Katholische Aktionen

r. k. Predigt am 2. Adventsonntag

Gehalten am 4. Dezember 2022 von Pfarrer i. R. Richard Staudigel, Gebetsstätte Heroldsbach / Erzbistum Bamberg / Deutschland
 
Lesejahr A:
 
Evangelium:    Mt 3,1-12    1. Lesung Jes 11,1-10
2. Lesung Röm 15,4-9
 
 
Externer Link zum entsprechenden Festtag mit den Lesungen und dem Evangelium im Schott Meßbuch.
 
Thema: Evangelium, 1. und 2. Lesung
  Nehmt einander an,
wie Christus uns angenommen hat.

 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Heute begegnet uns im Evangelium Johannes der Täufer. Mit ihm beginnt die messianische Zeit. Er ist der Vorläufer es Herrn. Er tritt in der Wüste von Judäa auf und verkündet das Kommen des Messias, so wie es der Prophet Jesaja vorausgesagt hat. Die bisherigen Maßstäbe verlieren ihre Gültigkeit, denn Johannes tritt nicht in Jerusalem im Tempel auf, wie die Propheten vor ihm. Die Menschen müssen zu ihm hinaus, dorthin gehen, wo der Herr ruft. Sie müssen aus ihrer gewohnten Umgebung, sie müssen etwas verlassen, um Gott zu finden und umkehren zu können. Die Wüste ist in der Hl. Schrift normalerweise der Ort Satans. Dorthin wurde der Sündenbock mit den ganzen Sünden Israels beladen geschickt. Und so sollen nun auch die Menschen in die Wüste zu Johannes hinausgehen und dort ihre Sünden zurücklassen.
 
Die Botschaft des Johannes ist wie ein Befehl: Kehrt um! Wörtlich eigentlich: Denkt um! Wir denken ja fast immer nur an das, was unser Ich bewegt, was wir wollen, was unser Egoismus, unser Stolz wollen, oder was uns gefährden könnte, wovor wir Angst haben. Weil wir fast pausenlos an uns denken, machen wir uns selbst zum Maß der Dinge. Johannes aber sagt: Nicht von uns her sollen wir denken, sondern von Gott her. Wo das geschieht, ändern sich die Maßstäbe. Warum sollen wir umkehren? Denn das Himmelreich ist nahe.
 
Himmelreich ist ein hebräischer Ausdruck, der vom Evangelisten Matthäus häufig benutzt wird, um die Herrschaft Gottes im Gewissen auszudrücken, die der Mensch jedoch in seinem Tun umsetzen muss. Deshalb fordert Johannes Früchte, die die Umkehr zeigen, an denen sichtbar wird, dass der Mensch wirklich von Gott her zu denken und auch zu handeln gelernt hat. Wer keine Frucht bringt, dem droht das Umgehauen werden und das Feuer.
 
Unser Evangelium lenkt den Blick vom Kommen des Herrn am Ende der Zeiten auf das Kommen des Herrn hier und jetzt, an sein Kommen bei mir und dir. Es hat begonnen mit der Taufe. Sie wurde uns in der Regel am Anfang unseres Lebens geschenkt und damit anfanghaft das Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Im Laufe unseres Lebens lernen wir – hoffentlich – als Glaubende so zu leben, wie es diesem Glauben in Jesus Christus entspricht. Wer daran glaubt, dass Gott ihn von allem Anfang an liebt, sieht und erlebt sich und seine Umwelt unter einem positiven Vorzeichen.
 
Zudem ist Gott selbst in der Menschwerdung seines Sohnes ein Mensch geworden, hat ein menschliches Gesicht bekommen. Das gibt jedem Menschen Würde, denn er ist Ebenbild Gottes. Das hat Konsequenzen im Alltag. Davon spricht Paulus in seinem Brief an die Christen in Rom. Er ermahnt sie eines Sinnes zu sein. Ist diese Mahnung heute nicht genauso aktuell wie damals? Der Ton im Umgang miteinander wird ja immer aufgeregter, rauer und schriller in den sog. sozialen Medien, sogar in der Kirche. Wer anders denkt als ICH, als WIR, wird rasch zum Feind, zum Todfeind, und man wird ihn als solchen behandeln. Der Gott der Geduld und des Trostes, den Paulus anruft, scheint da unendlich fern. Eines Sinnes sein, das ist ein Gottesgeschenk, betont der Apostel. Maßstab ist dabei der Weg Jesu. In ihm hat sich Gott aller Menschen erbarmt und seinem Volk Israel seine Zuverlässigkeit, seine Liebe und Treue bestätigt. Darum ermahnt der Apostel die Judenchristen und die Heidenchristen mit deutlichen Worten: Darum nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes.
 
Der Blick auf Jesus Christus und der Glaube an ihn, das allein kann Einheit bewirken, eine Einheit zur Ehre Gottes. Von Einheit ist auch das Volk Israel weit entfernt. Der Prophet Jesaja übt harsche Kritik an den Königen seiner Zeit. Allzu oft setzen sie rücksichtslos auf menschliche Macht, auf Verfolgung persönlicher Interessen und auf politisches Taktieren. Solche Art der Herrschaft entspricht dem Willen Gottes in keiner Weise. Vor diesem Hintergrund spricht der Prophet von einem neuen, messianischen König.
 
Der alte Baum des herrschenden Geschlechts wird fallen, und aus dem übrig gebliebenen Stumpf wird ein junger, frischer Trieb hervorbrechen. Auf diesem neuen König wird der Geist des Herrn ruhen. Er wird das Ideal des gerechten Herrschers erfüllen, der sich auf die Seite der Bedürftigen und Friedliebenden stellt. Dieser Herrscher vernichtet kein Leben, sondern richtet es auf. Sein Wort allein genügt, um Recht zu schaffen. Sein Denken und Handeln sind untadeliges Vorbild für seine Untertanen. Er vereint in sich die Tugenden seiner großen Vorfahren, die Stärke Davids, die Weisheit Salomons, die Gotteserkenntnis der Patriarchen und der Propheten. Die Ordnung dieser neuen Welt seines Königtums beschreibt Jesaja mit jener gewaltigen Vision, die wir gehört haben.
 
Das alte weltliche Gesetz vom Fressen und Gefressen werden ist überwunden. Der Prophet schildert eine Welt, die weit über das hinaus geht, was Menschen sich vorstellen können oder was sie zu träumen wagen. Es ist eine paradiesische Welt, die der vor dem Sündenfall entspricht. Diese Vision rührt unser Innerstes an. Sie kann unsere tiefe Sehnsucht nach erlöstem und friedvollem Zusammenleben der ganzen Schöpfung neu entflammen.
 
Und wir, ja wir, wir können dieser Vision ein Stück weit zur Erfüllung verhelfen, wenn wir unseren eigenen Umgang untereinander und mit der ganzen Schöpfung überdenken und ändern. Wenn die menschlichen Wölfe, Panther, Löwen, Bären und Nattern ihren Schrecken verlören, würde die Vision des Jesaja ein Stück Wirklichkeit.


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Diese Seite wurde am 15. März 2023 von Familie Wimmer erstellt.