Riesen u. Zwerge
Heft Nr. 11 (Doppelheft)
Teil 7
von Sage 533 bis Sage 549
533 DIE KIRCHDACHKNÖPFE
Die Gothshäuser ziert allerorts das Kreuz des Erlösers. Warum man
es in Rossatz nicht so hielt, hat seinen Grund gehabt. Man erzählt
darüber. Es ist schon lange her, da hatten die Rossatzer an ihren
Pfarrherrn ein Anliegen gerichtet, daß ihnen derselbe aber nicht
erfüllte. Was es war, das weiß man nicht mehr zu berichten. Um ihn
dafür zu ärgern, daß er ihrem Wunsche nicht willfahrte, setzten sie
ihm auf das Kirchendach an die Stelle der schmückenden Kreuze
lauter Dachknöpfe, die bis heute dort zu sehen sind.
Gew.: Hans Hiesberger, 1926. Aus der Sammlung Dr. H. Plöckinger, Krems. |
534 DAS STEINMANDEL VON SCHÖNBERG
In Schönberg am Kamp ragt einige hundert Schritte unterhalb der
Kampbrücke am linken Ufer des Kamp ein steiler Fels aus dem
Wasser des Flusses heraus, der das Steinmandl heißt. Darüber
erzählt man:
Eingesandt von der Schulleitung Schönberg. |
535 DIE STEINE VON LOIWEIN
In der Heidenzeit lag zwischen Meisling und Brunn am Walde schon
ein Dorf. Die Menschen dieser Siedlung haben einst an den vielen
hohlen Steinen, die tiefe Schüsseln aufweisen, ihre Opfer den Göttern
dargebracht. Sie schlachteten ihnen zu Ehren Tiere und fingen deren
Blut in diesen Steinschüsseln auf. Später, als das Christentum bereits
bei den Bewohnern dieser Gegend heimisch geworden war, kam die
Mutter Gottes und badete das Jesukindlein in diesen Schüsseln. Darum
hält sich heute noch das Regenwasser so lange in diesen
Steinschüsseln.
Aus Kisslings „Frau Saga“, 8. Reihe, Seite 94, Nr. 144. |
536 HEILIGE STEINE
In Stiefern am Kamp befanden sich vor Jahren beiderseits einer Kapelle Schalensteine, in deren Vertiefung
sich Wasser sammelte. Dieses hatte Heilkraft und seine
heilsame Wirkung zeigte sich besonders bei Fuß- und Augenleiden. Die Steine waren dem Volke heilig. Wegen der
Steine soll man einst die Kapelle gebaut haben.
Nach Kisslings „Frau Saga“, 4. Reihe, Seite 51, Nr. 61. |
537 DAS MANDEL OHNE KOPF
Zu Augsburg und zu Krems stehen auf der ehemaligen Stadtmauer
Rümpfe steinerner Kriegsmannen. Das Mandel zu Krems nennt das
Volk „Mandl ohne Kopf“. Von diesem erzählt man, daß es ein
versteinerter Schwede sei, der einst ein Heiligenbildnis schändete und
dem dafür durch eine Kanonenkugel der Kopf abgerissen wurde.
Seither stehe er auf der Stadtmauer, und zwar an jener Stelle, wo ihm
die Strafe Gottes zuteil wurde.
Aus dem Volksmund. |
538 DER RITTER MIT DEM KELCH
Zu Stein befindet sich an einem Hause in der Landstraße ein
eigenartiges Hauszeichen, das einen Ritter mit einem Kelch darstellt.
Dieses soll an die Utraquisten erinnern, die das Bußsakrament in der
Gestalt von Brot und Wein genossen. Der Besitzer des Hauses
gehörte diesen an und soll dieses Zeichen angebracht haben, als man
ihm seine Anhängerschaft bei diesem Glauben verbot.
Nach Kisslings „Frau Saga“, 8. Reihe, Seite 45, Nr. 66. |
539 DIE HUSSITENKÖPFE VON RASTEN- FELD
Als in den Hussitenzeiten die Kirche von Rastenfeld durch die
böhmischen Scharen zerstört wurde, litten die Bewohner Not an Leib
und Seele. Man baute später diese wieder auf und setzte als
Erinnerung Gewölbepfeiler, die mit Nachbildungen der wilden Gesellen
der Hussiten versehen wurden. Somit sollen die acht Köpfe
Hussitenköpfe sein.
Nach Kisslings „Frau Saga“, 7. Reihe, Seite 58, Nr. 74. |
540 DIE ZORIMAUER
Nahe Schiltern findet sich die Zorimauer. Sie steht auf einem niedrigen
Hügel. Sie ist ein fester Mauerrest und soll einst der Teil einer Festung
gewesen sein, in die sich die Schiltener flüchteten, als die Schweden
heranzogen. Später soll man die Pestleichen hier begraben haben, als
im Orte die Seuche wütete.
Nach Kisslings „Frau Saga“, 3. Reihe, Seite 89, Nr. 91. |
541 DER TAUSENDEIMERBERG
Vom Tausendeimerberg zu Spitz erzählt die Sage, daß einst in der
Wachau ein so reiches Weinjahr war, daß auf dem Berge zu Spitz, der
vom Markte rings umschlossen ist, tausend Eimer Wein gewachsen
seien.
Aus dem Volksmund. |
542 DER HUNDSSTEIG
Zur Ritterzeit wohnte zu Krems ein Ritter, der ein hartherziger Mann
war. Er hatte eine liebliche Tochter, um die viele Freier sich
bemühten. Doch der Ritter wollte von einer Verehelichung seiner
Tochter nichts wissen. Er wollte, daß sie ins Kloster gehe. Da immer
mehr Männer um die Hand des Mädchens baten, ließ er das Mädchen
eines Tages am heutigen Hundssteig lebendig einmauern. Ein Mann
hoher Herkunft erfuhr davon. Sein treuer Hund, der ihn schon auf
viele Wildspuren geführt hatte, wies ihm auch die Stelle, wo die
Ritterstochter eingemauert war. Er fand sie noch am Leben, befreite
sie aus ihrer schlimmen Lage und brachte sie als seine Frau nach
Mautern. Zur Erinnerung, daß der treue Hund die Maid, sein Weib,
gerettet hatte, nannte er die Stelle der Einmauerung den „Hundssteig“.
Gew.: Franziska Kohl. Aufz.: Herbert Prammer. 1952. |
543 DER SEPPERLBRUNNEN
Das Haus Nr. 10 in Scheiblwies gehörte einmal dem Messerer Bauer.
Sein Knecht, er hieß Sepperl, zündete aus Rache das Haus seines
Dienstgebers an und verschwand spurlos. Niemand wußte, wohin er
gekommen war. Einige Monate nach dem Brande gingen zwei
Männer mit einem Hunde von Scheiblwies nach Langegg. Der Weg
führte sie an dem Brunnen vorbei, von dem die Scheiblwieser immer
Wasser holten. Der Hund schnupperte bei dem Brunnen herum und
als die Männer nachsahen, entdeckten sie im Wasser die Leiche eines
Menschen. Sie erkannten in dem Toten den verschollenen Brandstifter
„Sepperl“. Seit dieser Zeit scheuen sich die, Scheiblwieser, von diesem Brunnen
Trinkwasser zu holen und nennen ihn den Sepperlbrunnen.
Eingesendet von der Schulleitung Geyersberg. 1952. |
544 DAS GÄNSECK
Vor vielen hundert Jahren, als unser Waldviertel noch der große
Nordwald war, drangen die ersten Ansiedler hieher vor. Sie rodeten
den Urwald und machten den Boden urbar. Nur manche Gegenden
schienen wie von Urgewalten des dichten Waldes beraubt. So war es
auch auf einer Anhöhe, über die heute die alte Kaiserstraße von
Moritzreith nach Groß-Motten führt. Hier bildete eine Waldblöße ein richtiges
"Eck". Wenn im Frühjahr und im Herbst die Wildgänse zogen,
ließen sie sieh immer wieder scharenweise auf dieser Lichtung zu
kurzer Rast nieder. Seither heißt dieser Platz im Volksmund das
„Gänseck“.
Gew.: Gallauner Leopoldine. Aufz.: Landertshammer Walter. 1952.
Eingesendet von der Schulleitung Rastbach. |
545 DER HOFERGRABEN
Es war einmal ein überaus gesegnetes Weinjahr. Die Weinbeeren
waren riesengroß geraten und die Stengel so dick und verholzt, daß
die Zimmerleute die Trauben von den Stöcken schlagen mußten.
Unter den Zimmerern war auch ein sehr ungeschickter
Zimmererlehrling, der mit seiner Axt Trauben von den Stöcken hieb
und dabei oft danebenschlug. Einmal traf die Axt anstatt auf den
dicken Stengel auf eine saftreiche Weinbeere. Aus der Wunde der
Beere brach eine Flut süßen Rebensaftes hervor und schoß mit
kräftigem Sturzbache zu Tale. Dabei riß der Saffstrom aus
dem Löß des Weinberges einen tiefen Graben, den heutigen
Hofergraben.
Eingesandt von der Schulleitung Schönberg/Kamp. Aufgezeichnet von den Schülern der
Schule im Jahre 1952. |
546 DIE KOHLERHÖH
Die heutige Streusiedlung „Kohlerhöhe“ erreicht man über die
Reichauerbrücke durch die Eichenleite. Dort
stehen heute Bauernhäuser.
Gew.: Denk Johann. Aufz.: Inge Braun. 1952. Eingesandt von der Schule Meisling |
547 DIE SEEÄCKER
Nächst Tiefenfucha liegen eine Anzahl schöner Äcker, die den
Namen Seeäcker führen. Die Sage berichtet daß diese Grundstücke
dadurch zu diesem Namen kamen, da einst ein See (Teich) die Äcker
um den Sonnwendhügel Überflutete. Dieser brach gegen Osten hin
durch, riß den Graben aus und floß ab. Erst um diese Zeit wurde
Tiefenfucha erbaut. Die Gemeindeflur heißt heute noch immer „Am See“.
Gew.: Das Volk erzählt es. Aufz.: Franz Ziegler u. Anna Fürlinger. 1952. |
548 DIE ELENDSSCHMIEDE
Ein Stück Ackerland führt den Namen "Elendsschmiede". Die Sage
weiß zu berichten, daß an dieser Stelle einst vor vielen Hunderten von
Jahren eine kleine Schmiede stand, zu der auch die umliegenden
Äcker gehörten. Sie warfen aber nur geringen Ertrag ab, sodaß der
Schmied von diesen Erträgnissen weder leben noch sterben konnte.
Auch sein Verdienst im Schmiedehandwerk war sehr
bescheiden, denn weder die Bauern noch die Ritter zahlten immer für
die geleisteten Arbeiten. Das Volk nannte daher die Schmiede
„Elendsschmiede“. Als sie dann verfiel, blieb den Grundstücken
um die einstige Schmiede herum dieser Name.
Gew.: Friedl Maria, Tiefenfucha. Aufz.: Friedl Adolf. 1952. |
549 DER TANDLMARKT
Vor vielen hundert Jahren wurden die Märkte der
Stadt Zintring am Jauerling an jener Stelle abgehalten,
die heute der Tandelmarkt genannt wird. Die Stadt lag am
„Hart“ und versank einst wegen des lasterhaften Lebens
seiner Bewohner mitsamt dem Marktplatz. Der felsige Boden am Hart führt heute zur Erinnerung an die Zeit, als
noch die Märkte abgehalten wurden, den Namen „Tandelmarkt“.
Aus Dr. Plöckingers unveröffentlichter Sagengutsammlung. Aufz.: 1925. |
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