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M U R E I X - U L L R I C H S |
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Ein Waldviertler Dorfbild im Rahmen seiner Herrschaft |
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Kirchberg am Walde. |
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Acht Jahrhunderte Bauernarbeit und Bauernschicksal |
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Der Heimatboden |
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Über den Heimatboden des oberen Waldviertels unterrichtet
uns ausführlich R. Hauer in der Heimatkunde des Bezirkes
Gmünd, worin euch die frühesten Nennungen für unser Dorf
zusammengestellt sind. |
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Ullrichs liegt in der Granitlandschaft nahe der böhmischen
Grenze, die nach alten Aufzeichnungen seit undenklichen Zeiten
weithin mit Urwald bedeckt war, dem wilden Nordwald oder böhmischen Wald. Sein namenloses Bächlein, das mit den Abflüssen
mehrerer Teiche und vereinigt mit dem Pürbach der Braunau und
damit der Lainsitz zufließt, gehört demnach zum Flußgebiet der
Moldeu und damit der Nordsee zu, während jenseits von Kirchberg
und Fromberg die Quellbäche der Thaya die Wässer über March
und Donau dem Schwarzen Meer zubringen. Während im waldarmen
Weinviertel, drunten im Land und am Horner Boden sowie längs
der Donau durch reiche Funde altes Kulturland festzustellen
war, beginnt hier oben die Geschichte nicht in grauer Vorzeit,
sondern erst mit der späten Aufschließung der menschenleeren,
undurchdringlichen Wildnis. |
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Auch hier gilt: "Am Anfang war der Wald." |
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Erst um das Jahr Tausend, als die nach der Völkerwanderung
zwischen Elbe und Rhein sowie im heutigen Süddeutschland
verbliebenen Stämme aus Bodenhunger nach dem menschenarmen
Osten zurückdrängten, kam auch das so lange gemiedene rauhe
Waldviertel in den Bereich der Landnahme und Besiedlung; diese
drängte in der Hauptsache über den Horner Boden nach Westen und
Nordwesten sogar über die heutige Grenze hinaus bis in den mährischen
und böhmischen Bereich und besetzte diesen Raum von Znaim bis
Neubistritz-Neuhaus, sowie westlich von Weitra über Strobnitz
bis Sonnberg mit deutschen Burgen und Dörfern, während die
Neusiedler in mühevollem Schaffen aus öden Wald-, Sumpf- und
Heideboden fruchtbringende Felder erarbeiteten.
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Der Siedlungsvorgang |
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Will man die Besiedlung und Urbarmachung des mittleren und
nordwestlichen Waldviertels klarstellen, muß man sich in
erster Linie mit dem mächtigen Geschlecht der Herren von
Kuenring befassen, die - aus dem Rheinlande stammend -
über Sachsen und Bayern euch in die Babenberger Ostmark
kamen, wo ihr Stammherr Azzo (auch Hezzo genannt) für tapfere Taten im Dienste des Markgrafen anno 1o56 vom deutschen
König ein Gut am Hang des Manhartsberges erhielt, Hezzimanneswiss, das spätere Kühnring. Weitere Königsschenkungen
im freien Nordwald führten seine Söhne und Nachkommen von
ihren Vesten am unteren Kamp aus entlang dieses Flusses im
Laufe der Jahre durchs ganze mittlere Waldviertel bis en die
böhmische Grenze und darüber hinaus ins Strobnitzgebiet, das
sie als böhmisches Lehen vorübergehend in Besitz hatten. Diese
Neusiedlungsgebiete im freien Nordwald lagen außerhalb der
Ostmark, waren reichsunmittelbarer Besitz und unterstanden dem
Herzogtum Bayern. Erst 1156 wurde dieser Raum gelegentlich der
Erhebung Österreichs zum Herzogtum diesem einverleibt. Da schon
vorher Markgraf Leopold und Heinrich gleichzeitig Herzoge von
Bayern waren, erstreckte sich ihr Machtbereich auch über das
Waldviertel und so ergab sich für sie die Möglichkeit, die
große bis an die Braunau bei Hoheneich reichende Herrschaft
Krumau nach dem Aussterben des dortigen Kuenringer-Zweiges an
sich zu ziehen, obwohl es vom letzten Inhaber für eine Klostergründung gele(o?)bt worden war. |
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Indessen hatten die Kuenringer des weite Waldland um Zwettl
und Schweiggers und auch den Raum um (Alt-)Weitra mit Mi1fe
ihrer zahlreichen ritterlichen Dienstmannen siedlungsmäßig
erschlossen und durch viele feste Burgen gesichert. Das geplante Kloster aber erstand 1139 im lichten Tal am Kamp, un-
weit der Kuenringer Burg oberhalb der Zwettl-Kampmündung, neben
der die alte Pfarrkirche für das Zwettler Herrschaftsgebiet erstand, die spätere Propsteikirche, wahrend im Mündungswinkel
noch vor 12oo das Städtchen Zwettl gegründet und befestigt
wurde.
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Beim weiteren Vordringen bis zur Böhmengrenze hören wir 1162
von der neuen Burg Hadmarstein, um 1165 von Großschönau, dann
von Weitra, dem bald als neuer Schwerpunkt der Kuenringer Macht
die neue Burg und das feste Grenzstädtchen Weitra folgten, wo
12oo die Doppelhochzeit von Hadmars Sohn Heinrich und seiner
Tochter Gisela feierlich begangen wurde. |
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Wie solche Gründungen vor sich gingen, mag uns ein alter Be-
richt über die Gründung des bayrischen Klosters Scheyern (um
1o3o) veranschaulichen: ein Graf Hermann zog mit Dienstleuten
und untertänigen Bauern aus seinem Stammgut in den freien Wald
und ergriff davon Besitz in aller Form, wie es nach altem Volksbrauch und Herkommen üblich war, das Erbrecht nach Landesbrauch
durch Ersitzung zu gewinnen - nämlich durch Schlägerung der
Baumbestände, Entzündung von Herdfeuern, Aufbau von Wohnstätten
und dreitägigen Aufenthalt an diesem Platze. |
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Es ist eher anzunehmen, daß in späterer Zeit eine so willkürli-
che und eigenmächtige Besitznahme nur selten mehr üblich war,
sondern eher durch königliche Schenkungen erbliche Eigentumsrechte begründet wurden, Zumindest aber wurde die Landnahme
durch nachfolgende Schenkung bzw. Verleihung beurkundet und beglaubigt. Auch aus dem Waldviertel selbst ist uns ein Beispiel
einer selchen Ortsgründung überliefert. Es handelt sich hiebei
um die Anlage von Ober Strahlbach durch den Pfarrer Pilgrim von
Zwettl. Dieser kam zum Abt von Zwettl mit dem Rate, das Waldland
des Stiftes nicht ungenützt zu lassen, sondern dasselbe, da ein
großer Teil davon - wohl durch Unwetter - bereits niedergerissen war, ihm zur Kultivierung zu überlassen. Auf die Antwort
des Abtes, daß das Kloster weder die Mittel noch die notwendigen
Leute aufbringen könne, trug sich Pilgrim an, dies durchzuführen,
wenn ihm der Platz zur Verfügung gestellt würde. Auf den Einwand,
daß dem Stifte nach der Besiedlung der Wald entfremdet werden
könnte, beteuerte er feierlich, daß ihm diee fernliege, er nur
ein gutes Werk für sein Seelenheil tuen wolle und das Land bei
seinem Ableben dem Stifte rückstellen werde. Daraufhin stimmte
der Abt zu und überließ ihm den Windbruch zur Besiedlung. Pilgrim
hatte jedenfalls als Glied der Familie Kuenring die Möglichkeit,
die notwendigen Leute aus den Kuenringischen Besitzungen in nah
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und fern zur Ortsgründung heranzuziehen. So entstand das Dorf
Ober Strahlbach, im Zwettler Stiftungsbuch verschrieben als
"Seelebaes", jedenfalls richtig zu lesen als Strelebahes bzw.
Straelebaches, Strahlbach. |
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Über die Siedlerwerbung erzählt wieder eine sächsische Quelle,
die Pegauer Annalen von 11o4: Als Herr Wigbertus (= Wiprecht
von Greitsch) im Merseburger Bistum einen Neubruch anlegen
wollte, holte er zur Urbarmachung aus den Besitzungen seiner
Mutter in Franken siedlungswillige Menschen heran, denen er
nach Räumung der Waldbestände die in Gavannen geteilten Felder
in erblichen Besitz übertrug. Der Berichtschreiber findet es
spaßhaft, daß jedes neugegründete Dorf sich nach dem Namen seines Siedlungsleiters benannte: Dittmannsdorf, Hartmannsdorf,
Heinersdorf, Reichersdorf, Neckersdorf. Man sieht hier die
gleiche Ortsnamenbildung mit "-dorf", Wie sie im Weinviertel
üblich war, während sie im Waldviertel mit -schlag. -reith,
-brand bzw. überhaupt ohne Zusatz nur mit dem Gründernamen gebildet wurden: "dacz deme Warmundes" oder "dacz deme Albrechts".
Es ist klar, daß auch die Kuenringer wie ihre Dienstmannen und
Lehensritter bei der Erschließung der riesigen Waldungen ganz
planmäßig vorgingen und sich aus der alten Heimat dafür ausgebildete und erfahrene Feldmesser und Siedlungsfachleute mitführten, wie solche in späteren Quellen auch bezeugt sind. So
berief Ottokar von Böhmen einen gewissen Conrad von Lebendorf
aus Bayern, welcher ihm als "wohlerfahren und besonders tüchtig"
auf diesem Fachgebiet empfohlen worden war. (s. O.Weizsäcker,
MVGdDB, 1913, S. 488) |
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Jedenfalls mußten, wie sich's in solcher Lage zwingend ergibt,
nach der landesüblichen Besitznahme vorerst primitive Notunter-
künfte für die Siedler und ein behelfsmäßiger Sitz für den Herren
als Stützpunkt errichtet werden, welcher freilich nur ein mit
Wall, Graben und Palisaden geschützter Holzbau gewesen sein
konnte. Daran schloß sich die Schlagarbeit im geplanten Ortskern und auf den für die Fluranlage bestimmten Flächen. Nach
Räumung und Vermessung mit Meßleine und Meßrute konnte die Aufteilung und Zuteilung der Hofmarchen für die Lehen und Hofstätten, sowie die Zuweisung der Hausgründe nach dem Brauch
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der gewohnten, in der Stammheimat erprobten Dreifelderwirtschaft vollzogen werden. Damit waren die Voraussetzungen für
die zur Lebensfähigkeit der neuen Siedlung notwendigen Haus-
und Feldwirtschaft geschaffen. |
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Mit diesem kurzen Überblick wäre der Rahmen gegeben für das
Geschehen im engsten Heimatbereich, für das Werden der Herrschaft Kirchberg und das Entstehen der zugehörigen untertänigen Dörfer, zu denen auch unser Ullrichs zählt.
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Das Herrschaftsgebiet |
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Mit dem Gefolgsmannen der Kuenringer kamen auch die Herren
von Kirchberg aus dem Land ob der Enns und machten sich hier
seßhaft. Als Stammsitz dieser Familie darf man wohl Kirchberg
bei Linz hinter dem Kürenberger Wald annehmen, von wo sie sich
ins Mühlviertel verzweigten - Kirchberg an der Donau und Kirchberg bei Hirschbach im Mühlkreis -. Schon hieraus ergeben sich
gewisse Zusammenhänge für das nicht zufällige Nebeneinander
von Hirschbach und Kirchberg im Waldviertel. Ähnliche beziehungen sind für Kirchberg am Wald und Kirchberg an der Wild
festzustellen, da in beiden Herrschaftsbereichen z.B. der Familienname Katzinger sich findet, der vom Weiler Katzing, neben
dem genannten Kirchberg liegend, sich ableiten läßt. |
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Als Stammvater unseres Zweiges erscheint in Zwettler Aufzeichnungen ein Rudolf von Kirchberg, in welchem wir den Gründer
und Besiedler der Herrschaft Kirchberg am Walde annehmen dürfen,
wenn nicht bereits ein urkundlich nicht überlieferter Vorfahr
den Grund dazu gelegt haben sollte. |
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Und so ähnlich, wie die vorerwähnten Quellen berichten, haben
wir uns den Gründungsvorgang auch bei den Kirchberger Dörfern
vorzustellen. Im Rahmen der nach Nordwesten fortschreitenden
Landnahme kann man die Aufschließung des Kirchberger Bereiches
etwas vor der Klostergründung zu Zwettl ansetzen, also gegen
113o; ein urkundlicher Nachweis läßt sich natürlich mangels
schriftlicher Überlieferung nicht erbringen. Den einzigen
Anhaltspunkt bildet die Tatsache, daß die vorerwähnte Eintragung Rudolfs von Kirchberg in der Schrift des 12. Jahrhunderts
erfolgte, also zwischen 114o und 118o anzusetzen wäre.
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Der Herrschaftsbereich Kirchberg füllt den äußersten Winkel
der großen Herrschaft Krumau zwischen dem Oberlauf der Steinigen
Thaya und der Braunau, im Schremser Urbar als "Steinwasser" bezeichnet, das als Schremelize bereits 1179 in der kaiserlichen
Grenzurkunde erwähnt wurde. Auf dem Kartenblatt zeigt sich dieses Gebiet als ein schmales langgestrecktes Rechteck von Südost
gegen Nordwesten verlaufend; es wurde im Zuge der Besiedlung
auf 12 Ortsanlagen aufgeteilt, von denen sich aber nur 9 bis
zur Gegenwart hielten, 3 Plätze aber verödeten, nämlich Gerholz (aus
Gerolds, heute fortlebend im Namen der Gerhardsmühle an der
Thaya), Gansholz (wohl aus Candolfs abgeleitet), an deren
Stelle heute Waldungen und Überländer sich befinden. Die dritte
Öde liegt zwischen Kirchberg und Limbach im äußeren Tiergarten,
dem sogenannten Seywald (aus Seybolden umgedeutet). Kirchberg
selbst liegt in der Mitte des Landstreifens. Ein durchlaufender
Weg verbindet die südlich von Kirchberg befindlichen Dörfer
Ottenschleg, Warnungs (ursprünglich Warmunds geschrieben),
Süßenbach (ein Guto von Suezzenpsch ist bereits 1143 in den
Zwettler Annalen verewigt mit sechs Söhnen und zwei Töchtern,
euch 5 Pfennig Dienst). Den Ortsnamen hat der genannte Guto
oder dessen Vorfahr von seinem früheren Stammsitz hieher übertragen. Bei Hollenstein dürfte dasselbe dar Fall sein, da es
in den älteren Siedlungsgebieten mehrere Hollenstein gibt. Nördlich Kirchberg liegt zunächst Fraberg (heute Fromberg geschrieben) an den von Kirchberg herabfließenden Wasserlauf im Tale;
auch hier liegt eine Namensübertragung durch die ersten Zuwan-
derer vor. An der Fortsetzung des Verbindungsweges nach Norden
folgt das Dorf Ullrichs - im Volksmunde bis heute Mureix geheissen, benannt entweder nach Rudolfs Sohn Udalrich = Ulreich
von Krichberg oder einen gleichnamigen Vorfahren; "datz deme
Ulreiches", 'm' Ureichs, Mureix. Weiters folgt Nondorf, in der
Bedeutung Neudorf. Augenscheinlich war dabei ein niederer Adel,
die Naundorfer, Namensgeber - Nonderf gibt es im Waldviertel mehrere. Zum Vergleich sei an "Naumburg" in Franken erinnert. Den Abschluß an der Braunau bringt das Dorf Hoheneich.
Ob hier eine mächtige Eiche die Benennung verursachte oder ein
"Hoheneicher" den Ortsnamen mitbrachte, läßt sich nicht mehr
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feststellen: dazu sei auf das ältere Hohenau bei Dobersberg
verwiesen, das urkundlich gleichfalls Hoheneich hieß. Ob der
Pürbachhof mit den Gründen am linken Ufer des Pürbaches schon
von allem Anfang zur Herrschaft Kirchberg gehörte, ist unklar,
da das Landgericht darüber ursprünglich zur Herrschaft Schrems
gehört hatte. |
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Der Herrschaftssitz Kirchberg dürfte ursprünglich im Osten des
Dorfes an der Stelle der Kirche und des Pfarrhofes sich befunden haben. Letzteres Gebäude wird noch später als Wirtschaftshof der Kirchberger genannt, welche in der Zwischenzeit,
wie in den Zwettler Annalen zu lesen ist, auf der Anhöhe süd-
lich des oberen Ortsendes eine gut bewehrte Burganlage errichtet hatten, im Jahre 1345 ist noch vom "Dorf" Kirchberg die
Rede. Die Besitzer hatten aber ihren Herrschaftssitz bereits
bei der Gründung seiner Bestimmung entsprechend mit einem geräumigen rechteckigen Platz veranlagt. Jedenfalls erhielt
der Ort sehr bald das Marktrecht verliehen. Die erste urkundlich überlieferte Verleihung des Landgerichtes durch Herzog Albrecht datiert aus 148o. |
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Von einem Pfarrer Ulrich von Kirchberg lesen wir aber schon
1238; dieser war Schreiber beim Herzog und wurde später sogar
Erzbischof von Salzburg. Über die Kirchen- und Pfarrgründung
hat sich keine Nachricht erhalten; um sich über diesen Vorgang
eine Vorstellung machen zu können, soll die Urkunde über die
Pfarrgründung zu Langschlag anschließend nach der im Besitz
von H.Bgm. Lintner befindlichen Photokopie der lateinischen
Originalurkunde deutsch widergegeben werden: |
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Im Namen der heiligen unteilbaren Dreifaltigkeit. Wir Mangold
von Gottes Gnaden Bischof von Passau, gewähren gerne frommen
Wünschen unsere Zustimmung und begrüßen jeden aus Gottesfurcht
unter dem Beifall aller Christgläubigen erfolgten Kirchenbau.
So mögen die jetzt Lebenden wie auch künftige Geschlechter mit
Hochachtung zur Kenntnis nehmen, daß der gestrenge Herr
Ernestus von Traun im Eifer der Gottesverehrung zu Langschlag
eine Kirche zu seiner und seiner Eltern Seelenheil stiftete,
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nachdem er einen Teil der seit undenklichen unbewohnten und
nun ihm als rechtliches Eigen zugehörigen Nordwald-Wildnis gerodet und mit seinen Leuten nutzbar gemacht hatte. Auch übertrug er den Baugrund sowie die ganze zugehörige Ausstattung der
neuen Kirche und ein Lehen als Pfarrsitz als rechte Schenkung
dem Bistum Passau. Wir hingegen geben dem uns empfohlenen
Ritter C. und dessen Erben das Besitzrecht und zwei
Zehentdrittel zu Lehen, der Pfarrkirche aber einen Drittelzehent. Auch bewilligen wir derselben alle einer freien Pfarre
zukommenden Rechte. Schließlich bestimmen wir, daß zum Pfarrbereich aller Grund und Boden gehören soll, den der Stifter in
seinem eigentümlichen Machbereich urbar gemacht und noch machen
wird, gehören solle. Damit aber diese Stiftung sowohl zu unsern
Lebzeiten wie auch unter unsern Nachfolgern seinen gesicherten
Bestand behaupten kann, beglaubigen wir diese Urkunde ordnungsgemäß mit unserm bischöflichen Insigel vor den anwesenden namentlich angeführten Zeugen......... |
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Dies geschah zu Everding im Jahre 12o9 nach Menschwerdung des
Herrn im dritten Jahr unseres Pontifikates unter dem römischen
Kaiser Otto IV im ersten Jahr seiner Herrschaft. (Originalurkunde im bayrischen Landesarchiv zu München).
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Dorfanlage und Flurbild |
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Ullrichs selbst liegt inmitten der flach auslaufenden Quellmulde des namenlosen Ortsbaches; die beiden Häuserzeilen zogen
sich entlang des dem Dorfanger beiderseits des Baches begrenzenden Verbindungsweges hin. Die Hausmarchen mit dem zugehörigen
Gartenacker stellen lauter gleich große Rechtecke im Ausmaße
von etwas über ein Joch Wiesen- und Ackergrund dar, die eine
Breite von 6o Schritten hatten. So waren bei normalen Ausbau
die Wohn- und Wirtschaftsgebäude von den beiderseitigen Nachbarn in einem gleichmäßigen, Feuerschutz bietenden Abstand,
angelegt. Dem inneren Dorfweg entsprach ein äußerer, größerer
Umfassungsweg, welcher zugleich mit der ihn begleitenden Hecke |
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die Gartenäcker gegen die Feldflur abschloß. Ullrichs weist also
wie alle zur Herrschaft gehörigen Orte die Gartenacker-Lüßflur
auf, bei welcher die Lüsse in den einzelnen Feldern keinen Zusammenhang mit dem Gartenacker haben. |
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Die ganze Anlage umfaßt, wie sich aus der Zahl der Hofstellen
und der Lüsse in den Dreifeldern erweist, 3o Ganzlehen mit je
rund 15 Joch Acker und Wiesen, sowie 11 Hofstätten im Ausmaße
eines Drittellehens, also mit rund 5 Joch Acker und Wiesen, welche jedenfalls als Handwerkerstellen gedacht waren. Kleinhäuser
ohne Grund waren im ursprünglichen Plan nicht vorgesehen. Eine
Hofstätte war als Amtssitz des Amtmannes (Amtsrichters) vorgesehen und führte die Bezeichnung Amtshofstatt. Des Gebäude derselben stand mitten im Dorfe, am Dorfanger, auf der sogenannten
Amtwiese "oberhalb der Eiche", wie es im Urbar zu lesen ist.
Später gehörte die Amtshofstatt zum heutigen Hause Nr. 27, ebenfalls am Ortsplatz aufgebaut; von diesem Lehenhaus wurde später
die Amtshofstatt auf das Lehen heute Nr. 24 übertragen, welches
"Ulrich der Deuchtmeister" innehatte und der sicherlich gleichzeitig als Ortsrichter amtierte. |
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Längs des inneren Verbindungsweges sind die Hausplätze am
oberen und unteren Ortsende für die Hofstätten vorbehalten
worden, während die Hausstellen der Lehen den Mittelteil ausfüllten. Die Hausgründe der Lehen und Hofstätten waren streng
getrennt. Die den Hofstätten zugehörigen Lüsse, rund ein Achtel
der Gesamtflur umfassend, lagen oberhalb des Dorfes: 11 Lüsse
im Hasenbühel, 11 Lüsse gegenüber im Schachenfeld. Dazwischen
befanden sich als kleineres drittes Feld die sogenannten Feldeln. Die ganzen anderen Gründe der Lehen waren auch der überkommenen Dreifelderwirtschaft entsprechend in drei Teile geteilt: hinter der Winterzeile des Dorfes breitete sich das
erste Feld genau vom oberen bis zum unteren Ende der Dorfstatt
aus und war in zwei gleiche Hälften unterteilt, deren jede 3o
Lüsse umfaßte: jedes Lehen hatte in jedem Teil einen Lus. Die
obere Hälfte führt den Namen Mühllusfeld, da sie an die Nondorfer Mühlen anstieß; die andere Hälfte hieß "Brunnlusfeld",
von einer in diesen Wiesen vorkommenden starken Queile. Der
Brunnen soll gutes, nach Meinung seines Besitzers sogar heil-
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sames Wasser führen. Diesem ersten Feld gegenüber, auf der Seite
gegen Kirchberg, liegt des zweite Feld, ebenfalls mit zweimal
3o Lüssen, oben an die Hofstattäcker im Schachen anschließend
und bis zum unteren Ortsende und dem Grafenteich reichend, durch
die sogenannte "Gern", einem keilartigen Feldstück vom dritten
Feld geschieden, Die Lüsse des dritten Feldes ziehen von der
Hoheneicher Grenze durchlaufend bis zum andern Ende der Feldfreiheit, im Osten abgeschlossen durch den Edelauteich und die
Breiten an der Pürbacher Feldgrenze und am Spielberger Teich.
Dieses dritte Feld gliedert sich in drei Teile: im Norden die
"Zulüsse", die sich in der Mitte beiderseits des Bachlaufes
als Grummetwiesen fortsetzen und im Süden als Edelseelüsse
(richtig Erlsee-) abschliessen. Jedes Lehen besitzt demnach
im ersten und zweiten Feld je zwei Hauslüsse und im dritten
Feld einen durchlaufenden Hauslus. |
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Die Luszuteilunq erfolgte in der frühen Siedlunqszeit durch
das Los, daher die Bezeichnung "Lus". In unserem Falle wurden
die Lüsse nach einem fixen Schema zugewiesen, bei dem die im
Ort gegenüberliegenden Lehen in der Feldflur die Lüsse nebeneinender zugewiesen erhielten. Doch wechselten in jedem Feld
die Reihenfolge einigermaßen, wie aus der angeschlossenen Tabelle zu ersehen ist. Bei der Vermessung blieben einzelne Feldstücke außerhalb der Dreifelder, nämlich die sogenannten Breiten
am Eggartenberg, zwischen den Hofstattlüssen am oberen Ortserde
und die Mühlbreiten. Diese sowie die sogenannten Brandwiesen
unterhalb des Edelseefeldes waren dem Lehen heute Nr. 25 zugehörig, das in den Grundbüchern fallweise als "Hof" bezeichnet wird. Schließlich blieben an Acker und Wiese noch der erwähnte "Gern" und die Streitlüsse, welche zum Ausgleich für benachteiligte Lehen Verwendung fanden. Außerdem gab es dann noch
die Gemeindegründe: ein Streifen Brandwiesen, die Gemeindeweide
am Hart (Hoad) neben dem Erlauteich und die Waldung. Der Hart
gehörte zur Nutzung allen Lehen gemeinsam, das Hofstattholz
allen Hofstätten. Beide Wälder wurden noch vor 18oo parzelliert
und an die einzelnen Besitzer aufgeteilt. Unverständlicherweise
wurden etwas vor 18oo das seit Anbeginn zur Gemeindefreiheit
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von Ullrichs gehörige Hofstattholz durch einen willkürlichen
Herrschaftsentscheid abgetrennt und an die Gemeinde Hoheneich
angeschlossen, sodass die Ullrichser Hofstattholzinhaber seither für ihre Hauseigenen Waldanteile Grundsteuer und Abgaben
an die fremde Gemeinde abführen müssen. Diese Steueranteile
fehlen also der Gemeinde Ullrichs nunmehr bereits über 15o
Jahre. |
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Ein weiterer Eingriff in die Grundzuteilung war schon 1649
erfolgt, als der Kirchberger Ratsbürger Simon Zeißlmayer mit
Bewilligung der Herrschaft von 16 Ulrichser Lehnern die an die
Kirchberger Freiheit rechts der Straße zwischen Galgen und
Schachenwald befindlichen Endstücke ihrer Lüsse zur Anlage
eines Überländes käuflich an sich brachte, wobei die Verkäufer für ihre "Örtl" je nach Ausmaß 2-7 Gulden erhielten.
Das neue Überland verblieb aber weiterhin im Ulrichser Gemeindeverband und befindet sich gegenwärtig zum Großteil in
der Hand von Gemeindeangehörigen. |
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So erhielt sich hier in Ullrichs im Gegensatz zu vielen anderen
Orten die uralte Feldeinteilung bis heute so gut, daß durch Vergleich der alten Grundbücher und Urbare sowie durch die Grundaufnahmen von 175o und 1766 unter Maria Theresia, die Josephinische
Fassion von 1787 und die Besitzaufnahme (Katastralmappe) von 1823
unter Kaiser Franz der Gründungsbestand an Lehen und Hofstätten
genau sich erschließen ließ, gleicherweise deren ursprüngliche
Bestiftung mit den untrennbar zugehörigen Hausgründen, bzw.
Lüssen und Breiten. Trotzdem Lehen und Hofstätten seit jeher
als unteilbare Wirtschaftseinheiten galten, hatte sich im Laufe
der Zeiten mancherlei in der Zuteilung geändert, bedingt durch
kriegerische Zerstörungen oder Mangel an einsetzbaren Siedlern.
Wenn überhaupt jemals alle 41 Hausstellen bestiftet waren und
bewirtschaftet gewesen sein sollten, für die Zeit des Beginnes
der schriftlichen Aufzeichnungen im Urbar von 1561 und dem
Grundbuch von 1573 traf dies nicht mehr zu, denn da gab es
eine beachtliche Anzahl öder Hausstellen deren Gründe den
Inhabern bestifteter Erblehen von der Herrschaft teils "für
ewig" ins Haus gegeben, teils als Überländer "auf Wohlgefallen"
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gegen Leistung eines erhöhten Zinses auf jederzeitigem Widerruf
zur Nutzung verliehen wurden. Infolgedeseen deckt sich in gewissen Fällen die gegenwärtige Grundausstattung nicht mehr mit
den Urlehen. Es konnten ganz neue Wirtschaftseinheiten sich
entwickeln, wie z.B. die erst nach 17oo entstandenen Kleinhäusl,
welche bei Erbauung nur mit "Dachtropfen"umfangen", allmählich
durch kauf solcher freigewordener Überländer auch zu Grundbesitz kamen. Jedenfalls erweisen die oberwähnten Aufzeichnungen,
daß das Dorf sozusagen eingeschrumpft ist, dess einzelne Untertanen abseits gelegener zerstörter Häuser auf frei gewordene
Plätze im Dorfinnern umsiedelten und ihre bisherigen Hausgründe
von dort aus bebauten. So kam es, daß fast ein Viertel der vorgesehenen Hausstellen am unteren Dorfende leer blieb und erst
in neuerer Zeit zum Teil mit Kleinhäusern besetzt wurde. Für die
unbesetzt gebliebenen, aber noch zum Dorfbereich gehörigen Gartenäcker, die nicht dem Flurzwang der Dreifelderwirtechaft unterworfen waren, hat sich die alte Bezeichnung "Point" erhalten, wes
so viel wie eingezäumter Grund bedeutet, wie überhaupt jedes
Dorf von der Feldflur durch einen lebenden Schutzzaun abgetrennt
war, während an den Einfallsstellen der Durchfahrtswege nachts
mit Schranken bzw. Toren abgesperrt wurde. In mancher Ortschaft
hat sich der "Falterstein", das heißt der Fall-Tor-Stein erhalten, bei welchem straffällig gewordene Leute dem Landrichter
übergeben werden mußten. Am oberen und unteren Ende der beiden
Dorfzeilen wurde die Ortschaft durch je ein quer gestelltes
Lehenhaus abgeschlossen. |
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Im Urbar von 1561 sind nur 16 aufrechte Lehen und 2 aufrechte
Hofstätten verzeichnet. Wenn auch 3 oder 4 Lehen beim Abschreiben übersehen wurden, verblieben doch 9 oder 1o Lehen sowie 9
Hofstätten öde und unbestiftet. Augenscheinlich war die Herrschaft Kirchberg seit dem Ableben des letzten Herrn von Hohenfeld etwas vernachlässigt worden. Denn das Grundbuch von 1573
zeigt, daß die neuen Besitzer, die Herren von Sonderndorf,
binnen 12 Jahren eine Anzahl dieser Ödlehen neu bestifteten und
das Dorf wieder aufblühte, Mit den Hofstätten, die nur ein
Drittellehen umfaßten, scheint es dagegen Schwierigkeiten ge-
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geben zu haben. Augenscheinlich waren sie für sich allein nicht
lebensfähig und wurden daher anderen Häusern zugeteilt. So wurde die Hofstatt - heute Nummer 32 - durch Zuteilung von 2 öden
Hofstätten zu einem Ganzlehen aufgestockt, ähnlich das heutige
Haus Nr. 24 durch 3 öde Hofstätten, darunter die Amtshofstatt,
vergrössert, die restlichen Öden aber einzeln den heutigen
Lehenhäusern Nummer 2, 3, 27, 31 und 34 zugewiesen. |
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In der Anlege soll durch Tabellen der Zustand der Urlehen und
die späteren Änderungen zur Darstellung gebracht werden, und
zwar getrennt nach Lehen und Hofstätten. In diesem Schema sind
beiderseits des in der Mitte angedeuteten Dorfangers die Hofstellen des Lehen bzw. der Hofstätten in laufender Reihenfolge
1 - 3o (1 - 11) unter Beisetzung der heutigen Hausnummern eingetragen, daneben die laufenden Nummern der Hauslüsse in den
Dreifeldern beigesetzt. Im Mittelstreifen sind die an den Zeilenenden quergestellten Lehen 31 und 17 sowie die im Dorfanger
liegenden Häuser 9 und 27 markiert. Dazu wäre zu bemerken, daß
das Lehenhaus 9 eigentlich in der Häuserzeile gegenüber auf dem
ihm zugehörigen Gartenacker stehen sollte, während das an diesem
Bauplatz befindliche, dem Stift Zwettl gehörende Lehen Nr. 1o
in die nördliche Häuserzeile zwischen Nr. 18 und Nr. 17 auf dem
eigenen Gartenacker seinen richtigen Standort hätte, wo jetzt
das Kleinhaus Nr. 51 sich befindet. Vermutlich war dieses Zwettler
Lehen einmel als Öde beim Haus Nr. 9 und es wurde bei einer
Erbteilung das nun notwendig gewordene Wohn- und Wirtschaftsgebäude gleich nebenan errichtet."
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Vor einer Weiterverwendung bitte nachfragen.
Diese Seite wurde am 7. Oktober 2009 erstellt und am 8. Oktober 2009 zuletzt bearbeitet.
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