Katholische Aktionen

r. k. Predigt am 30. Sonntag im Jahreskreis

Gehalten am 23. Oktober 2022 von Pfarrer i. R. Richard Staudigel, Gebetsstätte Heroldsbach / Erzbistum Bamberg / Deutschland
 
Lesejahr C:
 
Evangelium:    Lk 18,9-14     
 
 
Externer Link zum entsprechenden Festtag mit den Lesungen und dem Evangelium im Schott Meßbuch.
 
Thema: Evangelium
  Wir können uns bei Gott
keinen Lohn verdienen.

 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Jesus spricht im heutigen Evangelium zu denen, die auf sich selbst vertrauen. Ihre Werke sind für sie die Garantie, dass Gott ihnen den verdienten Lohn gibt. Ob wir es wahr haben wollen oder nicht: diese Haltung steckt wie ein Bazillus in jedem von uns. Denn wir erwarten die ewige Belohnung immer wieder von unseren eigenen Werken und erbitten sie uns nicht als Geschenk von Gott. In uns steckt diese Neigung, das eigene Tun vor Gott zu präsentieren, wie der Pharisäer. Wir stellen Gott immer wieder unsere guten Taten vor Augen mit der Erwartung, dass er deshalb auch tut, was wir erwarten. Wir sehen uns dadurch als gleich berechtigte Verhandlungspartner, also Gott gleichgestellt.
 
Das ist natürlich eine vollkommen falsche Sicht unserer Beziehung zu Gott. Wer so denkt, der verachtet den, der nicht dasselbe aufweisen oder leisten kann, wie er. Das geht sehr schnell. Die eigene Gerechtigkeit wird zum Maßstab für andere genommen. Dazu erzählt Jesus seinen Zuhörern – damals und heute – das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner. Beide haben das gleiche Ziel: den Tempel. Beide haben die gleiche Absicht: Sie wollen beten. Und beide haben sogar das gleiche Verlangen: nämlich vor Gott bestehen zu können. Die beiden Gebete können wir so zusammenfassen: der Pharisäer sagt, Gott, du weißt, was ich alles für dich tue, also berücksichtige das bei der Endabrechnung. Der Zöllner betet; Gott, du weißt, wie erbärmlich ich bin. Hab Erbarmen.
 
Beide stehen sie voller Überzeugung vor dem allwissenden Gott. Durch das, was er sagt, verrät der Pharisäer seine innere Haltung, seine Selbstgerechtigkeit und Verachtung. Diese beiden Dinge sitzen wie Bazillen auch in unseren Herzen. Wenn wir das nicht erkennen, haben wir uns selbst noch nicht erkannt.
 
Ohne Selbsterkenntnis aber gibt es keinen Weg zur Heiligkeit. Da müssen wir uns selbst gegenüber ganz ehrlich sein, auch dann, wenn es weh tut. Der Pharisäer tut nicht nur das, was im Gesetz vorgeschrieben ist. Das Gesetz verlangt Fasten am Versöhnungstag, er fastet zweimal in der Woche. An dieser Stelle des Gebets wird deutlich, dass er in seinem Gebet Gott eigentlich schon vergessen hat. Sein Gebet ist im Grunde die Aufzählung seiner persönlichen Leistungen, mit denen er sich bei Gott gut darstellen möchte, und für die er – unausgesprochen – von ihm eine entsprechende positive Reaktion erwartet. Dass auch er ein Mensch mit Fehlern und Schwächen ist, kommt ihm nicht in den Sinn. Sein Gebet ist kein Dank an Gott, für das, was er eigentlich IHM verdankt; kein Lobpreis des Schöpfers, des barmherzigen, gnädigen und menschenfreundlichen Gottes; keine Bitte für andere, denen manches verwehrt oder unzugänglich ist.
 
Der Pharisäer übererfüllt den Buchstaben des Gesetzes nicht aus Liebe zu Gott und dem Nächsten, wie es im Gesetz heißt: Höre Israel! Der Herr unser Gott, der Herr ist einzig. Darum sollst du den Herrn deinen Gott lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft. Und: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. Dem Pharisäer im Gleichnis geht es darum, gut vor Gott dazustehen und sich abzugrenzen von denen, die anders sind. Er betet zu Gott, aber in Wirklichkeit blickt er nur auf sich selbst. Er protzt vor Gott mit seinen eigenen Verdiensten.
 
Ein Zöllner galt im Judentum damals als öffentlicher Sünder, denn er arbeitete für die Heiden, nämlich für die Römer. Der Zöllner im Gleichnis weiß um sein Ausgestoßensein aus der Gemeinschaft der Juden. Er erhebt nicht einmal seinen Blick zum Himmel. Sein falsches Handeln reut ihn. Er steht zu seinen Schwächen, Fehlern und misslichen Lebensumständen. Er weiß, dass es vor Gott keinen Sinn hat, sie zu verbergen oder zu beschönigen. Sein Gebet ist sehr kurz. Er schlägt sich an die Brust und spricht: Gott sei mir Sünder gnädig. Sonst nichts. Er kann nur auf die Barmherzigkeit Gottes hoffen, dass ihm alles geschenkt wird.
 
Und das ist der extreme Unterschied zwischen den beiden Betern: Der eine trägt in langer Rede Gott vor, was er alles getan hat und wie gut er ist. Der andere kommt gleichsam mit leeren Händen. Er kann keine seiner Sünden von sich aus wieder gut machen. Er ist total angewiesen auf die Barmherzigkeit Gottes.
 
Die Formulierung Jesu: Ich sage euch … macht deutlich, dass er nun eine Position vertritt, die im Gegensatz zur Meinung seiner Zuhörer steht. Nicht der Pharisäer, der das ganze Gesetz und sogar darüber hinaus befolgt und gute Werke tut, sondern der sündige Zöllner, der ohne jede Hoffnung außerhalb der jüdischen Kultgemeinde steht, ist gerechtfertigt.
 
Denn die Rechtfertigung kommt von Gott. Und Gott schaut nicht auf das, worauf der Mensch schaut, sondern in das Herz. Er zerstreut die Hochmütigen und erhöht die Niedrigen. Die Niedrigen sind jene, die sich über ihre Situation vor Gott im Klaren sind. Rechtfertigung, Vergebung, Barmherzigkeit lassen sich nicht durch eigene Leistung verdienen, sondern sind Geschenk Gottes. Dieser Gedanke durchzieht die ganze Heilige Schrift. Er sollte uns im Herzen bleiben und unser Denken, Reden und Tun bestimmen.


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Diese Seite wurde am 28. März 2023 von Familie Wimmer erstellt.