Titelseite Riesen und Zwerge

Riesen u. Zwerge
Heft Nr. 11 (Doppelheft)

Teil 7

von Sage 533 bis Sage 549


533

DIE KIRCHDACHKNÖPFE

    Die Gothshäuser ziert allerorts das Kreuz des Erlösers. Warum man es in Rossatz nicht so hielt, hat seinen Grund gehabt. Man erzählt darüber. Es ist schon lange her, da hatten die Rossatzer an ihren Pfarrherrn ein Anliegen gerichtet, daß ihnen derselbe aber nicht erfüllte. Was es war, das weiß man nicht mehr zu berichten. Um ihn dafür zu ärgern, daß er ihrem Wunsche nicht willfahrte, setzten sie ihm auf das Kirchendach an die Stelle der schmückenden Kreuze lauter Dachknöpfe, die bis heute dort zu sehen sind.

Gew.: Hans Hiesberger, 1926. Aus der Sammlung Dr. H. Plöckinger, Krems.

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534

DAS STEINMANDEL VON SCHÖNBERG

    In Schönberg am Kamp ragt einige hundert Schritte unterhalb der Kampbrücke am linken Ufer des Kamp ein steiler Fels aus dem Wasser des Flusses heraus, der das Steinmandl heißt. Darüber erzählt man:

    Vor langer, langer Zeit, als der Kamp noch viel fischreicher war, hörte man aus dem Wasser an der Stelle des Felsens oft lieblichen Gesang tönen. Manchmal teilten sich auch die Fluten und eine liebreizende Wasserjungfrau tauchte auf. Sie strähnte sich, während sie sang, ihr Goldhaar mit zarten Fingern. Neugierige hat dieses Weib durch seinen Gesang angelockt und in die schwarzen Tiefen gezogen. Einmal, an einem Karfreitag, ging ein Mann an dem Fels vorbei. Er wollte seine todkranke Mutter besuchen, die in der Nähe des Ziegelofens wohnte. Da scholl plötzlich eine Stimme aus dem Wasser, die so bezaubernd war, daß der Mann seine sterbende Mutter vergaß, sich auf den Felsen setzte und dem Gesang lauschte. Hin und wieder tauchte aus den Wellen auch die Nixe auf. Sie hätte ohne Zweifel den Lauscher zu sich in die Tiefe gezogen, wenn nicht gerade der Tag gewesen wäre, an dem der Heiland gekreuzigt worden war. An diesem Tag hatte sie über die Menschen keine Macht. Drei Tage sahen die Leute den Mann dort sitzen und lauschen. Als sie am vierten Tage näher hinsahen, war der junge Mann zur Strafe dafür, daß er auf seine sterbende Mutter vergessen hatte, zu Stein geworden. Die Nixe blieb seither verschwunden.

Eingesandt von der Schulleitung Schönberg.

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535

DIE STEINE VON LOIWEIN

    In der Heidenzeit lag zwischen Meisling und Brunn am Walde schon ein Dorf. Die Menschen dieser Siedlung haben einst an den vielen hohlen Steinen, die tiefe Schüsseln aufweisen, ihre Opfer den Göttern dargebracht. Sie schlachteten ihnen zu Ehren Tiere und fingen deren Blut in diesen Steinschüsseln auf. Später, als das Christentum bereits bei den Bewohnern dieser Gegend heimisch geworden war, kam die Mutter Gottes und badete das Jesukindlein in diesen Schüsseln. Darum hält sich heute noch das Regenwasser so lange in diesen Steinschüsseln.

Aus Kisslings „Frau Saga“, 8. Reihe, Seite 94, Nr. 144.

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536

HEILIGE STEINE

    In Stiefern am Kamp befanden sich vor Jahren beiderseits einer Kapelle Schalensteine, in deren Vertiefung sich Wasser sammelte. Dieses hatte Heilkraft und seine heilsame Wirkung zeigte sich besonders bei Fuß- und Augenleiden. Die Steine waren dem Volke heilig. Wegen der Steine soll man einst die Kapelle gebaut haben.

Nach Kisslings „Frau Saga“, 4. Reihe, Seite 51, Nr. 61.

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537

DAS MANDEL OHNE KOPF

    Zu Augsburg und zu Krems stehen auf der ehemaligen Stadtmauer Rümpfe steinerner Kriegsmannen. Das Mandel zu Krems nennt das Volk „Mandl ohne Kopf“. Von diesem erzählt man, daß es ein versteinerter Schwede sei, der einst ein Heiligenbildnis schändete und dem dafür durch eine Kanonenkugel der Kopf abgerissen wurde. Seither stehe er auf der Stadtmauer, und zwar an jener Stelle, wo ihm die Strafe Gottes zuteil wurde.

Aus dem Volksmund.

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538

DER RITTER MIT DEM KELCH

    Zu Stein befindet sich an einem Hause in der Landstraße ein eigenartiges Hauszeichen, das einen Ritter mit einem Kelch darstellt. Dieses soll an die Utraquisten erinnern, die das Bußsakrament in der Gestalt von Brot und Wein genossen. Der Besitzer des Hauses gehörte diesen an und soll dieses Zeichen angebracht haben, als man ihm seine Anhängerschaft bei diesem Glauben verbot.

Nach Kisslings „Frau Saga“, 8. Reihe, Seite 45, Nr. 66.

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539

DIE HUSSITENKÖPFE VON RASTEN-
FELD

   Als in den Hussitenzeiten die Kirche von Rastenfeld durch die böhmischen Scharen zerstört wurde, litten die Bewohner Not an Leib und Seele. Man baute später diese wieder auf und setzte als Erinnerung Gewölbepfeiler, die mit Nachbildungen der wilden Gesellen der Hussiten versehen wurden. Somit sollen die acht Köpfe Hussitenköpfe sein.

Nach Kisslings „Frau Saga“, 7. Reihe, Seite 58, Nr. 74.

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540

DIE ZORIMAUER

    Nahe Schiltern findet sich die Zorimauer. Sie steht auf einem niedrigen Hügel. Sie ist ein fester Mauerrest und soll einst der Teil einer Festung gewesen sein, in die sich die Schiltener flüchteten, als die Schweden heranzogen. Später soll man die Pestleichen hier begraben haben, als im Orte die Seuche wütete.

Nach Kisslings „Frau Saga“, 3. Reihe, Seite 89, Nr. 91.

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541

DER TAUSENDEIMERBERG

    Vom Tausendeimerberg zu Spitz erzählt die Sage, daß einst in der Wachau ein so reiches Weinjahr war, daß auf dem Berge zu Spitz, der vom Markte rings umschlossen ist, tausend Eimer Wein gewachsen seien.

Aus dem Volksmund.

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542

DER HUNDSSTEIG

    Zur Ritterzeit wohnte zu Krems ein Ritter, der ein hartherziger Mann war. Er hatte eine liebliche Tochter, um die viele Freier sich bemühten. Doch der Ritter wollte von einer Verehelichung seiner Tochter nichts wissen. Er wollte, daß sie ins Kloster gehe. Da immer mehr Männer um die Hand des Mädchens baten, ließ er das Mädchen eines Tages am heutigen Hundssteig lebendig einmauern. Ein Mann hoher Herkunft erfuhr davon. Sein treuer Hund, der ihn schon auf viele Wildspuren geführt hatte, wies ihm auch die Stelle, wo die Ritterstochter eingemauert war. Er fand sie noch am Leben, befreite sie aus ihrer schlimmen Lage und brachte sie als seine Frau nach Mautern. Zur Erinnerung, daß der treue Hund die Maid, sein Weib, gerettet hatte, nannte er die Stelle der Einmauerung den „Hundssteig“.

Gew.: Franziska Kohl. Aufz.: Herbert Prammer. 1952.

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543

DER SEPPERLBRUNNEN

    Das Haus Nr. 10 in Scheiblwies gehörte einmal dem Messerer Bauer. Sein Knecht, er hieß Sepperl, zündete aus Rache das Haus seines Dienstgebers an und verschwand spurlos. Niemand wußte, wohin er gekommen war. Einige Monate nach dem Brande gingen zwei Männer mit einem Hunde von Scheiblwies nach Langegg. Der Weg führte sie an dem Brunnen vorbei, von dem die Scheiblwieser immer Wasser holten. Der Hund schnupperte bei dem Brunnen herum und als die Männer nachsahen, entdeckten sie im Wasser die Leiche eines Menschen. Sie erkannten in dem Toten den verschollenen Brandstifter „Sepperl“. Seit dieser Zeit scheuen sich die, Scheiblwieser, von diesem Brunnen Trinkwasser zu holen und nennen ihn den Sepperlbrunnen.

Eingesendet von der Schulleitung Geyersberg. 1952.

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544

DAS GÄNSECK

    Vor vielen hundert Jahren, als unser Waldviertel noch der große Nordwald war, drangen die ersten Ansiedler hieher vor. Sie rodeten den Urwald und machten den Boden urbar. Nur manche Gegenden schienen wie von Urgewalten des dichten Waldes beraubt. So war es auch auf einer Anhöhe, über die heute die alte Kaiserstraße von Moritzreith nach Groß-Motten führt. Hier bildete eine Waldblöße ein richtiges "Eck". Wenn im Frühjahr und im Herbst die Wildgänse zogen, ließen sie sieh immer wieder scharenweise auf dieser Lichtung zu kurzer Rast nieder. Seither heißt dieser Platz im Volksmund das „Gänseck“.

Gew.: Gallauner Leopoldine. Aufz.: Landertshammer Walter. 1952. Eingesendet von der Schulleitung Rastbach.

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545

DER HOFERGRABEN

    Es war einmal ein überaus gesegnetes Weinjahr. Die Weinbeeren waren riesengroß geraten und die Stengel so dick und verholzt, daß die Zimmerleute die Trauben von den Stöcken schlagen mußten. Unter den Zimmerern war auch ein sehr ungeschickter Zimmererlehrling, der mit seiner Axt Trauben von den Stöcken hieb und dabei oft danebenschlug. Einmal traf die Axt anstatt auf den dicken Stengel auf eine saftreiche Weinbeere. Aus der Wunde der Beere brach eine Flut süßen Rebensaftes hervor und schoß mit kräftigem Sturzbache zu Tale. Dabei riß der Saffstrom aus dem Löß des Weinberges einen tiefen Graben, den heutigen Hofergraben.

Eingesandt von der Schulleitung Schönberg/Kamp. Aufgezeichnet von den Schülern der Schule im Jahre 1952.

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546

DIE KOHLERHÖH

    Die heutige Streusiedlung „Kohlerhöhe“ erreicht man über die Reichauerbrücke durch die Eichenleite. Dort stehen heute Bauernhäuser.

    Vor Hunderten von Jahren hätte man dort dürftige Holzhütten gefunden, in denen nur Männer wohnten, die mit dem Kohlenbrennen beschäftigt waren. Die so gewonnenen Kohlen wurden auf primitive Art ins Tal befördert und dabei riefen die Leute, die von unten den Vorgang beachteten: „Achtung! Die Kohlen von der Höhe kommen!“ Laufe der Zeit wurde der Berg bzw. die Höhe nur mehr die „Kohlerhöhe“ genannt, welcher Name sich bis heute erhalten hat.

    Kohlenbrenner finden wir heute nicht mehr und die einstigen Holzhütten sind heute gemauerte Bauernhäuser, nur der Name erinnert uns noch an vergangene Zeiten.

Gew.: Denk Johann. Aufz.: Inge Braun. 1952. Eingesandt von der Schule Meisling

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547

DIE SEEÄCKER

    Nächst Tiefenfucha liegen eine Anzahl schöner Äcker, die den Namen Seeäcker führen. Die Sage berichtet daß diese Grundstücke dadurch zu diesem Namen kamen, da einst ein See (Teich) die Äcker um den Sonnwendhügel Überflutete. Dieser brach gegen Osten hin durch, riß den Graben aus und floß ab. Erst um diese Zeit wurde Tiefenfucha erbaut. Die Gemeindeflur heißt heute noch immer „Am See“.

Gew.: Das Volk erzählt es. Aufz.: Franz Ziegler u. Anna Fürlinger. 1952.

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548

DIE ELENDSSCHMIEDE

    Ein Stück Ackerland führt den Namen "Elendsschmiede". Die Sage weiß zu berichten, daß an dieser Stelle einst vor vielen Hunderten von Jahren eine kleine Schmiede stand, zu der auch die umliegenden Äcker gehörten. Sie warfen aber nur geringen Ertrag ab, sodaß der Schmied von diesen Erträgnissen weder leben noch sterben konnte. Auch sein Verdienst im Schmiedehandwerk war sehr bescheiden, denn weder die Bauern noch die Ritter zahlten immer für die geleisteten Arbeiten. Das Volk nannte daher die Schmiede „Elendsschmiede“. Als sie dann verfiel, blieb den Grundstücken um die einstige Schmiede herum dieser Name.

Gew.: Friedl Maria, Tiefenfucha. Aufz.: Friedl Adolf. 1952.

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549

DER TANDLMARKT

    Vor vielen hundert Jahren wurden die Märkte der Stadt Zintring am Jauerling an jener Stelle abgehalten, die heute der Tandelmarkt genannt wird. Die Stadt lag am „Hart“ und versank einst wegen des lasterhaften Lebens seiner Bewohner mitsamt dem Marktplatz. Der felsige Boden am Hart führt heute zur Erinnerung an die Zeit, als noch die Märkte abgehalten wurden, den Namen „Tandelmarkt“.

Aus Dr. Plöckingers unveröffentlichter Sagengutsammlung. Aufz.: 1925.

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Diese Seite wurde am 21. September 2006 erstellt.