Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 2

Geschichten und Sagen
des Kremser Bezirkes
2.


Teil 2


Von Sage 50 bis 56



50

DER MORD AM ALTARE

    Zu Krems in der Piaristenkirche und zu St. Michael ia der Wachau liegen gut erhaltene Mumien Verstorbener. Über manche dieser Leichname erzählt man Sagen. So auch über jene Priesterleiche zu Krems in der Piaristengruft, die eine tiefe schwere Wunde auf der Brust aufweist. Darüber weiß die Sage zu erzählen: Als vor vielen Jahren ein Jesuitenpater am Altare stand und die Messe las, stürzte sich der Mesner der Kirche, welcher mit dem Pater in stetem Hader lebte, auf ihn und erdolchte ihn. Der Mesner, der ein jähzorniger Mensch war, entfloh, als er sah, was er getan hatte. Als die Gläubigen zur Frühmesse das Gotteshaus betraten, fanden sie den toten Priester, der in einer stillen Messe am frühesten Morgen einem Mörder zum Opfer gefallen war. Durch die Freveltat wurde die Kirche entheiligt. Vom mordenden Mesner fand man keine Spur.


Der Sage Nr. 101, Seite 103 in Plöckingers "Wachausagen" nacherzählt.

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51

CHRISTUS MIT DEM KUGELLOCH

    Als einmal ein trunkener Husar durch Hadersdorf ritt, sah er nächst dem alten Spital zu Hadersdorf bei der Bildsäule fromme Menschen ihre Andacht verrichten. Ein kräftiges Abschiedstränklein hatte ihn so gestärkt, daß er sich kaum auf seinem Rößlein halten konnte. Unwillig blickten ihn die Beter an, da er gewaltig Lärm schlug. Weil er sie noch verspottete, wiesen sie ihn zurecht. Darüber erbost, schoß er mit seiner Reiterpistole in die Menge der Andächtigen, die entsetzt auseinanderstoben. Er verfehlte sein Ziel, denn die Kugel traf das Heilandsbild in einer Nische der Steinsäule. Von der Kugel durchbohrt, blickte es nunmehr auf die Beter herab. Der Reiter gab dem Rößlein die Sporen und ritt nun seines Weges. Die Freveltat rächte sich aber und die Vergeltung folgte auf dem Fuße. Auf der langen Donaubrücke bei Floridsdorf in Wien scheute sein Roß und setzte mit seinem Reiter über das Brückengeländer hinweg in den Strom, wo Roß und Reiter in den Fluten verschwanden.


Aus Mailly's "Niederösterreichische Sagen", S. 51.

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52

DER HOSTIENRAUB ZU WEITEN

    Im Orte Weiten lebten einst viele Juden. An sie erinnern noch manche Dinge des alltäglichen Lebens, so auch eine Flur, die Judenleiten heißt. In der Kirche finden sich wie zum Zufall Kerzenleuchter, die jenen gleichen, welche die Juden in ihren Tempeln verwenden. Das Volk von Weiten mißtraute der Judenschaft des Ortes und ihr Mißtrauen wurde gerechtfertigt, als eines Tages ein Jude des Marktes eine Freveltat verübte, die von der Christengemeinde als Verletzung ihres Glaubens verabscheut wurde. Man erzählt:

    Ein Jude beging einen Gottesraub. Er entwendete eine bereits geweihte Hostie und verbarg sie in seinem Handschuh. Nach Verübung der Freveltat ritt er, um zu entfliehen, da auf die Tat die Todesstrafe gesetzt war, gegen Norden. Sein Roß trug ihn willig bis in das Tal von Heiligenblut. Dortselbst gehorchte es seiner Hand nicht mehr. Es half weder gütiges Zureden, noch halfen die Sporen. Auch Schläge brachten das Tier nicht von der Stelle. Herbeigeeilte Bauern wollten dem Fremdling helfen. Doch auch sie vermochten es nicht, das Pferd zum Weitertraben zu veranlassen. Das Tier wurde durch Schläge und stetes Antreiben immer unwilliger, bäumte sich empor, sodaß der Reiter im Gefahr kam, abgeworfen zu werden. Da entfiel dem Reiter der Handschuh, in dem er den Leib des Herrn verborgen habe. Die Hostie kollerte aus jenem auf die Erde. Im gleichen Augenblicke scheute das Pferd des Juden und stürmte im Gallopp davon, den Reiter mit sich tragend. Roß und Frevler verschwanden auf ewig.

    Die Bauern, welche den Handschuh emporhoben, erblickten die Hostie. Sie benachrichtigten den Pfarrer von Weiten, der zur Stelle eilte und die Hostie auflas. Man errichtete an jener Stelle ein Kreuz.

(Zweite Erzählform der Sage. Siehe "Die Kapelle zu Heiligenblut").


Gew.: Margarete Joachimsthal, Mautern.. "Frau Saga", 5. Reihe, S. 104, Nr. 157.

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53

DAS KREUZ AUF DER G'SCHLACHT

    Nächst der Kirche zu Unterloiben steht nahe am Ufer der Donau ein schlichtes eisernes Kreuz. Darüber weiß das Volk zu berichten:

Im zweiten Weltkriege 1939-1945 waren wertvolle Güter sehr gefährdet, denn die Bombardierung der Städte vernichtete nicht nur menschliche Wohnungen, sondern zerstörte auch die Lagerhallen der Fabriken. Darum verlagerte man die Vorräte an weniger gefährdete Orte. Auch zu Loiben wurden in vielen Wohnhäusern solche Güter eingelagert. Da kam das Ende des Krieges mit seinen Schreckenstagen. Viele Soldaten zogen, aus dem Osten kommend, in den Donauorten durch, Kriegsgefangene wurden in Scharen nach dem Westen getrieben, die Orte wurden auf Geheiß der staatlichen und militärischen Stellen mit Kampfstellungen versehen und die Bewohner bangten um die Zukunft ihrer Habe. Da wurde der Waffenstillstand geschlossen, weil der weitere Kampf zwecklos und aussichtslos war. Durch das Donautal zog der einstige Gegner mit vielem Kriegsvolk der fernen Demarkationslinie zu. In dieser Zeit wurde viel geborgenes Gut herrenlos und die Verwahrer und andere Leute, die davon Kenntnis hatten, nahmen solches an sich. Zu Loiben soll ein älterer Mann, der in ärmlichen Verhältnissen lebte, aus einem Lederlager sich einige Schuhsohlen genommen haben. Auch andere taten das gleiche und im Handumdrehen war der Vorrat verschwunden. Dem Feinde war die Kunde vom großen Lager zu Ohren gekommen und seine Zustandebringung wurde betrieben. Man fahndete anch nach dem alten Manne, doch er war nicht aufzufinden. Da kamen inzwischen einstige Soldaten in dürftiger Kleidung in das Dorf, die von diesen Vorgängen keine Kunde- hatten. Müd und hungrig vom weiten Weg, suchten sie ein Nachtlager und gerne gewährte ihnen das Volk dasselbe. Da erschienen bei Nacht Soldaten des einstigen Gegners und durchsuchten den Ort. Am "Wellandl" fanden sie auch auf einem Heuboden einer ärmlichen Hütte den heimkehrenden Soldaten. Er wurde in das Dorf gebracht und nach dem Verbleib des Leders befragt. Er konnte dem verhörenden Soldaten keine Auskunft geben, da er das Leder nie gesehen hatte. Trotz wiederholter Befragung konnte der Ergriffene nichts eingestehen. Da ergriffen ihn die Bewaffneten und führten ihn zur Donau. Von vielen Kugeln durchbohrt, sank der unschuldige Heimkehrer auf die Steine der Gschlacht. Nahe der Heimat, dem Dorfe Palt Jenseits der Donau, starb er eines grausamen Todes. Des andern Tages fanden ihn Dorfbewohner und bestatteten ihn. Zum steten Gedenken an den Toten und die schweren Stunden im Heimatland setzte man das Kreuz auf der Gschlacht, am einsamen Strand zu Loiben.


Aufgezeichnet nach der Schilderung des Volkes 1951.

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HAUS DES HERRN


Droben stehet die Kapelle,
Schauet still in's Tal hinab,
Drunten singt bei Wies und Quelle,
Froh und hell der Hirtenknab'.

Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor;
Stille sind die frohen Lieber
Und ser Knabe lauscht empor.

Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal.
Hirtenknabe, Hirtenknabe,
Dir auch singt man dort einmai!

Uhland.

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54 a

DIE "MARIA-BRÜNDLKAPELLE"

    Ein Hirtenknabe wurde einst von seinen Eltern an einem heißen Tage zum Bründl zwischen Gobelsburg und Langenlois geschickt, damit er das geschätzte kühlende Wasser dieser Quelle hole. Der Knabe nahm den Krug und machte sich auf den Weg dahin. Als er jenen mit Wasser füllen wollte, glaubte er im Quellwasser die Mutter Gottes zu erblicken. Darüber war er sehr erschrocken und verwirrt. Er ließ den Krug an der Quelle zurück, eilte heimwärts und erzählte seinen Eltern das Erlebnis von der Erscheinung Mariens bei der Quelle. Sie glaubten dem Knaben aber seinen Bericht nicht, sondern schalten ihn, daß er kein Wasser gebracht habe, auch vermuteten sie den Krug zerschlagen. Sie sandten daher den Knaben abermals zur Quelle. Aber als dieser wieder in den klaren Quell blickte, sah er die gleiche Erscheinung. Er nahm den Krug, lief unverrichteter Dinge wieder ins Elternhaus und beteuerte nochmlas sein Erlebnis. Da die Eltern es dennoch nicht glauben wollten, eilten sie mit dem Kinde an die sprudelnde Quelle. Da sahen auch sie die wunderbare Erscheinung. Sie schöpften Wasser und eilten davon, dem Dorfe Kunde zu geben. Viel Volk eilte daraufhin zur Quelle und erblickte dortselbst die gleiche Erscheinung. Edle und wohltätige Menschen erbauten über der Quelle eine Kapelle, die man "M a r i a   B r ü n d l" nannte. Viele Leute aus Gobelsburg schlossen in dieser Kirche, die vom Volke sehr gerne aufgesucht wurde, den Bund fürs Leben. Heute ist sie bis auf wenige Mauerreste und ein gestürztes Steinbildnis der heiligen Rosalia verschwunden, denn Krieg und Kirchenaufhebung haben sie ausgetilgt. Doch die Quelle sprudelt noch immer zu Tage.


Entnommenen und nacherzählt der Chronik von Langenlois und Umgebung.

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54 b

DAS MARIENBILD IM TEICHE ZU GFÖHL

    Als vor vielen hundert Jahren zu Gföhl noch die alte Kirche im Tale die alleinige Andachtsstätte des Marktes war, trug es sich zu, daß ein beim andächtigen Volke sehr beliebtes Marienbild während der Nacht zu wiederholten Malen aus der Kirche auf geheimnisvolle Weise verschwand und am andern Tag im Wasser des auf der Hochfläche liegenden Teiches schwimmend angetroffen wurde. Man vermutete einen Gottesfrevel und trug es in feierlicher Weise wieder an die alte Aufbewahrungsstätte zurück. Doch in der folgenden Nacht ereignete sich dasselbe abermals. Man fand das Bild der Gottes Mutter wieder im Teiche schwimmend vor. Es wurde wieder zurückgebracht, doch stellte, man, um einer nochmaligen Entführung vorzubeugen, in der Kirdie Wachen aus, die strenge darauf zu achten hatten, daß kein Verdächtiger sich in das Kirchlein einschleiche, das Madonnenbild wiederum in frevelnder Weise entführe und in den Teich werfe. Die Wächter waren auf der Hut, konnten aber bei Tagesanbruch nur die betrübliche Feststellung machen, daß das Bild auch diese Nacht aus der Kirche entführt worden sei, obwohl sie kein Unberufener betreten hatte. Man fand es wie an den vorhergehenden Tagen im Teiche. Die geheimnisvolle Überführung des Bildnisses erschien dem gläubigen Volke als ein Zeichen des Himmels und man beschloß, im Teiche auf der Hochfläche eine Kirche zu erbauen, da ohnehin das Kirchlein zu Alt-Gföhl schon viel zu klein geworden war. Alles wetteiferte beim Bau des neuen Gotteshauses mit frommen Werken. Man rammte im Teiche Pfähle ein und erbaute darüber die nunmehrige Pfarrkirche von Gföhl. Hieher wurde auch das Bild der Mutter Gottes übertragen. Unter der Kirche soll noch heute das Wasser des Teiches fluten.


Gew.: Brenner Franz, Gföhl. Aufz.: Direktor Karl Weißenböck, Gföhl. 1930.

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55

WALDKAPELLE AM REHSTEIN

    Viele Jahrzehnte lebte auf dem Rehstein nächst Dürrestein ein biederer und leutseliger Förster mit Weib und Söhnen. Das Volk liebte ihn ob seiner Güte, da er für die Armen stets eine hilfreiche Hand hatte. Da kam der große Krieg, der vier lange, bittere Jahre währte. Die Söhne zogen in den Kampf, nachdem sie von den Eltern herzlichen Abschied genommen hatten. Der Försterin Liebling, der Jüngste Sohn, zog schweren Herzens ins Feld. Viele Kämpfe hatte er bereits mitgemacht, da kam für ihn und seine Mutter der der schwere Tag. Stürmend fiel er auf dem fernen Schlachtfeld. In banger Ahnung hatte die Försterin am stillen Berge der Heimat ihn im Traume geschaut, als er bittend und blutend nach ihr zur einsamen Nachtstunde gerufen hatte. Wenige Wochen später erhielt die Försterfamilie die Kunde vom Tod ihres Sohnes. Weinend und klagend lebte die Frau des Försters nun im stillen und friedlichen, aber ach so traurigen Heim. Doch sie überwand den Schmerz über ihr nun totes Kind. Zum Gedenken errichtete sie nahe dem Forsthause eine kleine Waldkapelle, in der sie das Bild des Gekreuzigten und das ihres Lieblings an die Wand hing. Heute steht die Kapelle einsam und verlassen am Rand des Waldweges, denn die betreuenden Hände der Mutter sind nicht mehr.


Aufgezeichnet 1950, durch Rudolf Riedel, Dürnstein.

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56

ES HALT! -- DER BAU DER KREMSER PFARRKIRCHE

    Der Baumeister Cyprian Biassino erbaute die Kremser Pfarrkirche. Als der Meister sein Werk der Vollendung entgegengehen sah, überkam ihn ein banges Gefühl. Er befürchtete, daß die weitgespannte Wölbung einstürzen würde, wenn die Pölzungen entfernt würden. Jeden Tag kamen die Kremser Ratsherren und bewunderten das kühne Bauwerk. Immer näher rückte der Tag der Fertigstellung. Die festen und starken Mauern waren zum Himmel emporgewachsen und die weite Wölbung des Kirchenschiffes war vollendet. Um alle Bauteile recht fest zu bauen, hatte man nach altem Brauch sauren Wein in den Mörtel gemengt. Die Mauern des Gotteshauses sollten viele hundert Jahre stehen und darum hatte man heißen Kalk und reschen Sand aus dem Kremsfluß zum Bau verwendet. Als nun der Tag angebrochen war, an dem die stützenden Balken unter dem Gewölbe entfernt werden sollten, befahl der Meister seinem Gesellen die Abtragung des Gerüstes. Biassino selbst getraute sich nicht die Arbeit zu leiten. Der Gehilfe hatte in das Werk seines Meisters volles Vertrauen und bestieg mit nur solchen Leuten das Gerüst, welche bereits zum Tode verurteilt waren. Angstvoll verfolgte der Baumeister die Arbeit der Bauleute. Er fürchtete den Schreckensruf, der das Einstürzen des Gewölbes ankünden sollte, bereits zu vernehmen. Da scholl aus dem Gebälk der Ruf des Gesellen. Er hatte die Stützen entfernt und meldete dem Meister das vollendete Werk. Er rief dem aufgeregt wartenden Baumeister zu: "Es halt!" Dieser glaubte aber den Unglücksruf "Es fallt" vernommen zu haben und entfloh von der Baustelle. Seit diesem Tage sah man ihn nie mehr. Er war verschollen. Sein Werk aber steht noch heute und kündet seinen Ruhm.


Allgemein bekanntes Kremser Volksgut. Aus "Wachausagen" von Dr. H. Plöckinger, S. 101, Nr. 98.

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Diese Seite wurde am 28. Juli 2002 erstellt.