Titelseite Geschichte und Sagen des Kremser Bezirkes, Heft 1

Geschichten und Sagen
des Kremser Bezirkes
1.


Teil 2


von Sage 6 bis 17



6

DAS KUPFERSCHMIEDKREUZ BEI MELK

    Es war vor ungefähr hundert . Jahren, als ein angesehener Bürgersmann, der zu Melk das Kupferschmiedhandwerk ausübte, an einem Adventtage spät abends aus St. Leonhard am Forst nach Melk zurückkehrte. Um sein Heim früher zu erreichen, wählte er eine Wegabkürzung über den Hiesberg, die auch an seinem Waldbesitze, dem Kupferschmiedwald, vorbeiführte. Als er den Eselsteiggraben über den Windingerwald erreicht hatte und bereits gegen Melk ging; brach plötzlich ein Steinhagel, von unsichtbaren Händen geschleudert, über ihn los. Die Steine verletzten ihn schwer. Blutüberströmt konnte er sich mit Aufbietung seiner letzten Kraft noch des Weges weiterschleppen, brach aber beim sogenannten Ablaßtürl in Melk bewußtlos zusammen. Viele Monate schwebte der Kupferschmied zwischen Leben und Tod. Da gelobte er, wenn er wieder genesen würde, an der Stelle, wo er von den Steinen so schrecklich zugerichtet worden war, ein Kreuz zu setzen. Der Mann genas doch langsam unter der aufopfernden Pflege seiner Frau und eingedenk seines Versprechens errichtete er zum steten Angedenken das "KUPFERSCHMIEDKREUZ".


Gew.: Heinrich Draskowitz, Melk. Aufz.: Dr, H. Plöckinger, Krems (1936)

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7

DAS OBERNDORFERKREUZ AM JAUERLING

    An der Straße nächst Oberndorf am Jauerling stand einst am Straßenrand ein Wegkreuz. Als man die Straße verbreiterte, stand es im Wege und man muhte es umlegen. Die Arbeiter legten es in den Acker eines Bauern, der sich nebenan befand. Am nächsten Tag hörte man in dessen Hause ein Holzschneiden, Hämmern und Hobeln. Die Bauersleute wußten sich die Ursache nicht zu erklären, aber sie vermuteten, daß dies deshalb sei, weil das Wehkreuz auf ihrem Grunde liege. Da ging der Bauer Leopold Braun zu den Arbeitern, klagte ihnen sein Leid und bat, das Kreuz an anderer Stelle wieder aufzurichten. Sie entsprachen seiner Bitte, und seit dieser Zeit verschwanden auch die sonderbaren Arbeitsgeräusche wieder im Hause des Bauern.


Gew.: Margarete Braun, Elsarn a. J. Aufzeichnung 1952.

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8

DER TOTENACKER VON NIEDERRANNA

    Einst zogen zwei Männer, von denen Jeder die Kirche von Niederranna bauen wollte, auf der Straße nach Strebitzfeld des Weges. Der eine kam von oben, der andere von unten. Dort, wo beute der Ziegelofen steht, begegneten sie einander. Sie frugen gegenseitig nach ihrem Vorhaben uni, als sie sahen, daß sie beide dasselbe vorhatten, fingen sie zu streiten an. Jeder meinte, er habe das Vorrecht. Sie schlugen am Ende sogar aufeinander los und kollerten im Kampfe mitsammen über die Äcker hinunter. An einem Feldwege nahe beim Döpperlbach erschlugen sie einander. Einen dieser Äcker, wo der Kampf sich zugetragen hatte, nannte man dann den Totenacker. Zum ewigen Gedächnis setzte man ein Kreuzstöckel an die Stelle der Straße, wo beide Männer den Tod gefunden hatten. Manche Anwohner der Gegend sahen oft dortselbst einen schwarzen Hund mit feurigen Augen um das Kreuz laufen.


Gew.: Traude Wagner, Niederranna. Aufzeichnung 1952.


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9

DIE WETTE UM DAS KALVARIENBERG-KREUZ

    Im Höfinger-Wirtshaus zu Ötzbach wurde einmal eine Wetie zwischen zwei Männern abgeschlossen. Der eine behauptete daß er sich getraue, in der Nacht das Kruzifix vom Kalvarienberg im Kloster Unterranna zu entwenden. Der andere Mann wollte es nicht glauben. Eine Wette sollte es bekräftigen. Des Nachts schritt nun der Unfurchtsame zum Gipfel des Kalvarienberges. Dort angekommen, nahm der Frevler das Kreuz auf seine Schulter und wollte damit den Rückweg antreten. Doch als er den Abstieg begann, sperrte ihm eine hohe Mauer den Weg. Er konnte mit dem Kreuze unmöglich darübergelangen. So blieb ihm nichts übrig, als das Kruzifix wieder an seinen Platz zu stellen und unbeschwert den Weg anzutreten, denn jetzt sperrte keine Mauer mehr den Weg. Sie war verschwunden. Das Kreuz brachte er nicht mit. Die Wette hatte er verloren.


Gew.: Hermann Auer, Utz, Aufzeichnung 1952.

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10

DIE DREIFALTIGKEITSSÄULE VON UNTERRANNA

    Einstmals ritt ein Fleischergeselle, der bei Meister Johann Eibensteiner in Mühldorf bedienstet war, von Ottenschlag nach Mühldorf. Als er durch den Wald zwischen Ötzbach und Unterranna ritt, bemerkte er hinter sich eine Schar Räuber, die ihm nachjagten. Er trieb daher sein Pferd zur Eile an. Aber trotzdem es in raschem Laufe vorwärts stürmte, blieben die Wegelagerer dem Gesellen auf den Fersen und kamen immer näher. In seiner Not gelobte derselbe nun, wenn er gerettet würde und heil das Haus seines Meisters erreiche, eine Bildsäule errichten zu lassen. Keuchend und dampfend strebte das Pferd nun dem Kreuzweg der ehemaligen Klosterkirche von Unterranna zu. Da erfüllte Gott die fromme Bitte des Fleischergesellen, denn die Räuber blieben von nun an immer mehr zurück. Plötzlich waren sie verschwunden, als das Pferd das Ende des Waldes zwischen Unterranna und Mühldorf erreichte. Der Mann war nun gerettet und vergaß sehn Versprechen nicht. Heute steht die sehr schöne Dreifaltigkeitssäule mit der Dankinschrift noch an dem Wege, der Unterranna mit Niederranna verbindet.


Gew.: Traude Wagner, Niederranna, Aufzeichnung 1952.

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11

DAS KREUZ DES EINSIEDLERS ZU DÜRNSTEIN

    Zu Dürnstein lebten vor fast hundert Jahren im soge- nannten Grübl zwei Einsiedler. Einer dieser Männer war ein begnadeter Bildschnitzer. Er schnitzte gar manches Kreuzlein und seine Kunstfertigkeit bescherte auch dem Friedhofe des Städtchens ein lebensgroßes Kruzifix, das am Karner noch heute zu sehen ist. Von Wind und Wetter wurde es im Laufe der Zeilen arg zugerichtet, aber immer aufs neue läßt ein Frommer das Kreuz in seinem alten Glanze erstehen, Langst ist der Einsiedler dahingegangen. Das Kreuz aber blieb erhalten. Der fromme Bruder zog sich später in die unwirtsame Felswildnis des Vogelberges zurück, wo er in einer Felshöhle hauste, die man noch heute aufzufinden vermag. Sie führt nach ihm den Namen "E i n s i e d l e r l o c h".


Gew.: Georg Kernstock, Dürnstein, Aufz. Rudolf Riedel, Dürnstein (1926).

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12

KUMMERSTALLMARTERL

    An der Straße, die von Dürnstein gegen Weißenkirchen führt, findet sich knapp an der Ausmündungsstelle des Kummerstallgrabens ein alter Bildstock, der an einen Mord gemahnen soll. Man erzählt: "Einst schritt eine Frau, die durch Glücksspiel ein ansehnliches Stück Geld gewonnen hatte, auf der Straße heimwärts. Aus Furcht vor Beraubung hatte sie das Geld im Haarschopf versteckt. Da begegnete ihr ein fremder Mann, dem sie sich aus Furcht vor dem Überfallenwerden anschloß. Offenherzig erzählte sie ihm von ihrem Glück. Sie hatte aber ihre Unvorsichtigkeit bitter zu bereuen, denn der Mann erschlug sie, nahm das Geld an sich und verschwand." Zum Gedenken soll man das Marterl gesetzt haben.


Gew.: Anna Böhmer d, A., Dürnstein, Aufz.: Anna Böhmer d. J. (1952).

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13

DAS KUMMERSTALLKREUZ

    Zu Dürnstein stand in der alten Weinried des "Gummersthal" bis vor wenigen Jahren ein Holzkreuz an einer Weingartenmauer. Von diesem wurde erzählt, daß man es einst errichtete, um der "wilden Jagd" Einhalt zu gebieten, die sich mit fürchterlicher Gewalt aus dem Kummerstall in die Weite des Donautales bewegte. Durch das Kreuz bannte man sie in den Kessel des Tales, wo sie oft mit Ungestüm Bäume in Weingärten und Wald zerbricht und entwurzelt.


Gew.: Georg Kernstock, Dürnstein. Aufz.: Rudolf Riedel, Dürnstein (1926).

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14

DAS PFAFFINGERKREUZ

    Am Straßenrand zu Dürnstein steht im Bereiche des Obstgartens von Haus Nr. 91 ein großes Holzkreuz mit einem auf Blech gemalten Herrgottbild. Als noch die Postkutsche von Krems nach Ottenschlag verkehrte, wurde an dieser Stelle die Frau eines Dürnsteiner Weinhauers namens Rudolf Pfaffinger zu Tode gerädert, indem ihr der Holm des Schubkarrens durch den Leib drang, und sie vom mehrspännigen Postgefährt mitgerissen wurde. Das Kreuz stand einst auf dem "Hölzernen Gattern" der Steiner Brücke, und wurde bei deren Abtragung und Ersetzung durch die Eisenbrücke hieher übertragen. (Ein zweites gleichartiges Kreuz von der gleichen Brücke befindet sich am' sogenannten "Kreuzhäusel", dem alten Stadttor am Westausgange, des Städtchens Dürnstein.)


Gew.: Georg Kernstock, Dürnstein. Aufz.: Rudolf Riedel, Dürnstein (1926).

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15

DAS ROTE KREUZ IM ROSSATZER WALD

    Seitwärts vom Seegraben steht weit drinnen ihn Rossatzer Walde ein rot gestrichenes Kreuz, aus Holz gefertigt. Schon im Jahre 1746 ist dasselbe aus Anlaß einer sehr traurigen Begebenheit aufgerichtet worden. Es steht als Erinnerungszeichen an der Stelle einer grausigen Tat, die sich hier zutrug. Dortselbst trafen vor dieser Zeit einmal mehrere Wilderer einen Jäger. Sie machten sich sofort daran, ihn zu töten. Er bat sie aber, ihn noch an jene Stelle zu führen, von wo er zum letzten Male die "Tote Weib-Kapelle" sehen könne. Diese Bitte erfüllten sie ihm und, nachdem er dort noch Reue und Leid erweckt hatte, töteten ihn die hartherzigen Männer.


Gew.: Dechant P. Cl. Mück, Rossatz. Aufz.: Dr. H. Plöekinger, Krems (1926)

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16

DAS LINDWUKMKREUZ

    Einst gingen Wallfahrer von Statzendorf nach Maria Langegg. In Wöbling hielten sie Rast und stillten im Gasthaus Durst und Hunger. Die frommen Pilger saßen im Gasthaus, indes eine arme Frau, die nicht einkehren konnte, da ihr das Geld dazu fehlte, einstweilen allein des Weges weiterzog. Als sie auf der Straße nach Wolfenreith an die Stelle kam, wo heute das Lindwurmkreuz steht, kroch plötzlich aus dem Gelände neben der Straße ein Lindwurm, der seinen fürchterlichen Rachen weit aufsperrte. Vor Angst floh das Weib in den Wald und kletterte auf einen Baukin. Dort oben rief sie nun um Hilfe. Bei ihrem Ausruf: "Heilige Maria von Langegg, hilf mir! Hilf!" erschien diese und zertrat dem Lindwurm den Kopf. Die Frau war gerettet. Zum Angedenken an diese wunderbare Rettung errichtete man später, das Lindwurmkreuz, auf dem noch heute die Frau und der Lindwurm abgebildet zu s.ehen sind.


Gew.: Schüler der Schule Geiensberg, Aufgezeichnet 1952.

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17

DAS KASTLKREUZ

    In Maria Langegg lebte einst ein Förster, namens Kastl. Eines Tages ging er zur Jagd in die Nesselstaudenwälder. Als er auf dem Hochstand Vorpaß hielt, sah er, da sich sein Stand auf der Anhöhe oberhalb des Ortes Nesselstauden befand, wie sich ein Hase seinem Standort näherte. Dieser setzte sich in Schußweite nieder und machte ein Männchen. Kastl zielte und schoß. Der Hase blieb ruhig sitzen und äugte herum. Der Förster griff nochmals zum Gewehre, zielte und schoß. Wieder rührte sich der Hase nicht von der Stelle. Zwei Schüsse waren nun allem Anschein nach fehlgegangen. Da das Tier noch immer sitzen blieb, lud Kastl nochmals seine Flinte, zielte und schoß, während er vor sich hinmurmelte: "Wenn ich jetzt wieder nichts treffe, so soll mich der Teufel in der Luft zerreißen." Der Schuß ging daneben und im gleichen Augenblicke fühlte sich der Waidmann hochgehoben und durch die Luft getragen. Der Teufel saß dem Kastl im Genicke. Der Förster schrie: "Jesus und Maria, jetzt hat er mich schon!" Da ließ der Teufel bei Nennung des Gottesnamens augenblicklich los und Kasil stürzte aus der Luft herab. Außer einigen Kratzern ahn Halse und im Gesichte war der Furchtsame unverletzt. Über den Vorfall war nun Förster Kastl so erschrocken, daß er, um weiteres Unheil von sich abzuwenden, an der Stelle ein Kreuz setzen ließ, wo sich dies zutrug. Es führt noch heute beim Volke den Namen "Kastlkreuz".


Gew.: Schüler der Schule Geiersberg. Aufz.: Dir. Kussl (1952).

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Diese Seite wurde am 22. September 2001 erstellt