Zur heutigen Orgel
m Zuge der notwendigen Restaurierungsarbeiten im Kirchenraum in den letzten Jahren wurde das Orgelprojekt erneut Gegenstand von gründlichen Überlegungen. Erste Diskussionen wurden 1981 mit Pfarrer Veit Höfner und seinen Beratern geführt. Aufbauend auf den Konzilsbeschlüssen wurde der Zelebrationsaltar vorgezogen und der Seitenaltar unter der Schwalbennestorgel von 1958 an eine andere Stelle versetzt. Damit war der Weg frei für eine Orgel vor der östlichen Stirnwand des südlichen Querhauses frei, jetzt nicht mehr als Schwalbennest konzipiert, sondern von unten aufbauend.
Trotz dieser technischen Neukonzeption wurde aber Wert darauf gelegt, die schön gebauten Register aus der Orgel meines Vaters in das neue Projekt einzubeziehen. So beinhaltet das heutige Instrument mit seinen 42 klingenden Registern 20 Stimmen aus dem 25-registrigen Orgeltorso von 1958.
Lassen Sie mich hier ein kurzes Wort zur Funktionsweise dieser Mechanischen Orgel sagen:
Da wird z. B. von Werken gesprochen: Hauptwerk, Positiv, Schwellwerk, Pedal. Man kann diese Werke am besten mit vier voneinander getrennten Instrumentalkörpern mit verschiedener Instrumentalbesetzung vergleichen, die vom Dirigenten nach seinen Wünschen miteinander, oder auch gegeneinander, im Duo, Trio oder Quartett musizierend, geführt werden. Ganz ähnlich ist es auch bei der Orgel, mit dem Unterschied jedoch - und das ist das Einmalige an diesem Instrument - daß jeder dieser Instrumentalkörper, der Werke, mittels einer Klaviatur spielbar ist, also ein Musiker diese ganze reiche Klangwelt beherrscht.
Betrachten wir die neue Orgel, so zeigt sich in der Architektur des Gehäuses deutlich der Aufbau dieser Werke:
Zu unterst der Spieltisch im eingezogenen Unterbau, darüber mittig das Positiv mit Prinzipal 4' im Prospekt, flankiert von dem in C- und Cis-Seite aufgeteilten Pedal mit seinen großen Pfeifen von Prinzipialbaß 16' im Prospekt. Über dem Positiv liegt hinter Jalousien verborgen das Schwellwerk. Die Jalousien können mittels eines Trittes vom Spieltisch aus geöffnet und geschlossen werden, um damit ein dynamisches An- und Abschwellen des tones zu bewirken. Über dem Schwellwerk liegt dann bekrönend das Hauptwerk mit Prinzipal 8' als Prospektregister.
Die Linienführung des Gehäuses (die aus Resonanzgründen die Pfeifen umkleidenden Holzteile) ist abgestimmt auf die gotischen Gewölbe einerseits und die runde Fensterleibung andererseits. Schließlich soll die Orgel architektonisch mit dem Kirchenraum harmonisieren, sich einfügen, ohne ihre eigene Selbständigkeit aufzugeben.
Daß die Orgel ein Blasinstrument ist, wissen wir alle, und so bedeuten die Registernamen nichts anderes, als selbständige Pfeifenreihen mit ebensoviel Pfeifen wie Tasten auf der Klaviatur, die einzeln oder auch zusammen in vielfältigen Klangmischungen gebraucht werden können. Jede dieser Pfeifenreihen, die sogenannten Register, kann durch einen Zug am Spieltisch ein- oder ausgeschalten werden. Das war in den Orgeln früherer Zeiten meist eine sehr mühselige Sache, weil diese Registerzüge mittels eines schwerfälligen Gestänges mit den Werken verbunden waren und der Organist fast immer die Hilfe eines oder zweier Assistenten angewiesen war, die besonders bei längeren und komplizierten Stücken für ihn die Register ziehen oder abstoßen mußten. In den Orgeln unserer Zeit werden diese Züge elektrisch bedient, und wir können daher auch mittels elektrischer Spielhilfen, den sogenannten Kombinationen, dem Spieler die Möglichkeit geben, seine verschiedenen Klangkombinationen schon vor dem Spiel vorzubereiten und während des Spiels durch einen einfachen Knopfdruck abzurufen. Eine Schaltzentrale speichert die gewünschten Klangfarben. Im Augenblick des Klangwechsels gehen die nicht gewünschten Register zurück, während die gewünschten hervorkommen.
So willkommen und brauchbar der elektrische Strom für diese Art von Hilfen ist, so wenig kann er uns für das Spielen selbst von Nutzen sein. Jeder der selber ein Instrument spielt, weiß, wie wichtig es ist, die Tonerzeugung selbst unter Kontrolle zu haben. Nur dann, wenn bei der Orgel das klingende Pfeifenwerk den durch seinen Anschlag auf den Tasten vermittelten Willensimpuls des Spielers getreulich wiedergibt, kann von einem wirklich lebendigen Musizieren die Rede sein. Daher wird auch die Verbindung zwischen Taste und Ventil, das den dazugehörenden Pfeifen den Wind gibt, rein mechanisch durch züge, Wippen, Winkel usw. bewerkstelligt. Daß trotz großer Entfernung die Spielbarkeit nicht schwerfällig oder unpräzise wird, ist der technischen Weiterentwicklung dieses alten Systems und dem Vorhandensein moderner Werkstoffe zuzuschreiben.
Man erlaube mir das persönliche Wort, daß ich der Ansicht bin, mit dem nötigen Respekt vorgegangen zu sein und, wohl auch im Sinne meines Vaters, Veränderungen vorgenommen habe, die nicht lediglich zu verantworten waren, sondern ihrerseits den Anspruch erheben können, sinnvoll und überzeugend zu sein. Ich freue mich besonders, daß durch die verständnisvolle Zusammenarbeit aller Zuständigen jetzt das Werk zu einem guten Abschluß gekommen ist.
Hans Gerd Klais |