Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 4

MUTTER DES HERRN
Heft Nr. 4 (Doppelheft)

Teil 4

von Lied und
Sage 174 bis Sage 180


Mit recht kindlichem Vertrauen,
Wollen wir stets auf dich bauen,
Öffne deine Gnadenhand,
Segne unser Vaterland.

            

(Kirchenlied des 17. Jahrhunderts)

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174

DIE GERETTETEN PFERDE

    Der Frost hatte die Donau zum Zufrieren gebracht und eine starke Eisdecke spannte sich gleich einer Brücke über den Strom. Da setzte eines Nachts ein starker, warmer Wind ein, sodaß der Schnee auf der Eisdecke schmolz und diese grün und glasig schimmerte. Oft hörte man dumpfes Krachen, als wenn Böller losgebrannt würden. Hie und da entstand auch bereits in der dicken Eiskruste ein klaffender Spalt. Aber dennoch gingen die Menschen den kürzesten Weg von Mautern über das Eis nach dem andern Ufer. Auch der Faßziehermeister Anton Neumayer aus Stein kehrte von Mautern auf der Eisbrücke heim. Die zwei Zugpferde vor sich hertreibend, betrat er mit den Tieren den Eisstoß. Die Rösser trabten lustig über das Eis und hatten bereits die Mitte des Stromes erreicht, als plötzlich das Eis unter den Hufen des einen Tieres einbrach und dasselbe bis an den Hals einsank. Es bemühte sich, wieder auf die Eisschollen zu springen, doch mißlang es. Jedermann erschien es unmöglich, das Tier zu retten. Während man sich um das eine Pferd bemühte, versank auch das zweite durch das einbrechende Eis im Strome. In dieser Not rief der Meister die Gottesmutter von Maria-Bründl um Hilfe an. Seine Frau hatte vom Ufer aus das Unglück mitangesehen und tat ein gleiches wie ihr Mann. Kaum hatten sie in Gottvertrauen dies gelobt, als auf wunderbare Weise die Rettung belang, um die man sich kurz zuvor noch vergeblich bemüht hatte. Obwohl das Eis unter den Füßen der Mensehen bereits schwankte, zog man beide Pferde aus dem Wasser und trieb sie dem sicheren Ufer entgegen. Aus der Not gerettet, dankte der Faßziehermeister der gnadenvollen Mutter am 1. Feber 1740 für die wunderbare Rettung am vorhergehenden Tage.


Aus dem Mirakelbuch 1775 von Maria Bründl. Seite 161, Nr. 2.

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175

EIN LAHMER KANN GEHEN

    Wunder auf Wunder geschah. Am 24. Oktober 1643 wurde der vierunddreißig Jahre alte Jakob Doppler, Bürger und "Brodsitzer", d. i. Brotverkäufer, im Markte Sitzendorf gebürtig, auf wunderbare Weise durch Fürbitte Mariens beim
L i e b f r a u e n b r ü n d e l   zu Und geheilt. Zweiundzwanzig Jahre war er lahm gewesen und ebensolange hatte er sich um die Heilung bemüht. Da überbrachten ihm einige Frauen, die nach Und wallfahrten, die Kunde von der wunderbaren Heilung des Turmwächters zu Krems. Kurze Zeit darauf besuchte ihn der Sitzendorfer Jude Mändl und riet ihm, er solle sich nach Krems bringen lassen, denn dortselbst sei der krumme Veit gesundet. Doppler hatte nun ein großes Verlangen nach diesem Gnadenort, und ließ sich durch Simon Reiter, Ratsbürger zu Sitzendorf, auf einem Getreidewagen nach Krems bringen. In der Bründlkapelle zu Und betete er eine Stunde innig und flehentlich. Vor dem Verlassen der Kapelle bat er einen Mann, ihm aufzuhelfen. Er willfahrte seiner Bitte, doch sank Doppler in sich zusammen. Da war ihm, als hätte die Mutter Gottes ihn aufgefordert, sich wieder zu erheben. Er bat nun die Herren Melchior und Johann Kaspar von Lindegg, die in der Kapelle anwesend waren, ihm auf die Füße zu helferc. Und siehe, da, er konnte nun stehen und gehen. Er nahm allmählich so an Kräften zu, daß er forthin seinen Weg allein ohne fremde Hilfe gehen konnte.


Mirakel 1684, S. 20, Mir. 2.

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176

EIN INVALIDE GESUNDET

    Die Wunder wollten nicht zu Ende gehen. Am 20. Jänner 1644 wurde durch die Fürbitte Mariens am Bründel zu Und der englische Invalide Johann Hammel aus London, der einundvierzig Jahre alt war, und achtzehn Jahre als Soldat gedient hatte, von seiner Verletzung wunderbarerweise geheilt. Er hatte für Österreich in Spanien unter dem Obristen Ramberger als Fähnrich, besonders aber in der Nördlinger Schlacht, darnach auf dem Meere unter dem Obristen Gritsch gedient. Es ist ihm aber ein großes Unglück zugestoßen, indem er von einem brasilianischen Soldaten mit einem Säbel durch beide Knie gehauen worden ist, sodaß er krumm und lahm bei dem Brünnlein erscheinen muhte. Acht lange Jahre konnte er nicht aufrecht gehen, sondern mußte Krücken benützen. In diesem Elend kam er nach Wien, vollkommen mit dem göttlichen Willen zufrieden. Einstmals begab er sich zur Ruhe und schlief ganz gut. Gegen den Tag zu aber, und um die Zeit, da die Morgenröte anbrach, träumte ihm, als sehe er Christus den Herrn und dessen heilige Mutter vor sich stehen, die ihm zusprachen, sich ohne Zögern nach Krems zu dem marianischen Bründel zu verfügen, denn da werde er Barmherzigkeit erlangen. Als er aus diesem trostvollen Traum erwachte, warf er sich sogleich auf die Erde, betete zu Gott und machte ein Gelübde, welches er auch hielt, indem er nach fünf Tagen, bei großer Kälte, auf einem Ruderschiff nach Stein fuhr. Am 19. Jänner, kam er dahin, wo er bei Herrn Georg Pfisterer, bürgerlicher Schiffmeister, einkehrte. Den folgenden Tag begab er sich zum   L i e b f r a u e n b r u n n e n   in Und. Er fand in der BründelkapeIle acht Personen in innigem Gebet. Diese machten dem krummen und lahmen Johannes sogleich Platz, damit er sein Gebet verrichten könne. Er betete aber kaum eine Viertelstunde, da dünkte es ihm, als könnte er schon gerade stehen. Er ergriff mit beiden Händen das eiserne Gitter und richtete sich auf. Er rief einen Kapuziner herbei. Dieser fand aber den guten Johannes im Gesichte erbleicht, voll Schweiß, sowie ohnmächtig vor. Da hoben ihn zwei Männer auf und trugen ihn in das Kloster. Als er zu sich gekommen war, berichtete er sein Erlebnis, beichtete und empfing voll Reue den Leib des Herrn. Er trank aus der Quelle, die das Brünnlein speiste und genas von allem Übel und Leid.


Mirakel 1684, S. 25, Mir. 3.

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177

VOM FALSCHEN VERDACHT BEFREIT

    Lustiges Treiben hatte zu Stratzing den Tag über geherrscht und bis spät saßen Männer und Burschen des Ortes im Gasthause bei Spiel und Trunk beisammen. Hie und gerieten einige Hitzköpfe hart aufeinander, doch legte sich bald wieder der Streit. Viele hatten bereits ihr Heim aufgesucht, um des anderen Tages mit frischen Kräften an die schwere Frühjahrsarbeit zu gehen, als um die zehnte Abendstunde zwei Raufbolde hart aneinander gerieten. Im hitzigen Raufhandel schlug ein Bursche den andern. Da brach plötzlich einer derselben, von einem Streich getroffen tot zusammen. Auf einen Hauerburschen fiel der Verdacht, die Tat begangen zu haben. Obwohl er unschuldig an dem Vorfall war, wurde er frühmorgens vor das Gericht gefordert. Da Zeugen mangelten, wurde er in strenge Haft genommen. Von allen beargwöhnt und verlassen, wandte er sich in seiner Betrübnis mit seinem ganzen Vertrauen an die „Liebe Frau von Maria-Bründl" und gelobte, wenn sich seine Unschuld beweisen würde, nach dem Gnadenort zu pilgern. Kaum hatte er das Gelöbnis getan, erwies sich seine Schuldlosigkeit, indem sich der Bursche beim Gerichte meldete, welcher den Todesstreich getan hatte. Von Angst und Strafe befreit, eilte der Unschuldige zur Gottesmutter und dankte ihr aus vollem Herzen für ihre wunderbare Hilfe. (25. April 1747).


Aus dem Mirakelbuche 1775 von Maria Bründl. Seite 162, Mir. 4.

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178

DAS BRÜNDLWASSER HEILT BLINDE

    Als man im Jahre 1657 Kaiser Ferdinand III. zu Schiltern in feierlicher Weise durch Gebet und Gesang gedachte, wurde des Bäckers Hannsen Blasius Mädl Kind an beiden Augen plötzlich blind. Die verzweifelten Eltern waren ratlos über das Unglück, das ihre Tochter betroffen hatte. In dieser Not gelobte der Vater des Mädchens eine Kirchfahrt nach dem "Lieb-Frauen-Bründl" in Und zu machen. Er wallfahrte dahin und erflehte die Fürbitte der Gnadenmutter. Auf seiner Heimreise nahm er einen Krug Quellwasser mit, das bei den Kapuzinern aus dem Bründl floß. Bei seiner Heimkunft hieß er das Mädchen mit diesem Wasser die Augen waschen. Des andern Tages erwachte das Kind und jauchzte voll Freude, als es beim Öffnen der Augen mit einem Male die Dinge um sich wieder wahrnahm. Es lief freudestrahlend zu den Eltern und berichtete das große Glück. Diese waren darüber hoch erfreut und priesen Gott und die seligste Jungfrau Maria.


Mirakel, 1684, Seite 64, Nr. 61.

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179

WUNDERBARE HEILUNG EINES
REITERS

    Im Februar des Jahres 1648 ritt der Pfleger von Grafenegg, Herr Mathäus Fino vom freien Rädehof, der in Diensten des Grafen von Wertenberg stand, von Krems nach Grafenegg heimwärts. Er zog gemeinsam mit David Gunsten, Ratsbürger und Senior von Langenlois, auf der vereisten Straße zum Eselstein. Sie trieben ihre Pferde zur Eile an. Da stürzte das Roß des Pflegers kopfüber zu Boden und riß den Reiter mit sich. Der Sturz war so schwer, daß man den Reiter auf den Eselstein tragen muhte, denn er konnte weder stehen noch gehen. Sein Zwiesel (Becken) war zerschmettert. Inder Nacht mußte man noch den Balbierer rufen, der dem Schwerverletzten ein Torband (= fester Verband) auflegte. In seiner Hilflosigkeit ließ der Reiter den Richter von Eselstein herbeirufen, und bat diesen, er solle, da es Samstag sei, ein Pfund weiße Kerzen kaufen, um sie am Altare der Kapelle "Unserer Lieben Frau beim Bründel" in Und während einer Messe, die er dortselbst am Sonntag für seine Gesundung lesen lassen wollte, brennen zu lassen. Während der Richter alles besorgte und bei der Messe weilte, glaubte der Pfleger, eine Stimme zu vernehmen, die ihn aufforderte, sich vom Lager zu erheben. Er tat dies. Und siehe da, er konnte sich wieder frei und ohne Hilfe bewegen. Als der Richter das Haus betrat, wurde er der wunderbaren Heilung gewahr. Der Pfleger konnte ohne Beistand selbst sein Heim zu Grafenegg erreichen. Der Gottes Mutter zu Ehren stiftete er am Gnadenort ein Gedenkbild.


Mirakel; 1684, Seite 43, Nr. 28.

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180

MARIA RETTET VOR FRAIS UND TOD

    Eine Geisel früherer Jahrhunderte war für die Kinder dieser Zeit die "F r a i s". So berichtet uns ein Mirakel aus dem Jahre 1658. Des Tobias und der Anna Königsperger Söhnchen war der Stolz des Marktschreibers von Grafenwörth. Da befiel es eines Tages die Frais, sodaß der fünfjährige Knabe Phillipp August dem Tode nahe war. Seine Augen waren bereits erglast, seine Körperfarbe der eines Toten ähnlich. Die ratlosen Eltern riefen in ihrer Not die Gnadenmutter von "Maria Bründl" zu Und an und gelobten, der guten Werke zur Ehre Gottes viele zu verrichten, wenn ihr Kind gesunde. So machte der Vater des Knaben das Versprechen, daß er an Samstagabenden niemals mehr warmes Essen zu sich nehmen werde, seinen Sohn bis zu seinem siebenten Geburtstag in den Habit der Kapuziner zu kleiden, zum „Lieb Frauen-Bründl" in Krems eine heilige Messe samt einem Pfund Wachs und einem Wachsbild zu stiften, zum heiligen Veit in Krems zu wallfahren und ebensolches zu Podensee zu verrichten. Am letztgenannten Ort wollte er noch ein Lebendopfer bringen. Die Mutter versprach eine Wallfahrt nach "Maria Zell" zu unternehinen, dahin ein Wachsbild zu geben und eine Messe zur Ehre der Gnadenmutter lesen zu lassen. Auf wunderbare Weise genas der Knabe. Die Eltern hielten ihr Gelübde und verrichteten gute Werke.


Mirakel, 1684, Seite 68, Nr. 65.

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Diese Seite wurde am 28. Dezember 2002 erstellt.