Ullrichs / Mureichs
bei Kirchberg am Wald



Dorfbuch Ullrichs-Mureichs Titelschrift

Dorfbuch Ullrichs-Mureichs
von Josef Fuchs (* 1889 - +1967), Ullrichs 25 / Wien



Teil 14
Von Seite 160 bis Seite 173
bis Ende des Kapitels „Dorfanlage und Flurbild“  






Seite 160 im Original ohne Seitenangabe


 
M U R E I X - U L L R I C H S
 
Ein Waldviertler Dorfbild im Rahmen seiner Herrschaft
 
Kirchberg am Walde.
 
Acht Jahrhunderte Bauernarbeit und Bauernschicksal






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Der Heimatboden

 
Über den Heimatboden des oberen Waldviertels unterrichtet uns ausführlich R. Hauer in der Heimatkunde des Bezirkes Gmünd, worin euch die frühesten Nennungen für unser Dorf zusammengestellt sind.
 
Ullrichs liegt in der Granitlandschaft nahe der böhmischen Grenze, die nach alten Aufzeichnungen seit undenklichen Zeiten weithin mit Urwald bedeckt war, dem wilden Nordwald oder böhmischen Wald. Sein namenloses Bächlein, das mit den Abflüssen mehrerer Teiche und vereinigt mit dem Pürbach der Braunau und damit der Lainsitz zufließt, gehört demnach zum Flußgebiet der Moldeu und damit der Nordsee zu, während jenseits von Kirchberg und Fromberg die Quellbäche der Thaya die Wässer über March und Donau dem Schwarzen Meer zubringen. Während im waldarmen Weinviertel, drunten im Land und am Horner Boden sowie längs der Donau durch reiche Funde altes Kulturland festzustellen war, beginnt hier oben die Geschichte nicht in grauer Vorzeit, sondern erst mit der späten Aufschließung der menschenleeren, undurchdringlichen Wildnis.
 
Auch hier gilt: "Am Anfang war der Wald."
 
Erst um das Jahr Tausend, als die nach der Völkerwanderung zwischen Elbe und Rhein sowie im heutigen Süddeutschland verbliebenen Stämme aus Bodenhunger nach dem menschenarmen Osten zurückdrängten, kam auch das so lange gemiedene rauhe Waldviertel in den Bereich der Landnahme und Besiedlung; diese drängte in der Hauptsache über den Horner Boden nach Westen und Nordwesten sogar über die heutige Grenze hinaus bis in den mährischen und böhmischen Bereich und besetzte diesen Raum von Znaim bis Neubistritz-Neuhaus, sowie westlich von Weitra über Strobnitz bis Sonnberg mit deutschen Burgen und Dörfern, während die Neusiedler in mühevollem Schaffen aus öden Wald-, Sumpf- und Heideboden fruchtbringende Felder erarbeiteten.




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Der Siedlungsvorgang

 
Will man die Besiedlung und Urbarmachung des mittleren und nordwestlichen Waldviertels klarstellen, muß man sich in erster Linie mit dem mächtigen Geschlecht der Herren von Kuenring befassen, die - aus dem Rheinlande stammend - über Sachsen und Bayern euch in die Babenberger Ostmark kamen, wo ihr Stammherr Azzo (auch Hezzo genannt) für tapfere Taten im Dienste des Markgrafen anno 1o56 vom deutschen König ein Gut am Hang des Manhartsberges erhielt, Hezzimanneswiss, das spätere Kühnring. Weitere Königsschenkungen im freien Nordwald führten seine Söhne und Nachkommen von ihren Vesten am unteren Kamp aus entlang dieses Flusses im Laufe der Jahre durchs ganze mittlere Waldviertel bis en die böhmische Grenze und darüber hinaus ins Strobnitzgebiet, das sie als böhmisches Lehen vorübergehend in Besitz hatten. Diese Neusiedlungsgebiete im freien Nordwald lagen außerhalb der Ostmark, waren reichsunmittelbarer Besitz und unterstanden dem Herzogtum Bayern. Erst 1156 wurde dieser Raum gelegentlich der Erhebung Österreichs zum Herzogtum diesem einverleibt. Da schon vorher Markgraf Leopold und Heinrich gleichzeitig Herzoge von Bayern waren, erstreckte sich ihr Machtbereich auch über das Waldviertel und so ergab sich für sie die Möglichkeit, die große bis an die Braunau bei Hoheneich reichende Herrschaft Krumau nach dem Aussterben des dortigen Kuenringer-Zweiges an sich zu ziehen, obwohl es vom letzten Inhaber für eine Klostergründung gele(o?)bt worden war.
 
Indessen hatten die Kuenringer des weite Waldland um Zwettl und Schweiggers und auch den Raum um (Alt-)Weitra mit Mi1fe ihrer zahlreichen ritterlichen Dienstmannen siedlungsmäßig erschlossen und durch viele feste Burgen gesichert. Das geplante Kloster aber erstand 1139 im lichten Tal am Kamp, un- weit der Kuenringer Burg oberhalb der Zwettl-Kampmündung, neben der die alte Pfarrkirche für das Zwettler Herrschaftsgebiet erstand, die spätere Propsteikirche, wahrend im Mündungswinkel noch vor 12oo das Städtchen Zwettl gegründet und befestigt wurde.




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Beim weiteren Vordringen bis zur Böhmengrenze hören wir 1162 von der neuen Burg Hadmarstein, um 1165 von Großschönau, dann von Weitra, dem bald als neuer Schwerpunkt der Kuenringer Macht die neue Burg und das feste Grenzstädtchen Weitra folgten, wo 12oo die Doppelhochzeit von Hadmars Sohn Heinrich und seiner Tochter Gisela feierlich begangen wurde.
 
Wie solche Gründungen vor sich gingen, mag uns ein alter Be- richt über die Gründung des bayrischen Klosters Scheyern (um 1o3o) veranschaulichen: ein Graf Hermann zog mit Dienstleuten und untertänigen Bauern aus seinem Stammgut in den freien Wald und ergriff davon Besitz in aller Form, wie es nach altem Volksbrauch und Herkommen üblich war, das Erbrecht nach Landesbrauch durch Ersitzung zu gewinnen - nämlich durch Schlägerung der Baumbestände, Entzündung von Herdfeuern, Aufbau von Wohnstätten und dreitägigen Aufenthalt an diesem Platze.
 
Es ist eher anzunehmen, daß in späterer Zeit eine so willkürli- che und eigenmächtige Besitznahme nur selten mehr üblich war, sondern eher durch königliche Schenkungen erbliche Eigentumsrechte begründet wurden, Zumindest aber wurde die Landnahme durch nachfolgende Schenkung bzw. Verleihung beurkundet und beglaubigt. Auch aus dem Waldviertel selbst ist uns ein Beispiel einer selchen Ortsgründung überliefert. Es handelt sich hiebei um die Anlage von Ober Strahlbach durch den Pfarrer Pilgrim von Zwettl. Dieser kam zum Abt von Zwettl mit dem Rate, das Waldland des Stiftes nicht ungenützt zu lassen, sondern dasselbe, da ein großer Teil davon - wohl durch Unwetter - bereits niedergerissen war, ihm zur Kultivierung zu überlassen. Auf die Antwort des Abtes, daß das Kloster weder die Mittel noch die notwendigen Leute aufbringen könne, trug sich Pilgrim an, dies durchzuführen, wenn ihm der Platz zur Verfügung gestellt würde. Auf den Einwand, daß dem Stifte nach der Besiedlung der Wald entfremdet werden könnte, beteuerte er feierlich, daß ihm diee fernliege, er nur ein gutes Werk für sein Seelenheil tuen wolle und das Land bei seinem Ableben dem Stifte rückstellen werde. Daraufhin stimmte der Abt zu und überließ ihm den Windbruch zur Besiedlung. Pilgrim hatte jedenfalls als Glied der Familie Kuenring die Möglichkeit, die notwendigen Leute aus den Kuenringischen Besitzungen in nah




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und fern zur Ortsgründung heranzuziehen. So entstand das Dorf Ober Strahlbach, im Zwettler Stiftungsbuch verschrieben als "Seelebaes", jedenfalls richtig zu lesen als Strelebahes bzw. Straelebaches, Strahlbach.
 
Über die Siedlerwerbung erzählt wieder eine sächsische Quelle, die Pegauer Annalen von 11o4: Als Herr Wigbertus (= Wiprecht von Greitsch) im Merseburger Bistum einen Neubruch anlegen wollte, holte er zur Urbarmachung aus den Besitzungen seiner Mutter in Franken siedlungswillige Menschen heran, denen er nach Räumung der Waldbestände die in Gavannen geteilten Felder in erblichen Besitz übertrug. Der Berichtschreiber findet es spaßhaft, daß jedes neugegründete Dorf sich nach dem Namen seines Siedlungsleiters benannte: Dittmannsdorf, Hartmannsdorf, Heinersdorf, Reichersdorf, Neckersdorf. Man sieht hier die gleiche Ortsnamenbildung mit "-dorf", Wie sie im Weinviertel üblich war, während sie im Waldviertel mit -schlag. -reith, -brand bzw. überhaupt ohne Zusatz nur mit dem Gründernamen gebildet wurden: "dacz deme Warmundes" oder "dacz deme Albrechts". Es ist klar, daß auch die Kuenringer wie ihre Dienstmannen und Lehensritter bei der Erschließung der riesigen Waldungen ganz planmäßig vorgingen und sich aus der alten Heimat dafür ausgebildete und erfahrene Feldmesser und Siedlungsfachleute mitführten, wie solche in späteren Quellen auch bezeugt sind. So berief Ottokar von Böhmen einen gewissen Conrad von Lebendorf aus Bayern, welcher ihm als "wohlerfahren und besonders tüchtig" auf diesem Fachgebiet empfohlen worden war. (s. O.Weizsäcker, MVGdDB, 1913, S. 488)
 
Jedenfalls mußten, wie sich's in solcher Lage zwingend ergibt, nach der landesüblichen Besitznahme vorerst primitive Notunter- künfte für die Siedler und ein behelfsmäßiger Sitz für den Herren als Stützpunkt errichtet werden, welcher freilich nur ein mit Wall, Graben und Palisaden geschützter Holzbau gewesen sein konnte. Daran schloß sich die Schlagarbeit im geplanten Ortskern und auf den für die Fluranlage bestimmten Flächen. Nach Räumung und Vermessung mit Meßleine und Meßrute konnte die Aufteilung und Zuteilung der Hofmarchen für die Lehen und Hofstätten, sowie die Zuweisung der Hausgründe nach dem Brauch




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der gewohnten, in der Stammheimat erprobten Dreifelderwirtschaft vollzogen werden. Damit waren die Voraussetzungen für die zur Lebensfähigkeit der neuen Siedlung notwendigen Haus- und Feldwirtschaft geschaffen.
 
Mit diesem kurzen Überblick wäre der Rahmen gegeben für das Geschehen im engsten Heimatbereich, für das Werden der Herrschaft Kirchberg und das Entstehen der zugehörigen untertänigen Dörfer, zu denen auch unser Ullrichs zählt.



Das Herrschaftsgebiet

 
Mit dem Gefolgsmannen der Kuenringer kamen auch die Herren von Kirchberg aus dem Land ob der Enns und machten sich hier seßhaft. Als Stammsitz dieser Familie darf man wohl Kirchberg bei Linz hinter dem Kürenberger Wald annehmen, von wo sie sich ins Mühlviertel verzweigten - Kirchberg an der Donau und Kirchberg bei Hirschbach im Mühlkreis -. Schon hieraus ergeben sich gewisse Zusammenhänge für das nicht zufällige Nebeneinander von Hirschbach und Kirchberg im Waldviertel. Ähnliche beziehungen sind für Kirchberg am Wald und Kirchberg an der Wild festzustellen, da in beiden Herrschaftsbereichen z.B. der Familienname Katzinger sich findet, der vom Weiler Katzing, neben dem genannten Kirchberg liegend, sich ableiten läßt.
 
Als Stammvater unseres Zweiges erscheint in Zwettler Aufzeichnungen ein Rudolf von Kirchberg, in welchem wir den Gründer und Besiedler der Herrschaft Kirchberg am Walde annehmen dürfen, wenn nicht bereits ein urkundlich nicht überlieferter Vorfahr den Grund dazu gelegt haben sollte.
 
Und so ähnlich, wie die vorerwähnten Quellen berichten, haben wir uns den Gründungsvorgang auch bei den Kirchberger Dörfern vorzustellen. Im Rahmen der nach Nordwesten fortschreitenden Landnahme kann man die Aufschließung des Kirchberger Bereiches etwas vor der Klostergründung zu Zwettl ansetzen, also gegen 113o; ein urkundlicher Nachweis läßt sich natürlich mangels schriftlicher Überlieferung nicht erbringen. Den einzigen Anhaltspunkt bildet die Tatsache, daß die vorerwähnte Eintragung Rudolfs von Kirchberg in der Schrift des 12. Jahrhunderts erfolgte, also zwischen 114o und 118o anzusetzen wäre.




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Der Herrschaftsbereich Kirchberg füllt den äußersten Winkel der großen Herrschaft Krumau zwischen dem Oberlauf der Steinigen Thaya und der Braunau, im Schremser Urbar als "Steinwasser" bezeichnet, das als Schremelize bereits 1179 in der kaiserlichen Grenzurkunde erwähnt wurde. Auf dem Kartenblatt zeigt sich dieses Gebiet als ein schmales langgestrecktes Rechteck von Südost gegen Nordwesten verlaufend; es wurde im Zuge der Besiedlung auf 12 Ortsanlagen aufgeteilt, von denen sich aber nur 9 bis zur Gegenwart hielten, 3 Plätze aber verödeten, nämlich Gerholz (aus Gerolds, heute fortlebend im Namen der Gerhardsmühle an der Thaya), Gansholz (wohl aus Candolfs abgeleitet), an deren Stelle heute Waldungen und Überländer sich befinden. Die dritte Öde liegt zwischen Kirchberg und Limbach im äußeren Tiergarten, dem sogenannten Seywald (aus Seybolden umgedeutet). Kirchberg selbst liegt in der Mitte des Landstreifens. Ein durchlaufender Weg verbindet die südlich von Kirchberg befindlichen Dörfer Ottenschleg, Warnungs (ursprünglich Warmunds geschrieben), Süßenbach (ein Guto von Suezzenpsch ist bereits 1143 in den Zwettler Annalen verewigt mit sechs Söhnen und zwei Töchtern, euch 5 Pfennig Dienst). Den Ortsnamen hat der genannte Guto oder dessen Vorfahr von seinem früheren Stammsitz hieher übertragen. Bei Hollenstein dürfte dasselbe dar Fall sein, da es in den älteren Siedlungsgebieten mehrere Hollenstein gibt. Nördlich Kirchberg liegt zunächst Fraberg (heute Fromberg geschrieben) an den von Kirchberg herabfließenden Wasserlauf im Tale; auch hier liegt eine Namensübertragung durch die ersten Zuwan- derer vor. An der Fortsetzung des Verbindungsweges nach Norden folgt das Dorf Ullrichs - im Volksmunde bis heute Mureix geheissen, benannt entweder nach Rudolfs Sohn Udalrich = Ulreich von Krichberg oder einen gleichnamigen Vorfahren; "datz deme Ulreiches", 'm' Ureichs, Mureix. Weiters folgt Nondorf, in der Bedeutung Neudorf. Augenscheinlich war dabei ein niederer Adel, die Naundorfer, Namensgeber - Nonderf gibt es im Waldviertel mehrere. Zum Vergleich sei an "Naumburg" in Franken erinnert. Den Abschluß an der Braunau bringt das Dorf Hoheneich. Ob hier eine mächtige Eiche die Benennung verursachte oder ein "Hoheneicher" den Ortsnamen mitbrachte, läßt sich nicht mehr




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feststellen: dazu sei auf das ältere Hohenau bei Dobersberg verwiesen, das urkundlich gleichfalls Hoheneich hieß. Ob der Pürbachhof mit den Gründen am linken Ufer des Pürbaches schon von allem Anfang zur Herrschaft Kirchberg gehörte, ist unklar, da das Landgericht darüber ursprünglich zur Herrschaft Schrems gehört hatte.
 
Der Herrschaftssitz Kirchberg dürfte ursprünglich im Osten des Dorfes an der Stelle der Kirche und des Pfarrhofes sich befunden haben. Letzteres Gebäude wird noch später als Wirtschaftshof der Kirchberger genannt, welche in der Zwischenzeit, wie in den Zwettler Annalen zu lesen ist, auf der Anhöhe süd- lich des oberen Ortsendes eine gut bewehrte Burganlage errichtet hatten, im Jahre 1345 ist noch vom "Dorf" Kirchberg die Rede. Die Besitzer hatten aber ihren Herrschaftssitz bereits bei der Gründung seiner Bestimmung entsprechend mit einem geräumigen rechteckigen Platz veranlagt. Jedenfalls erhielt der Ort sehr bald das Marktrecht verliehen. Die erste urkundlich überlieferte Verleihung des Landgerichtes durch Herzog Albrecht datiert aus 148o.
 
Von einem Pfarrer Ulrich von Kirchberg lesen wir aber schon 1238; dieser war Schreiber beim Herzog und wurde später sogar Erzbischof von Salzburg. Über die Kirchen- und Pfarrgründung hat sich keine Nachricht erhalten; um sich über diesen Vorgang eine Vorstellung machen zu können, soll die Urkunde über die Pfarrgründung zu Langschlag anschließend nach der im Besitz von H.Bgm. Lintner befindlichen Photokopie der lateinischen Originalurkunde deutsch widergegeben werden:
 
Im Namen der heiligen unteilbaren Dreifaltigkeit. Wir Mangold von Gottes Gnaden Bischof von Passau, gewähren gerne frommen Wünschen unsere Zustimmung und begrüßen jeden aus Gottesfurcht unter dem Beifall aller Christgläubigen erfolgten Kirchenbau. So mögen die jetzt Lebenden wie auch künftige Geschlechter mit Hochachtung zur Kenntnis nehmen, daß der gestrenge Herr Ernestus von Traun im Eifer der Gottesverehrung zu Langschlag eine Kirche zu seiner und seiner Eltern Seelenheil stiftete,




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nachdem er einen Teil der seit undenklichen unbewohnten und nun ihm als rechtliches Eigen zugehörigen Nordwald-Wildnis gerodet und mit seinen Leuten nutzbar gemacht hatte. Auch übertrug er den Baugrund sowie die ganze zugehörige Ausstattung der neuen Kirche und ein Lehen als Pfarrsitz als rechte Schenkung dem Bistum Passau. Wir hingegen geben dem uns empfohlenen Ritter C. und dessen Erben das Besitzrecht und zwei Zehentdrittel zu Lehen, der Pfarrkirche aber einen Drittelzehent. Auch bewilligen wir derselben alle einer freien Pfarre zukommenden Rechte. Schließlich bestimmen wir, daß zum Pfarrbereich aller Grund und Boden gehören soll, den der Stifter in seinem eigentümlichen Machbereich urbar gemacht und noch machen wird, gehören solle. Damit aber diese Stiftung sowohl zu unsern Lebzeiten wie auch unter unsern Nachfolgern seinen gesicherten Bestand behaupten kann, beglaubigen wir diese Urkunde ordnungsgemäß mit unserm bischöflichen Insigel vor den anwesenden namentlich angeführten Zeugen.........
 
Dies geschah zu Everding im Jahre 12o9 nach Menschwerdung des Herrn im dritten Jahr unseres Pontifikates unter dem römischen Kaiser Otto IV im ersten Jahr seiner Herrschaft. (Originalurkunde im bayrischen Landesarchiv zu München).



Dorfanlage und Flurbild

 
Ullrichs selbst liegt inmitten der flach auslaufenden Quellmulde des namenlosen Ortsbaches; die beiden Häuserzeilen zogen sich entlang des dem Dorfanger beiderseits des Baches begrenzenden Verbindungsweges hin. Die Hausmarchen mit dem zugehörigen Gartenacker stellen lauter gleich große Rechtecke im Ausmaße von etwas über ein Joch Wiesen- und Ackergrund dar, die eine Breite von 6o Schritten hatten. So waren bei normalen Ausbau die Wohn- und Wirtschaftsgebäude von den beiderseitigen Nachbarn in einem gleichmäßigen, Feuerschutz bietenden Abstand, angelegt. Dem inneren Dorfweg entsprach ein äußerer, größerer Umfassungsweg, welcher zugleich mit der ihn begleitenden Hecke




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die Gartenäcker gegen die Feldflur abschloß. Ullrichs weist also wie alle zur Herrschaft gehörigen Orte die Gartenacker-Lüßflur auf, bei welcher die Lüsse in den einzelnen Feldern keinen Zusammenhang mit dem Gartenacker haben.
 
Die ganze Anlage umfaßt, wie sich aus der Zahl der Hofstellen und der Lüsse in den Dreifeldern erweist, 3o Ganzlehen mit je rund 15 Joch Acker und Wiesen, sowie 11 Hofstätten im Ausmaße eines Drittellehens, also mit rund 5 Joch Acker und Wiesen, welche jedenfalls als Handwerkerstellen gedacht waren. Kleinhäuser ohne Grund waren im ursprünglichen Plan nicht vorgesehen. Eine Hofstätte war als Amtssitz des Amtmannes (Amtsrichters) vorgesehen und führte die Bezeichnung Amtshofstatt. Des Gebäude derselben stand mitten im Dorfe, am Dorfanger, auf der sogenannten Amtwiese "oberhalb der Eiche", wie es im Urbar zu lesen ist. Später gehörte die Amtshofstatt zum heutigen Hause Nr. 27, ebenfalls am Ortsplatz aufgebaut; von diesem Lehenhaus wurde später die Amtshofstatt auf das Lehen heute Nr. 24 übertragen, welches "Ulrich der Deuchtmeister" innehatte und der sicherlich gleichzeitig als Ortsrichter amtierte.
 
Längs des inneren Verbindungsweges sind die Hausplätze am oberen und unteren Ortsende für die Hofstätten vorbehalten worden, während die Hausstellen der Lehen den Mittelteil ausfüllten. Die Hausgründe der Lehen und Hofstätten waren streng getrennt. Die den Hofstätten zugehörigen Lüsse, rund ein Achtel der Gesamtflur umfassend, lagen oberhalb des Dorfes: 11 Lüsse im Hasenbühel, 11 Lüsse gegenüber im Schachenfeld. Dazwischen befanden sich als kleineres drittes Feld die sogenannten Feldeln. Die ganzen anderen Gründe der Lehen waren auch der überkommenen Dreifelderwirtschaft entsprechend in drei Teile geteilt: hinter der Winterzeile des Dorfes breitete sich das erste Feld genau vom oberen bis zum unteren Ende der Dorfstatt aus und war in zwei gleiche Hälften unterteilt, deren jede 3o Lüsse umfaßte: jedes Lehen hatte in jedem Teil einen Lus. Die obere Hälfte führt den Namen Mühllusfeld, da sie an die Nondorfer Mühlen anstieß; die andere Hälfte hieß "Brunnlusfeld", von einer in diesen Wiesen vorkommenden starken Queile. Der Brunnen soll gutes, nach Meinung seines Besitzers sogar heil-




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sames Wasser führen. Diesem ersten Feld gegenüber, auf der Seite gegen Kirchberg, liegt des zweite Feld, ebenfalls mit zweimal 3o Lüssen, oben an die Hofstattäcker im Schachen anschließend und bis zum unteren Ortsende und dem Grafenteich reichend, durch die sogenannte "Gern", einem keilartigen Feldstück vom dritten Feld geschieden, Die Lüsse des dritten Feldes ziehen von der Hoheneicher Grenze durchlaufend bis zum andern Ende der Feldfreiheit, im Osten abgeschlossen durch den Edelauteich und die Breiten an der Pürbacher Feldgrenze und am Spielberger Teich. Dieses dritte Feld gliedert sich in drei Teile: im Norden die "Zulüsse", die sich in der Mitte beiderseits des Bachlaufes als Grummetwiesen fortsetzen und im Süden als Edelseelüsse (richtig Erlsee-) abschliessen. Jedes Lehen besitzt demnach im ersten und zweiten Feld je zwei Hauslüsse und im dritten Feld einen durchlaufenden Hauslus.
 
Die Luszuteilunq erfolgte in der frühen Siedlunqszeit durch das Los, daher die Bezeichnung "Lus". In unserem Falle wurden die Lüsse nach einem fixen Schema zugewiesen, bei dem die im Ort gegenüberliegenden Lehen in der Feldflur die Lüsse nebeneinender zugewiesen erhielten. Doch wechselten in jedem Feld die Reihenfolge einigermaßen, wie aus der angeschlossenen Tabelle zu ersehen ist. Bei der Vermessung blieben einzelne Feldstücke außerhalb der Dreifelder, nämlich die sogenannten Breiten am Eggartenberg, zwischen den Hofstattlüssen am oberen Ortserde und die Mühlbreiten. Diese sowie die sogenannten Brandwiesen unterhalb des Edelseefeldes waren dem Lehen heute Nr. 25 zugehörig, das in den Grundbüchern fallweise als "Hof" bezeichnet wird. Schließlich blieben an Acker und Wiese noch der erwähnte "Gern" und die Streitlüsse, welche zum Ausgleich für benachteiligte Lehen Verwendung fanden. Außerdem gab es dann noch die Gemeindegründe: ein Streifen Brandwiesen, die Gemeindeweide am Hart (Hoad) neben dem Erlauteich und die Waldung. Der Hart gehörte zur Nutzung allen Lehen gemeinsam, das Hofstattholz allen Hofstätten. Beide Wälder wurden noch vor 18oo parzelliert und an die einzelnen Besitzer aufgeteilt. Unverständlicherweise wurden etwas vor 18oo das seit Anbeginn zur Gemeindefreiheit




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von Ullrichs gehörige Hofstattholz durch einen willkürlichen Herrschaftsentscheid abgetrennt und an die Gemeinde Hoheneich angeschlossen, sodass die Ullrichser Hofstattholzinhaber seither für ihre Hauseigenen Waldanteile Grundsteuer und Abgaben an die fremde Gemeinde abführen müssen. Diese Steueranteile fehlen also der Gemeinde Ullrichs nunmehr bereits über 15o Jahre.
 
Ein weiterer Eingriff in die Grundzuteilung war schon 1649 erfolgt, als der Kirchberger Ratsbürger Simon Zeißlmayer mit Bewilligung der Herrschaft von 16 Ulrichser Lehnern die an die Kirchberger Freiheit rechts der Straße zwischen Galgen und Schachenwald befindlichen Endstücke ihrer Lüsse zur Anlage eines Überländes käuflich an sich brachte, wobei die Verkäufer für ihre "Örtl" je nach Ausmaß 2-7 Gulden erhielten. Das neue Überland verblieb aber weiterhin im Ulrichser Gemeindeverband und befindet sich gegenwärtig zum Großteil in der Hand von Gemeindeangehörigen.
 
So erhielt sich hier in Ullrichs im Gegensatz zu vielen anderen Orten die uralte Feldeinteilung bis heute so gut, daß durch Vergleich der alten Grundbücher und Urbare sowie durch die Grundaufnahmen von 175o und 1766 unter Maria Theresia, die Josephinische Fassion von 1787 und die Besitzaufnahme (Katastralmappe) von 1823 unter Kaiser Franz der Gründungsbestand an Lehen und Hofstätten genau sich erschließen ließ, gleicherweise deren ursprüngliche Bestiftung mit den untrennbar zugehörigen Hausgründen, bzw. Lüssen und Breiten. Trotzdem Lehen und Hofstätten seit jeher als unteilbare Wirtschaftseinheiten galten, hatte sich im Laufe der Zeiten mancherlei in der Zuteilung geändert, bedingt durch kriegerische Zerstörungen oder Mangel an einsetzbaren Siedlern. Wenn überhaupt jemals alle 41 Hausstellen bestiftet waren und bewirtschaftet gewesen sein sollten, für die Zeit des Beginnes der schriftlichen Aufzeichnungen im Urbar von 1561 und dem Grundbuch von 1573 traf dies nicht mehr zu, denn da gab es eine beachtliche Anzahl öder Hausstellen deren Gründe den Inhabern bestifteter Erblehen von der Herrschaft teils "für ewig" ins Haus gegeben, teils als Überländer "auf Wohlgefallen"




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gegen Leistung eines erhöhten Zinses auf jederzeitigem Widerruf zur Nutzung verliehen wurden. Infolgedeseen deckt sich in gewissen Fällen die gegenwärtige Grundausstattung nicht mehr mit den Urlehen. Es konnten ganz neue Wirtschaftseinheiten sich entwickeln, wie z.B. die erst nach 17oo entstandenen Kleinhäusl, welche bei Erbauung nur mit "Dachtropfen"umfangen", allmählich durch kauf solcher freigewordener Überländer auch zu Grundbesitz kamen. Jedenfalls erweisen die oberwähnten Aufzeichnungen, daß das Dorf sozusagen eingeschrumpft ist, dess einzelne Untertanen abseits gelegener zerstörter Häuser auf frei gewordene Plätze im Dorfinnern umsiedelten und ihre bisherigen Hausgründe von dort aus bebauten. So kam es, daß fast ein Viertel der vorgesehenen Hausstellen am unteren Dorfende leer blieb und erst in neuerer Zeit zum Teil mit Kleinhäusern besetzt wurde. Für die unbesetzt gebliebenen, aber noch zum Dorfbereich gehörigen Gartenäcker, die nicht dem Flurzwang der Dreifelderwirtechaft unterworfen waren, hat sich die alte Bezeichnung "Point" erhalten, wes so viel wie eingezäumter Grund bedeutet, wie überhaupt jedes Dorf von der Feldflur durch einen lebenden Schutzzaun abgetrennt war, während an den Einfallsstellen der Durchfahrtswege nachts mit Schranken bzw. Toren abgesperrt wurde. In mancher Ortschaft hat sich der "Falterstein", das heißt der Fall-Tor-Stein erhalten, bei welchem straffällig gewordene Leute dem Landrichter übergeben werden mußten. Am oberen und unteren Ende der beiden Dorfzeilen wurde die Ortschaft durch je ein quer gestelltes Lehenhaus abgeschlossen.
 
Im Urbar von 1561 sind nur 16 aufrechte Lehen und 2 aufrechte Hofstätten verzeichnet. Wenn auch 3 oder 4 Lehen beim Abschreiben übersehen wurden, verblieben doch 9 oder 1o Lehen sowie 9 Hofstätten öde und unbestiftet. Augenscheinlich war die Herrschaft Kirchberg seit dem Ableben des letzten Herrn von Hohenfeld etwas vernachlässigt worden. Denn das Grundbuch von 1573 zeigt, daß die neuen Besitzer, die Herren von Sonderndorf, binnen 12 Jahren eine Anzahl dieser Ödlehen neu bestifteten und das Dorf wieder aufblühte, Mit den Hofstätten, die nur ein Drittellehen umfaßten, scheint es dagegen Schwierigkeiten ge-




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geben zu haben. Augenscheinlich waren sie für sich allein nicht lebensfähig und wurden daher anderen Häusern zugeteilt. So wurde die Hofstatt - heute Nummer 32 - durch Zuteilung von 2 öden Hofstätten zu einem Ganzlehen aufgestockt, ähnlich das heutige Haus Nr. 24 durch 3 öde Hofstätten, darunter die Amtshofstatt, vergrössert, die restlichen Öden aber einzeln den heutigen Lehenhäusern Nummer 2, 3, 27, 31 und 34 zugewiesen.
 
In der Anlege soll durch Tabellen der Zustand der Urlehen und die späteren Änderungen zur Darstellung gebracht werden, und zwar getrennt nach Lehen und Hofstätten. In diesem Schema sind beiderseits des in der Mitte angedeuteten Dorfangers die Hofstellen des Lehen bzw. der Hofstätten in laufender Reihenfolge 1 - 3o (1 - 11) unter Beisetzung der heutigen Hausnummern eingetragen, daneben die laufenden Nummern der Hauslüsse in den Dreifeldern beigesetzt. Im Mittelstreifen sind die an den Zeilenenden quergestellten Lehen 31 und 17 sowie die im Dorfanger liegenden Häuser 9 und 27 markiert. Dazu wäre zu bemerken, daß das Lehenhaus 9 eigentlich in der Häuserzeile gegenüber auf dem ihm zugehörigen Gartenacker stehen sollte, während das an diesem Bauplatz befindliche, dem Stift Zwettl gehörende Lehen Nr. 1o in die nördliche Häuserzeile zwischen Nr. 18 und Nr. 17 auf dem eigenen Gartenacker seinen richtigen Standort hätte, wo jetzt das Kleinhaus Nr. 51 sich befindet. Vermutlich war dieses Zwettler Lehen einmel als Öde beim Haus Nr. 9 und es wurde bei einer Erbteilung das nun notwendig gewordene Wohn- und Wirtschaftsgebäude gleich nebenan errichtet."



zum Teil 13 zum Dorfbuch Ullrichs - Mureichs zum Teil 15

 
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Diese Seite wude von Familie Wimmer erstellt.
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Diese Seite wurde am 7. Oktober 2009 erstellt
und am 8. Oktober 2009 zuletzt bearbeitet.