Hexentanz
Heft Nr. 10 (Doppelheft)
Teil 4
von Sage 404 bis Sage 417
404 DAS VERHEXTE WILD Als der Förster Busch auf die Jagd ging, ertappte er einen Wilderer, und zwar den Winkler aus Povat. Die beiden Männer gerieten in Streit. Schließlich verbot der Jäger dem Wilderer, jemals, wieder ohne Erlaubnis zu jagen. Als Busch einige Zeit später mit den Jägern eine Jagd vereinbarte, durfte Winkler nicht mitgehen. Der aber meinte: „Wenn ihr nur nicht schießen könntet!“ Die Jäger lachten und machten sich nichts daraus. Im Walde wurde gar oftmals geschossen, aber immer nur flogen Haare auf und das Wild lief davon. Bei der nächsten Jagd durfte der Wilderer wieder mitgehen. Diesmal aber machten die Jäger so reiche Beute, daß sie das erlegte Wildbret gar nicht nach Hause tragen konnten. Es mußte mit dem Wagen gefahren werden.
Gew.: Leopold Müller, Niederranna. Aufz.: derselbe. Eingesandt von der Schule
Niederranna. |
405 HEXENKRAPFEN
Ein Fuhrmann fuhr einst mit seinem Pferdegespann an
einem Haus vorbei, in dem Hexen gerade Krapfen buken.
Er kannte sie alle und eine davon gab ihm zwei Krapfen
heraus, damit er sie nicht verrate. Er aß einen mit großem
Appetit, denn er schmeckte ihm vorzüglich. Den zweiten
Krapfen steckte er in seinen Rocksack, nur ihn später zu
essen. Als er des anderen Tages ihn aus der Tasche nehmen wollte, griff er in seinem Sacke etwas Weiches. Er zog seine Hand
rasch zurück und stülpte den Sack um. Da fiel eine Kröte aus diesem
heraus. Darüber war er so von Ekel erfaßt, daß er heftig erbrach.
Gew.: Frau Löffler aus Eisenbergeramt. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems. 1953. |
406 WIE EINE HEXE MOLK
Zu Rehberg bemerkte man einst eine Hexe, die in einen großen
Milchhäfen aus Grastuchzitzen Milch einmolk. Sie hatte an einen
Baum ein Grastuch gebunden, aus dessen Bindstricken sie reichlich
auf vorgenannte Weise Milch gewann.
Nach P. W. Leeb, Göttweig. |
407
Einst lebte zu Rehberg ein Viehhirt, der alle Hexen des Ortes kannte.
Wenn jemand ein gleiches Erkennen lernen wollte, mußte er bei ihm in
die Lehre gehen. Er durfte dann sieben Jahre keine Kirche betreten,
durfte weder Haare, Bart noch Finger- und Zehennägel schneiden,
durfte sich ferner während dieser Zeit auch nicht waschen. Dann war
er gleich dem Kuhhirt fähig, den Leuten die Ortshexen zu verraten.
Nach P. W. Leeb, Göttweig. |
408
Zu Rehberg lebte einst ein Mann, der in der Mettennacht ein
unvergeßliches Erlebnis hatte, als er ausging, um
die Hexen während der Mitternachtsmette zu erkennen.
Man hatte ihm geraten, in der Mettennacht einen Astzwiesel von
einem Baume zu schneiden und durch die Astgabel in der
Mitternachtsmesse die Kirchenbesucher zu betrachten. Alle jene
Frauen, die er dann im Blickfeld der Astgabel mit dem Rücken dem
Altare zugewandt sehe, seien Hexen. Hätte er sie erkannt, dann
müsse er schleunigst das Gotteshaus verlassen, um sich in Sicherheit
zu bringen, denn die Hexen würden ihm ansonsten arg zusetzen. Wie
geraten, so tat es der Mann. Und richtig gewahrte er, durch ,die
Astgabel blickend, eine ganze Reihe Frauen, die entgegen jedem
Brauch dem Altare den Rücken zukehrten. Kaum, hatte er die Hexen
erkannt, sah er bereits deren Blicke wütend auf sich gerichtet. Es
wurde ihm unheimlich bang und er suchte das Weite. Er lief, was ihn
seine Füße tragen konnten, seinem Heime zu. Schweißgebadet traf er im Hause
ein und wurde von heftigem Fieber ergriffen. Er lag lange krank
darnieder, immer von der Angst geplagt, die Hexen würden seiner
habhaft werden.
Nach P. W. Leeb, Göttweig. |
409
Im Kamptale arbeitete vorzeiten ein Schneider bei einer Bäuerin, die
eine Hexe war. Da bemerkte er einmal, wie die Hexe mit wenig Rahm
und einem Pulver, das sie in einer Schachtel verwahrt hatte, schnell
und in großer Menge Butter machen konnte. Der Schneider nahm nun
heimlich von dem Pulver etwas an sich. Als er daheim war, probierte
er damit das Buttermachen. Es gelang ihm auch wirklich, es zu
vollbringen. Aber da stand auch schon der Teufel mit einem Buche
neben ihm und forderte ihn auf,
sich einzuschreiben. Da ergriff den Schneider die Angst und er schrieb
den Namen Jesu in das Buch, anstatt daß er seinen Namen hingeschrieben hätte. Augenblicklich verschwand der Teufel, ließ
aber das Buch in der Eile zurück, das dann verbrannt wurde.
Nach K. Landsteiner. Verzeichnet in Kisslings "Frau Saga", 4. Reihe. Seite 15, Nr. 8. |
410
Vor langer Zeit erzählten alte Leute, daß bei einer bösen Bäuerin die Rahmhäferl
nie leer würden. Die Dienstboten beschlossen daher, der Sache auf den Grund zu
gehen. Nach einigen Tagen sahen sie eine häßliche Kröte im Hof sitzen.
Sie dachten, das könnte eine Hexe sein. Heimlichgingen sie in die Küche um
heißes Schmalz, gossen es der Kröte ins Maul und ließen sie laufen. Nächsten Tag kam ein sehr altes Weib mit einem eingebundenen Mund betteln. Da
wußten die Dienstboten, daß dieses Weib die böse Hexe war. Sie
verjagten es mit dem Besen und nassen Fetzen. Die Hexe verschwand und kam
nie wieder. Die Bäuerin und Hexe waren zusammen im Spiel.
Gew,: Ferner Josef, Laaben bei Spitz. Aufn.: Hauptschule Spitz. 1952. |
411
Einst war ein, Schustergesell auf der Stör bei einer Bäuerin. Als er so
arbeitete, bemerkte er, wie die Bäuerin ihr Butterfaß mit einer Schmiere
ausschmierte. Dann fing sie zu rühren an. Es dauerte auch gar nicht lange,
so zog sie einen großen Butterstriezel heraus. Der Geselle dachte sich: „Wenn ich
nur auch eine solche Schmiere hätte!“ Als er nachts schlief, klopfte es plötzlich
ans Fenster. Er öffnete und draußen stand ein finsterer Geselle, der sagte:
„Wenn du eine solche Schmiere willst, so schreibe dich in mein
Buch hinein.“ Der Geselle wußte nicht, was er hineinschreiben sollte und
gab es zurück. Am nächsten Tag begab er
sich zum Pfarrer und fragte diesen, was er tun sollte. Da
sagte derselbe: „Schreibe hinein: Jesus, Maria und Josef steh uns bei!“ In der
Nacht klopfte es wieder. Der wüste Geselle gab das Buch beim Fenster herein
und der Schuster schrieb sich hinein, wie ihm der Pfarrer geraten hatte. Als er das
Buch wieder hinausgab, konnte es der finstere Geselle nicht mehr halten. Er ließ
es fallen. Es war der Teufel. Der fromme Spruch hatte ihm das Buch zu
schwer gemacht. Damit waren alle, die eingeschrieben waren, erlöst, denn Luzifer
hatte durch den Verlust des Buches die Macht über sie verloren.
Gew.: Lechner Franz, Spitz, Rote Tor-Gasse, Aufz.: Volksschule Spitz, 1952. |
412
Hoch oben am Braundorfer, wo sich viele Wege kreuen, einnen Kreuzweg bilden, geht es in den Rauhnächten gar unheimlich zu. Da saust es und traust es, da seufzt es
und der schauerliche Ruf der Nachtvögel schallt in den uneimlichen Lärm
der Rauhnächte. Wenn dann der mitternächtliche Glockenschlag ertönt, sieht man
gar unheimliche Gestalten am Kreuzweg einen sonderbaren Reigen auffühen,
sodaß es dem nächtlichen Wanderer unheimlich zu Mute
wird. Schleunigst entflieht er diesem Orte, dem er aus Angst den Rücken kehrt.
Doch die geheimnisvollen Gestalten drehen weiter ihren sonderbaren Tanz, bis die
Glocke die erste Morgenstunde schlägt. Dann verschwinden auch sie, auf
Besen durch die Lüfte reitend. Weil an diesem Orte in den Rauhnächten der
Tanz der Hexen stattfindet, nennt diesen Ort das Volk den „Tanzer“.
Aus unveröffentlichten Aufzeichnungen Dr. H. Plöckingers. 1927. Gewährsperson ist eine alte Steinerin. |
413 In den Häusern am Körnermarkt zu Krems, die ein hohes Alter aufweisen, ging es oft nicht mit rechten Dingen zu. Nächtlicher Spuk störte nicht selten die Ruhe der Bewohner, die sich dann durch alte, gar geheimnisvolle Mittel zu schützen trachteten. So kam auch in das Haus Nr. 6 zu nächtlicher Stunde ein böses Weib, eine Trud, die sich den Schlafenden auf die Brust setzte und durch argen Alpdruck, die Ruhe vergällte. Erst als man auf die Türschwelle einen Trudenfuß malte, blieb sie ferne und die Bewohner hatten ihre Ruhe wieder. War es vielleicht der Geist der dortselbst eingemauerten Nonne?
Gew.: Frau Rupp Körnermarkt 6. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, 1926. |
414
Hoch oben im Walde über dem Kremstal, wo die Weingärten an den
Wald stoßen, befindet sich im Forst ein Felsen, an dessen Grunde
sich eine tiefe Grube findet, in der sich auch in trockener
Sommerzeit Wasser sammelt und hält. Diese Vertiefung ist der
Hexenkessel, in den einst eine Hexe Wasser für die frohen Sänger
des Waldes hineingezaubert hat, damit sie nicht Durst leiden müßten.
Aufgezeichnet durch die Schüler der Schule Senftenberg. 1952. Eingesendet von der
Schulleitung Senftenberg. |
415
Unweit vom Dorfe Schmerbach befindet sich, am Abhange zum
Kampflusse, der Kremser Bezirksgrenze gegenüberliegend, im Felsen
eine Höhle, in welcher der Sage nach, in alten Zeiten, eine wilde
Frau, nach anderer Meinung drei Waldfrauen, gehaust haben sollen.
Man nennt sie die „Frauenlucke“.
Aus KissIings „Frau Saga“, 1. Reihe, Nr. 57. |
416
Um das Jahr 1558 war in Krems ein Schuster, namens Martin
Freytag, welcher der Zauberei verdächtig, vor dem Rate der Stadt
aussagte, daß er vor etlichen Jahren aus Stein nach Rafing gezogen
sei. Dort habe er aus einem Grabe den Samen Martagum gewonnen,
mit dem sich verborgene Schätze auffinden lassen. Damit könne man
auch mächtige Geister, Fürsten des Firmaments, beschwören. Von Rafing
aus habe er sich auf einen Berg, der Trutteum (Trudheim) heiße,
begeben, wo er mit den Fürsten des Auf- und Niederganges der
Welt den Samen probierte, die ihm dabei viel Schätze angezeigt
hätten. Seitdem habe er diese Kunst geübt und sei von einem Ort
zum andern gezogen. So sei er auch auf einen Berg an der Sulza des
Thonrädl von Rehberg gekommen. Daselbst habe er mit seinem
Fürsten gefochten, aber trotz des grausamen Getümmels, trotz Hagel
und Schauer, sich des Fürsten erwehrt. Der Schuster sagte auch, daß
er, wenn er die Figur und seinen Fürsten habe, dem „Türkischen Feind“ all sein Feuerwerk im Felde
nehmen könne, sodaß er nicht schießen könnte. Weiters sagte er, daß er
auch „Wettermachen“ verstehe, ferner griechisch und hebräisch reden
könne, wenn sein Fürst zugegen sei. Leider befände sich dieser aber
jetzt auf Urlaub.
Aus Kisslings „Frau Saga“, 3. Reihe, Seite 37, Nr. 31. |
417
Die Taglöhnerin Barbara Wendl aus Gneixendorf betrieb um 1880 eine besondere Art des Losens. Wenn in der
Christnacht die ersten Sterne am Himmel erschienen, so
trat die Wendlin jede Stunde bis zwölf Uhr mitternachts ans ihrer Stute ins Freie und
blickte in die Sterne. Sah sie dabei viele buttentragende Männer, so
weissagte sie ein gutes Weinjahr; wenn aber wenige zu sehen waren,
so gab es ein schlechtes Jahr. In ähnlicher Weise sah sie auch die
übrige Ernte, ferner Krankheiten, Todesfälle, Krieg u. a. m. voraus.
Auch beschrieb sie Leuten, die später in die Fremde zogen, deren
genauen neuen Wohnort, ohne je dort gewesen zu sein.
Aus Kisslings „Frau Saga“, 2. Reihe, Nr. 25. |
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