Teufelswerke
Heft Nr. 9 (Doppelheft)
Teil 3
von Sage 322 bis Sage 326
322 DER FINDIGE JAGDGESELLE
Der Förster der Herrschaft Dürnstein wies seinen Jägerjungen, der ihm zugewiesen worden war und aus Böhmen stammte, zum ersten Dienste an. Er wollte sich überzeugen, ob der Bursche Pflichteifer und Tauglichkeit für
seinen erwählten Beruf besitze. Er schickte ihn in den
Forst hinaus, Schnee war gerade gefallen, der aber nur mit
einer schwachen Schichte den Boden bedeckte. Als der
Jagdgehilfe den Wald durchsireift hatte, kehrte er zur Försterei zurück.
Hier fragte nun der neugierige Vorgesetzte, was er zu berichten habe.
Der Bursche wußte aber nur von drei Spuren zu melden, die sich im
Tann gezeigt hatten. Doch setzte er seinem Berichte noch hinzu, was
er aus den Spuren alles erkannt habe. So behauptete er, daß die eine
Spur von einem alten Manne stamme, die zweite von einem Hunde mit
einem kurzen Schwanzstummel herrühre, während die dritte einem
blinden Reh zugehöre. Über diesen Bericht war der alte Förster nicht
wenig erstaunt und meinte zum jungen: „Du bist ja ein ganz Gescheiter! Wie
hast du da, bloß herausgebracht?“ Kastl, so hieß der Forstgeselle, entgegenete: „Zuerst traf ich die
Hundespur. Ich ging derselben nach und fand bald eine
Stelle wo sich der Hund niedergestzt hatte. Deutlich sah ich die Spur des kurzen Schwanzstummelabdruckes im Schnee.“ Dei Alte wunderte sich über die Scharfsinnigkeit
des Gehilfen. Er fragte neun weiter, da er auch über die
anderen Beobachtungen Aufschluß haben wollte. Kastl berichtete nun: „Weiters
fand ich die Spur eines Mannes.
Dessen Schritte konnte ich im Walde verfolgen. Er blieb
sogar einmal stehen, um kräftig auszuspucken. Wäre der Mann jung gewesen
so hätte er weit gespuckt. Da er aber
alt war, flog der Auswurf nur gerade neben ihm auf die
Erde, wie man deutlich sehen konnte.“ Jetzt fing der Förster über die Schlauheit seines Gehilfen noch mehr zu staunen an. Er
fragte auch noch, wie sich die Blindheit des
Rehes habe erkennen lassen. „Das war auch ganz leicht zu
erkennen“, meinte der schlaue Bursche, „denn des Rehes
Spuren zum Zaune eines Krautgartens. Das Tier suchte vergebens,
in denselben hineinzukommen, abgleich das Türlein zum Garten weit offenstand.“ Durch solche
Spitzfindigkeit hatte er sich den Vorgesetzten gewonnen und sich bei
der Herrsehaft gut eingeführf. Als später des Försters Stelle frei
wurde, erhielt Kastl den Försterposten. Doch das Volk wurde von
ihm, der ein hartherziger Mann war, arg bedrückt.
Gew.: Franz Bogner, Unterloiben Nr. 17. Aufz.: Dr. H. Plöckinger 1926. |
323 DER VERWUNSCHENE STERNWIRT
Vor langer, langer Zeit wirtschaftete auf der Melker
Stiftstaverne „Zum Goldenen Stern“ auf der „Schneiderbastei“ ein Wirt, der seinen Gästen einen gepantschten Wein vorsetzte, der auf seiner Kellerstiege gewachsen war. Er
braute und pantschte aus vielen Mixturen ein künstliches
Weinlein zusammen, daß er seine Freude daran haben konnte. Doch
die lustigen Wirtshausbrüder erkrankten im Laufe der Zeit durch den Genuß des gefälschten Weines an
allerlei Krankheitserscheinungen und mancher segnete das Zeitliche.
Der Wirt wurde aber durch den Verkauf seines Kunstweines sehr
reich und wohlhabend. Er machte sich aus dem Tode seiner Kunden
nicht das mindeste daraus, sondern im Gegenteil gestaltete er
seinen Absatz immer mehr aus. Er vertrieb auch von nun ab seinen
Wein in den Orten der Umgebung, sodaß auch dort die Leute durch
den Genuß des Getränkes immer zahlreicher erkrankten. Durch seine
Erzeugnisse schädigte er auch die armen Hauer der Wachau, denn ihr
Wein blieb in ihren Kellern liegen, ohne abgesetzt werden zu können.
So trieb es der Wirt manches Jahr. Da klopfte eines Tages der
Gevatter Tod in Verkleidung eines armen Handwerksburschen an die
Tür des Wirtes. Er bat um Speise und Trank. Um nicht als Geizhals
verschrien zu werden, obwohl er im gewöhnlichen Leben um alles
geizte, reichte der Wirt dem Wanderer ein Stück verschimmeltes
Brot und ein Gläschen seines gebrauten Trunks. Der Tod gab sich
nun zu erkennen und drehte dem erschrockenen Wirt das Genick
um. Der Mann, der Zeit seines Lebens eine große Sündenlast ,auf
sich geladen hatte, fand im Grabe keine Ruhe. Zur Adventzeit, wenn
die ar nen Seelen Ausgang haben, kommt der Wirt in seinen Keller.
Dort muß er die Weinfässer waschen den Pantschwein kochen und
zur Strafe für seine Untaten zu Lebzeiten ihn selber austrinken. Wenn
dann um Mitternacht am alten Keller Menschen vorübergehen, hören
sie das Seufzen, Winseln und Raunen des Wirtes, der im hintersten
Winkel des Kellers seine Bußarbeit verrichtet.
Gew.: Heinrich Draskowich, Melk. Aufzeichner derselbe, X11/1926. |
324 DER HABGIERIGE STIFTSVERWALTER
Vor mehr als hundert Jahren lebte zu Melk ein Mann namens Weiter.
Er besaß manche Wiese und manches schön gelegene Feld. Dies war dem Stiftsverwalter, der für sein Stift alle
schönen Grundstücke erraffen wollte, ein Anlaß, dem Manne,
dessen Ländereien den Stiftsgründen anlagen, heftig zuzusetzen.
Durch eine sehr große Wiese am Weirerbache floß das muntere
Bächlein, das nach dem Besitzer den Namen Weirerbach heutigen
Tages noch hat. Eines Tages behauptete nun dem Eigentümer
gegenüber der ruchlose Verwalter, daß die Wiese, auf der Weirer
nun gerade mähe, dem Kloster gehöre. Ein Wort gab das andere
und bald hatte der erregte Mann den Stiftsverwalter schwer mit
Worten beleidigt. Beide Männer klagten beim Marktrichter, der
aber in Voreingenommenheit im Sinne des Stiftes im Streite
entschied. Weirer ließ sich die Rechtsverletzung nicht gefallen, denn
man konnte ihm doch seinen Besitz nicht auf solche Weise einfach
rauben. Der Streit kam sogar vor die Landesmutter Maria Theresia
und diese wurde gleichfalls im Sinne des Stiftes beeinflußt, sodaß
sie zu Ungunsten des Melker Bürgers entschied. Durch den Kampf
um sein Recht waren dem Bürger große Kosten erwachsen und er
verlor Hab und Gut durch das Treiben des Habgierigen. Verarmt
und heimatlos zog der Mann aus seiner Heimat weg und verfluchte
die Wiese in der Art, daß es jedesmal regnen sollte, wenn das
Stift auf seinem ihm geraubten Grunde das Gras mähe, und zwar
solange, bis die Heuernte zur Gänze vernichtet sei. Und wirklich
geschah es in Hinkunft jedes Jahr so, wie der Mann in seinem Leid
es gewollt hatte. Kaum, daß das Stift die Mahd vollzogen hatte,
setzte ein Landregen ein, der das Heu verfaulend machte. Der
Fluch hat sich bis zum heutigen Tag im Gedächtnis der Leute zu
Melk bewahrt, denn das Volk sagt, wenn das Stift die Heuernte auf
der Weirerwiese beginnt: „Ah, jetzt kriagn ma an Reg’n. Auf da
Weirawiesn dans ja mahn!“
Gew.: Heinrich Draskowich, Melk. Aufzeichnung XII/1926.
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T E U F E L S W E R K
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325 DER HARTHERZIGE FÖRSTER
Förster Kastl stand bei seiner Herrschaft hoch In Ansehen, hatte er doch durch sein teuflisches Wesen den Bürgern Dürnsteins manches alte Recht ihrer alten Waldrechte
verkürzt, manche um ihren verbrieften Besitz gebracht und
selbst armen Leuten nicht einmal aus der Krone der Bäume
gefallenes Klaubholz vergönnt. Haß brachte man diesem
Manne überall entgegen, wo er in der Gemeinde erschien.
Mit Haß und böser Tat antwortete der verrufene Forstmann. Das Volk sah überall seine unheilvolle Hand im
Spiele und schrieb ihm selbst das Bündnis mit dem Leilbhaffigen zu.
So nützten die Hauer des Wachaustädtchens,
welche Weingärten im Kummerstale besaßen, seit Jahrhunderten eine Quelle in diesem Tale, welche nicht allein
einen köstlichen kühlen Trunk an heißen Tagen bei schwerer Arbeit spendete, sondern auch das Gebrauchswasser im
Weingarten auf halber Bergeshöhe lieferte. Da sie am
Waldesrande lag, stellte der hartherzige Manne wenn er
einen Hauer, der die Quelle nützte, erspähte, denselben
zur Rede. Eines Tages, es war nach einem heftigen Streit
mit dem Förster, fanden die Weinhauer die Quelle ohne
Wasser. Auch in der Folgezeit begann diese nicht mehr zu
fließen und das Volk behauptete, daß der rachsüditige und
lieblos Mann mit Quecksilber die Quelle verdorben hätte.
Gew.: Gottfried Riesenhuber und Josef Maurer, Dürnstein. Aufz.: Rudolf
Riedel, 1926. |
Zwei Sprüche
Steinaweg bei Göttweig, aufgez. K. Landsteiner, 1869. |
326 DEB BIRNBAUM AUF DEM SCHMIED- BERG
In einem kleinen Dorf im Waldviertel lebte einst ein Schmied. Bei
diesem ließ der Heilige Koloman, als sein Pferd auf der Pilgerfahrt ins
Heilige Land ein Eisen verloren hatte, sein Pferd neu beschlagen. Als er
den Schmied für seine Arbeit bezahlen wollte, verlangte dieser keinen
Lohn, weil er alles, was er tue, um Christi willen verrichte, Der Hl.
Koloman verlieh ihm aber zum Dank die Gabe, gegen Tod und Teufl
gefeit zu sein. Nicht lange darauf erschien der Teufel beim Schmied.
Auf gewöhnlichem Wege konnte er aber das gesegnete Haus nicht
betreten und versuchte, durch das Schlüsselloch hineinzugelangen. Der
Schmied, der des Teufels Absicht erriet, hielt aber einen ledernen Sack
davor, fing darin den Teufel und band mit einem Stricke zu. Nun legte
er ihn auf den Amboß und hämmerte solange darauf los, bis der Teufel
um Erbarmen flehte, Nun erst gab ihn der Schmied frei. Der Teufel
entfloh und jedesmal, wenn er in die Gegend kam, machte er um das
Haus des Schmiedes einen großen Bogen. Aber als er einst den Tod
traf, bat er ihn, doch einmal den Schmied zu holen.
Gew.: Hermann Beck, Mottingeramt. Aufz.: Dir. Hans Faulland. 1952. |
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