Hexentanz
Heft Nr. 10 (Doppelheft)
Teil 1
von Sage 382 bis Sage 385
382 DER LISTIGE BRAUER UND DER TEUFEL
Vor mehr als hundert Jahren war am Bräuhause zu Melk ein Bräuer,
der falsch, und hinterlistig war. Eines Tages befiel Ihn eine große
Geldgier und er traf Vorbereitungen, um zum Teufel um Geld zu
beten. Er nahm sich aber fest vor, sein Seelenheil ja nicht dem
Gottseibeiuns zuzuschlagen, sondern ihn zu betrügen, gleich wie
er sonst seine lieben Mitmenschen betrog und bestahl. Kurz
bevor er sein Zaubergebet im Sudhause sprach, stellte er
zwei Tonkrüge mit Zinndeckeln auf. Einer kam in die Ecke
auf ein kleines Tischen, den zweiten Krug füllte er aber
mit schäumendem Bier, mit dem er dem Teufel aufzuwarten
gedachte. Der erste Krug enthielt aber bei verschlossenem Deckel
Dreikönigswasser, ein geweihtes Wasser. Die
Uhr schlug gerade die Mitternachtsstunde, als der Bräuer
mit seiner Beschwörung begann. Siehe, es dauerte aber
nicht lange, so war der Teufel da. Hui, sah der aber aus!
Mitten aus der Gluthitze der Hölle kam er und schleppte
eine Truhe, welche bis an den Rand mit Goldstücken angefüllt war.
Schweißtriefend und voll Durst kam der Teufel
zum Bräuer und hielt ihm einen Vertrag unter die Nase,
demzufolge er nach Erhalt der Truhe samt dem Goldschatz
dem Gankerl seine Seele verschreiben sollte. Der Brauherr
sah, welch sehnsüchtige Blicke der durstige Höllenfürst
auf das schmackhafte Melker Bier richtete und dachte sich,
daß er dem Gankerl einen Bierrausch anzüchten werde.
Wenn der Teufel dann betrunken wäre, wollte er ihn betrügen. Wie
es sich der Bräuer gedacht hatte, so geschah es auch. Der Teufel
trank eine Maß nach der andern. Als sein Durst schon längst gestillt
war, trank er noch immer vom schäumenden, köstlichen Trunk. Bald
stellte sich nun die Folge ein und der Teufel bekam einen
Riesenrausch. Schon zur Zeit als der Teufel dem Bier eifrig zugesprochen hatte, hatte der
Brauherr den Vertrag genau durchgelesen. Er setzte dann in
Anwesenheit des betrunkenen Teufels den Namen des
Gekreuzigten darunter. Da schlug es die erste Morgenstunde. Der
seiner Sinne nicht mehr mächtige Teufel fuhr mit der vermeintlichen
Unterschrift unter dem Vertrage zur Hölle nieder. Als der Gankerl
fort war, nahm der Bräuer schnell den Maßkrug mit dem geweihten
Wasser und schüttete den Inhalt des Tonkruges über die
Schatztruhe samt ihrem Inhalt, auf daß der Schatz ihm nicht mehr in
Verlust geraten könnte. In der Hölle bemerkte späterhin der Luzifer,
daß er vom listigen Manne elendiglich betrogen worden war. Der
Vertrag trug nämlich die Unterschrift seines größten Feindes. Der
Höllenfürst sann auf Rache. Als der Brauherr eines Tages in
seinem Sudhause stand und im Kessel Hopfen kochte, erschien der
Teufel. Er zeigte sich dem Bräuer aber nicht, sondern stieß
denselben die Stiege hinunter, sodaß sich der Betrüger das Genick
brach. So hatte sich der Teufel gerächt. Teufel und Brauherr fuhren
gemeinsam zur Hölle.
Gew.: Heinrich Draskowitz Melk. Aufzeichnung 27. 12. 1926. Aus der
Sagengutsammlung Dr. Plöckingers, Krems. |
383 DER TEUFEL FUHR DURCH MELK
Vor mehr als hundert Jahren, zur Zeit der Unternächte, so zwischen
zwölf und ein Uhr nachts, fuhr alljährlich der Teufel mit einem
Wagen blitzessehnell durch Melk, um sich diejenigen Menschen gut
anzusehen, die reif für die Hölle wären. Heftiger Sturm begleitete
seine Fahrt. Mehrere Tage währte schon der Sturmwind, der des
Teufels Fahrt auch einleitete. Da fuhr eines Nachts der
Gottseibeiuns mit vierspännigem Wagen durch die Stadt. Er hatte es
gar eilig und hieb mit seiner Peitsche derart auf die Pferde ein, daß das höllische Schnalzen der Geißel selbst in die Wohnung
der friedliebenden Bewohner drang, wo sich diese dreimal
bekreuzigten. Am heutigen Hauptplatze, wo vor hundert Jahren noch
der offene Weirerbach rann, war zur selben Zeit eine Holzbrücke.
Über diese fuhr der Gankerl so eilig hinweg, daß die alte, morsche
Brücke einbrach und der Teufel samt seinem Wagen in den
Weirerbach fiel. Er fluchte über dieses Mißgeschick, zerrte seinen
Wagen aus dem Bächlein und wollte wieder weiterfahren. Da
entdeckte Luzifer, daß an seinem Höllenwagen das Hinterrad
gebrochen sei. Da er den Schaden nicht selbst beheben konnte,
entschied er sich, einen Schmiedemeister aufzusuchen. Um nicht
erkannt zu werden, mußte sich der Teufel am Marktplatze zu Melk
umziehen. Er wählte die kleidsame Tracht eines Weinhauers. In
dieser Verkleidung, das gebrochene Hinterrad in der Hand, wanderte
der Teufel in Melk herum und fand nach vielem Suchen in einer
abgelegenen Gasse eine Schmiede. Der Gankerl klopfte in aller
Bescheidenheit beim Fenster an. Der Altgesell öffnete das Fenster
und frug, was sein Begehren zu so später Stunde sei. Der späte
Besucher antwortete: „Ich möchte den ehrsamen Meister in einer
sehr wichtigen Angelegenheit sprechen.“ Der Altgesell weckte
seinen Herrn und sagte, daß draußen ein fremder Mann stehe, der
den Meister dringend zu sprechen wünsche. Der Schmiedmeister
kam und der Teufel brachte sein Anliegen vor. Er fügte bei, wenn
der Schmiedmeister ihm den Gefallen erweise, gleich das gebrochene
Hinterrad auszubessern, ihn nicht nur glänzend zu bezahlen, sondern
ihm, dem Schmiedmeister, ein großes Geheimnis zu verraten,
wodurch er reich und hoch angesehen würde. Der Schmiedmeister
ging auf dieses Angebot ein, öffnete die Werkstätte und der Teufel
hinkte herein. Der Handwerksmeister arbeitete fleißig an dem
gebrochenen Rad, das nach Pech, Schwefel und dergleichen stank.
Dies kam ihm nicht geheuer vor. Der Schmied beobachtete unauf
fällig seinen mitternächtlichen Gast, der sich zum Zeitvertreib die Werkstätte ansah. Da bemerkte er, daß der
Mann einen krummen Fuß, einen Bockbart und rabenschwarzes Haar
hatte. Da fiel dein Schmied von früherer Zeit die Geschichte ein, wie
der Teufel durch Melk fuhr. Er kam auf den Gedanken. daß dies
vielleicht doch der Teufel sein könnte. Um mit seinem Seelenheil nicht
in Gegensatz zu kommen, machte der Schmiedmeister, als sich
der Gankerl gerade eingehendst für die Vorrichtung des Blasbalges
interessierte, geschwind drei kleine Kreuzzeichen in das Rad hinein
und überstrich dieselben mit einer schwarzen Farbe, sodaß die
Zeichen nicht gesehen werden konnten. Nach erfolgter Fertigstellung
der Arbeit am Rade, frug der, Teufel um seine Schuldigkeit Der
Schmiedemeister antwortete, dies liege in seinem Ermessen, er werde
doch wohl einsehen. daß er um seinen guten Schlaf gekommen sei
und daher eine angemessenen Bezahlung erwarte. Der Teufel zeigte
sich sehr erkenntlich und schenkte dem Schmiedmeister einen Beutel
purem Goldes. Außerdem verriet er ihm das Geheimnis, wie man
durch Zaubersprüchlein krankes Vieh und kranke Menschen gesund
machen könnte. Da schlug es von der nahen Kirche ein Uhr und der
Teufel verschwand. Er eilte blitzschnell nach dem Marktplatze, wo die
Pferde und der Wagen noch standen, machte das Rad fest und fuhr
weiter. Doch das Fahren wollte gar nicht recht vonstatten gehen.
Außerhalb von Melk. bei dem sogenannten „Steinern Brückel“, liegt
die „Ofenschüssel“. Dort hielt der Teufel und untersuchte den Wagen
genau, was wohl die Ursache der langsamen Fahrt sein könnte. Da
bemerkte er, daß am wiederhergestellten Rad drei Kreuzzeichen
seien. Hui, ging da dem Teufel das Grauen an, und aus Wut, daß der
Schmied ihm einen so bösen Schabernack gespielt hatte, warf der
Teufel den Wagen zur Erde. Dort, in der Ofenschüssel. allwo heute
ein Tümpel ist, geschah dies. Schnurstracks fuhr er zur Hölle und
nahm sich vor, dies zu rächen. Als am Morgen die Bewohner von
Melk erwachten, entdeckten sie die eingebrochene Brücke und
daneben ein kohlschwarzes Gewand, das der Teufel in der Eile
vergessen hatte. Der Schmied war aber so vorsichtig und erzählte von
seinem mitternächtlichen Besuche nichts. Auf einmal wurde er Bader
und Viehdoktor, hatte einen Riesenerfolg in seinem Geschäfte und
wurde ein reicher Mann. Der Schmied wurde aber in seinem
Wohlstande übermütig und ein Trinker. Da flüsterte eines Tages ihm
der Teufel in das Ohr, wie gut dies wäre, wenn man sich einen Strick
um den Hals winde. Der Schmied hörte auf die Einflüsterung, tat es,
der Teufel zog die Schlinge zu und fuhr mit ihm zur Hölle.
Gew. und Aufz.: Heinrich Draskowitz, Melk. 1926. |
384 DIE GELDBETER VON MELK
Zu Melk lebten vor vielen hundert Jahren ein Schneider ein Schuster
und ein Jäger. Alle drei litten immer Not an Geld. Daher beschlossen
sie, Luzifer um Hilfe anzurufen, um Geld zu beten. Sie waren zufällig
in den Besitz eines Zauberbuches gelangt und fanden darin. wie
man dabei zu verfahren habe, um Geld zu erbeten.
Gew. und Aufz.: Heinrich Draskowitz, Melk, 1926. |
385
Als der Dreißigjährige Krieg mit all seinen Schrecken zu Ende war, gab
es allerorts große Kriegsschäden. Auch im alten Städtchen Stein hatte
der Kampf und manche Seuche viele Tote gefordert und viele Häuser
lagen in Trümmer.
Auch das Haus des Totengräbers der Stadt war in Schutt und Asche
gesunken. Der arbeitsame Mann ließ aber seine Hände nicht ruhen und
bald hatte er aus den Trümmerstätten am Schloßberg sein Hänselten
wieder nett aufgebaut. Bei der Suche nach geeigneten Baustoffen stieß
der Mann eines Nachts auf zwei große irdene Töpfe, die im Lehm des
Schloßberges vergraben worden waren, Als der Totengräber sie
herausheben wollte, konnte er sie nicht so leicht emporheben. Er
vermutete in den Häfen manches Gelstück, das ihm bei seinem
Aufbaue helfen konnte. Da er nicht der Lage war, die Gefäße
heimzuschaffen, ließ er sie daher in der Erde ruhen und lenkte seine
Schritte heimwerts. Des andern Tages ging er dem verborgenen Schatz
mit Hilfe von Säcken zu Leibe. Als er im Mondenschein der
Vollmondnacht eben einen der Töpfe entleeren wollte, gewahrte er zu
seinem Entsetzen auf der gegenüberliegenden Stadtmauer in der alten
Burg eine Gestalt, die gar sonderbare Bewegungen machte. Er glaubte
sich entdeckt und ließ daher vom Schatze ab. Da er nun neugierig
geworden war, wer zu so spät Nachtstunde auf so luftiger Höhe zu
sitzen pflege. gewahrte er plötzlich, daß die Gestalt das Aussehen des
Leibhaftigen annahm. Da er schon nahe an die Stelle herangekommen
war, wo Geröll ein weiteres Vorwärtskommen behinderte, rollte zu
seinem Mißvergnügen mit lautem Gepolter ein Stein den Hang
hinunter, der sich unter seinem Tritte gelöst hatte. Der Mann blieb
betroffen stehen und gewahrte zu seinem Entsetzen, daß sich die
Teufelsgestalt von der Mauer löste und jenseits derselben verschwand.
Gleichzeitig gellte ein markdurchdringender Schrei durch die Nacht.
Der Totengräber enteilte. Doch als man am Morgen am Fuße der
Burgmauer arbeitete, fand man die Leiche eines irren Mädels auf. Sie
war dem nächtlichen Wanderer als Teufel erschienen, als sie auf der
Mauer saß. Die teuflische Erscheinung hatte aber dem Totengräber
seine Ruhe geraubt, der bald darauf ums Leben kam.
Gew.: Ludwig Sturma, Stein. Aufz. 1952. |