DER ERZBISCHOF VON BAMBERG

 
Nachruf auf Papst Johannes Paul II.

 
Liebe Schwestern und Brüder im Erzbistum Bamberg!

Mit der ganzen Menschheit trauert die Erzdiözese Bamberg über den Tod von Papst Johannes Paul II. Unser Heiliger vater hat uns verlassen. Er hat uns mehr als 25 Jahre im Glauben gestärkt und Hoffnung gegeben. Er war uns ein Vorbild an Gottes- und Menschenliebe. Wir verlieren den treusorgenden Vater der Kirche, den guten Hirten und mitreißenden Weggefährten im Glauben. Ungewöhnlich lange durften wir ihn als Papst haben. Dafür sind wir dankbar! Das lange Pontifikat macht aber auch den Schmerz des Verlustes umso größer. Wir erkennen auch, dass er „unserer Familie, der Kirche“, ein großes geistiges Erbe hinterlassen. hat Wir wissen uns verpflichtet, es zu bewahren und weiterzugeben. Wie „dankbare und mit fühlende Kinder“ sind wir aber auch froh, dass „unser Vater“ nun von seinen Leiden erlöst ist. Seine letzten Jahre waren gekennzeichnet von Gebrechen und Schmerzen. Wir geben uns Mühe, das Wort eines Kirchenvaters zu beherzigen: Wir wollen nicht traurig. sein, dass er von uns gegangen ist. Wir wollen dankbar sein, dass wir ihn haben durften.
 
Ganz auf Christus ausgerichtet
 
„Öffnet, ja reißt die Tore weit auf für Christus! Öffnet die Grenzen der Staaten, die wirtschaftlichen und politischen Systeme, die weiten Bereiche der Kultur, der Zivilisation und des Fortschritts seiner rettenden Macht! Habt keine Angst! Christus weiß, was im Inneren des Menschen ist. Er allein weiß es.“ So sagte Papst Johannes Paul II. in der Ansprache bei seiner Einführung am 22. Oktober 1978. Sein Leben und sein Pontifikat waren ganz auf Jesus Christus ausgerichtet. IHN verehrte er, IHN verkündete er. Christus ist für den einzelnen Menschen und die gesamte Menschheit Erlöser des Menschen (Redemptor hominis), reich an Barmherzigkeit (Dives in misericordia) und Herr und Lebenspender (Dominumet vivificantem). So lauten die ersten drei wichtigen Enzykliken seines Pontifikates. In. dem Schreiben an die Menschheit für das 3. Jahrtausend (Tertio millennio ineunte) ermuntert er, auf Jesus Christus zu blicken, „das Angesicht, das es zu betrachten gilt“. Um Christus zu allen Völkern und Nationen zu bringen, unternahm er über 100 Auslandsreisen, die er „Pilgerschaft für Christus“ nannte.
 
Der Mensch im Mittelpunkt
 
Der Mensch ist nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen. Für ihn hat Gott seinen eigenen Sohn hingegeben. Er soll im Himmel vollendet werden. Diese Überzeugung hat Papst Johannes Paul II. veranlasst, unermüdlich die Menschenwürde und die Menschenrechte einzufordern und zu verteidigen. Damit der Mensch menschlich leben kann, setzte er sich für die Überwindung des Hungers und gegen jeden Krieg, für die Freiheit in Verantwortung und gegen jedes Unrecht unermüdlich ein.

Der Mensch hat Würde und Recht auf Leben vom ersten Augenblick an bis zum natürlichen Sterben. Abtreibung und Euthanasie waren für Johannes Paul II. deshalb verabscheuungswürdige Verbrechen. Aufgrund dieses Credo an den Menschen forderte er die Rechte der Behinderten, der Kranken und aller am Rand der Gesellschaft Stehenden ein. Er wandte sich gegen jeden Nationalismus und Rassismus, weil sie die Gleichheit aller Menschen missachten. Er bekämpfte den Kommunismus und Kapitalismus, weil sie den Menschen nicht als höchsten Wert achten. Die Ökumene und der interreligiöse Dialog, die er wie kein anderer vor ihm gefördert hat, gehören in diesen Zusammenhang. Die Religions- und Bekenntnisfreiheit jedes Menschen waren ein hohes Gut für ihn.
 
Die heilige Kirche
 
Papst Johannes Paul II. wird der Papst der Superlative genannt. Dieses Prädikat gilt auch für die Heilig- und Seligsprechungen. Keiner vor ihm hat so viele Frauen und Männer selig und heilig gesprochen. Damit beabsichtigte er, die Heiligkeit in der Kirche und in der Welt zu fördern. Heiligkeit bedeutete für ihn christusförmig gemäß dem Evangelium zu leben. Das gleiche Ziel verfolgte er mit dem Außerordentlichen Heiligen Jahr der Erlösung 1983 und vor allem dem Jubiläumsjahr 2000. Die Heiligkeit der Kirche veranlasste ihn, im Heiligen Jahr 2000 das große Schuldbekenntnisfür die Sünden und Fehler der Kirche zU sprechen.

Die Heiligkeit der Kleriker und Ordensleute als Vorbild für die ganze Christenheit war ihm ein großes Anliegen. Die Förderung der Heiligkeit hat er als „großes pastorales Programm“ für das 3. Jahrtausend bezeichnet. Dabei sollten Ehe und Familie, die Zellen der Kirche und der Gesellschaft, ihre Aufgabe für die Heiligkeit der Welt erfüllen.
 
Der Papst und die Jugend
 
Die Weltjugendtage waren seine Idee und Initiative. Die Jugend und die Kinder waren ihm besonders wichtig. Ihre Zukunft lag ihm am Herzen. Wenn er der Jugend begegnete, lebte er auf und die Jugend schätzte und liebte ihn. Das hat ihre Anteilnahme an seinem Sterben und ihre Trauer über seinen Tod auf eindrucksvolle Weise bestätigt. Die Jugendlichen folgten nicht in allem seinen Ansichten, aber sie schätzten seine unverbrüchliche Treue zu seinen Idealen. Wer die Weltjugendtage miterlebt hat, besonders die letzten in Rom und Toronto, weiß um das einzigartige Verhältnis des Papstes zur Jugend. Besonders um der Jugend willen setzte er sich für eine friedvolle und gerechte Welt ein. Er ermutigte sie, mit dem Evangelium Jesu Christi für eine bessere Welt zu kämpfen.
 
Der marianische Papst
 
Papst Johannes Paul war mit der Gottesmutter Maria in besonderer Weise verbunden. Er hat die Marienfrömmigkeit wie kein anderer Papst vor ihm gefördert. Die Marienfrömmigkeit hat sehr dazu beitragen, ihn zu einem menschlichen und liebenswürdigen Papst in all seinem Handeln zu machen. Die Verehrung der Gottesmutter, die dem kirchlichen Leben Seele und Gemüt schenkt, darf in der Kirche niemals zu kurz kommen oder fehlen. Auch das gehört zu seinem Vermächtnis.

Persönlich bin ich dem Papst öfters begegnet. Ich war auf dem Petersplatz, als er am 16. Oktober 1978 gewählt wurde. In den folgenden Jahren habe ich mehrfach mit ihm in der Privatkapelle die heilige Messe gefeiert. Als Konzelebrant konnte ich seine tiefe Frömmigkeit miterleben. Bei verschiedenen Begegnungen, z. B. bei einem Ad-limina-Besuch, bei der Bischofssynode im Oktober 2001 über das Bischofsamt, an der ich teilnehmen durfte, bei meinem Antrittsbesuch als Erzbischof von Bamberg 2002 und der Verleihung des Palliums am 29. Juni 2003, habe ich Papst Johannes Paul II. als einen überaus sensiblen, aufmerksam zuhörenden, liebenswürdigen und humorvollen Menschen erlebt. Wir verlieren in ihm einen Menschen nach Gottes Bild und Gleichnis, einen Kirchenmann, der Hoffnung ausbreitete, einen tieffrommen Priester und einen Papst, der Geschichte geschrieben hat. Wir sagen Vergelt’s Gott und erbitten unserem heimgegangenen Heiligen Vater, Papst Johannes Paul II., den Lohn des Himmels.

Bamberg, 5. April 2005
 
Prof. Dr. Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
 
 
Dieser Nachruf lag in Nürnberger Kirchen aus und deckt sich, mit kleinen Abweichungen, mit dem von der Erzdiözese Bamberg im Internet veröffentlichten Nachruf vom 4. 4. 2005.
 


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Diese Seite wurde am 23. April 2005 von Familie Wimmer erstellt.