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St. Michael

ST. MICHAEL

Wilhelm-Marx-Str. 38  -  90419 NÜRNBERG



 
Der St. Michaels-Bote
Aus der Ausgabe September 1929


 
Warum viele nicht mehr beten
Von Bruder Pilgrim.
 
Vor Jahren hatte ich einmal an einem Ministerium zu tun und wollte in einer dringenden Angelegenheit den Minister selbst sprechen. Ich zog meinen besten Rock an, nahm meine Glacehandschuhe und den Zylinder mit und wollte mich bei dem hohen Herrn anmelden. Als ich aber in das Vorzimmer kam, sah ich eine große Tafel hängen mit der Aufschrift: „Der Herr Minister empfängt heute nicht.“
 
Ich machte kehrt, zog meine Glacehandschuh aus, klappte den Zylinder zusammen, legte ihn in die Hutschachtel und ging in die nächste Kirche. – Dort wurde ich empfangen. Die Türe stand offen. Das ewige Lichtlein brannte vor dem Altar. Ich brauchte mich nicht erst anzumelden, mußte mich auch in kein Buch einzeichnen. Ich machte nur das Kreuz und begann: „Vater unser, der du bist in dem Himmel ...“ Das ist immer noch die demokratischste und wirkungsvollste Audienz.
 
Unsere moderne Welt will vielfach nicht mehr beten. Ich fragte einmal im Religionsunterricht die kleinen A-B-C Schützen, ob sie beim Aufstehen ihr Morgengebet verrichtet hätten. Da gab mir ein Knirps, der Sohn eines Großindustriellen, zur Antwort: „Mein Vater sagte, wir brauchen nicht beten, wir haben so schon Geld genug.“
 
Ja das ist heutzutage die Auffassung zahlreicher Großkapitalisten. Sie meinen, das Beten sei nur eine Notwendigkeit für arme Leute. Die sollten beten, daß sie von ihrem Elend befreit würden. - Als ob es nur die Brotbitte im Vater unser gäbe und die anderen sechs Bitten nicht! - Wie aber solche Selfemans zusammenklappen, wenn sie aufs Krankenbett geworfen werden, wenn der Arzt bedenklich den Kopf schüttelt und von einer Operation spricht, wenn die Frau Gemahlin kommt und dem Herrn beibringen will, er soll ein Testament machen, wenn die Diensboten mit scheuen Gesichtern durch die Zimmer schleichen und die guten Freunde, die zu Besuch kommen, einander eigenartig anschauen und dann vor der Türe lange Zeit mit den behandelnden Aerzten leise sprechen! – O, da wird auf einmal wieder Weihwasser in das längst eingetrocknete Gefäß an der Türe gegossen. – Da darf auch der Geistliche, dem man sonst scheu aus dem Weg ging, wieder ins Haus und man betet wieder. – Ja, der gerechte Gott läßt oft auch den reichen Prasser fühlen, daß sie trotz ihres Geldes das Gebet recht notwendig brauchen.
 
Wir haben in der Schule gelernt, daß es vier Arten von Gebeten gibt: Da Lob-, Dank-, Sühne- und Bittgebet. Viele Leute kennen leider nur mehr die letzte Art und von dieser nur das Gebet um irdische Güter: Vermögen, Gesundheit, Ehre, Glück im Geschäft usw. Ja schon unsere Schulkinder sind hauptsächlich auf diese Gebetsform eingestellt. So fragte ich einmal nach der heiligen Messe die Kinder, sie sollten mir ganz aufrichtig sagen, um was sie während des Gottesdienstes gebetet haben. Die meisten Antworten lauteten: „Daß Vater und Mutter nicht sterben“, „daß die Eltern nicht krank werden“, „daß unser Haus nicht bbrennt“, „daß mir nichts passiert“, „daß Vater seinen Prozeß gewinnt“, „daß mich kein Auto überfährt“, „daß der Vater nicht arbeitslos wird“. Nur ein Kind hatte gebetet: „Daß ich brav bleibe.“
 
Wir müssen unser Volk noch viel mehr auf das Üebernatürliche hinweisen und uns dabei die Bergpredigt des Heilands zum Muster nehmen: „Betrachtet die Lilien auf dem Felde ... suchet zuerst das Reich Gottes ...“ - Wir müssen den Leuten sagen, daß gerade auch für das Beten der Grundsatz gilt: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber schaden leidet.“
 
Noch gefährlicher ist die Ausrede jener, die sagen, sie beten deshalb nicht mehr, „weil es doch nichts hilft.“ Hier fehlt es schon tiefer. Es mangelt am Gottvertrauen oder vielleicht gar am Glauben an einen allmächtigen, allgütigen Vater im Himmel. – Wenn man mir diesen Einwand bringt, muß ich immer an eine Geschichte aus meiner Gymnasiastenzeit denken. Da saß neben mir in der ersten Klasse ein gar braves Büblein, das ebenso fleißig betete als studierte. - Da bekam der Junge einmal in einer lateinischen Schulaufgabe einen Bombenvierer und als ihm der Professor seine arg mit roten Strichen dekorierte Arbeit hinlegte, da platzte der junge Menschensohn heraus: „Jetzt mag ich auch nicht mehr beten!“ – Und vor der nächsten Schulaufgabe hatte er doch wieder gebetet.
 
Ich habe einmal einen erwerbslosen Mann, der sich schon Jahre lang vergebens um eine Stelle bemühte und der dann auch in seiner Verzweiflung sagte: „Jetzt bete ich gar nimmer“, gefragt, ob dieses sein letztes Wort sei. Er antwortete mit einem trotzigen „Ja“. „Und wenn sie einmal sterben müssen, wollen Sie da vorher nicht doch beten und beichten?“ fragte ich weiter. – „Das weiß ich nicht“, war die Antwort. – „Und wenn Sie gestorben sind, wünschen Sie da nicht, daß Ihre Kinder für Sie beten?“ fuhr ich fort. – „Ja, beten sollen sie schon für mich“, preßte es ihm da heraus, „weil mir dann alles andere doch nichts mehr nützt.“
 
Einen Anderen, der auch behauptete, das Beten habe keinen Wert, fragte ich, ob er schon einmal an einem Wallfahrtsort, in Altötting, Kevelaer oder Maria Einsiedeln gewesen sei und ob er dort die vielen Tafeln gelesen habe mit der Inschrift: „Maria hat geholfen!“ „Durch die Fürbitte Mariens wurde ich von meiner Krankheit geheilt!“ „Maria half mir aus großer Not!“ usw. Da konnte er nichts darauf sagen.
 
Wieder andere behaupten: „Das Beten ist mir zu langweilig.“ – Diese Leute haben nie recht das Beten gelernt. Wohl können sie das Vater unser und Ave Maria, vielleicht auch andere Gebete heruntersagen, aber sie haben nie den erhabenen Sinn dieser heiligen Gebete erfaßt. Sie haben nie darüber nachgedacht, daß sie Kinder Gottes sind, wenn er unser Vater ist, daß ein Vater nie seine Kinder verläßt, wenn sie ihm gehorchen und wenn sie ihm um eine gerechte Sache anflehen, daß der Heiland doch jene Bitte erhören müsse, die er selbst gesprochen und die er uns gelehrt hat. Sie haben keine Ahnung von dem betrachtenden Gebet.
 
.... sage doch unseren Kindern und auch den Erwachsenen, was sie sich denken müssen, wenn sie das Vater unser beten: Du hast einen Vater im Himmel, der dich mehr liebt als dein irdischer Vater. - Die Engel finden ihre größte Seligkeit darin, daß sie durch die ganze Ewigkeit den Namen des Herrn preisen. Und du sollst beten: „Geheiligt werde dein Name“ und sollst damit Sühne leisten für alles Fluchen und Lästern.
 
Du mußt einmal sterben und deine Seele soll dann in den Himmel kommen und deshalb mußt du beten: „Zu uns komme dein Reich!“ – Gott lenkt auch deine Geschicke, selbst wenn es nicht immer nach deinem Kopfe geht. Er meint es doch gut mit dir. Bete nur recht andächtig: „Dein wille geschehe!“ – In aller irdischen Not ist doch Gott der beste Brotvater; denn er läßt das Getreide wachsen und er gibt dir Gesundheit und einen starken Arm, daß du verdienen kannst. Deshalb sollen gerade unsere vielen Erwerbslosen vertrauensvoll beten: „Unser tägliches Brot gib uns heute!“ – So lange du in schwerer Sünde dahinlebst, wirst Du nie die Ruhe deines Herzens finden. Darum beichte deine Sünden und sprich: „Vergib uns unsere Schuld!“ – Du bist ein schwacher Mensch, kannst Fehltritte machen. Stärke dich durch die Bitte: „Führe uns nicht in Versuchung!“ Und bei allen deinen Anliegen, die du niemand vertrauen willst, bete vertrauensvoll: „Erlöse uns von dem Uebel!“
 
Dann wird dir das Gebet zum täglichen übernatürlichen Brot, zur Brücke, die deine Seele wie ein Regenbogen immer wieder hinaufführt in den Himmel.
 



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Diese Seite wurde am 28. Juni 2008 erstellt.