Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 4

MUTTER DES HERRN
Heft Nr. 4 (Doppelheft)

Teil 2

von Sage 155 bis Sage 164


155

EINER KEHRT WIEDER

    Hoch oben über dem Donautal thront die alte Burg Aggstein und an den Fuß des Berges schmiegt sich das kleine Wachauer Dörfchen gleichen Namens. Hier lebte vor Zeiten der Streinberger Hansl bei seiner Muhme, der Auer Kathl. Diese umsorgte den dreizehnjährigen Hansl mit großer Liebe. Da geschah es eines Tages, daß der Bub am Nachmittage aus dem Hause der Muhme wegging, aber abends nicht zurückkehrte. Seine Angehörigen und Freunde suchten ihn an den verschiedensten Orten. Trotz genauer Nachsuche fand man nicht die geringste Spur seines Verbleibens. Man befürchtete vor allem, daß ihm ein Unglück zugestoßen sein könnte. In dieser mit Bangigkeit erfüllten Ungewißheit gelobte die untröstliche Muhme eine Wallfahrt nach dem Gnadenberge, wenn der Bub gesund heimkehren würde. Gerne hätte sie ihren Liebling selbst mit nach dem Berge genommen, um ihn dortselbst in die "Schmerzhafte Bruderschaft" aufnehmen zu lassen. Sie wollte ihm auch das "Schwarze Skapulier" als Talisman umlegen, damit er wohlbehalten und stets vor Sehaden bewahrt durchs Leben wandle. Eine bange Nacht ging vorüber. Doch als es die dritte Morgenstunde schlug, führte ein Weib den Knaben nach Hause. Er troff vor Nässe, hatte aber weder Verletzungen noch sonstige Schäden erlitten. Und als man ihn nach seinem Verbleib befragte, sagte er, daß er in der Donau am Nachmittage etwas ausgewaschen habe und er dabei in den Strom gefallen wäre. Dieser hätte ihn aber nicht hinweggerissen, sondern er sei nach elf Stunden, auf welche Weise wisse er nicht, aus der Donau gerettet worden. Er war den Suchenden entgangen, da er unter Wasser gelegen haben mußte. Wer ihn gerettet, hatte niemand gesehen. Da aus seinem Munde nach seiner Heimkehr viel Wasser geflossen war, muhte er auf wunderbare Weise am Leben geblieben und erhalten worden sein. Dieser Gnade konnte er nur durch die Gottesmutter teilhaftig geworden sein.


Aus "Heilsberg Langegg, 1741", Mir. 370.

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156

VON KLAGFEUERWUNDEN GENESET

    Einer, der einst in großer Leibesnot, mit schweren Klagfeuerwunden behaftet, von der Gottesmutter zu Maria Langegg voll Vertrauen Hilfe erflehte, war Paul Georg Felchenhauer aus Zöbing. Er war dort Feldbarbier und wurde einst durch das Klagfeuer arg verletzt, sodaß er eine handtellergroße Wunde am rechten Fuße davontrug. Diese schmerzte den Mann außerordentlich durch vierzehn Tage und Nächte, sodaß er vor Schmerz zu verderben glaubte. Er wollte sein Leben beschließen, weil alle angewandten Arzneien nichts nützen wollten. Viele Freunde kamen ins Haus und trösteten den Mann, der ihnen so oft bei schweren Verletzungen selbst beigestanden hatte. Von diesen Besuchern erfuhr er auch so manchen Trost, den er beherzigen wollte. Die Gottesmutter sollte er nun in seiner Not anrufen und sie um Heilung bitten. Hatte sie doch schon so vielen kranken Menschen ihre Hilfe angedeihen lassen. Er gelobte zum Gnadenberge zu wallfahren, wenn er gesunden würde. Kaum hatte er das Versprechen gemacht, als auf wunderbare Weise der große Schmerz nachließ und die Wunde zu heilen begann. (1673).


Aus "Heilsberg Langegg, 1741", Mir. 137.

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157

DIE FLIEHENDEN RÄUBER

    Auf einsamer Straße schritten Michl Weinhauser von Goldegg, sein Weib und sein Sohn. Weit waren sie bereits gewandert und sehnten sich nach einer erquickenden Rast an einer frischen Waldesquelle. Schon erreichten sie den in der Dämmerung düsteren Waldesschatten, der sie umfing und sie ihre Müdigkeit vergessen ließ. Noch ein kurzes Stück Weg wollten sie zurücklegen. Da knackten plötzlich im Dickicht am Waldwege Zweige. War es ein aufgescheuchtes Wild, das enteilte, da es die Nähe des Menschen fürchtete? Doch nein! Im Düster des Waldes sahen nun mit einem Male die müden Wanderer unheimliche Gesellen auftauchen, die drohende Gebärden machten und schwere Stöcke über ihren Köpfen schwangen. Vor Schreck gelähmt, standen Mann, Weib und Kind den bösen Wegelagerern gegenüber. Der Mann flehte sie um Gnade für seine Lieben an, doch die vier Straßenräuber waren hartherzige Gesellen, die unbarmherzig ihre Hiebe auf die Wanderer niedersausen ließen und auch die Schwachen nicht schonten. In dieser Not, wo menschliche Hilfe nur allzuferne war, eilten die Gedanken der Überfallenen zur Gottesmutter von Langegg und sie empfahlen sich mit einem Stoßgebete ihrem Schutze. Die Räuber entrissen den Müden ihre Habe, während die Mißhandelten wimmernd auf dein Wege lagen. Doch was war das? Die Gewalttäter ließen plötzlich ihre Beute fahren und stürmten in wilder Hast in den Wald, wo sie verschwanden. Maria, die Mutter aller Bedrängten, hatte das Bitten der überfallenen erhört und weitere Not abgewendet. Mutlos waren die Räuber ohne Mitnahme der Beute entwichen. Der Mann mit seinen Lieben hatte wohl manchen Streich empfangen und manche Wunde zugefügt bekommen, doch konnte er und die Seinen den Weg fortsetzen. Bald waren auch die Schäden des Körpers geheilt. Die mütterliche Hilfe der Gottesmutter hatte weiteres Unheil verhütet. Mann, Weib und Kind dankten ihr aus tiefstem Herzen dafür. (1659).


Aus "Heilsberg Langegg 1741", Mir. 184 und 190.

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158

DAS SCHWARZE SKAPULIER

    Als einst am Osterfest des Jahres 1680 eine schreckliche Feuersbrunst den zum Stifte Dürnstein gehörigen Ort Meiselberg heimsuchte, fielen dem rasenden Element dreißig Häuser zum Opfer. Unaufhaltsam drang das Feuer im Orte von Haus zu Haus vor, denn niemand vermochte Einhalt zu gebieten. Schon erreichte, durch einen heftigen Sturm angefacht, das Flammenmeer das Haus eines Mannes, der ein großer Verehrer der Gottesmutter vom Heilsberge zu Langegg war, und auch durch das „Schwarze Skapulier" der schmerzhaften Bruderschaft von Langegg geschützt war. Als alle Hilfe vergebens schien, nahm der bedrängte Mann seinen Talisman vom Halse und warf ihn in das lodernde Feuer des nächstliegenden brennenden Hauses. Kaum hatte er es getan, als der Sturm aufhörte, das Feuer nicht mehr weiterfraß und vollends verlosch. Nach drei Tagen fand man das Wunderding unversehrt in der Asche. Es hatte seine Macht bewiesen und seinen Träger gerettet.


Aus "Heilsberg Langegg, 1741", Mir. 381.

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159

DER HEIMGEKEHRTE GAUL

    Als der Dreißigjährige Krieg zu Ende gegangen war und viele entlassene Soldaten durch das Land zogen, um durch Bettel und Gewalttat Nahrung und Geld zu gewinnen, zogen auf der Straße gegen Billehag drei verwegene Krieger einher. Leer war ihr Beutel und ihr Magen knurrte. Da kam auf munterem Rößlein der edle Herr Verwalter Ferdinand von Russenstein angeritten. Nun stürzten sich die drei Verwegenen auf den hohen Herrn und schon sausten Stockhiebe über seinen Kopf, sodaß er vom Pferde gezerrt zu Boden sank. Einer griff nach seinem Wams und durchsuchte es nach Geld und Gut. Er machte das Ränzel des Reiters leichter und suchte nach getaner Gewalttat das Weite. Auch des Herren Roß wurde von den Soldaten hinweggeführt, sodaß der Verwalter es zum letzten Mal gesehen zu haben glaubte. In dieser Not erbat er den Schutz der Gottesmutter von M. Langegg. Er schleppte sich heimwärts. Doch siehe. Als er heimkehrte, fand er seinen Gaul bei Nacht am Tore festgebunden. Wer ihn dahin gebracht hatte, konnte kein Mensch sagen. Des Mannes Gebet hatte Erhörung gefunden. Maria hatte geholfen.


Aus "Heilsberg Langegg, 1741", Mir. 179.

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160

DAS ZERSPRUNGENE FEUERROHR

    Einst stand wieder einmal der Feind vor der Stadt Stein, um sie zu belagern und zu erobern. Es war der Schwede. Männer und Frauen wetteiferten darin, ihre Heimatstadt zu schützen und vor der Eroberung durch den Feind zu bewahren. Ei, wie knallte es da von Mauern und Türmen hinaus auf den Feind, der in großer Zahl vor den Stadtmauern lag. Auch er sandte seine eisernen Grüße in diese. Schwere Brocken fielen herein und nicht selten wurde auch ein mutiger Kämpfer verwundet, sodaß er von der Mauer getragen werden mußte. Da geschah es, daß der Steiner Bürger Mathias Hayder, welcher gleichfalls eifrig aus seinem Feuerrohr auf die Belagerer hinausschoß, wieder einmal seine Waffe abfeuerte. Da riß mit gewaltigem Knall das Rohr auseinander und verletzte ihn sehr schwer. Die zersprungene Muskete hatte ihm die Hand durch die Sprengstücke arg zerrissen und verbrannt. Als er im stillen Kämmerlein seines Hauses lag, steigerten sich die Schmerzen seiner verletzten Rechten immer mehr, sodaß er den Wundbrand befürchtete. In banger Sorge flehte er über Anraten des in der Stadt anwesenden Gansbacher Baders Caspar Siebenhaar um Hilfe zur Lieben Frau von Maria Langegg, damit sie ihm wieder volle Gesundheit schenken wolle. Er gelobte zum Gnadenberge Wallfahrt und Meßopfer sowie Buße. Als er sein Gelübde getan hatte, wendete sich seine schlechte Wundheilung zum Besseren. Er genas und erfüllte sein Versprechen. (1645).


Aus "Heilsberg Langegg, 1741", Mir. 177.

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161

DER STIFTSHOFMEISTER VON
SANKT NIKOLAUS

    Als noch zu Mautern das Stift Sankt Nikolaus zu Passau seinen Hof durch einen Stiftshofmeister bewirtschaften ließ, trug es sich zu, daß dieser an einem Tage des Jahres 1676 ausritt, um den Gefreidezehent zu berechnen. Früh am Morgen lenkte er sein Rößlein hinaus ins weite Land, um überall vorzusprechen, wo Zehentpflichtige seiner warteten. Schon hatte er die Stadt Mautern längst hinter sich, als sich sein Pferd, das sonst ein sehr frommes Tier war, plötzlich scheute und tobend aufstieg. Es ließ sich nicht beruhigen, sondern wurde immer ungebärdiger. Es wütete solange, bis es den Reiter abgeworfen hatte. Der Sturz war schwer und der Stiftsverwalter Joh. Christoph Schmidt lag mit gebrochenen Rippen im Sande. In dieser Not flehte er zur Gottesmutter vom Gnadenberge um Hilfe. Kaum war das Stoßgebet über seine Lippen gekommen, als sich das Pferd wiederum beruhigte und zitternd an der Seite seines Herren stand. Dieser schwang sich trotz aller Schmerzen in den Sattel und erreichte mit seinen Verletzungen den Nikolaihof. Er gesundete in Kürze von seinem schweren Gebrechen. Seinen Dank stattete er der Gottesmutter zu Maria Langegg durch Almosen, Meßopfer und eine Erinnerungstafel ab. Wieder hatte die Liebe Frau vom Heilsberge ihre schützende Hand über ein Menschenleben gehalten.


Aus "Heilsberg Langegg, 1741", Mir. 8.

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162

DIE FUCHALEUTE WALLFAHREN
NACH LANGEGG

    Wie an vielen anderen Orten wütete auch um Tiefenfucha die Cholera. Die Bewohnerschaft gelobte für den Fall, daß der Ort von der Seuche verschont bliebe, eine jährliche Wallfahrt nach Maria Langegg zu unternehmen. Tatsächlich ereigneten sich im Dorfe keine Krankheitsfälle und die Leute von Fucha standen treu zu ihrem Versprechen. Sie wallfahrten alle Jahre am Feste "M a r i a   H e i m s u c h u n g" nach dem Gnadenort Maria Langegg, da ihrem Dorfe die angerufene Gnadeninutter die Seuche abwendete. Seit geraumer Zeit wird aber dieser fromme Brauch nicht mehr geübt. Nur vereinzelt pilgern noch immer Bewohner Fuchas dahin.


Gew. und Aufz.: Reinberger Annemarie, Tiefenfucha (1952).

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163

DER TOTE MANN UND DIE TOTE FRAU

    Im 17. Jahrhundert lebte in Obritzberg ein Kaufmann, der ein krankes Kind hatte. Es war so schwer krank, daß kein Arzt mehr helfen konnte. In dieser Not gelobte der Handelsmann, daß, wenn sein Kind gesunde, er mit seiner Familie eine Wallfahrt nach Maria Langegg machen werde. Das Kind wurde wirklich gesund. Um sein Gelübde zu halten, wallfahrte er mit Weib und Kind dahin. Als die Wallfahrer nach mehreren Stunden in den "Weiten Wald" bei Ober-Bergern kamen, wurden sie von Räubern überfallen. Diese erschlugen den Mann auf der Stelle, da er sich zur Wehr setzte. Auch der Frau drohte das gleiche Los. Sie flehte aber die Räuber an, daß sie ihr noch so lange das Leben schenken sollten, bis sie von einer nahen Stelle, einer Waldblöße, noch einmal die Wallfahrtskirche von Maria Langegg gesehen und zur Gnadenmutter dortselbst zum letzten Mal gebetet habe. Die Räuber gewährten der Frau, die auch ihr Kind an der Hand führte, diese Bitte und führten sie an eine Stelle, von der man die Kirche Langeggs sehen konnte. Auf dem Hügel sank das Weib ins Knie und flehte innig zur Gnadenmutter, daß sie ihr Hilfe in ihrer Not sende. Als sie ein Gebet gesprochen hatte, hob sie ihr Kind zum Himmel empor und als sie abermals mit ihrer Bitte beginnen wollte, erschlugen die Raubgesellen, denen das Gebet zu lange gedauert hatte, die Frau. Das Kind, ein Mädchen, ließen sie laufen. Dieses schmückte später jene Buche, welche nahe der Stelle stand, an welcher der Vater erschlagen wurde, mit Bildern der Gnadenmutter von Langegg. An der Stelle aber, wo ihre Mutter den Tod durch die Räuber erleiden mußte, ließ sie eine Kapelle errichten.


Gew.: Brunnthaler Maria in Bergem (82 Jahre).
Aufgez.: Weidinger Johanna und Fries Leopold. (1952).
Zweiter Gewährsmann: Fries Leopold in Bergern.

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164

DIE MUTTERGOTTES ALS
GICHTHEILENDE

    Als noch die Wallfahrtskirche "M a r i a   S c h ö n   G e s i c h t" zu Regensburg eine gern aufgesuchte Gnadenstätte war, wallfahrten viele Menschen des Donaulandes dahin, da sich der wundertätige Ruf in diesen Landen überall hin verbreitet hatte. Daß viele Heilung suchende Kranke dahin ihre Zuflucht nahmen, weisen die Bücher der Wallfahrtskirche nach. Selbst aus weit entfernten Gegenden wallfahrten sie dahin und wir lesen auch zu Regensburg von einem Manne aus Hadersdorf bei Krems, der dorthin seine Fahrt machte, um an dieser Gnadenstätte Erlösung von seinem Gichtleiden zu finden. So berichtet das vorgenannte Buch über den Mann aus Hadersdorf mit nachstehender Eintragung:

    "Veit   Ö t t e l   von Hederstorff, ein Meil von Krems ist in schwerer Krankheit acht Wochen gelegen, an Hand und an Füaß gar erkrumbt, das Angesicht schier bis in den Nacken kummen, der Mund zugewachsen, bei vierzehn Tag allein durch den Trachter Labung empfangen, das Licht als einen sterbenden bei vierzehn Mal in die Hand geben, in sollichen Nöten ist ihm die "S c h ö n   M a r i a" vürkomben, er soll sich mit seinem roten Rock gen Regensburg verheißen und vüran kein rotes Kleid mehr tragen. Nach solchlich getanem Glüb ist sein Sach von Tag zu Tag besser worden. Allenthalben gnädiglich geholfen hat solches frisch und gsund am Montag nach Gregory angezeiget. Gott sei Lob und Dank der "S c h ö n   M a r i a" im 22. Jahr (1522)."


Aus dem Exempelbuch der Gnadenkirche "Maria Schön Gesicht" zu Regensburg aus dem Jahre 1522.

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Diese Seite wurde am 28. Dezember 2002 erstellt.