Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 8

Versunkene Schätze
Heft Nr. 8 (Doppelheft)

Teil 6

von Sage 273 bis Sage 280



273

DIE WEISSE GEISS

    Vor vielen Jahren erschien in einem Meidlinger Hause zur Mitternachtsstunde immer eine weiße Ziege. Dadurch wurden die Bewohner desselben sehr scheu und furchtsam. Niemand konnte sich diese Erscheinung erklären. Da faßte eines Tages ein Mann den Mut, der Sache nachzugehen. Er legte sich auf dem Heuboden zur Ruhe. Als es die Mitternachtsstunde vom Turme schlug, erschien die Ziege im Hause und der wache Lauscher vernahm, wie eine geheimnisvolle Stimme aus der Geiß sprach, daß es sich lohnen würde, an einer bestimmten Stelle des Hauses zu graben und gründlich Nachschau zu halten. Man hielt wirklich an der angeratenen Stelle Suche und fand einen ganzen Topf voll Goldmünzen. Seitdem der Schatz gehoben, erschien die weiße Geiß nie mehr wieder.


Aufz.: Dr. H. Plöcknger. Gew.: Franz Pamberger, Meidling i. Tale. 1925.

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274

DER SCHATZFUND

    Ein Weißenkirchner Weinhauer namens Ebner stand einst zu nächtlicher Stunde in seinem Hofe. Da gewahrte er eine gespenstische Gestalt, die mit einem Lichte gegen eine alte Steintreppe seines Hauses huschte. Da sich der Geist immer und immer wieder zeigte, achtete der Weinhauer auf die Erscheinung. Da gewahrte er, daß die Gestalt stets auf eine Stelle zustrebte. Als man einige Zeit später an der Stelle eine Ausbesserung am Hause vornahm, fand man einen Topf, der voll mit Silbermünzen aus dem 15. Jahrhundert war. Dies ereignete sich im Jahre 1922.


Gew.: Ebner, Weißenkirchen Nr. 68. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, 1925. Aus der Sagensammlung des Aufzeichners.

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275

DAS GOLDENE KEGELSPIEL

    Es ging vor vielen Jahrhunderten ein Gerücht durchs Land, daß in der Schonenburg ein goldenes Kegelspiel mit neun goldenen Kegeln und drei goldenen Kugeln vergraben liegen solle, das einst einem hartherzigen Ritter namens Reinhard eigen gewesen sein solle. Einmal, zur Winterszeit, machten sich drei arme Hauer auf den Weg, um den geheimen Gang, der ins Innere der verfallenen Burg führen soll, aufzusuchen. Als sie ihn endlich gefunden hatten und klopfenden Herzens in diesen eindrangen, stand plötzlich ein riesenhafter Ritter mit zerbeulter Rüstung vor ihnen.

    Es war Herr Ritter Reinprecht, der einst ein gewaltiger Leuteschinder gewesen war. Erst wollte er den drei Weinhauern den Garaus machen. Doch auf ihre Bitte hin erbarmte er sich ihrer und führte sie den dunklen Gang weiter. Sie kamen in eine Kammer, die mit Gold und Schätzen gefüllt war. Er erlaubte ihnen, soviel mifzunehmen, als sie tragen konnten. Reicher als der reiche Dorfmüller kehrten sie von der Burg zurück. Sie hatten jedoch dem grimmen Ritter versprechen müssen, nie wieder die Burg aufzusuchen und von ihrem Erlebnis keinem Menschen zu erzählen.

    Die Habgier ließ die drei Männer aber nicht ruhen. Eines Tages forderten sie die Dorfbewohner auf, sich zu bewaffnen und ihnen in die Burg zu folgen. Mit alten Waffen aus den Schwedenkriegen ausgerüstet, drang man alsbald in den dunklen Gang ein. Die drei Habgierigen gingen voraus. Da begann es im Berg zu rollen und dröhnen. Als die drei ersten die Schatzkammer erreicht hatten, tat sich plötzlich die Erde auf und in einem feurigen Strahl verschwanden die Vermessenen. Aus der Tiefe aber erscholl das Hohnlachen des Ritters. Seither ist der Gang verschüttet und alle Nachgrabungen stießen nur auf Sand und Schlamm.


Eingesendet von der Schule Schönberg a. Kamp. Aufgez.: 1952.

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276

DER SCHATZ AUF BURG DOBRA

    Als nach dem Dreißigjährigen Krieg viele Söldner abgedankt worden waren, wanderten sie bettelnd und auch plündernd durch das Land. Manche versuchten die während des Krieges verscharrten Schätze wieder zu heben. So kam eines Tages, als sich bereits die Nacht über das stille Kamptal breitete, ein Reitersmann mit viel Mut und wenig Geld in die einsame Waldschenke nächst der Burg Dobra. Hoch oben vom Berge leuchteten die Fenster des alten, bereits in Trümmer gesunkenen Schlosses ins Tal herab. Der Reiter, der sie erblickte, erkundigte sich darnach, was die festliche Beleuchtung der Feste wohl zu bedeuten hätte. Da teilte man ihm mit, daß es auf der Burg nicht recht geheuer sei, denn dort seien Schätze verborgen und des Nachts gehe es zur Mitternachtsstunde darin um. Aber so mancher Haudegen, der sie zu heben versucht habe, sei von dem Gang, ins Schloß nicht mehr zurückgekehrt, sie hätten das Wagnis mit dem Leben bezahlt. „Ei!“ meinte da der Reitersmann, der unerschrocken gelauscht hatte, indem er auf sein Schlachtschwert deutete, „so lange mich meine alte Gretl nicht verläßt, fürchte ich auch den Teufel nicht, und gar so schnell werden mir die Geister den Kragen nicht umdrehen.“ Dann entlieh er vom Wirte eine Kerze und ein Stück geweihte Kreide, und den Flammberg unter dem Mantel verborgen, stieg er gegen Mitternacht zum Schlosse empor. Er eilte durch die offenen Türen in einen großen Saal, machte mit der Kreide einen Kreis um den Eichenstuhl, auf dem er sich niederließ. Da schlug es die zwölfte Stunde und durch die Pforte des Saales traten vier schwarz gekleidete Zwerge herein, einen Sarg bis an den Rand des Bannkreises tragend. Sie stellten ihn dortselbst nieder. Plötzlich öffnete sich der Totenschrein. Aus diesem sprang ein mit einer goldenen Krone geschmückter Zwerg. Der Sarg selbst war bis an den Rand mit Gold und Silber angefüllt. Da sprach der gekrönte Zwerg zum erstaunten Kriegsmann: „Wenn du diesen Schatz in zwei ganz gleiche Teile zu teilen vermagst, so soll die Hälfte dir gehören. Bist du es aber nicht imstande, so hast du dein Leben verwirkt und ich muß mit dem Schatze wieder in die Tiefe fahren.“ Der alte Landsknecht fing nun an furchtlos zu teilen. Und als zum Schlusse ein Goldstück übrig blieb, machte er drei Kreuze über sein Schwert und hieb damit das Goldstück entzwei. Dann warf er je einen Teil zu jeder Schatzhälfte. Kaum hatte er sein Teilungswerk beendet, erschütterte plötzlich ein gewaltiger Donnerschlag das alte Gebäu. Dann wurde es im verwunschenen Schlosse überall lebendig. Von zahlreicher Dienerschaft begleitet, nahte sich ihm dankend der Schloßherr und sagte zum Reitersmann, daß er sein Urahne sei, den er nun erlöst habe. Als Dank übergab er ihm nun das Schloß, sowie den Schatz und setzte ihn zu seinem Erben ein. Als der arme Krieger nun über Nacht reichgeworden war, spendete er die Hälfte seiner Habe den Armen, die ihm von Herzen dankten.


Aus Kisslings „Frau Saga“, 7. Reihe, Nr. 24,

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277

DAS VERSCHWUNDENE SCHLOSS

    Die Stadt Langenlois besteht aus drei Stadtteilen, die ursprünglich selbständige Gemeinden waren: dem „oberen Markte“, dem „unteren Markte“ und dem Orte Haindorf. Der obere Markt ist älter als der untere, war mit einer Mauer mit zahlreichen kleinen Türmen umgeben, besaß ein eigenes Rathaus und soll auch eine Burg gehabt haben, von der aber längst nichts mehr zu bemerken ist. Nach der einen Meinung sei die Burg dort gestanden, wo heute noch der „Taubenfang“ als Wahrzeichen hievon übrig wäre - obgleich hier nichts von einem weiteren Burggemäuer zu sehen ist; oder aber es sei der Turm bloß ein „Vorpaß“, ein „Auslug“ gewesen für die Burg, die vielleicht einem Raubritter gehörte. Nach anderer Meinung stand die Loiser Burg dort, wo sich heute das Schabenböckhaus oder das Pokornyhaus befinden, die beide viel Altertümliches im Mauerwerk zeigen, und nach dritter Meinung hänge irgendwie das Lindnerhaus mit dem Standort der alten Burg zusammen, denn es hat Gemächer mit außerordentlich starken Gewölben, die einst als Gefängnis gedient haben mögen; auch stehe gegenüber diesem Hause das alte Rathaus. Kurz und gut: wie viele andere und dazu noch kleinere Orte, hatte auch Lois einst gewiß eine Burg oder doch einen festen Herrenhof, aber niemand kann mehr sicher den Standort nachweisen. - Verschwunden!


Aus „Frau Saga“ v. Fr. Kießling, nach K. Spitzwieser, Langenlois. 6. Reihe, Seite 63, Nr. 87.

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278

DIE VERSCHWUNDENE STADT

   Als vor Jahren die Absicht verlautbart wurde, daß Haindorf mit Langenlois vereinigt werden sollte, waren manche Haindorfer damit nicht recht einverstanden, weil Langenlois nur ein Markt wäre, Haindorf aber eine Stadt gewesen sei. Diese Stadt hätte sich bis gegen Gobelsburg erstreckt, wo heute noch das Johannesbildnis steht. In dessen Umgebung habe man einmal noch Mauerwerk unter der Erde angetroffen, das zu der „Stadt“ gehörte. Die Stadt soll in einer Kriegszeit zerstört worden sein.


Aus „Frau Saga“ v. Fr. Kießling, nach einer alten Volksmeinung. 6. Reihe, Seite 75, Nr. 117.

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279

DAS VERSUNKENE KLEEDORF

    Am Weg, der von Krustetten nach Hollenburg führt, stand vor vielen Jahren ein Dorf. Es führte den Namen Kleedorf. In einer stürmischen Unwetternacht wurde dieses von der Erde unter großem Getöse verschlungen. Es versank spurlos und das Volk der umliegenden Orte mied diese Unglücksstätte, die nach diesem Ereignis versumpfte. Lange lag dieses Plätzchen ungenützt. Eines Tages kam ein Fremder in die Gegend, der sich an dieser Stätte ein Haus erbaute. Ein Unstern lastete aber auf demselben. Es stand nicht lange, als eines Tages an der Unglücksstelle Risse entstanden und das Haus zu versinken begann. Mit Schauder spricht das Volk von all diesen Begebenheiten, wenn es an jener Stelle des Weges seine Schritte vorbeilenkt.


Eingesendet von der Schule Tiefenfucha. Aufgezeichnet von den Schülern. 1952.

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280

DAS VERSUNKENE KLOSTER

    Vor langer Zeit erhob sich zwischen der Ferdinandswarte und dem Fellingholz, unweit Unterbergern, ein Berg, der heute spurlos verschwunden ist. Auf diesem stand ein Kloster, dessen Nonnen aber vom Glauben abfielen und ein gottloses, lockeres Leben führten. Als das Maß ihrer unzüchtigen Taten voll war, erhob sich eines Nachts ein unheimliches Gewitter. Geisterhaft leuchteten die Blitze und tauchten das Land in fahles, schauriges Licht. Das Rollen des Donners hallte weithin über Wald und Feld. Dazwischen mischte sich das Krachen der Blitzeinschläge. In dieser Nacht geschah das Unglaubliche. Der Berg, auf dem das Kloster sich erhob, versank in der Erde. Des andern Tages kündete nur mehr ein sumpfiges Landstück vom Geschehen dieser Gewitternacht. Das Volk nennt heute diesen Ort den „See“ und meidet ihn des Nachts. Geht es aber zur Mittagszeit an der Stelle des einstigen Klosters vorbei, begegnet es oftmals einer Nonne, die darnach trachtet, den Wanderer dreimal vom Anfang bis zum Ende des Gewässers zu begegnen. Sie grüßt den Vorübereilenden jedesmal mit dem frommen Gruß „Gelobt sei Jesus Christus“. Gelingt ihr dies, so ist sie von ihrer Seelennot erlöst. Noch heute harren Nonnen ihrer Erlösung. Gew.: Gottfried Gurmann, Bergern. Aufz.: Ilse Schlager, 1952.

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Diese Seite wurde am 4. Januar 2005 erstellt.