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St. Michael

ST. MICHAEL

Wilhelm-Marx-Str. 38  -  90419 NÜRNBERG



St. Michaels Bote
 
Der St. Michaels-Bote
Aus der Ausgabe September 1935


 
 
Unsere Pfarrkirche
im Silberkranz
 
Am 25. September 1910 wurde unser Gotteshaus St. Michael durch den Hochseligen Erzbischof Friedrich Philipp v. Abert seiner hehren Bestimmung übergeben. Mit hl. Öl wurden die Tore gesalbt, die für so viele Tausende Türen zum Heil werden sollten, wurden gesalbt die Wände an den zwölf Apostelkreuzen, dass sie fort und fort erklingen vom Lob Gottes. Es loderten auf den drei Altären die Flammen der Weihrauchkerzen, weil von diesen Opferstätten und vor ihnen die Opfer und die Bitten der Gemeinde zum Höchsten wie Weihrauch emporsteigen. Und im Innern der Altarsteine wurden eingeschlossen hl. Reliquien von solchen, die ihr Leben für Christus hingegeben hatten: im Hochaltar von den Martyrern St. Blasius, Gregor und Fulgentia, im Muttergottesaltar von den

Kirche

Blutzeugen Casimir, Severin und Jucunda, im Johannesaltar von Christophorus, Auctus und Desideria. In die dichtgefüllte Kirche senkte sich zum erstenmal die ergreifende Stille der hl. Wandlung. Das Flämmchen im „Ewigen Licht“ begann sein Glühen durch Tag und Nacht, der Priesterchor sang den Weihegesang der uralten Christenheit: „O quam metuendus est locus iste — O wie ehrfurchtgebietend ist dieser Ort, wahrlich ein Haus des Herrn und eine Pforte des Himmels“, und der Chor der Gemeinde gab zur Antwort ein tausendstimmiges „Großer Gott, wir loben dich!“ Und diesen Segen, diese Gottesweihe hat unsere Pfarrkirche im Verlauf ihres ersten Jahrhundertviertels überreich weitergegeben an eine volkreiche Gemeinde. 3630 neugeborene Kinder wurden seitdem hier durch die hl. Taufe eingekleidet als Kinder Gottes, 1162 Brautpaare haben vor dem Altar den hl. Ehebund geschlossen, für 1678 Verstorbene stieg das Fürbittgebet der Gemeinde zum ewigen Richter. Und wer zählt sie, die als treue Kinder der Kirche von dieser gottgeweihten Stätte im Worte Gottes sich Wahrheit und Licht holten, die hier ihr Leid nicht umsonst dem Herrn klagten, die im hl. Bußsakrament den Seelenfrieden fanden, die am Tisch des Herrn sich Kraft holten zu männlichem Ringen und Tragen!
 
Den Silber-Jubiläumstag unserer Pfarrkirche dürfen wir darum nicht unbeachtet vorübergehen lassen! Dankerfüllte Erinnerungen sind wie Silberbänder um die Festeskränze gewunden. Zwar leben noch viele Veteranen unserer Pfarrgemeinde, die ihr mühsames Werden miterlebt haben. Bei dem starken Wechsel der Bevölkerung jedoch — ca. 10 Prozent wechseln alljährlich durch Weg- und Zuzug — wird ein kleiner Rückblick vielen manches neues bringen.
 
Mutterkirche der sämtlichen heutigen katholischen Pfarreien Nürnbergs ist die Liebfrauenkirche. Sie wurde 1808 dem katholischen Kultus zurückgegeben und konnte lange
Jahrzehnte hindurch den kirchlichen Bedürfnissen genügen. Das wurde anders, als nach dem siegreichen Kriege 70/71 eine sprunghafte industrielle Entwicklung einsetzte und im gleichen Tempo auch die katholische Bevölkerung sich durch Zuzug besonders aus der Oberpfalz mehrte. So auch in unserem Stadtteil Johannis. Wir müssen es der göttlichen Vorsehung danken, dass sie um die Wende des Jahrhunderts für die riesengroß gewordene Pfarrei U. L. Frau einen Pfarrherrn rief, der weitschauend und mutig den Kampf gegen die Kirchennot aufnahm und obschon zum Erdrücken beladen mit Sorgen auch für andere Stadtgebiete, doch gerade unserem Vorstadtbezirk sein ganzes Herz schenkte. Es war Stadtpfarrer Joh. Bapt. Höfner, seit 1913 Domkapitular in Bamberg, nunmehr päpstlicher Hausprälat. Er war der rechte Mann auf dem rechten Platz. Im Jahre 1905 — gerade vor 30 Jahren — erwarb er um den Preis von 100 000 Mk. das frühere  
 
Hoefner
Herr Domkapitular und Prälat J. B. Höfner, der Erbauer der St. Michaels-Kirche
Gärtnerei-Anwesen Reich an der Johannisstrasse für die projektierte Kirche mit Pfarrhof. Schon im Jahre 1906 erließ auf sein Betreiben die deutsche Gesellschaft für christliche Kunst ein Preisausschreiben für das geplante Gotteshaus. Aus den 52 eingelaufenen Entwürfen wurde der preisgekrönte Entwurf von Professor Otto Schulz, jetzt Dombaumeister, endgültig angenommen. Am 11. September 1908 schloss die Kirchenverwaltung U. L. Frau den Bau-Vertrag mit Baumeister Hans Saueressig und am 25. Oktober 1908 war Grundsteinlegung durch Prälat und Domdechant Dr.Schädler-Bamberg.
 
Heute ist das alles sehr leicht erzählt! Aber weiß der Himmel, welche Unsumme von Fragen und Sorgen ein solcher Werdegang in sich schließt! Natürlich vor allem die Finanzierung des Unternehmens. Zwar mühte sich ein Sammel-Verein St. Johannis (gegründet von H. Stadtkaplan Weiß, nunmehr Pfarrer in Frensdorf) nach Kräften, allein wenn nicht warmherzige Geber weit über Nürnberg hinaus eingesprungen wären, hätten wir heute noch keine Kirche. Eine Landeskollekte in allen katholischen Kirchen Bayerns ertrug im Jahre 1908 die hübsche Summe von 28 708 M. Den Haupttreffer machte Stadtpfarrer Höfner, als es ihm gelang, mit Hilfe des Bonifatiusvereines die Hilfe einer wahrhaft großmütigen Seele zu finden. Frl. Michaela Röckerath, so hieß diese inzwischen verstorbene größte Wohntäterin unserer Pfarrkirche, war 1873 in Köln geboren und wuchs auf inmitten einer sehr zahlreichen echt christlichen Familie. Nach dem Tode der Mutter übernahm sie die Leitung des großen Haushalts und die Pflege der jüngeren Geschwister. Dabei war sie im Verborgenen für die Notleidenden der Großstadt tätig. Nachdem ihr jüngster Bruder zur ersten hl. Kommunion gegangen war, konnte Michaela dem Zuge ihres Herzens folgen und trat im Jahre 1902 im Kloster der Unbeschuhten Karmeliterinnen in Luxemburg ein. Ihre Wirksamkeit beschränkte sich jetzt vor allem auf Gebet und Buße. Daneben sann sie darauf, wie sie ihr bedeutendes Vermögen zur Ehre Gottes und zum Heile der Seelen möglichst nutzbringend opfern könnte. Vor Ablegung ihrer ewigen Gelübde im Jahre 1907 entäußerte sie sich ihres väterlichen Erbes und schenkte eine halbe Million Mark dem Bonifatiusverein mit der Bedingung, davon an acht Orten in der Diaspora Kirchen zu bauen. Und einer der acht glücklichen Bewerber — unter vielen vielen anderen! — war eben unser Kirchenbau! Die wahrhaft königliche Schenkung brachte dem Bau 65 500 Mk. Schwester Maria Carmela, so hieß Frl. Röckerath im Kloster, stellte nur die eine Bitte, die neue Kirche zu benennen nach ihrem Namenspatron, — sie hieß in der Welt „Michaela“, und so erhielt unsere Pfarrkirche St. Michael zum Kirchenpatron. (Eigene Anmerkung: vorgesehen war St. Kunigund)
 
Trotz dieser großen und vieler anderen kleineren Schenkungen blieb der Bau, der hunderttausende verschlang, ein recht riskantes Unternehmen. Was schon daraus erhellt, dass die Kirchenverwaltung noch im Jahre 1910 bei der Bayerischen Handelsbank in München eine Schuld von 240 000 M. aufnehmen musste. Zwar ließ die Inflation, die bekanntlich auch den Kirchenstiftungen fast alles nahm, wenigstens auch diesen Schuldenberg zusammenschmelzen, immerhin haben wir bis zum Jahre 1945 noch jährlich ca. 3000 M. abzuzahlen.
 
Allein der Bau war glücklich geschafft und als am 25. September 1910 der Oberhirt weihend die Mauern umschritt, ragte auf dem "Sandberg" ein Gotteshaus empor, das seinen Schöpfern alle Ehre bereitete und eine Zierde des Stadtbildes darstellt. Architekt Schulz hat mit diesem Werk sicherlich Meisterhaftes hervorgebracht. Wie prächtig wirkt die Silhouette des 46 m hohen Turmes mit seiner feinen Gliederung. Das Äußere der Kirche (52 m lang, 24 m breit) erfreut in ihrem ruhigen Barockstil durch harmonische Wirkung ihrer Maße. Zumal das Innere, ausgestattet mit einem mächtigen Tonnengewölbe, bietet einen hochbefriedigenden Anblick.
 
Meister Schulz ist auch der Schöpfer der drei in Schwarz und Gold gefassten Altäre, die gewaltig bis zu 13 m Höhe emporragen. Auch Gestühl und Kanzel sind nach Entwürfen von Professor Schulz in der Kunstanstalt Stärk-Nürnberg — wie auch die Altäre — gefertigt worden. Die Altarbilder wurden aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums gestiftet. St. Michael im Hochaltar 1914 von Professor Becker-Gundahl-München, St. Maria und Johannes der Täufer in den Nebenaltären von Kunstmaler Felix Baumhauer-München, der u. a. auch den Kreuzweg im Kaiserdom zu Bamberg malte. Der Kreuzweg — geweiht 1911 — bietet 14 Kopien nach Tiepolo (venezianischer Maler des ausgehenden 18. Jahrhunderts) wurde gemalt von Kunstmaler Driesler und ist eine Stiftung des vor zwei Jahren verstorbenen Kaufmanns Hans Engelhardt. Das Missionskreuz unter der Orgelempore zum Andenken an die Mission von 1921 von Kuratus Buchfelder erworben, stammt von einem alten schwäbischen Meister aus den Jahren 1520-1530. Ihm gegenüber das stimmungsvolle Kriegerdenkmal „Klage Mariens“ (Pieta) wurde von dem Münchener Bildhauer Franz Weiser im Jahre 1931 geschaffen. Die Herz-Jesu-Büste des Johannesaltares von Bildhauer Josef Stärk-Nürnberg mit Opfergaben des Männerapostolates.
 
Sicherlich lässt die gegenwärtige Ausgestaltung des Kircheninnern noch gar manche Wünsche offen. Noch fehlen Stuck und Bemalung, noch harrt der Hochaltar, für den vier große und zwei kleinere Statuen vorgesehen sind, seines Ausbaues, auch würden Glasgemälde in den großen Fenstern recht gut wirken — allein, man möge bedenken, welche Zeiten wir hinter uns haben! Die Gemeinde ist durch die Bank arm. Und in den bangen langen Jahren nach Krieg und Inflation, bei jäh fallender wirtschaftlichen Konjunktur und ebenso jäh anschwellender Arbeits- und Brotlosigkeit des Volkes schien es mir wichtiger an Caritas zu denken als an schöne Bilder. Nicht als ob inzwischen keine Aufgaben gemeistert worden wären. Die Orgel wurde zu einem modernen Instrument ausgebaut, der verrostende eiserne Dachstuhl gesichert, der Turm lange Wochen zum Verputz in Gerüste gehüllt, das Dach von schweren Schäden befreit, das Innere mit schweren Kosten neu getüncht. So müssen Reparatur und Ausbau klug wägend Schritt für Schritt vorangehen.
 
Auch jedes Gotteshaus ist eben zeitgebunden und ist ein Kind seiner Zeit, auch in seinen Erlebnissen. Ist volksverbunden wie kein anderes Denkmal. Wie jubelnd und wie traurig haben in diesem Vierteljahrhundert unsere Glocken so manchmal klingen müssen. Wie oft zu einstigen Siegesbotschaften, zu erhebenden kirchlichen Feiern und auch zum Grabgeläute! Übrigens hat gerade unsere Glocken (Stimmung H-Fis-Dis-Gis, gegen 100 Zentner schwer, aus der Gießerei Lotter in Bamberg) ein gütiges Geschick vor dem Schlimmsten bewahrt. Obschon aus Bronze gegossen, blieben sie in der Kriegszeit wegen ihres hohen kunstgewerblichen Wertes bewahrt vor Einschmelzen in Kanonengut, blieben auch bewahrt vor dem Schicksal, zum Tode des Revolutionärs Eisner läuten zu müssen. Die Bande, welche am 7. April 1919 mit 9 Mann Spartakisten den Pfarrhof vorm. 11 Uhr besetzten und drohend forderten, dass für Eisner ein Trauergeläute von halb 12 bis 12 Uhr gehalten werde, mussten vor der mannhaften Haltung des damaligen Kuraten Buchfelder das Feld räumen. Sie zogen ab, als die zu Hilfe gerufenen Regierungstruppen anrückten und von 12 bis 4 Uhr die Kirche bewachten.
 
Volksverbunden wie das Gotteshaus sind auch seine Geistlichen. Und man wird den Seelsorgern, die in diesen 25 Jahren bei uns wirken durften, das Zeugnis nicht verweigern können, dass sie unterm Volk sich zu Hause fühlten und dass insbesondere die Nöten des werktätigen Volkes in ihnen stets warme Anwälte fanden. Wenn auch leider Tausende früher und jetzt der Seelsorge die kalte Schulter zeigen — zur Caritas in St. Michael finden sie gerne den Weg.
 
Gewiss leben für jeden der früheren Seelsorger an unserer Pfarrkirche noch Erinnerungen: Es wurde hieher berufen: H.H. Valentin Gründel, später Stadtpfarrer bei St. Josef, † 1.11.1932; H.H. Konrad Pregler, nunmehr Stadtpfarrer in Neustadt a. Aisch; H.H. Joh. Buchfelder , zur Zeit Pfarrer in Weichenwasserlos; H. H. Nilolaus Panzer, † am 27.12. 1921 als Kuratus am städt. Krankenhaus. (Beide letztgenannte Herren wurden in der Kriegszeit als Feldgeistliche einberufen.) H. H. Friedrich Rahm, z. Zeit Kurat in Erlangen-Bruck; H. H. Johann Baierlipp (im Feld Leutnant der schweren Artillerie), zur Zeit Pfarrer in Rothenkirchen; H. H. Gg. Mann, z. Zt. Pfarrer in Gebsattel; H. H. Johann Grellner als 1. Stadtpfarrer (der Seelsorgebezirk St. Michael wurde am 5.3.1922 zur Pfarrei erhoben), z. Zt. Studienprofessor in Bamberg; H. H. Franz Schwalb, derzeitiger Pfarrer in Unterleinleiter; H.H. Egid Kießling, z. Zt. Kurat in Gunzendorf; H. H. Johann Greß, Leutnant im Feld, z. Zt. Heerespfarrer in Bamberg; H.H. Ludwig Gärtlein, z. Zt. Kaplan bei U. L. Frau in Nürnberg; H.H. Anton Popp, z.Zt. Kaplan und Pfarrverweser bei U. L. Frau-Bamberg; H. H. Dr. Leo Madlener, derzeitig Pfarrer in Burggrub.
 
In treuer Verbundenheit mit den Priestern haben auch unsere Kirchenbeamten für Gotteshaus und Gottesdienst nach Kräften gesorgt. Wir denken unserer Organisten und Chordirigenten: H. Lehrer Brombierstäudl (nunmehr Schulleiter im Uhlandschulhaus) bis Juli 1917, Herr Hauptlehrer J. Kinle, der unvergessliche Meister der Orgel, mit seinem Sohne, H.H. Pfarrer Kinle als gleichzeitigen unermüdlichen Führer des Dirigentenstabes, bis Juli 1930, seitdem H. Kantor Hans Butterhof. Wir denken unseres ersten Kirchenpflegers H. Josef Winkler †15.3.1925, seitdem H. O. Sekretär Anton Braunreuther. Wie auch des ersten Mesners Franz Xaver Göbel, † 10.7. 1918. Seitdem H. Stadtpfarrmesner J. Rudel.
 
Hoch über dem Hauptportal unserer Stadtpfarrkirche wartet immer noch eine leere Nische, dass ein wuchtiges Standbild St. Michaels, des Erzengels und Siegers über die böse Schlange, dort Platz nehme. Auch dieses wird noch kommen. Was aber weit wichtiger: St. Michael schirme dieses Gotteshaus! Vor Jahren sind welche vorübergegangen, die da riefen: Macht daraus ein Gewerkschaftshaus! Sie sind vorüber! Dass alle zuschanden werden, die sich erheben gegen deinen Schild „Wer ist wie Gott?“:
 
St. Michael! Schirme unser Gotteshaus!
 
Köhler.
 



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Diese Seite wurde am 28. Juni 2008 erstellt.