND DAS PFERD

    Vor fast dreihundert Jahren reiste ein Mönch aus dem Kloster Tegernsee in Bayern, der ehrwürdige Pater Wolfgang, Profeß dieses Klosters, zu Pferde ins Donauland, in die Wachau. Um die Reise nur ja recht gut gelingen zu lassen, entlieh er sich von einem guten Freund das beste Pferd, das dieser im Stalle hatte. Doch der Weg vom heimatlichen Kloster bis zum Wachauer Lesehof war weit. Und so waren bald Reiter und Pferd sehr müde. Der Mönch hatte sich wundgeritten, und das Pferd war auf allen vier Beinen krumm geworden. Es konnte nicht mehr weiter und der gute Pater wußte nicht, wie er es wieder hochbringen könnte. Kein Mittel hatte er unversucht gelassen, keine Geldauslage hatte er gescheut, um das Pferd wieder zu heilen. Da fiel ihm plötzlich der kleine Gnadenort zu Sankt Lorenzi in der Pfarre Rossatz ein und er gelobte, ein Opfer dorthin zu senden. Kaum hatte er das Versprechen gemacht, erhob sich das Pferd wieder frisch und gesund und trug ohne jedweden Mangel den Reiter dem Ziele entgegen. Gott hatte die Bitte erhört und wunderbar geholfen. (1695).


Alts N. M. C. 1693, Seite 55, Mir. 103.

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199

DEM LEBEN WIEDERGEGEBEN

    Beim Wagnermeister Christoph Ull zu Krems arbeiteten muntere Gesellen und schufen in emsiger Arbeit Wagen und Karren. Vor der Werkstätte trieben viele Kinder ein fröhliches Spiel. Darunter hatte sich auch die dreijährige Klara, des Wagnermeisters Töchterlein, gesellt, das der Mutter enteilt war. Lustig tollten Buben und Mädel über Stock und Stein, sahen aber auch den Handwerkern bei der Arbeit zu. Da hoben die Gesellen soeben einen mächtigen Baumstamm auf die Schragen, um ihn zu bearbeiten. Er entglitt aber ihren starken Armen und warf des Meisters Kind zu Boden. Er kollerte auf den zarten Körper des Mädchens und blieb über dem jammernden Kind liegen, dessen Wehklagen plötzlich verstummte. Fast ohne ein Zeichen des Lebens hob der Druckermeister Christian Walter das Mädchen vom Boden auf, als die Gesellen den mächtigen Baumstamm hinweghoben. Er trug es zu seiner Mutter Elisabeth, die laut wehklagend den Meister herbeirief. Vater und Mutter des Kindes waren über das Unglück, das sie getroffen hatte, verzweifelt. In ihrem Schmerz gelobten sie Gott, wenn er dem Töchterlein das Leben schenken würde, gute Werke zu vollbringen. Sie baten um eine wunderbare Heilung, die dem Kinde auch zuteil wurde. Denn kaum hatten sie ihr Gelöbnis vollbracht, als auch schon das Kind die Augen aufschlug und frisch, ohne einen Schaden genommen zu haben, sein Spiel wieder begann. Die Eltern waren über die wunderbare Rettung ihres Kindes hoch erfreut und dankten Gott für die erwiesene Gnade. Sie stifteten zum Kalvarienberge in Sankt Lorenzen eine Gedenktafel. (1692).


Aus N. M. C. 1693. Seite 8, Mir. 12.

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200

REGENWUNDER

    Weithin war der Ruf des Gnadenberges von St. Lorenzi gedrungen. Auch die Frau des Ortsrichters von Langmannersdorf, Rosina Lager, pilgerte am Christi Himmelfahrtstage des Jahres 1697 zur Gnadenstätte. In frommer Andacht verrichtete sie daselbst ihr Gebet und machte sich sodann auf den Heimweg. Doch regendrohende Wolken hatten sich nunmehr am Himmel zusammengeballt und drohten nun die Wallfahrerin zu durchnässen. Diese eilte, doch war es vergeblich, denn der Weg war zu weit. Da setzte auch schon der Regen ein. Eine wunderbare Fügung ließ aber die im strömenden Regen dahinschreitende Richterin trockenen Körpers ein schützendes Dach erreichen. Aus Dankbarkeit für das geschehene Wunder stiftete sie zur Gnadenstätte ein Bild.


Aus N. M. C. 1693, Seite 57, Mir. 110.

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201

VON KRUMMHEIT GESCHLAGEN

    Durch böse Zauberei war Susanne Gassner, die an die fünfundzwanzig Jahre zählte und ledigen Standes war, krumm geworden. Sie war aus dem Bayerland mit einem Schiffe nach Ybbs und dann nach Wieselburg gekommen, während ihre Eltern, der Jakob Gassner und sein Weib Martha, in der Heimat blieben. Zu Wieselburg geschah es, daß sie über einen Metallausguß hinwegschritt, worauf ihr durch die gewaltige Hitze, welche dieser ausströmte, die Füße so einschrumpften, daß sie wie zusammengewachsen sich ansahen. Dies machte sie krank und arbeitsunfähig. Nachdem sie über ein Jahr lang elend auf einer Tragbahre von einem Ort zum andern um der Almosen willen gebracht worden war, geriet sie oft dabei in große Ungewitter, mußte Hitze und Kälte ertragen und fand sogar oft keine Unterkunft, sodaß sie unter freiem Himmel die Nacht verbringen mußte. Und als man sie dann einmal vier Wochen im Spitale zu Tiernstein behielt, hörte sie der Wunder vom Kalvarienberge zu Rossatz gar viele erzählen. Sie hatte nun großes Verlangen, dahin gebracht zu werden und bat um diese Liebestat. Als nun eines Tages diese geschehen war, fühlte sie sich glücklich. Durch ihr andächtiges Gebet zu Gott erlangte sie alsbald eine Milderung ihres Leidens. Während der Messe verspürte sie Besserung und nach der heiligen Wandlung konnte sie beide Füße strecken, von der Tragbabre aufstehen und gehen. Sie dankte nun Gott für die wunderbare Heilung. (20. 4. 1695).


Aus N. M. C. 1693, Mir. 80.

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202

DAS VERSCHLUCKTE GELD

    Im Forstdorferischen Hause zu Krems spielte im trauten Stübchen das eineinhalbjährige Söhnlein Hans Jakob des Martin Forstdorfer und seiner Gemahlin Katharina. Des Buben Schwesterlein hatte ein Geldstück aufgelesen, das Mütterlein verloren hatte. Da der Bub die Händchen darnach ausstreckte, schob ihm das fünfjährige Mädelchen das Geldstück in den Mund. Doch wie erschrak und jammerte das Schwesterlein, als das Brüderlein die Münze verschluckte und diese ihm im Halse stecken blieb. Die liebe Mutter hatte ihre Not und großen Jammer, denn sie vermochte nicht das Geld aus dem Halse des Kindes zu entfernen. Eilig holte sie den Stadtbader von Krems Michl Höllrigl heran, doch auch dieser vermochte es trotz Anwendung seiner Instrumente nicht, die Münze herauszuholen. Elf Stunden litt das Bübchen arge Schmerzen. Der Bader gestand, daß es nur zwei Wege gebe, das Geld zu entfernen, und zwar das Herausreißen der Münze durch den Mund oder das Hinabstoßen in den Leib. Beides sei aber gefährlich und koste dem Kinde das Leben. Er möchte aber nicht der Urheber des größten Leides durch den Tod des Kindes sein, sondern empfehle Gott als Mittler in dieser schweren Not, weil kein anderes Mittel vorhanden sei, das Kind zu retten. Als die Eltern des Buben solches hörten, fielen sie vor dem Kreuze nieder und gelobten Gott, am Kalvarienberge zu Sankt Lorenzi in der Pfarre Rossatz ein Dankopfer darzubringen, wenn er das Kind vor dem Tode bewahre. Kaum hatten sie ihr Gelübde gemacht, als auf wunderbare Weise das Geld aus dem Halse sprang, obwohl das Hälschen bereits arg verschwollen war. Als durch einen innerlichen Hustenstoß die Münze aus dem Halse gestoßen wurde, war auch der Gevatter des Bübchens, Michl Welzer, Oberkanzlist der Stadt, anwesend. Durch diese wunderbare Heilung waren die Eltern tief ergriffen und dankten am Gnadenberg dem gütigsten Heiland für seine Gnade. (11. 4. 1695).


Aus N. M. C. 1693, Mir. 81.

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203

VON WUNDEN GENESEN

    Weit im fremden Land, am Rhein zu Speyer, erlitt 1692 in Kriegsnot Frau Maria von Reichenstein durch französische Soldaten eine schwere Verletzung am Ellbogen. Man schlug mit zwei Säbelhieben ihren Arm lahm. Als sie nun in unser Land kam, hörte sie von den wunderbaren Heilungen am Kalvarienberge zu Sankt Lorenzi. Sie pilgerte dahin und bat inständig Gott um Hilfe. Ihr Gebet wurde erhört und als sie die Gnadenstätte verließ, hatte sie wunderbare Heilung gefunden. Sie konnte wieder den Arm bewegen. Sie dankte Gott aus freudevollem Herzen für die erwiesene Gnade.


Aus N. M. C. 1693, Seite 9, Mir. 14.

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204

DIE WUNDERBAR GEHEILTE MAGD

    Die saftigen Wiesen hatte der Hauch des Frühlings mit vielen bunten Blümlein übersät, die zwischen den Gräsern aus dem Boden sprossen. Da schritt eines Tages die Dienstmagd Maria Gerhartinger, die aus Vilshofen in Bayern stammte und kaum zweiundzwanzig Jahre zählte, rüstigen Schrittes auf die Wiese ihres Herren zu, um dortselbst für das Vieh Futter zu schneiden. Sie trug die scharf gedengelte Sichel im Grastuch auf dem Rücken und warf sie, auf der Wiese angekommen, auf den Boden, um, bevor sie den vielen schönen und bunten Blumenkindern den frühen Tod gab, ein Sträußchen zu pflücken. Als sie einen duftenden Strauß gesammelt hatte, eilte sie zu ihrem Werkzeug, um die Arbeit zu beginnen. Angsterfüllt schrie sie plötzlich auf, als sie an der Stelle angekommen war, wo ihre Sichel im Grase lag. Sie sank zu Boden und aus einer tiefen Wunde am Fuße floß das Blut in mächtigem Strahle. Sie wand ihr Kopftuch um das verwundete Bein und wollte heimwärts eilen. Doch als sie sich erhob, sank sie mit einem Schmerzensruf in sich zusammen. Da gewahrte sie erst, daß die Sichel ihr die Sehne des Fußes durchschnitten hatte. Verzweifelt gellten ihre Rufe über Wiese und Feld. Sie rief Menschen herbei, die sie in das Haus ihres Herren schaffen sollten. Dort bettete man sie auf das Krankenlager, das sie lange Zeit nicht mehr verlassen sollte. Zwölf Wochen bangte man um ihr Leben, denn auch der berühmte Kremser Arzt Franziskus Radokta und der Wundarzt Johann Jakob aus Krems konnten ihr keine Heilung bringen. Da riet ihr der Badermeister Jakob die Anrufung des göttlichen Beistandes an, da Menschen ihr nicht helfen könnten. Die Totwunde tat dies und gelobte eine Wallfahrt zum Kalvarienberge, wenn ihr Gott völlige Genesung gebe. Kaum hatte sie ihr Gelöbnis gemacht, besserte sich ihre Wunde und sie gesundete. Als sie wieder gehen konnte, wallfahrte sie zum Gnadenberg und opferte dort ihre Krücken.


Aus N. M. C. 1693, Seite 24, Mir. 44. (1. 5. 1694).

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205

VOM BLITZ GETROFFEN

    Ein schweres Unwetter zog über das Land um Herzogenburg am Himmel herauf. Alles eilte, um das schützende Dach des Heimes zu erreichen. Grell zuckten bereits die Blitze am Firmament und verbreiteten ein fahles Licht. Eilends wollten auf der Straße eine Anzahl Menschen noch vor dem Ausbruch des Gewitters den Markt erreichen. Da erschütterte ein gewaltiger Donnerschlag, der einem grellen Blitze gefolgt war, die Luft und von Schreck gelähmt standen die ratlosen Menschen um mehrere am Boden liegende Personen, die sieh nicht rührten. Der Blitz hatte sie zur Erde geschleudert. Und nun lagen der Wagnermeister Lukas Romb und seine Frau Anna Gertraud, deren Muhme Anna Maria Lypold, der Göd Michl Nußhaumer, sowie das neunjährige Töchterlein und der fünfzehnjährige Knabe am Boden hingestreckt. Der Wagnermeisterin Füße und Hände waren gelähmt, während der Bub und das Mädel fast kein Leben mehr zeigten. Der Knabe hatte durch den Blitzschlag am Kopfe eine große Beule abbekommen und auch das Mädchen zeigte an seinem Leibe viele Körperschäden. Der Wagnermeister, der wohl bei Sinnen war, rief in dieser Not, um das Heil seines Weibes und das Leben seiner Kinder besorgt, die Hilfe Gottes an und gelobte, eine Wallfahrt nach dem Kalvarienberge zu Sankt Lorenzen zu unternehmen, wenn seinen Lieben das Leben und die Gesundheit erhalten bliebe. Seine Bitte wurde erhört und des andern Tages waren seine Angehörigen wieder wohlauf, obwohl man dem Knaben das Leben bereits abgesprochen hatte. Der Mann mitsamt seiner Familie stattete seinen Dank am Kalvarienberge zu Lorenzi ab.


Aus N. M. C. 1693, Seite 32, Mir, 61.

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Diese Seite wurde am 29. Dezember 2002 erstellt.