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Prospekt von 1906


345 Meter über dem Meere.

Mühldorf bei Spitz a. d. Donau.

Mühldorf

Mühldorf.


In einem Talkessel, von schönen Nadel- und Laubwäldern umgeben, liegt auf der nördlichen Abdachung des Jauerlings das liebliche Mühldorf. Der Ort mit seinen 800 Einwohnern besteht aus 4 Dörfern, die zusammen eine Ortsgemeinde umfassen. Es sind dies: Niederranna, Oberranna, Ötzbach und Ötz. Diese Dörfer liegen malerisch auf den Höhen der allernächsten Umgebung.

Mühldorf selbst ist von der Westbahnstation Melk und der Franz Josephbahn-Station Krems ziemlich gleich weit entfernt (25 Kilometer), während die Schiffstation Spitz als Hauptanschlußpunkt, der durch eine täglich fünfmalige Verbindung den Verkehr nach allen Richtungen ermöglicht, nur 6 Kilometer entfernt liegt. Zwischen Mühldorf und Spitz einerseits und zwischen Mühldorf und Ottenschlag andererseits sorgt ein täglich verkehrender Postwagen für die Verbindung. Der Fahrpreis beträgt 80 Heller, beziehungsweise 1 Krone 20 Heller. Es sind aber sowohl in Spitz (Seltenheim und Langwieser) als auch in Mühldorf (Pöchlinger, Salomon und Busch) leicht Fahrgelegenheiten zu erlangen und zahlt man für einen Einspänner
 



3 Kronen, für einen Zweispänner 5 Kronen. Mühldorf ist Post- und Telegraphenstation und besitzt eine Badeanstalt (Schuldenzucker), die dem Sommergast um nur 20 Heller ein erfrischendes Bad in fließendem Wasser bietet. Der Kranke findet liebevolle Behandlung durch den hiesigen Gemeindearzt Herrn König, der eine eigene Hausapotheke führt. Da der Ort gegen Norden und Westen sehr geschützt, ist das Klima sehr gesund und zuträglich und die harzreichen Waldungen bedingen eine reine, ozonreiche Luft, so daß die Ärzte besonders für Brust- und Lungenleidende den Ort immer wieder anempfehlen. Die Sterblichkeit ist sehr gering. Ein gutes gesundes Trinkwasser gibt dem Wanderer die beste Labe.

Es sind Wohnungen in den Gasthöfen, als auch Privatwohnungen mit Küchen- und Gartenbenützung zu sehr mäßigen Preisen zu bekommen. Für Lebensmittel sorgen 2 Fleischhauer (Wurzer und Steirer), 3 Bäcker (Stillöcker, Siepel und Pleßberger), 3 Kaufleute (Barth, Harler und Schwingenschuß) etc. etc. Auch volle Pension ist in den Gasthäusern zu bekommen und ist selbe bei sehr mäßigen Preisen vorzüglich zu nennen, ebenso wird für gute Getränke bestens gesorgt. Der echte Wachauer

Schloß Ober-Ranna

Schloß Ober-Ranna
Nach einer Photographie des Ansichtskarten-Verlags Karl Ledermaun, Wien, I., Fleischmarkt 12.

wird zu billigen Preisen ausgeschenkt und auch Bier sowohl in Flaschen, als vom Fasse werden frisch verabfolgt. Man ist in jeder Wirtschaft gut aufgehoben und es würde schwer fallen, dieses oder jenes Gasthaus hervorzuheben. Überall verfolgt man nur ein Ziel: für wenig Geld viel, recht viel zu bieten!
Die Umgebung hat liebe Täler und nicht zu hohe Berge; vergessen darf man nicht den Foraberg und den Trenning. Besonders letzterer bietet eine recht hübsche Umsicht und da singt man gerne mit dem heimatlichen Sänger:

Wie schau ich gern und oft ins Tal,
Von dieser Bergeshöh´
Seh´ Mühldorf, lieb im Sonnenstrahl,
Eh´ ich von hier noch geh.

Es trift mein Aug´ das Häusermeer,
Die Wiesen, Blümlein all´,
Wie ich sie kenn ´ von Jugend her,
Im herrlich schönen Tal!

Stets grüßen will ich Groß und Klein,
Euch liebe Menschen drunt´,
Schließ alle fest ins Herz doch ein
Wohl heut und auch zu jeder Stund.

Am Abhang dieses Berges liegt der Trenninghof. Ein schönes, gut gebautes Schlößchen, das von Herrn Ernst Vergani vor zika 8 Jahren an Herrn Architekten Adolf Jäger in Wien überging. Der jeweilige Besitzer des Trenninghofes führt das der österreichisch-mährischen Graphitgewerkschaft gehörige Graphitwerk und kann dasselbe, das zu den ältesten in Österreich



zählt (seit 1827), jederzeit besichtigt werden. Gegenüber vom Trenningberg befindet sich Niederranna mit der Pfarrkirche und der hübschen vierklassigen Volksschule, sowie dem Schloß Pranthof. Die Kirche ist eine Zierde des Ortes. Die Seelsorge besorgen 2 regulierte Chorherrn des Stiftes St. Florian (Rud. Berner und Max Holzinger). Sehenswert ist die Lourdes-Kapelle, deren Altar vom hiesigen Steinmetzmeister Karl Minateli aus dunkelschwarzem Marmor angefertigt wurde.Im Schlosse Pranthof, das dem Stifte Göttweig gehört, befindet sich eine von Dr. Hacker geleitete Kaltwasser-Heilanstalt, welche auch als Abstinenz-Sanatorium dient. Unterhalb Pranthof liegt das"Döpperl", und fällt uns da die nette Villa Hausner mit den schönen Gartenanlagen auf. In der Nähe befindet sich eine neue Teichanlage, die sich für den Wintersport, das Eislaufen, besonders eignet. Auch das Schloß Oberranna, das im Besitze des Herrn Baron Hammerstein ist, ladet zu einem Besuche ein. Das Schloß, aus dem 9. Jahrhundert stammend, ist von starken Befestigungsmauern und tiefen Gräben umgeben und im romanischen Stiele gebaut und ist besonders die St. Georgskapelle aus dem 14. Jahrhundert zu erwähnen. Auch hier sind viele neue Anlagen und unsere liebe Schloßherrin gönnt sich hier gerne die Sommerruhe.
Einer Besichtigung würdig sind auch die in Mühldorf und in nächster Nähe gelegenen Marmorbrüche, die Grab- und Bausteine für Wien liefern. Es sind dies die Brüche der Herrn Minateli, Berdecker, Steiner und Ziegler. Zum Schlusse sollen die Fremden noch auf einige Spaziergänge aufmerksam gemacht werden; gibt es doch deren so viele, und überall, wohin das Auge blickt, muß es sich freuen, freuen an dem, was es hier in so reichem Maße findet: die Natur mit ihren reichen Schätzen!

Spaziergänge

Auf den Trenningberg. Der Aufstieg kann über Thurn bequem in einer Stunde erfolgen, während man zum Abstieg den südöstlichen Abhang wählt. Man kommt dann beim Gasthofe"Salomon" wieder auf die Hauptstraße, die von Mühldorf nach Spitz führt, nachdem man eine reizende Umschau genossen.
Auf den Jauerling. (959 Meter) Der Weg führt bei Graphitwerk vorbei über Thurn, geht dann etwas steil über Wiesen und erreicht in einer Stunde die Höhe. Tief unten liegen an der schönen, blauen Donau Spitz und Arnsdorf. Welch´ hübscher, überraschender Anblick! Noch eine halbe Stunde müssen wir wandern und vor uns haben wir die Jauerling-Jubiläums-Warte, die seinerzeit durch Herrn Jedeks Bemühungen zur Erinnerung an die 50 jährige Regierung unseres geliebten Kaisers Franz Joseph erbaut wurde. In der Stauferhütte finden wir gute Unterkunft. Auch dem Touristen , der von Aggsbach den Jauerling besucht, wird der gutmarkierte Weg nach Mühldorf empfohlen, da dieser Weg recht schön und lohnend ist. Der Jauerling ist 959 Meter hoch und entzückt uns mit einer Fernsicht in die steirischen Alpen. Herr Stiftsförster Dungel gab sich seinerzeit mit der Aufforstung des Jauerlings viel Mühe und zeigen seine Arbeiten auch schon heute den Erfolg.

Nach Neuhäusel. Über den Foraberg führt der Weg durch den Wald und neben dem rauschenden Gebirgsbache aufwärts. In einer Stunde erreicht man das einsam gelegene Wirtshaus, von wo man nach entsprechender Rast den gleichen Weg zurückkehren kann.
Nach Hartenstein an der Krems. Es ist dies eine Tagespartie und lohnt es sich, diese herrliche Feste im romantischen Kremstale, dessen Höhlen (Teufelskirche, Gudenushöhle) schon den Renntierjägern unterstand geboten hatten, aufzusuchen. Seit 1893 ist hier eine Kaltwasserheilanstalt, deren Anlagen fortwährend vergrößert und verschönert werden.



Nach Heiligenblut. Das friedsam und idyllisch gelegene Dörfchen, dessen schönes, gotisches Kirchlein mit der Kapelle sehenswert ist, wird in zwei Stunden bequem erreicht. Bei Siebenhandel und Rupf findet man sehr gute Aufnahme.
Nach Ötzbach. Auf der Mühldorf-Ottenschlager-Straße erreicht man in einer halben Stunde Ötzbach. Auf dem Wege dahin lohnt es sich, einmal zurück zu blicken, dort, wo das Schoß Oberranna mit dem Trenning und der rückwärtigen Gebirgskette einen überwältigenden Eindruck macht. In Ötzbach findet man beim "Lustigen Fuhrmann" guten und billigen Jausenkaffee und ladet eine neue Kegelbahn zu angenehmer Zerstreuung ein. Von hier kann man in einer Stunde den freundlichen Markt Kottes erreichen. Zwischen diesem und Mühldorf findet ein täglicher Postverkehr statt. Der Fahrpreis beträgt 1 Krone per Person.
Nach Strebitsfeld. Neben der Kirche führt ein neu angelegter Weg nach Strebitsfeld und Himberg. Eine recht hübsche einstündige Wanderung. Während der Sommermonate kann man dort frische Milch und vorzügliche Butter erfragen. Die bäuerliche Bevölkerung ist gegen Fremde sehr zuvorkommend (Bierbauer etc.). Ebenso findet man in Himberg guten Wein und will man ein Stückchen weiter gehen, in Groß-Heinrichschlag bei Herrn Kronister eine freundliche Aufnahme.
Nach Spitz a. d. Donau. Eine schöne, gute Straße mit Weingärten auf der einen und dem Spitzerbach auf der anderen Seite führt in 5/4 Stunden nach dem rasch emporblühenden Markt Spitz, woselbst die durstige Seele in den Gasthäusern Heitzenberger, Jedek etc. Erholung findet.
Nach Aggstein, Dürnstein und nach Melk bringt uns von Spitz aus das Lokalschiff und sind diese Partien, die einen ganzen Tag beanspruchen, lohnend und sehr zu empfehlen.

Mühldorf

hat besonders in den letzten Jahren großen Aufschwung genommen, da unser Bürgermeister, Gasthofbesitzer M. Pöchlinger in dieser Beziehung alle seine Kräfte einsetzt. Die in letzter Zeit erfolgte Bachregulierung, der Bau einer Wasserleitung, die Gründung eines Veteranen-Vereines und eines landwirtschaftlichen Vereines sollen noch erwähnt werden. Und so möge sich der Fremde mit mir freuen, wenn man spricht von dir:

Du Mühldorf !

Ein trauter Erdenwinkel bist,
Von Bergen rings umschlossen,
Der Trenning sieht zu uns herab,
Vom Wälderduft umflossen.

Du Oberranna, feste Burg,
Du kündest alte Zeiten,
Dem Auge zeigst manch´ Traumgestalt,
Du siehst sie schon von weitem.

Die Ruhe schenkt Dir dieses Tal,
Und schönes Friedenwalten.
Fern liegen jede Menschensorg´
Und Kummers Spuckgestalten.

  Das stille klare Bächlein fließt
An Waldes nahem Rande,
Da träum´ ich gern in Einsamkeit:
Schön ists im Heimatlande!

 

Die Gemeindevorstehung erteilt gerne jede weitere Auskunft. Ebenso kann man Näheres erfahren durch das Auskunftsbureau des Landesverbandes für Fremdenverkehr in Niederösterreich, Wien, I., Kärntnerstraße Nr. 34 (Kärntnerhof). Telephon Nr. 10159.



Verlag der Gemeinde. - Druck von Franz Schöler, Wien=Döbling



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Diese Seite wurde am 11. Juni 2000 erstellt