Richard Wimmer


Weihnacht!

  Die Welt feiert wieder Weihnachten, hei welch ein Geschäft. Wir sind so dankbar, daß vor so vielen Jahren einer auf die Welt gekommen ist. Wie sollten wir sonst noch vor Jahresende unseren Umsatz steigern? Uns fällt zwar nicht im Traum ein, an ihn zu glauben, aber es ist so bequem mit seinem Namen die große Schau ablaufen zu lassen.

  Wir könnten ja nicht ohne Weihnachtsmann und wie wir ihn sonst noch getauft haben, den anderen Menschen das Geld aus der Tasche locken. Es ist ja so einfach, alles so laufen zu lassen, wie es schon immer war. Wir feiern so gerne Feste und es ist besser, wir hängen ihm ein Mäntelchen um, das jedem gefällt.

  Heller die Glocken nie klingen. Warum hört man sie nur heulen und detonieren? Wir können es uns schließlich leisten, mit dem Tod anderer zu spielen. Sonst könnten wir keinen Weihnachtsfrieden ausrufen, den wir sowieso nicht halten wollen. Aber die Welt sieht, wie gut wir sind.

  Er hat den Frieden gepredigt, aber sein Frieden bringt uns kein Geld. Er hat auch gesagt, alle Menschen sind gleich. Wir sind es ja und die Anderen sind in unseren Augen sowieso keine Menschen. Solange wir ihren Glauben ausnützen können, geht es uns gut.

  Wir sind natürlich auch fromm. Sonst könnte die Konkurenz noch sagen, unsere Werbung sei Lüge.

  Er demonstriert uns sehr oft seine Macht. Zum Glück müssen immer die Anderen daran glauben. Wir können dann auch immer so schön helfen und die Konkurenz um eine Nasenlänge schlagen. Es ist schließlich der einfachste Weg, unser Lager zu räumen.

  Wir haben unseren eigenen Stern der Verheißung geschaffen. Nur bringt unserer nicht das Leben, sondern den rationellsten Tod und natürlich das größte Geschäft.

  Und über allem klingt ein Weihnachtslied und natürlich unsere Kassen. Das Leuchten der Kinderaugen garantiert uns auch in Zukunft brave Konsumenten und zeigt uns, daß wir auf dem richtigen Weg zu unserer Allmacht sind.

  Wenn er uns nicht dieses Fest gegeben hätte, so hätten wir es selbst erfinden müssen. So ist es für uns natürlich viel billiger.

  Es gibt noch immer welche, die an diesem Fest nur an ihn denken. Solange sie uns nicht das Geschäft verderben, lassen wir sie gewähren.

  Vielleicht können wir einmal Weihnachten über das ganze Jahr ausdehnen. Es muß uns doch einmal gelingen, alles Geld in unsere Kassen zu bringen und den Anderen auch noch eine Freude damit zu machen.

  Es ist ja so gewinnbringend, Weihnachten zu feiern.



Kurze Geschichte dieses Artikels:

  Dieser Artikel entstand am 10. 12. 1972 für den in Gründung stehenden Verein "Aktion Kritische Jugend". Später mehr über den leider nie gegründeten Verein im Kapitel "Der Luxus einer eigenen Meinung". Wir wollten damals diesen Artikel in der Nürnberger Innenstadt verteilen. Sowohl, um die Menschen etwas aufzurütteln, als auch Werbung für den Verein zu machen. Vom Amt für Öffentliche Ordnung wurde uns dies nach längeren Verhandlungen leider nicht erlaubt. Im Artikel ist wohl auch der Grund dafür zu finden.

  Vor Weihnachten war damals eine Veranstaltung im Heilig Geist Spital mit einem, damals noch jungen und relativ unbekannten, heute aber gut situierten Show Master. Ihm übergaben wir eine Kopie dieses Artikels und einiges Material über den in Gründung stehenden Verein. Er versprach uns, es sich anzusehen und zu schauen, was sich daraus machen läßt.

  Er setzte sich nie wieder mit mir in Verbindung. Nach einiger Zeit, sprach mich einer meiner damaligen Freunde an, daß ich es doch in den Rundfunk geschafft hätte. Der Artikel sei gesendet worden, allerdings ohne Nennung meines Namens.

  Damals ging ich der Sache nicht nach. Man muß wohl skrupellos sein, um etwas zu werden und darf wohl nicht pingelig sein, mit wessen Federn man sich schmückt. Für mich hatte diese negative Erfahrung allerdings weitreichende Folgen. Danach habe ich auf weiterer Veröffentlichungen verzichtet. Erst jetzt und mit den Möglichkeiten des Internets, bin ich bereit, wieder in die Öffentlichkeit zu treten. Wenn ich allerdings von dem Show Master höre, sei es im Fernsehen oder durch sonstige Nachrichten, dann kommen mit immer die Gedanken, was geworden wäre, wenn er ehrlich gewesen wäre.   


Mein Kommentar zum Artikel, aus heutiger Sicht:

  Obwohl vor 30 Jahren geschrieben, hat der Artikel nichts von seiner Brisanz verloren. Der Zeitraum von Weihnachts- oder sonstigen Festgeschäften werden immer weiter ausgedehnt. Auch die Versuche, immer neue Feste einzuführen, können wir erleben. Laut einer Statistik, ist in den letzten 40 Jahren, die Beteiligung Katholischer Christen in den Pfarreien auf ein Drittel ihrer damaligen Anzahl zurück gegangen.

  Wenn nur mehr Christen das Weihnachtsfest feiern würden, dann wäre es ein ganz stilles und leises Fest, von dem die Welt kaum etwas merken würde. Da die Mehrzahl der Menschen hier nichts mehr mit der Religion zu tun hat, feiern sie ja auch nicht die Geburt Christi. So ist praktisch, was 1973 noch überspitzt geklungen hat, heute Realität, oder wurde von ihr sogar noch übertroffen.

  So ist dieser Artikel heute aktueller denn je. Vielleicht regt er aber heute etwas zum Nachdenken und vielleicht auch zum Umdenken an. Vielleicht wird Weihnachten dann ein Gewinn für unsere Seele und nicht nur für die Kassen.



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Diese Seite wurde am 20. April 2000 erstellt