Katholische Aktionen

r. k. Predigt am 31. Sonntag im Jahreskreis

Gehalten am 30. Oktober 2022 von Pfarrer i. R. Richard Staudigel, Gebetsstätte Heroldsbach / Erzbistum Bamberg / Deutschland
 
Lesejahr C:
 
Evangelium:    Lk 19,1-10    1. Lesung Weish 11,22-12,2
 
 
Externer Link zum entsprechenden Festtag mit den Lesungen und dem Evangelium im Schott Meßbuch.
 
Thema: 1. Lesung
  Gott ist der Freund des Lebens!
Sind wir das auch?

 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Im Wortgottesdienst haben wir die 1. Lesung aus dem Buch der Weisheit gehört. Das ist ein sehr junges Buch des AT. Es dürfte im 1. Jahrhundert vor Christus entstanden sein und zwar in Ägypten, vermutlich in Alexandrien. Diese Stadt war nach den Turbulenzen in Jerusalem und die damit verbundene Flucht vieler Juden, zu einem neuen Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit geworden. Diese stand in Auseinandersetzung vor allem mit der damals herrschenden griechischen Kultur, dem Hellenismus. Um sich mit anderen Weltanschauungen auseinandersetzen zu können, braucht es einen gefestigten eigenen Standpunkt, damals, wie heute.
 
Der Standpunkt des Buches ist klar: Es vertritt ein Leben in Gerechtigkeit und Treue zu Gott und seinen Weisungen. Um auch von Nichtjuden gelesen werden zu können, ist dieses Buch nicht in Hebräisch geschrieben, sondern in Griechisch, der damaligen Weltsprache. In Jerusalem wurde dieses Buch nicht zur Kenntnis genommen und gehört deshalb nicht zu kanonischen Schriften des Judentums Die evangelische Kirche hat sich dieser Auffassung angeschlossen. In deren Bibelausgaben findet sich das Buch der Weisheit meist im Anhang, als sogenannte Apokryphe, also eine unechte, von einem unbekannten Verfasser später eingefügte Schrift.
 
Das Buch der Weisheit steht in Auseinandersetzung mit den Weltanschauungen seiner Umgebung. Für die Juden, die den einzigen und wahren Gott verehren, sind die religiösen Praktiken der Umgebung ein Irrtum, denn sie setzen an die Stelle des Schöpfers die geschaffenen Dinge. Dabei argumentiert das Buch der Weisheit nicht aggressiv nach außen, sondern werbend, nach innen. Gestärkt werden soll nicht die Abwehr der anderen, gestärkt werden soll die eigene religiöse Position und Identität.
 
Das wird deutlich an unserer Lesung, die in einer wunderschönen Meditation über Gott nachdenkt und so das Gottesbild Israels darstellt und vertiefend vorstellt. Schauen wir sie uns an: Herr, die ganze Welt ist ja vor dir wie ein Stäubchen auf der Waage, wie ein Tautropfen, der am Morgen zur Erde fällt. Hier geht es um Gottes Allmacht und Größe, die für uns Menschen letztlich nicht zu begreifen ist.
 
Die verwendeten Bilder sollen helfen, das zu verstehen. Im Blick auf Gott finden wir die richtige Einstellung zu uns und unserer Welt. Wer bin ich eigentlich, angesichts dieser Größe? Du hast mit allen Erbarmen, weil du alles vermagst, und siehst über die Sünden der Menschen hinweg, damit sie umkehren. Trotz meiner Kleinheit schaut Gott auf mich, mit einem Blick voll Erbarmen. Gottes Sehnsucht ist es, dass ich umkehre, mich neu ihm zuwende und in seiner Gemeinschaft lebe. Deshalb sieht er über die Sünden der Menschen hinweg. Er will nicht strafen, er will verzeihen. Dazu ist es nötig, dass wir Menschen ihn darum bitten. Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von dem, was du gemacht hast, denn hättest du etwas gehasst, hättest du es nicht geschaffen.
 
Welche Weite des Denkens begegnet uns mit diesen Worten. Müsste sie unsere Einstellung zu allem Geschaffenen nicht beeinflussen. Wir reden immer von Natur und übersehen dabei, dass sie Schöpfung Gottes ist, uns anvertraut, um gut mit ihr umzugehen. Nicht alles, was wir der Natur antun, oft aus sehr egoistischen Gründen, wie Wirtschaftlichkeit, Gewinnmaximierung oder ähnlichem ist gut. Könnte es sein, wie die hl. Hildegard von Bingen sagt, dass die Elemente sich eines Tages rächen für das, was ihnen angetan wurde?
 
Lieben wir, wie Gott, der Schöpfer, alles was ist? Wie könnte etwas ohne deinen Willen Bestand haben, oder wie könnte etwas erhalten bleiben, das nicht von dir ins Dasein gerufen wäre? Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, Herr, du Freund des Lebens. Eine ganz wichtige Aussage über Gott: Er ist der Freund des Lebens! Sind wir das auch? Wo begegnet uns Leben und wie gehen wir mit ihm um: dem Leben um uns, dem menschlichen (ungeborenen) Leben? (Pille?) Das ist eine ganz heiße Frage. Wir leben, heißt es, in einer Wegwerfgesellschaft. Wie verträgt sich das mit unserem Gottesbild? Schonen wir das, was uns gegeben ist, uns zur Verfügung steht? Denn in allem ist dein unvergänglicher Geist. Darum bestrafst du die Sünder nur nach und nach; du mahnst sie und erinnerst sie an ihre Sünden, damit sie sich von der Schlechtigkeit abwenden und an dich glauben, Herr.
 
Gottes eigener, unvergänglicher Geist ist in allem. Darum gibt es für ihn keine Grenzen oder Einschränkungen unter den Völkern. Gott hat alles erschaffen und erhält es auch. Auf seine Liebe ist Verlass und sie sucht des Menschen liebende Antwort. Gott ist voller Großmut und Erbarmen. Er schenkt sündig gewordenen Menschen die Möglichkeit der Umkehr. Und der Mensch muss diese Möglichkeit nutzen und umkehren.
 
Gott erinnert die Menschen an ihre Sünden, damit sie sich von der Schlechtigkeit abwenden und an ihn glauben. Gottes Umgang mit den Sündern ist geduldig und klug. Er bestraft die Sünder nur nach und nach. Er hofft, dass sie schon die erste Mahnung verstehen und umkehren zu ihm, dem lebendigen Gott, den wir lieben sollen mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Aber lieben wir ihn? Wo wird das erfahrbar in meinem Leben? Wenn die Menschen nicht auf ihn hören, dann gilt: Er bestraft die Menschen nach und nach, denn Er will, dass sie sich von ihrer Schlechtigkeit abwenden und zum Leben finden.
 
Das gilt für den einzelnen Menschen, sicher aber auch für alle, wenn sie auf dem falschen Weg sind, der nicht zum Leben führt.


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Diese Seite wurde am 28. März 2023 von Familie Wimmer erstellt.