Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 7

Burgen und Ritter
Heft Nr. 7 (Doppelheft)

Teil 1

von Sage 137 bis Sage 148



137

DAS FEEWEIBL DER VÖLKERWAND

    Die Völkerwand auf dem Sandlberge bei Dürnstein galt als die Heimstätte eines guten Geistes, und zwar des Feeweibels, das niemand behelligte. Es begegnete gewöhnlich den Leuten im Walde am frühen Morgen, wenn diese im Forste übernachteten, um zur frühen Stunde bereits mit den Arbeiten im Walde beginnen zu können. So trafen einst zwei Dürnsteiner, ein Mann und eine Frau, das Feeweibel, als sie in einem Laubstreuhaufen, den sie am Vortag zusammengestreift hatten, übernachteten. Sie hatten sich am Abend tief in die Laubstreu eingegraben, um zu schlafen und nicht zu frieren. Es ragten nur die Kopfe aus derselben hervor. Gegen Mitternacht erwachten sie und gewahrten eine Frauengestalt vor sich, die lachend ausrief: „Zwoa Köpf und koane Füaß, a wundabars Ding. Hab i a no nia g'segn. Da muaß i glei hoam gehn und dös meina Guckahnl dazöhln!“ Mit diesen Worten war es, husch, wie der Wind verschwunden. Seit etwa siebzig Jahren sah man aber das Feeweibl nicht mehr. Es galt als die Hüterin der Schätze in der Völkerwand. Trotzdem ging es hie und da betteln, nur redete es dabei kein Wort. Wenn man dem Feeweibel nachsah, war es augenblicklich verschwunden.


Gew.: Georg Kernstock, Dürnstein. Aufz.: Riedel Rudolf, Dürnstein (1923). Enthalten in Dr. H. Plöckngers „Wachausagen“, Nr. 59, Seite 69

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138

DAS FEEWEIBL VOM JAUERLING

    Zu Talham am Jauerling findet sich eine Felshöhle, das „Feeweiblloch“. In dieser „Luke“ hauste einst das Feeweibl des Jauerlings. Es war eine scheußliche Alte, eine „böse“ Fee, die den Menschen feind war. Jeder Vorübergehende wurde von ihr aus dem Loch mit Feuer bespuckt. Wenn sich die Überraschten dagegen wehren wollten, wurden sie von dem bösen Geist so lange festgehalten, bis man ihm die grauenhaften Hände geküßt hatte.


Aus Kisslings „Frau Saga“, 4. Reihe, Nr. 141, Seite 105. Them. „Der hohe Jauerling“, Seite 28.

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139

DAS ADVENTWEIBL

   Zu Egelsee geht während des Dezembers im „Artnerwaldl“ das Adventweibl um. Das kleine Weiblein ist sehr leutselig und spricht oft die Menschen an, denen es dann die Zukunft voraussagt. Es wird aber sehr böse, wenn es jemand wagt, es anzugreifen. Augenblicklich wird aus einer guten Fee eine Hexe, die dem Frechen den sofortigen Tod bringt. Man findet die vom Adventweibl getöteten Menschen im Artnerwalde kopfüber an der dortselbst befindlichen Steinmauer lehnen.


Gew.: Hans Futschick, Egelsee. Aufz.: Dr: H; Plöckinger Krems (1926).

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140

DAS BUSCHANDLWEIBL VON
WÖSENDORF

   In der Buschandlwand auf dem Michaelerberge haust ein altes Weiblein, das nur in der Osterwoche erscheint. In dieser Zeit haben es schon viele Leute an verschiedenen Stellen holzklauben gesehen. Gerade da wird der Berg möglichst gemieden, denn die Alte führt die Menschen gern irre, indem sie vor ihnen hergeht und dann plötzlich verschwindet.

   Ein Mädchen aus dem Huberhause in Sankt Michael hat aber das Buschandlweiblein von einer besseren Seite kennen gelernt. Es ging einmal während der Karwoche mit einem Kinde auf den Berg. Plötzlich sah sie ein altes Weib vor sich gehen. Dieses drehte sich oft nach den beiden um und winkte ihnen zu. Die Magd folgte und wurde so zur Buschandlwand geführt. In dieser öffnete sich ein langer Gang. Das Mädchen stieg neugierig dem eintretenden Weiblein nach und gelangte in das Innere des Berges. Da sah es unendlich viele Schätze aufgehäuft. Trotz des herrlichen Anblickes wurde der Magd jetzt auf einmal angst und bange und sie lief aus dem Berg hinaus. Plötzlich fiel ihr auf, daß ja das Kind fehle. Sie wollte wieder zurück, doch die Wand zeigte keinerlei Öffnung mehr. Jammernd und betrübt kam die Vergeßliche oft zur Buschandlwand herauf, doch sie war immer verschlossen. Auch in der nächsten Osterwoche sah sie dort nach, und zwar am selben Tage wie im Vorjahre. Da stand an der Stelle, wo der Eingang in den Berg gewesen war, das vergessene Kind, lebendig und im blühendsten Aussehen.


Aus Dr. Plöckngers „Wachausagen“, Seite 59, Nr. 49.

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141

DER ELFENREIGEN

   Ein Stück oberhalb Furth befindet sich am Abhange des Göttweiger Berges eine Waldlichtung. Auf dieser Waldbloße findet sich ein auffallend dunkler Streifen Grases. Diese Stelle heißt „Der Elfenreigen“. Hier soll einstmals ein Menschenpaar gemeinsam den Tod gefunden haben.

Gew. und Aufz.: Fr. Bamberger, Meidling (1925).

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142

DER GRENZFREVLER VON FÖRTHOF

   Im Förthof hatten einst zwei Hauer einen langen Streit um die Grenze zwischen ihren Grundstücken. Sie gingen von Gericht zu Gericht, waren aber nicht zu einigen. Eines Tages wurde der Grenzstein stark versetzt gefunden. Das hatte ein neuerliches Aufleben des Zwistes zur Folge. Während desselben starb einer der Streithänse. Es dauerte nicht lange, so sahen die Leute auf dem strittigen Grundstück um die Mitternachtsstunde eine Gestalt umherirren, welche einen schweren Stein trug und immerfort kläglich ausrief: „Hoas, hoas is mei Moastoa“ (Heiß, heiß ist mein Marchstein, d. i. Grenzstein). Das Volk sagte, es sei jener Grenzsteinversetzer, der sich zur Strafe für seinen Frevel mit dem schweren, glühenden Stein herumtreiben müsse.


Aus Dr. H. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 82, Nr. 74.

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143

DAS JAGAMANDL

   Hoch oben beim Neudeggerhof im Harland, nächst Unterloiben, sahen nachts bei der „Schwarzen Lacke“ in früheren Zeiten die einsamen Waldgeher ein kleines Männlein. Dieses hatte einen großen Hut mit einer langen Feder auf dem Kopfe, das den Menschen bald Gutes, bald Böses tat. Man nannte es das „Jagamandl“. Es soll der Teufel gewesen sein.


Aus Dr. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 83, Nr. 75.

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144

DER GESPENSTERHAFTE WAGEN

   Eines Nachts schreckte Michael Senftlechner unliebsam aus dem Schlafe. Sein Wohnhaus, das zu Mautern (Nr. 2) nahe an der Stadtmauer zwischen Kirche und Schloß lag, gab ihm den Blick zum Schüttkasten frei, der vor rund 250 Jahren den Zehent zu beherbergen hatte. Die Nacht war dunkel und sie ließ die Laute, die an sein Ohr drangen, unheimlich erscheinen. Er hörte ein Aechzen, Stöhnen und Knarren von Rädern. Als er sich den Schlaf aus den Augen gerieben hatte, sah er trotz der Dunkelheit einen Wagen, der schwer mit Kornsäcken beladen aus dem Schüttkasten fuhr. „Sonderbar,“" dachte der Mann, „daß um diese Herbstzeit und zu so später Stunde ein Fuhrwerk, mit starken Pferden, bespannt, aus diesem Gebäude kommt!“ Er ging nun dem langsam fahrenden, ihm völlig fremden Gespann nach und wollte sich mit all seinen Sinnen überzeugen, daß er keine Täuschung sehe. Während er nun mit Augen und Ohren den Wagen wahrnahm, versagte sein Tastsinn, denn er griff ins Leere. Noch ein paarmal griff er hin, doch immer vergeblich. - Von panischem Schrecken erfaßt, mit kaltem Angstschweiß auf der Stirn, lief er in sein Haus und legte sich zu Bett. Er lag von heftigem Fieber geschüttelt sechs Wochen darnieder. Bis zu seinem Tode konnte er dieses schaurige Erlebnis nicht vergessen.


Gew.: Leopold Joachimsthal, Mautern. Aufz. Margarete Joachimsthal. 1954.

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145

DER GESPENSTERHAFTE REITER
DER ZISTELAU

   Alte Leute erzählen zu Mautern, daß in den Mauterner Auen, gegen die Eisenbahnbrücke zu, nachts ein Mann ohne Kopf, auf einem Pferde reitend, gesehen wurde. - Darum soll man abends nicht zu lange auf den Äckern in der Zistel bleiben.


Gew.: Frau Anna Joachimsthal. Aufz. Margarete Joachimsthal. 1954.

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146

DER SPUK IM MELKER
STADTGRABEN

   Vor vielen Jahren befand sich an der Stelle, wo heute hinter dem Sparkassegebäude in Melk eine Stiege zum Stadtpark führt, der Stadtgraben. Dieser ist heute noch teilweise von hohen Mauern umgeben. Der Ort war eine unheimliche Gegend, denn an dieser Stelle ging es um, wie die Leute zu berichten wußten. Besonders ein dort gelegener Pferdestall war ein sehr spukhafter Ort, so daß mancher ihm aus dem Wege ging. Da lebte in Melk ein sehr ungeratener Sohn angesehener Leute, der leichtsinnig, skrupellos und ohne Glauben, ein wahrer Antichrist war. Dieser hörte auch aus dem Munde der Stadtbewohner die absonderlichsten Dinge über den Stadtgraben der Stadt erzählen.

   So sagt das Volk:

   Eine vornehme, in schwarze Seide gekleidete Dame, komme immer in der Geisterstunde aus dem Pferdestall, gehe über den Hof der Stallung und lustwandle im Stadtgraben. Hernach verschwinde sie wieder im Misthaufen.

   Der junge Mann lächelte über dieses alberne Gerede, wie er die Erzählung der Leute bezeichnete. Und als eines Tages in der Adventzeit wieder die Kunde von Mund zu Mund im Orte ging, daß es im Stadtgraben geistere und spuke, war der flotte Bursche entschlossen, dem Spuk auf den Grund zu gehen. Er wollte beweisen, daß es keine Geister gebe. Des anderen Abends ging er mit einer Flinte bewaffnet in den Stadtgraben und wartete die mitternächtliche Stunde ab. In seiner Gesellschaft waren einige seiner Freunde. Man unterhielt sich gut und bald kam die Geisterstunde heran. Nun galt es Mut zu beweisen. Gar eigenartig war dem Taugenichts zu Mute, als der Wind in den kahlen Bäumen sein unheimliches Lied sang. Da schlug es vom Turme die Mitternachtsstunde. Kaum waren die Glockenschläge verklungen, als auch schon das geisterhafte Wesen im Stadtgraben zu sehen war. Da hob der Bursche die Flinte und zielte. - Aber was war das? Die schwarzgekleidete Frau drehte sich um und sah mit unsagbar traurigem Blick den Schützen an. Dieser konnte nicht mehr die Kraft zum Abfeuern des Schusses aufbringen, sondern sank, von Schreck übermannt, bewußtlos zu Boden. Seine Freunde hoben ihn auf, labten ihn und schafften ihn in das Haus seiner Eltern.

   Seid diesem Ereignis waren bereits Jahre vergangen, als man eines Tages bei den Umgestaltungsarbeiten im Bereiche des Stadtgrabens auf mehrere menschliche Totengerippe stieß. Darunter war auch das einer Frau. Die Gebeine wurden nun in geweihter Erde bestattet und seit dieser Zeit verschwand der Spuk im Melker Stadtgraben für immer.


Gew.: Heinrich Draskowitz, Melk, der die Sage im Jahre 1926 (21. 12.) aufzeichnete.

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147

DIE FEE SALOME

   Von der Gegend des Stiftes Göttweig bis nach Meidling im Tale geht der Sage nach eine gute Fee, die Frau Salome, um. Sie hauste einst auf dem Mühlberge bei Meidling, und zwar auf dem südseitigen Hange. Sie war sehr schön und zeigte sich, mit einem wallenden Gewände angetan, den nächtlichen Wanderern. Sie schwebte heran und sang mit tiefer Stimme. Als einst mehrere übermütige Burschen aus Kuffarn vom Tanze um Mitternacht nach Hause gingen, ließen sie auf die Fee Spottlieder erschallen. Da hob ein Brausen und Tosen an, und ein gewaltiger Windstoß trug die Burschen in die Fluten der Fladnitz. Vor allem erschien die Fee sehr häufig im Schlosse zu Meidling. Dort durchschritt sie um die Geisterstunde die düsteren Gänge des Gebäudes und betrat hierauf den Garten des Schlosses. Darin wandelte die Gestalt um den schönen, großen Wasserbehälter herum und sang mit Grabesstimme einförmige Weisen. Als einmal Erneuerungsarbeiten vorgenommen wurden, erschien sie immer wieder einem Maurergehilfen, sodaß sich derselbe nicht von der Stelle bewegen konnte.


Gew.: Abt Dr. A. Fuchis von Göttweig und Franz Bamberger, Meidling im Tale. Aufz.: Dr. H. Plöckinger, Krems. 1926.

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148

SALOME UND IHRE SCHWESTERN

   Auf dem Brackersberge bei Gerolding spukt es seit langer Zeit. Frau Salome und ihre Schwestern, treiben zu mitternächtlicher Stunde ihr schalkhaftes Spiel. Salome treibt es von allen am ärgsten. Auch im Salomegraben, einem Waldgraben gegen Mauer bei Melk zu, geistert es ebenfalls. Die Gespenster vergnügen sich hier damit, den Wanderer in die Irre zu führen. So täuschten sie einmal drei Handwerksburschen eine stolze Burg auf dem Berge vor, lockten sie (drei) als liebliche Prinzessinnen dahin und versprachen ihnen sogar die Ehe, wenn sie ein Eichhörnchen, das Rätsel aufgibt, eine Goldammer, die Geschichten erzählt, sowie eine Nachtigall, die Menschenstimme hätte, fänden. Beim vergeblichen Suchen zerkratzten sich die Burschen gewaltig die Gesichter, und mußten genarrt davonziehen.


Nach Dr. H. Plöckingers „Wachausagen“, Seite 21, Nr. 11.

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Diese Seite wurde am 20. März 2004 erstellt.