A. Gerold
Hund und Jäger
Erdarbeit. |
Am Fuchsbau. Kaninchendackel. |
Bekanntlich gibt es zwei verschiedene Arten von natürlichen Fuchsbauen: solche, bei denen ein Einschlag möglich ist, weil sie in mehr ebenem, flachem Gelände mit einschlagfähigem Boden liegen, und Felsbaue oder Baue an steilen Hängen, wo es unmöglich ist, einem vorliegenden Hund durch Graben zu Hilfe zu kommen. Daneben gibt es noch künstliche Fuchsbaue, wie sie in manchen Feldrevieren, wo es keine Naturbaue gibt, zu Jagdzwecken oder zur Einarbeitung der Erdhunde angelegt werden. Von der Beschaffenheit der Baue hängen die Möglichkeiten der Baujagd ab: ob Fuchs oder Dachs gesprengt oder ausgegraben werden sollen. Leider kann man einem Erdhunde nicht vorschreiben, w i e er sich nach dem Einschliefen verhalten soll: ob er den Fuchs zu sprengen hat, oder ob er ihn im Innern stellen und ihm vorliegen soll bis zum durchgeführten Einschlag oder ob er den Rotrock würgen und wenn möglich ans Licht ziehen soll. Durch die richtige Auswahl eines Erdhundes aber steht dem Jäger immerhin ein gewisser Einfluß auf die zu erwartende Arbeitsleistung des Hundes offen. Vor allen Dingen ist darauf zu sehen, daß ein Hund, der vorwiegend zur Erdarbeit verwendet werden soll, von Eltern stammt, die auf diesem Gebiete Tüchtiges leisten. Nachkommen von „Salonhunden”, und wären sie noch so reinrassig, werden selten oder nie befriedigen. Kleine wendige Hunde, die den Reineke mehr belästigen als gefährden, bewegen den Fuchs erfahrungsgemäß leichter zum Springen als schwere Draufgänger, die den Insassen des Baues in ernsten Kampf verwickeln. Sie bekommen gewöhnlich mehr ab als die leichten „Plänkler”. Fuchs und Dachs ziehen sich vor einem gefährlichen Angreifer gern in eine Endröhre zurück und verklüften sich, wenn es sein kann. Es kommt dann zu endlosem Vorliegen und Verbellen. Muß ein Einschlag unterbleiben, wird dem Jäger nach stundenlangem Warten die Geduld ausgehen, besonders im Winter bei grobem Frost. Hat man sich am Bau jedoch still und unter Beachtung der Windrichtung angestellt und fühlt sich der Fuchs durch seinen Besucher belästigt, der ihn bald von dieser, bald von jener Röhre aus „zwickt”, und ist der Fuchs nicht eben eine Fähe, |
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die Welpen zu schützen hat, dann pflegt er lieber auszufahren, als sich mit seinem
ungebetenen Gaste herumzubalgen. So verhält er sich meistens, aber keineswegs immer. Felsige Baue haben oft im Innern Steinstufen, über die ein Hund mit kurzen Läufen, wie sie die Dachshunde haben, wohl hinunter, aber nicht mehr hinauf gelangen kann. Will man es wagen, in einen solchen Bau überhaupt einen Hund schliefen zu lassen, wird man sieh für einen Foxterrier oder einen Deutschen Jagdterrier entscheiden. Am besten läßt man in solche gefährliche Baue überhaupt keinen Hund schliefen, sondern trachtet, Reineke auf eine andere Jagdart beizukommen. Ehe man daran denken kann, einen jungen Hund an eine befahrene Einfahrt zu bringen und ihn schliefen zu lassen, muß er die erforderliche Reife und Schärfe erreicht haben. In welchem Alter diese eintreten werden, hängt von der Entwicklung und Haltung des Hundes ab. Hunde, die Gelegenheit haben, sich mit ihresgleichen zu balgen und die bereits mit allerlei Raubzeug bekannt und darauf scharf sind, werden so abgehärtet früher zur Erdarbeit brauchbar werden als in einem Zimmer verwöhnte. Im allgemeinen bringt das vollendete erste Lebensjahr die erforderliche Reife. Bei manchen Hunden tritt sie schon zwei oder drei Monate früher ein, bei anderen um ebensoviele später. Jäger, die ihren künftigen Baubund ausschließlich zur Arbeit unter der Erde gebrauchen wollen, nehmen sich oft nicht die Mühe, ihn einigermaßen abzurichten. Immerhin muß er wenigstens leinenführig geworden sein und soviel gefestigten Gehorsam besitzen, daß er auf Befehl zuverlässig herankommt. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß auch Dachshunde ebenso abrichtungsfähig sind wie alle anderen Hunderassen. Freilich, mit Peitsche und Koralle wird man bei ihnen noch weniger ausrichten als bei den Terrierrassen; dazu wären sie zu weich und nachträgerisch. Bei richtiger Behandlung aber, wie sie in diesem Buche empfohlen worden ist, erweisen sie sich wegen ihrer großen Intelligenz als überaus gelehrig und auch gehorsam. Die meisten Jäger werden ihre Erdhunde jedoch auch, und vielleicht am meisten, zu jenen Arbeiten ü b e r d e r E r d e verwenden, die deren Rasse entsprechen. Der junge Hund wird in den erforderlichen Fächern ausgebildet worden sein. Gesunde und kranke Spuren und Fährten, Raubzeug, Raubzeugschleppen und Raubwild wird er kennengelernt und manche Gelegenheit wird ihm sein Herr geboten haben, Raubzeug, z. B. wie es die Kastenfallen lieferten, zu würgen. An seinem Verhalten dabei wird man den jeweiligen Entwicklungsgrad seiner Schärfe und Erfahrung erkannt haben. Es wird ihm auch besonders die Möglichkeit geboten worden sein, den Fuchs und dessen |
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man das natürlich bei der Auswahl der zu bejagenden Fuchsbaue berücksichtigen, ob
bei diesen der Einschlag möglich ist oder nicht. Der Dachs ist ein weitaus ernsterer Gegner als der Fuchs. Bevor der Erdhund einen Dachsbau befahren darf, muß seine Schärfe, Gewandtheit, Stärke und Erfahrung wiederholt an alten Füchsen erprobt worden sein. Überdies verlassen alte Dachse selten vor dem Hund den Bau, sie pflegen sich zu verklüften und es geht ohne Einschlag nicht ab. Die Bauarbeit ist für den Hund mit schweren und gefährlichen Leistungen verbunden, die seine Lebensdauer verkürzen. Vor einer Baujagd ist es zweckmäßig, den Hund am vorhergehenden Abend kräftig zu füttern, ihm aber am Morgen vor der Arbeit nur wenig und leicht verdauliches Futter zu reichen. Nach der Arbeit sollen die Augen, wenn sie voll von Erdkrumen sind, und die Behänge mit einem weichen, nassen Schwamm gereinigt werden. Verletzungen sind nicht zu waschen, größere Verletzungen verbindet man und läßt sie am besten durch den nächsten Tierarzt behandeln. Erwähnt sei noch, daß man bei Prüfungssuchen seinen etwa allzu ungestümen Prüfling, der wie eine Furie nach der Einfahrt streben würde, am besten aufnimmt und ohne Halsung zur bezeichneten Röhre trägt. Man bietet dadurch den Umstehenden keinen heiteren Anblick. Zwergdackel, auch Kaninehendackel genannt, eignen sich nicht nur sehr gut zum Fuchssprengen, sondern auch zum Befahren der Kaninehenbaue als trefflicher Ersatz für die oft unzuverlässigen und launischen Frettchen. Die Abführung zu dieser Arbeit ist einfach genug, wenn der Hund auch sonst abgerichtet ist. Zur Einarbeitung ist zweckmäßig, den Zwergdackel zuerst zum Stöbern auf Kaninchen abzuführen. Er wird von selbst daraufkommen, wohin die Flitzer vor ihm in die Erde verschwinden, und er wird bald die Röhren bewinden und sozusagen verweisen. Es bedarf dann, wenn der Hund klein genug ist, gewöhnlich nur einigen Zuspruchs, um den Hund zum Schliefen zu bewegen. Kennt er einmal die süßliche Wittrung der Kaninchen, so wird sie ihn mächtig in ihre Baue ziehen. Sind Mut und Schärfe als ererbte Anlagen eine Grundbedingung für die Brauchbarkeit von Erdhunden, so gelangen sie doch erst durch ausreichende Verwendung und geschickte, zweckmäßige Führung zur vollen Entwicklung ihrer Brauchbarkeit im praktischen Jagdbetriebe. |
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