Der Abt von Göttweig
Der feierlichen Feldmesse vor der Kreuzigungskapelle und der Segnung des Kalvarienberges in Unterranna am 22. August 1993 gingen Jahre intensiven Arbeitens und selbstlosen Einsatzes durch die Mitglieder des Verkehrsvereines Mühldorf voraus.
Ich möchte zu dieser Initiative gratulieren und dem Verkehrsverein Mühldorf für das Wiedererstehen des Kalvarienberges danken, besonders den rührigen „Motoren", Obmann Bezirksinspektor Oswald Stalzer und Kassier Professor Karl Höbartner.
Kalvarienberge als Nachbildungen der heiligen Stätten ermöglichten es unseren Vorfahren, die nur selten die Möglichkeiten hatten, das Heilige Land aufzusuchen, sich den Ort und damit das ganze Geschehen der Erlösung bildlich vor Augen zu stellen.
Diese künstlerischen Darstellungen der Heilsereignisse wollten und wollen daher nicht Selbstzweck sein, sondern den Blick der Betrachter schärfen für dasjenige, das hinter den Bildern steht.
So wollte auch der Kalvarienberg von Unterranna für die Menschen vor uns und so will er für uns heute ein Zeichen der Erinnerung sein, daß wir durch den Tod und die Auferstehung Christi erlöst sind.
Dieser Kalvarienberg erinnert uns aber nicht nur an das Werk der Erlösung, er erinnert uns auch an die Mönche des ehemaligen Paulinerklosters, die in den vergangenen Jahrhunderten an diesem Ort gelebt und die auch durch die Errichtung dieses Kalvarienberges ein Zeichen des Glaubens, den sie in sich trugen, auch äußerlich zum Ausdruck gebracht haben. Der Glaube soll nicht nur eine Sache des Inneren, eine Sache des Herzens sein, er muß sich mitteilen: durch Worte, durch Taten oder auch durch ein solches Werk, wie es dieser Kalvarienberg ist.
Ich wünsche allen, die diesen Kalvarienberg aufsuchen, daß sie zu dem finden, von dem gesagt wird: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat" (Joh 3,16).
Göttweig, 20. Mai 1993
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