WIE MEIN LEBEN WIEDER HELL
WERDEN KANN
von Prof. Dr. Klaus-Peter Hertzsch

Teil 2 (Seite 6 bis Rückseite)



WAS DAS WORT

    Martin Luther sagt: Genau genommen, gibt es zwei Ur- und Wurzelsünden, aus denen alles andere dann hervorgeht: Überheblichkeit und Verzweiflung.

    Überheblichkeit: dass wir von uns selber zu groß denken, meinen, auf Gottes Hilfe nicht angewiesen zu sein, und unser Scheitern so schon vorprogrammieren.

    Und Verzweiflung: dass wir von Gott zu klein denken, kein Vertrauen zu ihm haben und so bald an den Punkt kommen, wo wir denken: Es hat doch alles keinen Sinn. Trotzig also und verzagt - unser Herz.

    Wenn uns unser Versagen nun bedrückt, das Unrecht, das wir getan haben oder das wir zugelassen haben, dann ist entscheidend wichtig, dass alles, was wir falsch gemacht haben, an seiner Wurzel gepackt wird, dass unser Ich immer neu von der Selbstüberschätzung und Verzweiflung an sich selber befreit wird. Das geschieht, wenn in Gottes Namen gesagt wird: "Dir sind deine Sünden vergeben. Du bist frei."



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WIE MEIN LEBEN WIEDER HELL WERDEN KANN

    Dann haben wir eine wirklich neue Ausgangslage, und alle Probleme unseres Lebens und unseres Sterbens stellen sich anders dar, können neu angegangen werden, sind nicht mehr hoffnungslos.

    Diese Befreiung vom Dunkel in unsrer Lebenstiefe ist nun nicht mehr eine Sache unserer guten Vorsätze oder unsrer künftigen Anstrengungen, sondern es ist Gottes Sache. Er will es tun, wenn wir ihn darum bitten. Diese Befreiung durch Gottes Güte zu erfahren, sie zugesagt und zugesprochen zu bekommen, dazu dient die Beichte.



WAS MIR DIE BEICHTE BRINGT

    Die Beichte hat in früheren Zeiten andere Formen gehabt, die uns heute fremd wären. Sie ist im Lauf der Geschichte auch missverstanden und missbraucht worden und so in Verruf gekommen. Sie hat in der römisch-katholischen Kirche einen viel festeren Platz als bei uns und gilt deshalb vielen als "typisch katholisch".

    Aber all das ändert nichts daran, dass uns hier eine Möglichkeit und große Hilfe gegeben ist, das, was uns bedrückt, verunsichert, wirklich loszuwerden, und das, wonach wir uns sehnen, zu gewinnen: Klarheit und Frieden für unser Leben.



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WIE ICH DAS BEICHTEN ANFANGE

    Praktisch geschieht das so, dass ich mich an eine Pfarrerin oder an einen Pfarrer wende - es kann auch ein Gemeindemitglied sein, wenn es dazu bereit ist und sich in der Lage sieht - und darum bitte, dass wir miteinander Beichte halten.

    Dabei ist für mich wichtig zu wissen: Solch ein Gespräch steht unter dem Beichtgeheimnis, das auch vom Staat anerkannt ist. Von dem, was wir miteinander reden, wird kein anderer Mensch jemals erfahren, keine kirchliche oder staatliche Stelle, auch keine Polizei und kein Untersuchungsrichter. Der Pfarrer oder die Pfarrerin hat das Recht und die unbedingte Verpflichtung, hierüber jede Aussage zu verweigern. Darauf kann ich mich verlassen. Wenn ich besonders tief verstrickt bin und deshalb nicht mehr aus noch ein weiß, ist dies daher oft die einzige und letzte Möglichkeit, frei und offen zu reden und so eine erstickende Last loszuwerden.

    Eine Hilfe für die eigene Vorbereitung auf die Beichte gibt das Evangelische Gesangbuch in seinen jeweiligen Textteilen. Es richtet sich dabei nach dem entsprechenden "Gottesdienstbuch" für die Pfarrerin und den Pfarrer, dem Teilband 3 der Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden Band III.



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WO ICH EIN OFFENES OHR FINDE

    Für den Ablauf der Beichte gibt es verschiedene Formen: Sie kann mit einem ausführlichen Gespräch verbunden sein, das wir über mein Leben führen. Wir können miteinander um Gottes Beistand beten. Wir können Texte der Bibel lesen und hören, die von den inneren Zwängen und der göttlichen Befreiung reden. Wir können auch eine Weile still beieinander sitzen und die Dinge bedenken.

Unentbehrlich jedenfalls ist:
   

dass alles unter vier Augen geschieht und unter strenger Einhaltung des Beichtgeheimnisses,

   

dass ich Gelegenheit habe, all das auszusprechen, was mich bedrückt, mich belastet, mir auf dem Gewissen liegt, mich von Gott und auch von Menschen trennt,

   

dass ich aus der Tiefe meines Herzens Ja sage zu der Möglichkeit, dies alles loswerden zu können,

   

dass die oder der andere mir die Vergebung meiner Sünden, die Befreiung von all diesen Zwängen, Gottes Ja zu mir klar und eindeutig zuspricht.


    Das kann dieser andere Mensch tun. Denn, wie wir wissen, wirkt Christus in seiner Gemeinde selber weiter, hört mit den Ohren seiner Beauftragten selber zu und redet selber in dem, was sie anderen in seinem Namen zusprechen.



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WAS CHRISTUS UNS VERSPROCHEN HAT

    Es gibt Stellen im Neuen Testament, in denen wird berichtet, wie er dies ausdrücklich bestimmt hat: "Wer euch hört, der hört mich." Und: "Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben." Er selber hat uns ja das Vorbild dafür gegeben. - "Deine Sünden sind dir vergeben", hat er zu den Verzagten und Hilfesuchenden gesagt, und damit begann die Heilung ihres Lebens. Martin Luther sagt deshalb über die Beichte: "Darum ist es zu tun, dass du deine Not klagst, dass du dir helfen und ein fröhliches Herz und Gewissen machen lässt." Die Beichte ist ein ernster Vorgang; aber sie macht fröhlich. Was dunkel war, wird hell.



WANN ZEIT IST ZUM BEICHTEN

    Es gibt auch in der evangelischen Kirche Menschen, die regelmäßig zur Beichte gehen, um immer neu Licht in ihr Leben fallen zu lassen, wo es sich wieder verdunkeln will. Es gibt andere, die zur Beichte gehen, wenn sie merken: Jetzt bin ich ganz festgefahren, und jetzt brauche ich wirklich jemanden, der mir nicht nur oberflächlich, sondern auch in den dunklen Gründen meines Lebens hilft, Lasten loszuwerden.

    Schließlich ist es gut, wenn wir uns bei schwerer Krankheit oder in Todesnot an diese Möglichkeit erinnern; denn der Weg ins Sterben ist der letzte und einsamste Weg, den wir gehen müssen, und es ist eine große Hilfe, wenn wir dorthin nicht mehr mitzuschleppen brauchen, was uns aus unserm Leben belastet und ängstigt.



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WIE DIE GEMEINSCHAFT HILF

    Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass solch eine Beichte nicht unter vier Augen stattfindet, sondern dass wir als Glieder der christlichen Gemeinde uns in einem Gottesdienst gemeinsam auf das besinnen, was uns bedrückt und belastet, was wir als Einzelne, aber auch als Kirche und als Menschheit versäumt und missachtet, getan und geduldet haben.

    Dabei kommt mein persönliches Leben weniger zur Sprache. Dafür wird um so deutlicher, dass ich mit den Belastungen und Verfehlungen des Lebens nicht allein bin, sondern dass ich dabei viele Brüder und Schwestern habe, die von Gott trotzdem geliebt und bejaht sind wie ich, und mit denen zusammen ich einen neuen Anfang machen kann.

    Und wenn wir danach gemeinsam das heilige Abendmahl feiern, dann wird diese Mahlgemeinschaft uns in besonderer Weise als Gemeinschaft der Befreiten miteinander verbinden.



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WORAUF WIR UNS SCHLIESSLICH VERLASSEN KÖNNEN

    Es ist nicht leicht, in dieser unsrer Welt zu leben und zu sterben, mit unsrer Vergangenheit und unsrer Zukunft, mit unsern Mitmenschen und mit uns selber zurechtzukommen.

    Die Kirche hat die einzigartige Möglichkeit, den Menschen die Hilfe Gottes anbieten und ihnen zusagen zu können, dass er Gewesenes aufhebt und Kommendes zu einem neuen, guten Anfang macht. Wenn wir zur Beichte gehen, legen wir alles in seine Hand. Wir hören seine freundliche Stimme und wissen:

Wir sind eingeladen.
Wir werden schon erwartet.


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Bild, Rückseite

Dieses Heft wird im Auftrag der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) herausgegeben. Es ist zu beziehen durch:

Lutherisches Kirchenamt der VELKD, Referat Gottesdienst,
Richard-Wagner-Straße 26
30177 Hannover,
Tel.: 0511-6261237
Fax: 0511-6261211;
eMail: krech@velkd.de
Internet: www.velkd.de


Rückseite


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Diese Seite wurde am 23. Februar 2003 von Familie Wimmer erstellt.