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U N S E R  B U N T E S  L E B E N

FLUGZEUGE EN MINIATURE
AEROSPORT 1/1968
Seite 38 bis 41


Ende März 2008 erreichte mich vom Sammler Torsten der Scann dieses einmaligen Zeitdokuments. Der Artikel „FLUGZEUGE EN MINIATURE“ von Peter Stache und Peter Hein, erschienen in der Ausgabe 1/1968, der Zeitschrift AEROSPORT.
 
Dieser Artikel ist ein Zeitbild von VEB Kunststoffverarbeitungswerk Zschopau und den Modellbaukästen. Hintergründe, Anzahl der Modelle, über die „Macher“ und weitere Informationen. Er schließt einige Wissenslücken, aber es ergeben sich natürlich weitere Fragen.
 
Für uns wäre es daher wichtig, Informationen und Kontak zu den im Artikel genannten Personen, soweit diese noch Leben, zu bekommen. Genauso wird noch immer Kontakt zu Ralf Mau, dem Sohn des verstorbenen Autors von Flugzeug-Plastmodellbau, Hans-Joachim Mau, gesucht. Wenn jemand darüber auskunft geben kann oder Mitarbeiter von VEB Kunststoffverarbeitungswerk Zschopau / Plasticart kennt, so wären wir über eine Nachricht sehr dankbar. Jede Information ist wichtig und ermöglicht, die Dokumentation genauer zu gestalten.
 
Für jeden Fan von VEB Kunststoffverarbeitungswerk Zschopau / Plasticart, ist dieser Artikel sicher ein wunderbarer Blick in die Vergangenheit. Alle anderen Leser bitte ich zu bedenken, dass dieser Artikel auch das Geschichtliche Umfeld von 1968 wiederspiegelt. Damit soll weder „Kriegsspielzeug“ noch die damalige Zeit verherrlicht werden. Damals war es so. Alles Andere würde vesuchen die Gechichte zu verändern. Was bedauerlicherweise viel zu oft geschieht.

 
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Modell DC-8
 
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Flugzeuge en Miniature PETER STACHE

 
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Modell Mikojan/Gurewitsch MiG-21

Modell Saab J35 Draaken
  Ein eindrucksvolles Bild vom Start einer DC-8. Das Fahrwerk ist noch nicht eingezogen ... Wer da meint, das sei gar kein richtiger Start, hat natürlich recht. Und es ist auch keine richtige DC-8. Was Sie hier sehen, ist eine Nachbildung einer DC-8 im Maßstab 1 : 100. Sie ist eine von 19 Flugzeugtypen, die in der DDR in Großserie gebaut werden – im VEB Kunststoffverarbeitungswerk Zschopau. Dieser Name gibt auch schon Aufschluß über das Material, aus dem die „Miniplane“ bestehen: Kunststoff (genauer gesagt: Polystyrol). Er kommt in Zwanzig-Kilo-Säcken im Werk an und sieht aus wie kleingehackte Spaghetti. Er verläßt den Betrieb als Modell-Bauteile, die, in farbigen Kartons verpackt und in (natürlich) Kunststoff-Folie eingeschweißt, als „Flugzeug-Modell- baukästen“ die Reise in alle Welt antreten. Wenn dann Herr Schulze aus Treuenbrietzen oder Towarischtsch Iwanow aus Nowosibirsk ihre Privatluftflotten „Schulze-Airlines“ oder „Awia Iwanowo“ auf Kiel legen können, ist das der Endpunkt eines Weges, der in einem spartanisch einfach eingerichteten hellen Raum im ersten Stock des Zschopauer Werkes seinen Anfang hat – im Zimmer des Entwicklers Rudolf Lorek. Das ist der Mann, dessen Aufgabe es ist, nach den „leben-
Bild oben:Mikojan/Gurewitsch MiG-21
Bild unten:  Modell Saab J35 Draaken
 
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den“ Vorbildern möglichst hundertprozentig naturge- treue Modelle zu konstruieren. Bevor er aber damit anfängt, muß erst einmal geprüft werden, ob sich der ausgewählte Typ überhaupt fur die Nachbildung eignet. Das ist nämlich durchaus nicht immer der Fall! Ein Flugzeug ist im Aufbau zu kompliziert, ein anderes zu einfach, als Modell zu wenig attraktiv, eins zu klein, ein anderes zu groß (man stelle sich nur die An-22 im Maßstab 1 : 100 in einer Neubauwohnung vor!). All das muß Rudolf Lorek bedenken, bevor er dann entscheidet: dieses oder keins!
 
Dann werden Unterlagen beschafft, möglichst genaue, denn davon hängt ja die Detailtreue in entscheidendem Maße ab („Auf die Vorlagen kommt’s an; technisch läßt sich alles irgendwie lösen.“). Und sich solche Unterlagen zu beschaffen – je mehr, desto besser – das ist die Aufgabe des Entwicklers. Kein Wunder, das seine
 
Stapel Papier, der beschrieben und mit Zeichnungen bedeckt ist, bevor danach die Werkzeuge angefertigt werden können. Spätestens jetzt erweist es sich, ob die Konstruktion technologisch gut und richtig ist. Schon am ersten damit gespritzen Modell zeigt sich die Qualität der Konstruktionsarbeit – oder auch nicht. Noch ist es möglich, an den Formen geringfügige Korrekturen vorzunehmen. Dann werden sie in die Spritzgußtomaten eingebaut, und die Produktion lauft an.
 
Solch ein Spritzgußautomat ist ein komplizierter Mechanismus. Von außen sieht man nur, daß in einen grosen Trichter der Rohstoff – die erwähnten kleingehackten Polystyrol-Spaghetti – eingefüllt wird und daß aus einer Öffnung die noch warmen Rumpfhälften einer Il-62 oder die Tragflächen der MiG-21 in einen Behälter fallen. Inwendig wird das Rohmaterial plastifiziert und dann bei 250 Grad Celsius unter rund 100 Atmo-
 
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Eine Vereinbarung über die Zusam- menarbeit und gegenseitige Unter- stützung schloß AEROSPORT mit dem VEB Kunststoffverarbeitungswerk Zschopau. Unser Bild zeigt von links nach rechts den Werkleiter Kurt Wagner, Entwickler Rudolf Lorek 1) und AEROSPORT-Mitarbeiter Peter Stache   Werkleiter Kurt Wagner, Entwickler Rudolf Lorek 
und AEROSPORT-Mitarbeiter Peter Stache
Links unten: Die MiG-21 und der „Draken“ gehören als Militärflugzeuge zu den begehrtesten Bausätzen der Zschopauer Produktion
 
1) Nach meinen bisherigen Informationen ist Rudolf Lorek am 5. April 2006 in Zschopau verstorben.
 
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erste Frage bei unserem Besuch war: „Haben Sie was mitgebracht?“ Wir hatten – doch davon später.
 
Aus zahllosen Fotos, Dreiseitenrissen, Detailab- bildungen entsteht dann in hunderten Stunden die Konstruktion der Einzelteile des Modells. Hier geht es um zehntel Millimeter, denn wenn bei der Konstruktion auch nur eine Kleinigkeit übersehen wird – eine Paßtoleranz zum Beispiel – dann schimpfen Herr Schulze in Treuenbrietzen und Towarischtsch Iwanow in Nowosibirsk. Denn schon in diesem Stadium fällt die erste Entscheidung uber die Qualität des Modells; nach diesen Zeichnungen nämlich werden die Spritzformen gebaut – kleine Kostbarkeiten im Wert von mehreren Zehntausend Mark pro Modell. Das ist höchste Prazisionsarbeit im Werkzeugbau. Man sehe sich einmal das Bugfahrwerk der I1-62 oder des „Draken“ genau an! (Solche Kleinteile werden übrigens im Maßstab 5 : 1 konstruiert und dann wieder verkleinert.)
 
So wird Teil für Teil durchkonstruiert, für den Werkzeugbau bearbeitet, in die Spritzform eingepaßt (auf dem Papier zunächst). Daß dazu auch gute Kenntnisse der Kunststoffverarbeitung und ihrer Technologie vonnöten sind, versteht sich von selbst. Es ist ein ansehnlicher
 
sphären Druck in die Form gepreßt. 30 Sekunden später wirft die Automatik zwei Il-62-Rumpfhälften aus. Die „Nabelschnur“ wird abgeknipst, und wenn der Sammelbehälter voll ist, wandert er ins Zwischenlager.
 
Von hier aus gelangen die Einzelteile jeweils eines Modells an die verschiedenen Plätze eines Bandes, wo flinke Hände sie in Kartons verpacken. Nachdem die buntbedruckten Kästen dann noch in Folie eingeschweißt worden sind, verschwinden sie in grosen Wellpappkartons. Nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in der Versandabteilung treten sie ihre Reise in alle Welt an. Die hauptsächlichen Exportpartner sind die sozialistischen Länder; aber auch in Holland und Dänemark, in Ecuador und in Japan, in England und in den USA kennt man die Modellbaukästen aus Zschopau/DDR. Es wird viel exportiert, sehr viel. Und obwohl die Produk- tionszahlen sehr hoch sind, kann der Betrieb die Nachfrage noch immer nicht befriedigen. Bedarf es eines besseren Beweises fur die Beliebtheit dieser kleinen Luftflotte?
 
Der VEB Kunststoffverarbeitung Zschopau hat seit der Aufnahme der Baukastenproduktion (die ersten, noch wenig naturgetreuen Modelle waren nur als Kinderspielzeug gedacht) 19 Typen herausgebracht, und Qua-
 
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lität und Präzision des überwiegenden Teils können im Weltmaßstab durchaus bestehen; wir konnten genügend Konkurrenzmuster aus verschiedenen Ländern zum Vergleich heranziehen. Was nicht immer befriedigen konnte, ist die Detailtreue. Dieser Vorwurf wird aber schon bei den nächsten Modellen nicht mehr zu erheben sein. Wir sahen die Konstruktionszeichnungen für die 1/100 Tu-134 und ein weiteres Modell und konnten sie mit Werkzeichnungen und anderen Unterlagen der Originale vergleichen. Ohne Vorschußlorbeeren verteilen zu wollen – hier entstehen zwei hervor- ragend detaillierte und weitestgehend originalgetreue Modelle, mit denen der VEB Kunststoffverarbeitung Zschopau auch im internationalen Maßstab Ehre einlegen kann. Und die Pläne? AEROSPORT war nicht nur zu einer Betriebsbesichtigung nach Zschopau gefahren. Bereits seit einiger Zeit verbinden freundschaftliche Bande den VEB Kunststoffverarbeitung und unsere Redaktion. Wir haben gemeinsam über die weiteren Pläne gesprochen, und es kamen viele, viele Ideen zutage. Einige werden schon bei den nächsten Modellen verwirklicht werden, wie beispielsweise die Neugestaltung der Bauanleitun-
 
gen als Typenbeschreibungen, die Möglichkeit, die Modelle wahlweise in der Bemalung der einen oder anderen Luftverkehrsgesellschaft zu bauen, die Verbesserung bestimmter Details früherer Modelle, die Neugestaltung der Kartonagen und anderes. Weitergehende Vorstellungen wiederum werden bei späteren Neuentwicklungen in die Tat umgesetzt werden. Verständlicherweise interessierte uns hier als Zeitschrift der Gesellschaft für Sport und Technik, der Organisation, die für die sozialistische Wehrerziehung verantwortlich ist, ein Problemkreis besonders: der wehrpolitisch-erzieherische Aspekt der Zschopauer Modelle.

Unserer Auffassung nach sollte sich der VEB Kunststoffverarbeitung Zschopau in den folgenden Jahren verstärkt darauf orientieren, diesem Aspekt mehr Beachtung als bisher zu schenken. Sein gegenwärtiges Angebot militärischer Flugzeug- modelle, speziell auf dem Inlandmarkt (MiG-21 und Draken, Mi-1 und mit Einschränkung auch Mi-4) kann zumindest in quantitativer Hinsicht nicht befriedigen. Es fehlen die gegenwärtig modernsten Typen, wie sie beispielsweise bei der vorjährigen Luftparade in Domodedowo gezeigt worden
 
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Formen für die beiden Rumpfhälften der DC-8.   Das sind die Formen für die beiden Rumpfhälften der DC-8. Sie bestehen aus hochwertigem Stahl. Ihre Anf- ertigung ist höchste Präzisionsarbeit
 
Rumpfhälften des Mi-6   An diesen Spritzgußautomaten werden stündlich rund 100 Rumpfhälften des Mi-6 gefertigt. Der Betrieb verarbeitet jährlich etwa 200 Tonnen Polystyrol-Rohmaterial. Zum Vergleich: Das Modell der MiG-21 wiegt 15 Gramm und das der Tu-114 als „Schwergewicht“ unter den Modellen 227 Gramm
 
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sind. Wären die E-166 oder E-266 nicht ebenso dankbare Objekte wie der Mikojan-Schwenk- flügler? Die Entwicklung dieser Modelle mit ausreichender Detailtreue dürfte in Anbetracht der jetzt zur Verfügung stehenden Unterlagen keine Schwierigkeiten bereiten. Und die Forderung nach Neuentwicklungen mit der zwar nicht unbegrenzten aber dennoch unserer Meinung nach ausreichenden Entwicklungs- und Werkzeugkapazität in Einklang zu bringen – das scheint uns in Anbetracht der Wichtigkeit der Problemstellung eine vordringliche Aufgabe der Perspektivplangestaltung dieses ein- zigen derartigen Betriebes der DDR zu sein.
 
Man sollte nun aber den Begriff „militärisches Spielzeug“ nicht zu eng sehen, den Gedankeninhalt nicht nur auf direkte Militärflugzeuge richten. Die Wostok-Rakete beispielsweise könnte man als Zeugnis für die Stärke der Sowjetunion ohne Schwierigkeiten in die Kategorie Spielzeug ein- reihen, das direkt wie indirekt die sozialistische Wehrerziehung der jungen Menschen unterstützt. Die komplexe Betrachtung dieses Problemkreises zeigt viele Beziehungsmöglichkeiten.
 
Unsere Zeitschrift wird das Bemühen des Zschopeuer Werkes durch entsprechende Beiträge wirkungsvoll unterstützen. Das wäre durchaus im Sinne der zwischen der Redaktion AEROSPORT und dem VEB Kunststoffverarbeitung Zschopau abgeschlossenen Vereinbarung über Zusammen- arbeit und gegenseitige Unterstützung. Wenn diese dazu beiträgt, das Angebot an militärischem Spielzeug als wichtiges Erziehungsmittel unserer Jugend zu verbessern, dann kommt das der Forderung der Partei nach einer Verbesserung der sozialistischen Wehrerziehung entgegen.
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Ein elegantes Modell ist der Turbi- nenhubschrauber Jak-24 P   Turbinenhubschrauber Jak-24 P
Fotos: Peter Hein
 
Das jüngste Erzeugnis des VEB Kunststoffverarbeitung Zschopau ist die An-24 W, die sich hier in den Farben der INTERFLUG präsentiert. Dieses Modell gehört zu den besten, die das Werk bisher herausgebracht hat   An-24 W
 
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Diese Seite wurde am 17. Mai 2008 erstellt.