A. Gerold

Hund und Jäger


Teil 22
Von Seite 149 bis Seite 156


Erdarbeit.

Am Fuchsbau. Kaninchendackel.

    Bekanntlich gibt es zwei verschiedene Arten von natürlichen Fuchsbauen: solche, bei denen ein Einschlag möglich ist, weil sie in mehr ebenem, flachem Gelände mit einschlagfähigem Boden liegen, und Felsbaue oder Baue an steilen Hängen, wo es unmöglich ist, einem vorliegenden Hund durch Graben zu Hilfe zu kommen. Daneben gibt es noch künstliche Fuchsbaue, wie sie in manchen Feldrevieren, wo es keine Naturbaue gibt, zu Jagdzwecken oder zur Einarbeitung der Erdhunde angelegt werden.

    Von der Beschaffenheit der Baue hängen die Möglichkeiten der Baujagd ab: ob Fuchs oder Dachs gesprengt oder ausgegraben werden sollen. Leider kann man einem Erdhunde nicht vorschreiben,  w i e  er sich nach dem Einschliefen verhalten soll: ob er den Fuchs zu sprengen hat, oder ob er ihn im Innern stellen und ihm vorliegen soll bis zum durchgeführten Einschlag oder ob er den Rotrock würgen und wenn möglich ans Licht ziehen soll. Durch die richtige Auswahl eines Erdhundes aber steht dem Jäger immerhin ein gewisser Einfluß auf die zu erwartende Arbeitsleistung des Hundes offen.

    Vor allen Dingen ist darauf zu sehen, daß ein Hund, der vorwiegend zur Erdarbeit verwendet werden soll, von Eltern stammt, die auf diesem Gebiete Tüchtiges leisten. Nachkommen von „Salonhunden”, und wären sie noch so reinrassig, werden selten oder nie befriedigen. Kleine wendige Hunde, die den Reineke mehr belästigen als gefährden, bewegen den Fuchs erfahrungsgemäß leichter zum Springen als schwere Draufgänger, die den Insassen des Baues in ernsten Kampf verwickeln. Sie bekommen gewöhnlich mehr ab als die leichten „Plänkler”. Fuchs und Dachs ziehen sich vor einem gefährlichen Angreifer gern in eine Endröhre zurück und verklüften sich, wenn es sein kann. Es kommt dann zu endlosem Vorliegen und Verbellen. Muß ein Einschlag unterbleiben, wird dem Jäger nach stundenlangem Warten die Geduld ausgehen, besonders im Winter bei grobem Frost. Hat man sich am Bau jedoch still und unter Beachtung der Windrichtung angestellt und fühlt sich der Fuchs durch seinen Besucher belästigt, der ihn bald von dieser, bald von jener Röhre aus „zwickt”, und ist der Fuchs nicht eben eine Fähe,

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die Welpen zu schützen hat, dann pflegt er lieber auszufahren, als sich mit seinem ungebetenen Gaste herumzubalgen. So verhält er sich meistens, aber keineswegs immer.

    Felsige Baue haben oft im Innern Steinstufen, über die ein Hund mit kurzen Läufen, wie sie die Dachshunde haben, wohl hinunter, aber nicht mehr hinauf gelangen kann. Will man es wagen, in einen solchen Bau überhaupt einen Hund schliefen zu lassen, wird man sieh für einen Foxterrier oder einen Deutschen Jagdterrier entscheiden. Am besten läßt man in solche gefährliche Baue überhaupt keinen Hund schliefen, sondern trachtet, Reineke auf eine andere Jagdart beizukommen.

    Ehe man daran denken kann, einen jungen Hund an eine befahrene Einfahrt zu bringen und ihn schliefen zu lassen, muß er die erforderliche Reife und Schärfe erreicht haben. In welchem Alter diese eintreten werden, hängt von der Entwicklung und Haltung des Hundes ab. Hunde, die Gelegenheit haben, sich mit ihresgleichen zu balgen und die bereits mit allerlei Raubzeug bekannt und darauf scharf sind, werden so abgehärtet früher zur Erdarbeit brauchbar werden als in einem Zimmer verwöhnte. Im allgemeinen bringt das vollendete erste Lebensjahr die erforderliche Reife. Bei manchen Hunden tritt sie schon zwei oder drei Monate früher ein, bei anderen um ebensoviele später. Jäger, die ihren künftigen Baubund ausschließlich zur Arbeit unter der Erde gebrauchen wollen, nehmen sich oft nicht die Mühe, ihn einigermaßen abzurichten. Immerhin muß er wenigstens leinenführig geworden sein und soviel gefestigten Gehorsam besitzen, daß er auf Befehl zuverlässig herankommt. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß auch Dachshunde ebenso abrichtungsfähig sind wie alle anderen Hunderassen. Freilich, mit Peitsche und Koralle wird man bei ihnen noch weniger ausrichten als bei den Terrierrassen; dazu wären sie zu weich und nachträgerisch. Bei richtiger Behandlung aber, wie sie in diesem Buche empfohlen worden ist, erweisen sie sich wegen ihrer großen Intelligenz als überaus gelehrig und auch gehorsam.

    Die meisten Jäger werden ihre Erdhunde jedoch auch, und vielleicht am meisten, zu jenen Arbeiten  ü b e r   d e r   E r d e  verwenden, die deren Rasse entsprechen. Der junge Hund wird in den erforderlichen Fächern ausgebildet worden sein. Gesunde und kranke Spuren und Fährten, Raubzeug, Raubzeugschleppen und Raubwild wird er kennengelernt und manche Gelegenheit wird ihm sein Herr geboten haben, Raubzeug, z. B. wie es die Kastenfallen lieferten, zu würgen. An seinem Verhalten dabei wird man den jeweiligen Entwicklungsgrad seiner Schärfe und Erfahrung erkannt haben. Es wird ihm auch besonders die Möglichkeit geboten worden sein, den Fuchs und dessen

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Wittrung kennenzulernen. Wer sich Jungfüchse fangen oder beschaffen kann, hat damit eine gute Gelegenheit, den Hund einzuarbeiten, bevor er ihn einem erwachsenen Fuchs gegenüberstellt, mit dem der Hund vorzeitig üble Erfahrungen machen könnte. Kann man einen kleinen Kunstbau einrichten, wie sie in den Jagdlehrbüchern beschrieben sind, allenfalls einen solchen mit einem Schiebegitter, so läßt man den Dachs- oder Foxhund seine ersten Schlief- und „Sprengversuche” auf einen Jungfuchs ausführen, mit dem man den Kunstbau besetzt hat. Sprengt der Hund den Fuchs heraus, so 
künstlicher Fuchsbau
 
Einfacher künstlicher Fuchsbau mit Schiebegitter zur Abrichtung des Erdhundes.

schießt man diesen, damit der Hund erfährt, wozu seine Leistung gut war, und auch darum, daß er sich am Fuchs sein Mütchen kühlen und ihn tüchtig zausen kann, Zwei oder drei solcher Übungen genügen meistens, um einem passionierten Hunde klar zu machen, was er bei einem Fuchsbau soll.

    Hat man keine Füchse für die Einarbeitung des Hundes zur Verfügung, so behilft man sich mit anderem Raubzeug so gut es geht. Immer ist dabei zu beachten, daß der junge Hund keinen überlegenen Gegner antrifft, der ihn schwer schlagen und ihm so für einige Zeit den Mut abkaufen könnte.

    Wenn der Hund das nötige Alter und vor allem die erforderliche Reife erlangt hat, nimmt man ihn gelegentlich zum Revidieren der Fuchsbaue mit. Man benützt dazu jene Jahreszeiten und Wetterverhältnisse, bei denen die Baue wahrscheinlich befahren sind. Regen

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und Sturm locken Reineke gern in den Kessel. Desgleichen lieben Füchse nicht die Raschelgeräusche beim Blätterfall in spätherbstlichen Laubwäldern, sondern stecken dann gern im Bau. Die erste Neue,

Drahthaarfox
 
Der Drahthaarfox, immer stramm und voll Courage.

die den Jungfüchsen noch fremd ist, bringt sie ebenfalls etwas ver dutzt unter die Erde, bevor sie sich an die unfreundliche „Neuerung” gewöhnen. Schließlich suchen die Füchse in der Ranzzeit, also von

Jagdterrier
 
Der Jagdterrier, ein vielseitiger kleiner Gebrauchshund.

Mitte Jänner bis Ende Februar, in den frühesten Morgenstunden gern die Baue ab. Man kann dann mitunter zwei, drei oder auch mehrere Füchse in  e i n e m  Bau antreffen. Umschlägt man bei Spurschnee einen Fuchsbau nicht unmittelbar vor den Röhren, wo

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es zu viele einander kreuzende und verwirrende Spuren gibt, sondern in einem Abstande von Flintenschußweite, so ist man unterrichtet, wer zu Hause ist.

    Vorteilhaft ist es, wenn man den Junghund vorerst einmal als „Zuschauer” zu einem Fuchssprengen mitnimmt, zu dem man einen erprobten Schliefer verwendet. Der Neuling wird zwar vor Eifersucht und Passion beinahe zerplatzen, wenn er sieht, daß ein anderer Hund in die wittrungsvolle Röhre einfahren darf, jedoch wird sich das vorteilhaft auf sein Temperament auswirken. Natürlich soll der Hund auch das Ergebnis sehen: Schuß... Fuchs! Der Sieger im Gefecht wird ihn zwar zuerst nicht hinlassen zum verendeten Fuchs, ein wenig

Glatthaarfoxterrier
 
Die Glatthaarfoxterriers, die springlebendigen Draufgänger.

später aber soll man auch dem Anfänger erlauben, Reineke ein wenig zu würgen und zu zausen.

    Revidiert man mit seinem Junghund die Baue, so läßt man ihn die verschiedenen Einfahrten bewinden, sowohl befahrene wie. unbefahrene. An der verschiedenen Wittrung wird er bald merken, wo jemand anwesend ist und wo nicht. Und der Führer wird es am Verhalten des Hundes merken. Den Hund in einen leeren Bau einschliefen zu lassen, ist zweckwidrig.

    Zu seinem ersten Schliefen wird man den Hund an einen Bau bringen, wo er voraussichtlich keine allzu bösen Erfahrungen macht, und wo man ihm, wenn es nötig werden sollte, durch einen Einschlag zu Hilfe kommen kann.

    Vor dem Einfahren in eine Röhre ist dem Hunde unbedingt die  H a l s u n g   a b z u- n e h m e n.  Sie könnte sich sonst an einer Wurzel

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verfangen und der Hund könnte dadurch schwer gefährdet werden. Man legt den Hund an die Einfahrt und muntert ihn mit dem Zuspruch „Such, such!” auf, zu schliefen. Weigert sich der Hund, darf man keine Gewalt anwenden. Sie würde zu nichts führen. Vielleicht ist die Röhre unbefahren, trotzdem man anderer Meinung ist, oder es fehlt dem Hunde noch an Mut und Erfahrung oder an beidem. In diesem Falle ist es besonders rätlich, bei nächster Gelegenheit einen anderen, aber erprobten Hund schliefen zu lassen und den eigenen nur als „Beobachter” mitzunehmen. Dann wird ihm wahrscheinlich die Erleuchtung kommen.

    Ist der junge Hund auf Befehl eingefahren, was er ohne laut zu werden ausführen soll, und springt im Verlauf der nächsten halben Stunde kein Rotrock, trotzdem man überzeugt ist, daß einer darinnen

Langhaardackel
 
Der Langhaardackel, treu, scharf und anschmiegsam.

steckt, vernimmt man jedoch aus der Erde den Laut des Hundes an  e i n e r  Stelle, dann liegt der Hund vor. Bevor man einen Einschlag beginnen läßt, ist es gut zu wissen, daß sieh der Hund dann auch künftighin auf die Hilfe von außen verlassen wird, besonders dann, wenn er mehrere solcher Fälle erlebt hat. Er wird sich daher schwerlich mehr zum guten Sprenger entwickeln. Es ist also rätlich, vor Durchführung des Einschlages in aller Stille eine geraume Weile abzuwarten, ob es dem Fuchs nicht doch noch belieben werde, falls ihm das möglich ist, die frische Luft aufzusuchen. Einen zweiten Hund zur Unterstützung des ersten schliefen zu lassen, ist gewöhnlich nicht nur zwecklos, sondern nachteilig. Steckt der Fuchs in einer Endröhre und liegt der Hund vor, kann ein zweiter Hund ebensowenig an den Fuchs gelangen wie der letzte der sieben Schwaben an den Feind. Liegt der Fuchs aber in einer Röhre, der man auch von der anderen Seite beikommen kann, so wird er jetzt zwar von zwei Seiten bedrängt, aber nun erst recht nicht springen können.


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    Springt ein Fuchs, so soll man unbedingt einen Fehlschuß vor dem jungen Hunde vermeiden; nicht darum, weil er etwa am Verhalten seines Herrn Kritik üben könnte, was ja nicht der Fall ist, sondern damit er begreift, wozu seine Tätigkeit nütze war: damit er einen Fuchs würgen kann, wenngleich nur einen verendeten.

Kurzhaardackel
 
Der Kurzhaardackel, auch einer, der allen Lagen gewachsen ist.

    Ist ein Einschlag unerläßlich, so lasse man derart graben, daß die Öffnung des Schachtes, mit aller Vorsicht, um den Hund nicht zu verletzen, zwischen diesem und dem Fuchs zu liegen kommt. Reineke

Rauhhaardackel
 
Der Rauhhaardackel, Held und Philosoph zugleich.

wird mit der Dachszange am Hals erfaßt, keineswegs aber mit dem unweidmännischen „Fuchsbohrer”.

    Haben mehrere Erdarbeiten des Hundes seinem Herrn die Erkenntnis gebracht, daß bei diesem Hunde die Füchse selten oder nie springen, und daß jedesmal ein Einschlag erforderlich ist, so muß

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man das natürlich bei der Auswahl der zu bejagenden Fuchsbaue berücksichtigen, ob bei diesen der Einschlag möglich ist oder nicht.

    Der Dachs ist ein weitaus ernsterer Gegner als der Fuchs. Bevor der Erdhund einen Dachsbau befahren darf, muß seine Schärfe, Gewandtheit, Stärke und Erfahrung wiederholt an alten Füchsen erprobt worden sein. Überdies verlassen alte Dachse selten vor dem Hund den Bau, sie pflegen sich zu verklüften und es geht ohne Einschlag nicht ab.

    Die Bauarbeit ist für den Hund mit schweren und gefährlichen Leistungen verbunden, die seine Lebensdauer verkürzen. Vor einer Baujagd ist es zweckmäßig, den Hund am vorhergehenden Abend kräftig zu füttern, ihm aber am Morgen vor der Arbeit nur wenig und leicht verdauliches Futter zu reichen. Nach der Arbeit sollen die Augen, wenn sie voll von Erdkrumen sind, und die Behänge mit einem weichen, nassen Schwamm gereinigt werden. Verletzungen sind nicht zu waschen, größere Verletzungen verbindet man und läßt sie am besten durch den nächsten Tierarzt behandeln.

    Erwähnt sei noch, daß man bei Prüfungssuchen seinen etwa allzu ungestümen Prüfling, der wie eine Furie nach der Einfahrt streben würde, am besten aufnimmt und ohne Halsung zur bezeichneten Röhre trägt. Man bietet dadurch den Umstehenden keinen heiteren Anblick.

    Zwergdackel, auch Kaninehendackel genannt, eignen sich nicht nur sehr gut zum Fuchssprengen, sondern auch zum Befahren der Kaninehenbaue als trefflicher Ersatz für die oft unzuverlässigen und launischen Frettchen. Die Abführung zu dieser Arbeit ist einfach genug, wenn der Hund auch sonst abgerichtet ist. Zur Einarbeitung ist zweckmäßig, den Zwergdackel zuerst zum Stöbern auf Kaninchen abzuführen. Er wird von selbst daraufkommen, wohin die Flitzer vor ihm in die Erde verschwinden, und er wird bald die Röhren bewinden und sozusagen verweisen. Es bedarf dann, wenn der Hund klein genug ist, gewöhnlich nur einigen Zuspruchs, um den Hund zum Schliefen zu bewegen. Kennt er einmal die süßliche Wittrung der Kaninchen, so wird sie ihn mächtig in ihre Baue ziehen.

    Sind Mut und Schärfe als ererbte Anlagen eine Grundbedingung für die Brauchbarkeit von Erdhunden, so gelangen sie doch erst durch ausreichende Verwendung und geschickte, zweckmäßige Führung zur vollen Entwicklung ihrer Brauchbarkeit im praktischen Jagdbetriebe.

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Diese Seite wurde am 26. Januar 2007 erstellt.