Katholische Aktionen

r. k. Predigt zum 4. Sonntag der Osterzeit

Gehalten am 3. Mai 2009 von Pfarrer Richard Staudigel, St. Martin Nürnberg / Erzbistum Bamberg / Deutschland
 
Lesejahr B:
 
Evangelium:    Joh 10, 11-18
Externer Link zum entsprechenden Sonntag mit den Lesungen und dem Evangelium im Schott Meßbuch.
 
Thema:
 
Predigt zur 2. Lesung     1 Joh 3, 1-2

 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Immer wieder liest oder hört man in von Selbsthilfegruppen. In ihnen treffen sich Menschen mit besonderen Erfahrungen meist mit Leiderfahrungen. Sie tun sich zusammen, um sich über ihre gemeinsamen Erfahrungen auszutauschen und können so einander Hilfe sein. Sie fühlen sich bei ihresgleichen besser verstanden, als bei solchen, die ähnliche Erfahrungen nicht kennen. In der Umgebung von Menschen, die die Tiefe und Schwere solcher spezieller Erfahrungen nicht nachvollziehen können, fühlen sie sich sogar unverstanden.
 
Und ist das nicht auch eine Erfahrung von jedem von uns, dass sich Gleiches gern zu Gleichem gesellt?
 
Es ist offensichtlich ein menschliches Grundgesetz: „Man fühlt sich von solchen verstanden, die unsere eigene Erfahrungswelt teilen können oder zumindest berühren.“ Ich denke, vor diesem Hintergrund wird die heutige Lesung verständlicher. Da heisst es: „Die Welt erkennt uns nicht!“ In der Heiligen Schrift bedeutet erkennen mehr als nur Wissen erwerben. Erkennen hat mit Beziehung zu tun, bedeutet miteinander Vertrautwerden. Aber was erkennt laut Johannes die Welt an uns Christen nicht? Der Satz davor verrät es: „Seht wie groß die Liebe Gottes ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes und »wir sind es«!“
 
Ein Sprichwort sagt: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm!“ Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass Kinder ihre Herkunft oft nicht verleugnen können. Man sieht es Kindern an, aus welchem Elternhaus sie kommen, woher sie ihre Begabungen haben, warum sie sich so oder so verhalten. So ähnlich ist es nach Johannes auch bei den Christen. Christen haben Gott und seine Liebe erkannt, eben nicht nur verstandesmäßig, sondern in einer ganz tiefen Beziehung erfahren. Christen ist im Umgang mit dem Gott, an den sie glauben, etwas widerfahren, was ihr Leben tief beeinflusst und sogar verändert hat. Sie wissen sich zu Gott gehörig, sie lieben ihn, er ist in ihrem Denken und Leben geheimnisvoll gegenwärtig. Gott prägt ihre ganze Existenz. Sie sind seine Kinder. Deshalb erkennen sie sich auch untereinander, sie verstehen ihresgleichen, weil sie Menschen mit ähnlicher Erfahrung sind. Sie bilden deshalb eine Gruppe, in der sie miteinander ihre Erfahrungen mit Gott austauschen und feiern; in der sie immer wieder neu auch ihren Glauben stärken dürfen, dass Gott wirklich da ist.
 
So gesehen ist Kirche eine Art Selbsthilfegruppe. Aber Kirche ist zugleich noch viel mehr.Denn nicht eine gemeinsam geteilte Leiderfahrung hat diese Gruppe ins Leben gerufen, sondern der lebendige Jesus selbst, der für uns gestorben und auferstanden ist. Er ist die Mitte dieser Gruppe und ihrer Versammlungen. Aus der lebendigen Erfahrung mit ihm leben die Christen miteinander und erkennen einander als seine Kinder.
 
Diese vertraute Gemeinschaft der Gläubigen ist für die Nichtgläubigen nicht verständlich. Der Verfasser unserer Lesung drückt das so aus: „Die Welt erkennt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat!“
 
In einer Welt, die von Gott nichts wissen will, gibt es ein grundsätzliches Missverstehen und Nichtverstehen Gottes und seiner Kinder. Die Bibel bezeugt an vielen Stellen: „dieses Missverstehen kann sich bis zum Hass ja sogar zum Mord steigern.“ Bei Johannes heisst es an einer anderen Stelle: „Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt euch als ihr Eigentum lieben. Aber weil ihr nicht von der Welt stammt, sondern weil ich euch aus der Welt erwählt habe, hasst euch die Welt.“ Hier spricht Jesus von einer Welt, die ohne Gott auskommen und bei sich bleiben will. Sie will sich auf Gott nicht einlassen, deshalb kann sie ihn nicht erkennen. Und umgekehrt spricht er von uns Christen, die wir nach seinem Wort eben nicht von der Welt stammen.
 
Unsere Abstammung durch Glaube und Taufe ist tiefer und ursprünglicher, wir sind Kinder Gottes und Gott ist unser Vater.
 
Liebe Schwestern und Brüder!
 
Natürlich kommt hier ein hoher Anspruch zum Ausdruck, der uns zu denken gibt. Unsere Lesung macht klar: „Christen sind Menschen, die aus einer tiefen, vertrauensvollen Beziehung zu Gott leben, eine Beziehung, die ihr ganzes Leben mit all seire Facetten prägt.“ Er prägt unser Leben so sehr, dass wir dafür in Kauf nehmen, von anderen nicht anerkannt, ja sogar gehasst zu werden. Wir müssen uns fragen: „Ist das bei mir selbst auch so?“ Spielt der lebendige Gott diese Rolle in meinem Leben? Ist er mir ständiger Begleiter, und zwar so, dass andere bei mir irgendwie spüren: „dieser Mensch ist anders. Er ist ein Kind Gottes?“
 
Oder bin ich nicht allzu oft geneigt, mich mit dieser Welt, die von Gott nichts wissen will, zu arrangieren? Wenn ich das bei mir bemerke, dann habe ich allen Gund, die Beziehung zu meinem Herrn wieder zu erneuern und zu vertiefen.
 
Fangen wir gleich hier und jetzt an. Das Credo ist dann nicht einfach ein Text, den ich kann wie Schüler ihren Lerntext, sondern wirkliches Bekenntnis – Ausdruck meiner inneren Überzeugung; wenn Brot und Wein zum Altar gebracht werden sind das Zeichen meiner Hingabe an den lebendigen Gott.
 
Über Brot und Wein wird verfügt, lasse ich Gott über mich verfügen? Wenn ja, dann kann er mich verwandeln und neu werden lassen. Und er wird mich stärken in der hl. Kommunion damit ich als von IHM Beauftragter seine Botschaft gegenwärtig mache in dieser Welt, die letztlich doch, mag sie es wahr haben wollen oder nicht, hungert nach dem lebendigen Gott und seine Kinder sehen will.


 
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Diese Seite wurde am 7. Mai 2009 von Familie Wimmer erstellt.