Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 2

Geschichten und Sagen
des Kremser Bezirkes
2.


Teil 3


Von Sage 57 bis 64



57

ENTSTEHUNG DER KARNER KAPELLE IN STEIN

    Vor vielen Jahren steuerte ein stolzes, reich beladenes Donauruderschiff der Steiner Lände zu. Die Fahrt auf dem Strome war glücklich vorbeigegangen und man wollte im Gasthof "Z u r   g o l d e n e n   T r a u b e" einkehren. Die alte Stadt Stein mit ihren Türmen und Stadttoren wurde bereits gesichtet und es wurden daher die Landevorbereitungen getroffen. Man wollte nächst der St. Nikolauskirche anlegen. Vor dieser ragten aber aus dem Strome viele Felstrümmer und das Wasser schäumte wild daran vorbei, denn auch unterhalb des Wasserspiegels lauerten noch andere Felsen. Die Schiffer glaubten schon das sichere Land erreicht zu haben, da erscholl vom Gransel der Schreckensruf: "Wir fahrn auf!" Ein starker Stoß erschütterte das Schiff. Ein Krachen und Bersten erfüllte die Luft. Das Schiff brach entzwei und die wertvolle Ladung fiel in das Wasser. Die Schiffstrümmer wurden von den Fluten fortgetragen und die Schiffleute trachteten aus dem gefahrbringenden Wirbel herauszukommen. Sie klammerten sich an Schiffsplanken und Fässer. Vom Ufer hatte man das Unglück mitangesehen. Hilfsbereite Männer ruderten in Zillen heran und nahmen die Verunglückten auf. Die zwei fremden Kaufleute, die sich mit der Bemannung an das Ufer retten konnten, dankten Gott für die Rettung vor dem sicheren Tod. Sie erbauten aus Dank hinter der Pfarrkirche zu Stein die Karnerkapelle und statteten sie mit vielen Einkünften aus. In den Gewölben der Kapelle wurden die aus dem Friedhof, der sich um die Kirche ausdehnte, ausgegrabenen Menschenknochen und manch schöner Sarg aufbewahrt. Heute. ist die Kapelle entweiht.


Gew.: Huber Marie. Aufz. Huber Ewald, Stein, 1952. Gesammelt in Dr. Plöckingers "Wachausagen", S. 92, Nr. 87.

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58

DAS EVANGELIWANDL

    Als die Schweden ins Land kamen, verwüsteten und verbrannten sie alles. Auch die Wachau blieb nicht verschont. Voll Angst flüchteten die Bewohner von Rührsdorf in den nahen Wald, wo sie in Höhlen und anderen Verstecken hausten. Der Pfarrer war mit ihnen geflohen. Da ihre Kirche zu St. Lorenzen schon in gegnerischen Händen war und die Flüchtlinge doch die Messe hören wollten, suchten sie einen freien Platz im Walde. Dahin wälzten einige kräftige Männer einen Felsblock. Auf diesem hielt der Priester den Gottesdienst, predigte und las seinen Pfarrkindern das Evangelium vor. Als die Feindesgefahr vorbei war, kehrten die Leute in ihr altes Heim zurück, den Felsblock aber vergaßen sie nicht und gaben ihm den Namen "E v a n g e l i w a n d l", der sich bis heute erhalten hat.


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2. Erzählform:

    In den bewegten Tagen der Reformationszeit hielten die Rossatzer Protestanten, die Evangelischen, dortselbst ihren Gottesdienst ab, sobald die Katholiken im Besitze der Rossatzer Pfarrkirche waren. Hatten aber die Anhänger Luthers die Kirche in ihrer Gewalt, so ließen die Katholiken bei der sogenannten Kegelstatt in der Nähe Oberbergerns die Messe lesen. Dies wechselte durch lange Jahre fortwährend.


Aus Dr. Plöckingers "Wachaussagen", S, 72, Nr. 63, nach Gew.: Franz Pernauer, 1926.

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59

JUDENTEMPEL UND JUDENFRIEDHOF ZU SPITZ

    Als zu Spitz noch viele Juden ansässig waren, hatten sie daselbst auch einen Tempel. Der blühende Handel trug so viel ein, daß sie reich wurden. Dieser Reichtum ermöglichte es ihnen, den Tempel zu bauen. Er wurde von den Juden lange Zeit benützt, verfiel aber, als sie aus dem Orte verwiesen wurden. Heute sind vom jüdischen Bethaus nur mehr wenige Reste übrig, die sich hinter dem Schlosse im Markte befinden. Man nennt das verfallene Gebäude den "Judentempel".

    Starb nun einst ein Mitglied der Spitzer Judengemeinde, so wurde es in einem Friedhof nächst der ehemaligen Burg Hinterhaus oberhalb Spitz, im "Judenfreithof", beigesetzt. Obwohl die Juden Spitz verließen, kehrten sie doch immer anläßlich von Geschäftsbesuchen im Markte bei ihren Toten ein. Sie verrichteten dann am Grabe der Verstorbenen Gebete. Um den Friedhof als Weihestätte behalten zu können, leisteten sie an die Herrschaft Spitz eine Abgabe, die ihnen gestattete, den Friedhof zu betreten, um daselbst an den Gräbern für ihre Toten beten zu können.


Gew.: Zdenko v. Sponner, Krems. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems (1926).

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60

DIE GEMAHNTE STIFTUNG

    Der Turm auf dem Spitzer Friedhofe wurde angeblich von einer frommen Frau aus Spitz, mit Namen Eleonore Pöltinger, erbaut, die in der Spitzer Pfarrkirche begraben liegt, wie ein Grabstein aus dem Jahre 1749 auf der Männerseite der Kirche zu künden weiß. Von dieser erzählt man folgende Sage:

    Die Eltern der Eleonore Pöltinger bekamen wohl viele Kinder, sie starben aber alle recht bald, worüber jene sehr unglücklich waren. Als wieder ein Mädchen zur Welt kam, erzählte die Mutter einer bettelnden Frau ihr Elend und ihre Befürchtungen. Diese riet der Besorgten, man solle beim Taufgange die erste Frau, die entgegenkommt, zu Gevatter bitten und sei es auch eine Bettlerin. Wirklich begegnete den Pöltinger- Leuten auf dem Wege zur Kirche eine solche und sie hob das Mädchen aus der Taufe. Dabei erhielt es den Namen Eleonora. Diese kam zur Freude der Eltern mit dem Leben davon und wurde eine große Wohltäterin der Kirche.

    Für sie werden alle Sonntage nach der Predigt in der Pfarrkirdie zu Spitz drei Vaterunser gebetet. Einmal hat man dies längere Zeit unterlassen. Da läutete es eines Tages bei der Sakristeitüre recht heftig an. Der Mesner ging nachsehen, bemerkte aber niemand. Als der Pfarrer nachschaute, sah er wohl eine Person an der Pforte stehen, konnte sie aber nicht zum Sprechen bringen. Nun holte er aber den Kooperator Anderl. Als der sie anrief, sagte die Gestalt: "Es liegt eine Stiftung da für drei Vaterunser, dieselben sind schon lange nicht gebetet worden. Das muß wieder geschehen." Dann verschwand die Frau, die Mahnung wurde aber getreulich befolgt.


Aus Dr. Plöckinger's "Wachausagen" S. 52, Nr. 42, dafür Gew.: Dr. Franz Notz aus Spitz.

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2. Erzählform:

    Eine Frau hatte der Kirche Spitz sehr viel Geld gespendet. Vom Pfarramte wurde ihr versprochen, daß für ewige Zeiten jeden Sonntag in der Kirche führ ihre Seelenruhe ein Vaterunser gebetet werden solle. Die Stiftung wurde aber vergessen und die Seele der Stifterin fand deshalb keine Ruhe. Da geschah es, daß eines Tages die Sakristeiglocke heftig zu läuten begann. Als der Geistliche Nachschau hielt, bemerkte er bei der Glocke eine dunkle Gestalt und vernahm die Worte: "Mein Geld war euch recht, was ist's mit dem Vaterunser?" Mit diesen Worten verschwand die Erscheinung.


Aus "Frau Saga", 8. Reibe, Nr. 26, S. 25.

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61

DIE ERBAUUNG DER KIRCHE VON ST. JOHANN

    An der Backsteilwand in der Nähe von St. Johann an der Donau befand sich vor vielen Jahren eine Einsiedelei. Darin lebten ein Klausner Albire und seine Schwester Rosalia so musterhaft und fromm, daß sie im Rufe der Heiligkeit starben. Vor ihrem Tode hatten sie sich ausgemacht, daß der Überlebende das Grab des andern bewachen möge. Die Einsiedlerin starb zuerst und bekam ein einfaches Grabmal, kunstlos aus Steinen zusammengefügt. Seinem Versprechen getreu, hielt Albinus davor bis zu seinem seligen Tode Wache. Nachher baute man über der Grabstelle das Sankt Johannskirchlein und stellte auf den Leichenstein der Rosalia ein Standbild des heiligen Albinus, damit jene weiterhin ihren Wächter habe. Vor dem Grabe der Seligen trat aus dem Kirchenboden das Erdreich hervor. Dieses wurde mit Löffeln aufgefaßt und erwies sich als so wunderkräftiges Heilmittel, sodaß bald von überall die Hilfesuchenden herbeigeströmt kamen.


Aus Dr. Plöckinger's "Wachausagen", S. 45, Nr. 33 und "Frau Saga" 1. Reihe, S. 65, Nr.

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62

DIE GRÜNDUNG VON KLOSTER SCHÖNBÜHEL

    An der Stelle des kleinen Klosters Schönbühel an der Donau stand einst auf dem aus der Donau ansteigenden Felsen eine Ritterburg. Sie war aber bereits ganz verfallen; Geister trieben darin ihr Unwesen. Der fromme Graf Starhemberg, der Schloßherr auf Schloß Schönbühel war, ließ, um den Spuk zu beenden, das Klösterchen für die Serviten erbauen.


Aus Dr. Plöckinger's "Wachausagen", S. 24, Nr. 15, und Reischl's "Wachaustudien", S. 122.

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63

GRÜNDUNG DES NONNENSTIFTES ST. GEORGEN

    Als in unserem Heimatlande, der Ostmark, der Babenberger Markgraf Leopold II., der Schöne, der die Benediktiner nach Melk brachte, regierte, stiftete er, wie eine alte Überlieferung berichtet, zu St. Georgen auch ein Nonnenkloster. Die Benediktinernonnen übersiedelten aber sehr bald aus diesem Klostergebäude in den Fischerhof zu Melk. Die Kapelle des Klosters jedoch blieb lange erhalten und man erzählt darüber:

    "Die Kapelle wurde noch zu Lebzeiten des heiligen Georg erbaut, dem sie auch geweiht wurde. Viele Menschen kamen nach dem Kirchlein, denn viele fromme Wünsche wurden durch die Fürbitte des Heiligen in wunderbarer Weise erfüllt. Dadurch wurde das Heiligtum des Drachentöters sehr berühmt und weit und breit bekannt. Der Pfarrer der Nachbarortschaft Emmersdorf sah das Ansehen seiner Kirche immer mehr absinken, denn auch die Emmersdorfer wallfahrten dahin. Dies verdroß ihn sehr und er erbat sich das Verbot vom Landesherrn, dem Herzog Albrecht, der die Rechte der Kapelle schmälerte. In dieser durfte keine heilige Messe mehr gehalten werden (i. J. 1341). Eifersüchtig wachten über die strenge Einhaltung des Verbotes Pfarrer und Bürgerschaft von Emmersdorf, die durch die Wallfahrten für sich Schaden erstehen sahen. Dadurch verlor der heute kleine Ort sein Ansehen. Wäre St. Georgen Wallfahrtsort geblieben, so hätte das Dorf heute wahrscheinlich eine bedeutendere Größe.


Aus Dr. Plöckinger's "Wachausagen", S. 10, Nr. 3 und nach, "Frau Saga" 1. Reihe, S. 18, Nr. 19.

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64

DAS ALTMANNIBRÜNDEL AM GÖTTWEIGER

    Drei Junge Geistliche, die auf der hohen Schule zu Paris Gottesgelehrtheit studierten, kamen ungefähr bei diesem Brünnlein zusammen. Sie sprachen von ihrem Studium und ihren Zukunftsplänen. Jeder der drei jungen Männer wünschte sich zum Scherz ein Bistum und alle wollten ein Kloster gründen. So wünschte sich Gebhard das Erzbistum Salzburg, Adalbert das Bistum zu Würzburg und Altmann das zu Passau. Und wirklich erfüllten sich ihre Wünsche im Laufe der Zeit. Auch ihre guten Vorsätze haben alle drei Männer nach Jahren erfüllt, denn Altmann gründete das Kloster Göttweig, Adalbert das Kloster Lambach in Oberösterreich und Gebhard das Kloster in Admont in Steiermark. So war das kleine unscheinbare Brünnlein nächst Steinaweg zum Schicksalsbrunnen geworden.


Nach Schweickhards Topographie von Niederösterreich, Wien 1769, und "Frau Saga", 1. Reihe, S. 25, Nr. 18 und 6. Reihe, S. 17, Nr. 13.

(Vergleiche Sage Nr. 98)

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Diese Seite wurde am 29. Juli 2002 erstellt
und am 17. August zuletzt bearbeitet.