3. „In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort
blieb Jesus vierzig Tage lang“ (Mk 1,12). Was bedeutet Wüste?
Zur Wüste gehören Stille und Alleinsein, Weite des Blickes und
Beschränkung auf das Wesentliche des Lebens, Hunger und Durst
nach leiblicher und geistiger Nahrung, Gebet und Betrachtung.
Die Wüste ist auch der Ort, wo der Teufel den Menschen
versucht und Gott sein geliebtes Geschöpf an sich ziehen will,
wo wir alle lernen können die Geister zu unterscheiden. In der
Wüste erfährt Jesus das alles.
Ich wünsche Ihnen allen, liebe Mitchristen, dass Sie diese
Erfahrung Jesu in der Fastenzeit 2003 machen. Haben Sie Mut,
in den kommenden 40 Tagen die Wüste bewusst in Ihr Leben
hineinzuholen! Verzichten Sie zum Beispiel auf
Fernsehsendungen, Kinobesuche, bestimmte Internetangebote,
oberflächliche Vergnügungen und Ablenkungen, auf den Konsum
von Alkohol, Süßigkeiten und anderem mehr. Suchen Sie dafür
entschieden die Stille und das persönliche Gebet. Feiern Sie
bewusster die Gottesdienste mit. Sie werden den Sinn des
Lebens tiefer erfassen. Sie werden den Frieden und die Nähe
Gottes spüren, so wie Jesus, der in der Wüste sogar mit den
wilden Tieren in Frieden leben konnte und von Engeln bedient
wurde.
4. „Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium“.
Betrachten wir noch ein wenig näher den Ruf zur Umkehr.
Bekehrung und Leben nach dem Evangelium erfordern ständigen
Kampf gegen die Versuchung und die Sünde. Der Hebräerbrief
lässt keinen Zweifel daran. Er schreibt: „Ihr habt im Kampf
gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet“
(Hebr 12,4). Etwas weiter heißt es: „Strebt voll Eifer nach
Frieden mit allen und nach Heiligung, ohne die keiner den
Herrn sehen wird“ (Hebr 12,14).
Ich möchte Ihr Augenmerk auf die sogenannten sieben
Hauptsünden richten. Es sind: Stolz, Habsucht, Zorn, Neid,
Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Trägheit. Sie werden auch
Wurzelsünden genannt, weil sie die Ursache für viele andere
Sünden sind. Ich versuche sie zu überwinden, indem ich jeden
Tag morgens die acht Seligpreisungen, wie sie im
Matthäusevangelium beschrieben werden (vgl. Mt 5,3-10), mir
vergegenwärtige.
„Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das
Himmelreich“. Mit der Haltung der Demut und Bescheidenheit
wird der Stolz überwunden und das „Himmelreich“ der
gegenseitigen Anerkennung und Akzeptanz erlangt.
„Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden“.
Gemeint ist hier die Trauer über Ausbeutung, Unterdrückung und
Ungleichheit in unserer Welt. Wer an diesen Missständen
leidet, der kämpft gegen die Habsucht an, die die Wurzel
dieser Übel ist. Er wird getröstet. Denn er erlebt, dass sich
Geschwisterlichkeit, Freundschaft und Solidarität
ausbreiten.
„Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land
besitzen“. Mit der Gewaltlosigkeit oder Sanftmut wird der Zorn
besiegt, der verletzt, weh tut und Beziehungen oft für lange
Zeit zerstört. Geduld, Wohlwollen und Güte kehren ein.
„Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; sie
werden satt werden“. Wer Gerechtigkeit für alle will, der ist
nicht neidisch. Er erkennt, dass wir alle verschieden sind und
jedem das zukommen muss, was jeder Einzelne braucht. Er freut
sich an den unterschiedlichen Begabungen und Talenten, die
bereichern. Mit der Gerechtigkeit ist die Barmherzigkeit
verbunden. Sie lässt auch den Schwachen und Armen
Gerechtigkeit zukommen. Sie weiß, dass jeder auf die Hilfe
anderer angewiesen ist. Deshalb: „Selig, die Barmherzigen;
denn sie werden Erbarmen finden.“ Gerechtigkeit und
Barmherzigkeit sind die Mittel, die den Neid überwinden.
„Selig, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott
schauen.“ Die, die reinen Herzens sind, verfallen nicht der
Unkeuschheit, die sich nicht nur auf das sexuelle Leben
bezieht. Die christliche Tradition meint mit diesem Begriff
die Haltung der Egozentrik, die alles an sich reißt, für sich
benutzt und verbraucht. Die, die reinen Herzens sind, begegnen
mit Ehrfurcht und Hochachtung jedem Nächsten, aber auch der
Tier- und der Umwelt. Sie gehen mit jedem und allem um, wie es
Gott bestimmt hat und will.
„Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes
genannt werden.“ Die Unmäßigen stiften Unfrieden, weil sie das
Gefälle zwischen Arm und Reich, Nord und Süd, Arbeitgeber und
Arbeitnehmer, Rassen und Ländern, Jung und Alt vergrößern.
Selig, die Frieden stiften, der mit dem Ausgleich der
Interessen und der Anerkennung der Gleichheit aller in Würde
und Stellung beginnt - sie heißen Kinder Gottes.
„Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden;
denn ihnen gehört das Himmelreich“. Wer um der Gerechtigkeit
willen Verfolgung erleidet, der kämpft für sie. Er ist also
nicht träge. Er ist keiner, der nur egoistisch sein Schäfchen
ins Trockene zu bringen sucht und um des eigenen Wohlbefindens
willen auch faule Kompromisse eingeht. Der Einsatz für die
Gerechtigkeit zu Gunsten aller, der sich auch nicht durch
Verfolgung einschüchtern lässt, überwindet die Trägheit.
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