Hexentanz
Heft Nr. 10 (Doppelheft)
Teil 8
von Sage 456 bis Sage 464
456 FEUERMANDL VON REICHAU
So wie jetzt fuhren auch in früheren Zeiten die Besitzer von Reichau
jeden Samstag mit einem Wagen voll Holz nach Krems. Einmal trug
es sich zu, daß ein Bauer mit seinem Ochsenwagen sehr spät nach
Hause fuhr. Als er auf der Reichauerstraße herauffuhr, sah eir eineen
feurigen Mann, der dem Wagen immer näher kam. Der Bauer trieb
die Ochsen immer mehr an, aber der feurige Mann blieb auch nicht
hinten. Schließlich kam er ihm nach und setzte sich hinten auf den
Wagen. Als dar Bauer dies sah, ergriff ihn die Angst und er schlug
auf die Ochsen ein, damit sie schneller gingen. Die Rinder fingen zu
keuchen an, da, seitdem der feurige Mann auf dem Wagen saß, der
Wagen ungeheuer schwer geworden war. Die Ochsen mußten fest
anziehen, um überhaupt vom Platze zu kommen. Schließlich gelangten
sie doch bis nach Reichau; aber der feurige Mann saß immer noch
auf dem Wagen. Als der Bauer bei seinem Tore hineinfuhr, sprang
das feurige Männchen ab und schrie: „Vergelt‘s Gott! Du hast mich
erlöst!“ Im nächsten Augenblick war es nicht mehr zu sehen.
Gew.: Karl Klinglhuber. Aufz.: Marie Klinglhuber. 1952. |
457 DIE FEUERKUGEL
Ein Bauer aus Loiwein fuhr eines Abends von Krems mit seinem
Ochsengespann heimwärts. Als er nahe an seinen Wohnort
herangekommen war, sah er plötzlich eine feurige Kugel auf der
Straße auf sein Gespann zurollen. Furcht überfiel ihn und er trieb
seine Ochsen mit der Peitsche zu rascher Fahrt an. Doch da lag mit
einem Male die Feuerkugel auf seinem Wagen. Lange getraute er
sich kein Wort zu sprechen. Doch bei der Einfahrt in das Dorf faßte
er den Mut, die Kugel anzusprechen. Und als er an sein Haus kam,
fürchtete er, daß die feurige Erscheinung sein Haus in Brand setzen
könnte. Er sagte daher zur Feuerkugel gewendet: „Ich dank dir
schön, daß du mir geleuchtet hast!“ Bei diesen Dankesworten fing
die Kugel abermals zu rollen an und gleichzeitig vernahm der Bauer
die Worte: „Ich dank dir, daß du mich erlöst hast!“ Und schon war
die Feuerkugel verschwunden und nie mehr gesehen.
Gew.: Kanzler Rosalia, Loiwein. Aufz.: Schneider Maria, 1952. |
458 FEUERMANDL VOM TÖTENHENGST
Als einst ein Bauer bei Nacht über den Tötenhenggtberg fuhr,
gesellte sich ein feuriges Männlein zu ihm. Da sich der Bauer sehr fürchtete, fing er zu beten an. Doch das
Männlein rückte immer näher zu ihm heran. Gleichzeitig wurde der
Wagen immer schwerer, sodaß die Pferde trotz
größter Anstrengung ihn nicht mehr zu ziehen vermochten. Sie
stürzten und verendeten. Als ein andermal wiederum ein Bauer über
den Tötenhengst fuhr, widerfuhr ihm ein gleiches Schicksal. Da der
Wagen immer schwerer von der Stelle kam, die Pferde wieder zu
stürzen drohten und auch das Gebet keine Hilfe bringen konnte, fing
der Bauer fürchterlich zu fluchen an. Da sprang wie von einer
unsichtbaren Gewalt vom Wagen gestoßen das feurige Männlein
vom Wagen und verschwand für immer. Die toten Pferde des
Fuhrmannes konnte das Volk nicht vergessen und benannte diese
Örtlichkeit nach den toten Hengsten.
Gew.: Friedl Marie, Plank. Aufz.: Friedl Gertraud. 1952. |
459
Als noch als einzige Straße die Kaiserstraße durch den
Mottenerwald gegen Zwettl führte, verband diese ein holpriger
Fahrweg mit dem Orte Niedergrünbach. Es geschah sehr oft, daß
die zum Markt nach Langenlois fahrenden Bauern erst in der Nacht
durch diesen unheimlichen Wald heimwärts kamen, denn der weite
Weg konnte nicht bei Tag zurückgelegt werden. Da ereignete es
sich einmal, daß mehrere Bauern mit ihren Ochsengespannen zu
später Stunde durch den Forst mußten. Da sprang plötzlich ein
feuriges Männlein auf den vordersten Bauernwagen. Unbeweglich
saß es dortselbst und kümmerte sich nicht um das furchtsame Getue
der Bauern, die stille Gebete zum Himmel sandten, da sie das
Feuermännlein für den Leibhaftigen hielten. Langsam zogen die Ochsen ihren Weg und der Wagen wurde immer schwerer. Die Räder
knarrten und der Wagen ächzte, wie wenn eine riesige Last auf ihm
lastete. Auch die Zugtiere keuchten schwer unter der fürchlerlichen
Schwere. Währenddessen leuchtete das unheimliche Feuer des
Männleins in das Dunkel der Nacht und aus seinem Körper züngelten unablässig kleine Flämmchen, sodaß der
Wald in ein gespensterhaftes Licht getaucht war.
Gottergeben und Gebete zu Gott murmelnd, setzten die bedrückten Bauern ihren Weg fort. Als sie endlich den
Dobrabach erreichten, sprang das feurige Männlein vom
Wagen und derselbe rollte rascher und leichter geworden
dahin. Da nahm sch der Bauer ein Herz und rief dem
Männlein, das enteilte, nach: „Dank dir Gott, daß du uns
geleuchtet hast!“ Und durch die Stille der Nacht scholl die
Stimme des Männleins zurück, das da rief: „Dank euch
Gott, daß ihr mich erlöst habt.“ Und mit einem Male war
es den Blicken der Bauern entschwunden. Seit dieser Zeit
hat sich das Feuermandl nie mehr wieder gezeigt.
Gew.: allbekanntes Volksgut des Ortes Nieder Grünbach. Aufz.: Ebner Hermine. 1952. |
460
Als einstmals der Großvater des ehemaligen Mesners Schütz von
Arnsdorf bei Nacht heimwärts ging, sah er am gegenüberliegenden
Donauufer bei Sankt Michael ein sonderbares Licht, das er zuvor
noch nie gesehen hatte. Da der Weg zu seinem Heim unbeleuchtet
war, sprach er so vor sich die Worte hin, die seinem innersten
Wunsche Ausdruck verliehen, nämlich: „Feuriger Mann leuchte
mir!“ Kaum hatte er die Worte in einsamem Selbstgespräch über
die Lippen gebracht, als sich plötzlich das geheimnisvolle Licht, auf
ihn zubewegte, über die Donau herüberschwebte und vor ihm
einhertänzelte. Da bekam es der Nachtwanderer mit der Angst zu
tun und lief, was ihn seine Füße tragen konnten, eiligst gegen sein
Heim. Da mußte er noch die finstere Torhalle durcheilen, die durch
einen Turm führte, der einst im Pfarrhofe stand. Kaum hatte er aber
diesen durchlaufen und sein Wohnhaus erreicht. da bemerkte er,
daß das sonderbare Licht in der finsteren Durchfahrt plötzlich
schwunden war.
Aus der Sagensammlung Dr. H. Plöckinger, Krems. Unveröffentlichtes Sagengut.
Gewährsmann nicht verzeichnet. Aufzeichnung 1952. |
461
Ein Bauer fuhr einst spät abends von Raxendorf beimwärts. Als er am „Toten Mann“ bei Trandorf vorbeifuhr.
gewahrte er ein feuriges Männchen, das sich rückwärts auf
seinen Wagen setzte. Aber der ungerufene Mitfahrer belastete den Wagen so sehr, daß er immer schwerer wurde
und die Ochsen denselben kaum mehr zu ziehen vermochten. Schon graute der Morgen, als der Bauer endlich bei
seinem Hause anlangte. Eben läutete es züm Gebete, als
der Bauer zum Hoftore hineinfuhr. Da sprach er nun zum Feuermanderl:
„Dank Dir Gott, daß Du mir geleuchtet hast!“ Das Männchen
sprang vom Wagen und rief: „Dank Dir Gott, daß Du mich erlöst
hast!“ Es verschwand.
Gew.: Johann Scharnagl aus Laaben. Aufz.: Erich Schöner in Spitz. |
462
Es lebte vor vielen Jahren zu Melk ein lustiger Bauer. Eines Tages führte
der junge Mann für seine Herrschaft als Robotleistung Holz nach
Loosdorf. Man trug ihm aber auf, noch vor Einbruch der Nacht
daheim zu sein, denn die Straße von Roggendorf nach Melk war
damals nach Einbruch der Nacht nicht recht geheuer, da ein
Fuchtelmanderl dort sein Unwesen trieb. Besonders auf die
Fuhrleufe hatte es dasselbe abgesehen. Das Männlein erschreckte
die Pferde oder setzte sich gar auf den Wagen auf. Obwohl es nur zwei Zoll groß war, hatte es ein so schweres Gewicht, daß die Pferde
den Wagen, welchen es bestiegen hatte, nicht erziehen konnten, auch
dann nicht, wenn vier Pferde vorgespannt waren. Der junge und
lustige Bauer mißachtete aber den Auftrag. Er ließ sich durch die
Rede vom Fuchtelmanderl nicht einschüchtern. Er dachte sich, daß er
mit diesem Männlein schon fertig werden würde. Er fuhr nach
Loosdorf, lieferte dort sein Holz ab und tat sich dann im Gasthaus bei
einer guten Jause gütlich. Bekannte kamen hinzu und hielten ihn
vollends auf, sodaß er erst gegen Mitternacht Loosdorf mit seinem
Gefährt verließ. Als er nun auf dem Heimwege seine Pferde zur Eile
antrieb, scheuten diese plötzlich bei dem Orte Spielberg, als er den
Wachberg hinanfahren wollte. Schaum trat ihnen aus den Nüstern und
wild rissen sie an den Strängen. Da stieg der Bauer ab, um
nachzusehen, was die Ursache der Unruhe wäre. Da stand, wie aus
der Erde geschossen, das Fuchtelmanderl aus dem Straßengraben
auf. Es bat den Kutscher flehentlich, daß er es auf seinem Wagen
mitnehme, da es von weiter Reise schon müde geworden sei. Der
Bauer willfahrte der Bitte und nahm das Männlein auf dem Wagen
mit gegen Melk. Doch als beide Männer auf dem Wagen saßen,
konnten die Pferde das Gespann fast nicht ziehen, so schwer schien
es geworden zu sein. Da wurde es dem jungen und lustigen Bauern
doch etwas angst und bange. Er begann still vor sich hin den
Rosenkranz zu beten und sich zu bekreuzigen. Auf Fragen, die er an
das Männlein richtete, gab dieses keine Antwort. Dies machte die
Angelegenheit noch unheimlicher und der Bauer machte sich
Vorwürfe, daß er die wohlgemeinten Ratschläge nicht beachtet und
vor dem Gebetläuten zeitgerecht heimgekehrt sei. Die Wegstrecke,
zu der man ansonsten nur eine Viertelstunde brauchte, war kaum in
einer Stunde zu bewältigen gewesen. Und als man am Friedhofe zu
Melk vorbeifahren wollte, bat das Männlein den Fuhrmann, das
Gefährt anzuhalten. Der Bauer tat es und das Männlein stieg vom Wagen. Schon während der Fahrt hatte der Bauer unheimliches Brummen
vernommen. Als nun das Fuchtelmanderl, welches eine glimmende
Fackel die ganze Zeit über in Händen gehalten hatte, vom Wagen
stieg, wurde der Wagen plötzlich wieder leichter. Der Jungbauer, der
dies wahrgenommen hatte, fragte nun das Männlein nach seinem
Begehr: „Alte guten Geister loben Gott den Herrn, ich frage dich. was
ist dein Begehr?“ Gleichzeitig warf er eine Hand voll Brotbrösel, die er
vom Abendmahle erübrigt hatte, gegen das Manderl. Da gab es – er
bekreuzigte sich – plötzlich einen lauten, furchtbaren Knall und eine
Flamme schlug aus dem Boden. Aus den Lüften aber scholl eine
Stimme laut und durchdringend herab: „Ich dank dir und Gott, daß du
mich erlöst hast, daß du den Rosenkranz gebetet hast. Dreihundert
Jahre wartete ich schon auf die Erlösung. Endlich bin ich frei!
Vergelts Gott!“ – Der Bauer, dem es noch unheimlicher geworden
war, trieb seine Pferde zum raschen Laufe an, um ungesäumt nach
Melk zu gelangen. Als er einfuhr, schlug es vom Stiftsturme eben die
erste Morgenstunde. Seit, dieser Zeit ließ sich das Fuchtelmännlein nie
mehr sehen.
Gew.: Heinrich Draskowitsch, Melk. Aufz.: 1927, derselbe. |
463
Wösendorf hatte einst einen Nachtwächter, der ein Sonntagskind war.
Jedesmal, wenn dieser um Mitternacht zum Geißbügel kam, sah er
dort zwei streitende feurige Männer. In der Nacht einmal soll derselbe
zu einem Wirtschaftsmanne gekommen sein und behauptet haben,
eben jetzt hätten vier Männer einen Sarg in der „Reicha“ des
Nachbarhauses niedergestellt und seien wieder verschwunden. Drei
Tage darnach sei in dem Hause plötzlich ein Mädchen gestorben.
Aus Dr. Plöckingers Wachausagen, Seite 60, Nr. 50. |
464
Ein Mann versuchte einst am „Auerl“ bei Vießling während der
Christmette die Geister zu erspähen. Er zog mit geweihter Kreide an
einer gewissen Stelle des Auerl einen Kreis, zeichnete in die Mitte
desselben ein Kreuz und stellte sich darauf. So erwartete der
Versucher die Geisterstunde. Und als es die Mitternachtsstunde vom
Turme schlug, begann es um ihn herum sieh zu regen. Sturmwind
fegte durch das Auerl. Der Geister große Schar erschien und hielt
hier ein Stelldichein. Da trat aus der Reihe einer auf den Mann zu
und schlug mit wuchtigem Hiebe eine Hacke in die Schulter des
Neugierigen. Von Schmerz und Furcht Überwältigt, lief der
Erschrockene, so schnell ihn seine Füße zu tragen vermochten, heim.
Wen er auch um Hilfe anflehte, keiner konnte ihm helfen. Übers Jahr
wurde im Rettung zuteil, denn es fand zur gleichen Stunde und an
gleicher Stelle der Geist sein Beil wieder. Er zog es aus der Schulter
des Mannes und der Versucher ward frei von Schmerz und Furcht.
Gew.: Gritsch Ehrentraud, Vießling. Aufz.: Schulleitung Niederranna. 1952. |
zum Teil 7 |
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